Welches Tapedeck für meine alten Kassetten? Aiwa? Yamaha?
#37
Du musst wissen, ob du damit zufrieden bist, aber ein besseres Tapedeck macht mittelmäßige Aufnahmen auch nicht besser. Es ist einfach so. Man ist daran gewöhnt, dass alles perfekt klingt, früher war es halt „so gut es ging“. Wenn auf dem geilen Sender von weiter weg die bessere Musik lief, hat man den gehört und wenn der nicht in Stereo ging musste man halt auf Mono schalten und hat dann auch so aufgenommen, möglicherweise mit gelegentlichen Störungen, aber Hauptsache man hatte das Lied. UKW geht ja auch erst bei 50 Hz los und heftigeres Soundprocessing kam ja auch schon in den frühen 90ern. Hat Einen Alles nicht gejuckt früher. Genau wie die meisten Kaufcassetten echt mies klingen, speziell auch Sampler. Da wurde dann das Platten Mastering für die viel zu lange Platte mit abgeschwächten Bässen und Höhen auch für die Cassettenversion benutzt und dieses Analoge Master dann auch noch in x facher Geschwindigkeit auf mittelmäßiges Band dupliziert. Die Chromdioxid Bänder in den 80er Jahre Cassetten haben nach kürzester Zeit massiv an Pegel verloren, wodurch Dolby nicht mehr ging und weil man da ja auch Headroom gelassen hat, sind die eh nicht mit höchstmöglichem Pegel ausgesteuert worden. Die meisten Kaufcassetten aus der Zeit höre ich jetzt nich mehr freiwillig an. Gerade bei K-tel, Arcade und auch bei so samplern, wo 20 Songs drauf waren wurde ja auch ohne Ende gekürzt. Wenn mir bei solchen Zusammenstellungen Alles gefällt mache ich mir da ein „Remaster“ draus. Alle Songs original und in voller Länge mit vernünftigem Band.

Ich hab Cassetten, die sind fast 60 Jahre alt und die laufen noch und sie klingen in Bezug auf ihr Alter noch ziemlich gut. Wahrscheinlich klangen sie nie großartig besser, das war damals halt Stand der Technik. Wenn man das anhört denkt man „hey, das klingt ja noch richtig gut…“ es scheint erst mal nichts zu fehlen. Vergleicht man das aber mit der CD Version denkt man plötzlich trotzdem man schaltet von Mittelwelle auf UKW.

Und meistens hat man doch Cassetten eh nicht aufgenommen um sie zuhause zu hören, sondern im Ghettoblaster oder Auto oder vor Allem im Walkman. Der beste High End Walkman hatte aber nur mittelmäßige bis schlechte Kopfhörer. Da fällt die Güte der Aufnahme kaum auf, zumal die meisten Walkmans keinen richtigen Tiefbass machen und die super leichten, offenen Bügelkopfhörer das auch nicht übertragen können. Und bei Ghettoblastern ist es genau so. Selbst wenn die hervorragend klingen, merkt man da kaum, wenn die Cassette mich leichtem Mittenbuckel oder mit fehlendem Subbass Bereich aufgenommen ist oder ob der Falldown bereits bei 12,5 kHz einsetzt, da dreht man zur Not den Höhenregler etwas weiter aus und dann passt das wieder.

Ich hatte mir für die Fahrt nach Amsterdam das „Belgie“ Album von Het Goede Doel original auf Cassette bei Discogs gekauft, weil ich den Song, als ich mit meinen Eltern mit 13 mal dort war auf Sky Radio gehört hab und den so toll fand, dass ich nachgeforscht hab, was das für ein Lied war und das mein erster Kontakt mit holländisch sprachiger Musik war. Ich mag das Album bis heute total gerne. Habe es auch als Platte, ich hab in Amsterdam einen ganzen Schwall holländischer Platten gekauft. Trotzdem, die Cassette ist ein nettes Gimmick, aber sie klingt nicht besonders gut. Das Album ist für die Zeit sehr knallig aufgenommen, hat sehr viel Bass. Die Cassette ist leicht übersättigt aufgenommen und die Höhen sind angezischelt. Ich hatte vorhin Lust, sie in meinem Walkman zu hören und hab aber schon beim ersten Lied keine Lust mehr gehabt. Hab mir dann überlegt, das Album von Spotify neu aufzunehmen und mir dann für die B Seite noch die besten Titel der beiden Nachfolgealben raus gesucht. Jetzt habe ich eine 90 Minuten Cassette direkt von digital aufgenommen, die ich vorher auf dem GX75 eingemessen habe und die ich mit Dolby im Walkman und im Autoradio abspielen kann und sich kaum von der CD unterscheidet. Die Originale Cassette habe ich zurück in die Schublade getan.

Genau so wie ich auch keine Aufnahmen mehr von Schallplatte auf Cassette mache. Der Noise Floor der Platte liegt in einem anderen Frequenzbereich, als das Rauschen der Cassette. Es kommt also zum Rauschen noch das Rumpeln der Platte und die Knackser dazu. Ist eine Plattenaufnahme bereits angezischelt, wird es auf Cassette nur noch schlechter.

Meinen DD Walkman hab ich gemoddet. Im Internet kann man ein Kondensator Kit bestellen, das den FQ unterhalb 40 Hz glättet und der klingt jetzt wie mein Tapedeck. Azimut und Dolby Level hab ich justiert. Gute In Ears mit Kabel kriegt man heute für 30 Euro hinterher geworfen. Die klingen besser als die Koss Porta Pro, die ich Jahrzehnte benutzt habe, aber gleichzeitig höre ich auch jede Unzulänglichkeit der Cassette. Wenn sie gut aufgenommen sind ist das abgesehen vom Rauschen erstaunlich Wenige und das ist mit Dolby doch ganz schön leise, mit Scheiß Aufnahmen und schlechtem Band hingegen möchte ich nicht mehr hören. Zumal man den DD schon heftig erschüttern muss, bis es dann wirklich mal hörbar Leiert.

Ich hatte mir jetzt eine Def Leppard Cassette auf eine TDK SA-X gemacht. Man fühlt sich echt wie ein 80er Rockstar, wenn man damit durch die Stadt oder den Supermarkt schlendert. Es fühlt sich anders an, als mit AirPods, iPhone und Spotify. Am Ende ist es ja nur eine Bewusstseinsfrage, aber ich kann mich irgendwie besser auf die Musik konzentrieren, wenn ich den Walkman in der Tasche hab. Beim Handy ist die Versuchung groß weiter zu skippen, nebenbei noch 10 andere Sachen zu machen usw…

LG Tobi
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Welches Tapedeck für meine alten Kassetten? Aiwa? Yamaha? - von DOSORDIE - 05.05.2024, 14:30

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste