Bandmaterial für cremigen, fotorealistischen 70ies Klang
#71
Kurz vorweg: Schon gestern war ich auf einen Thread in einem anderen Forum gestoßen. Dort ging mir dann ein Lichtlein auf, warum es bei diesem Thema gelegentlich etwas sozusagen "hitzig" werden kann.

https://forum.studerundrevox.de/viewtopic.php?t=895

Ich versuche mal kurz zusammenzuassen (so wie ich die Inhalte verstanden habe):

1) Die "reine Lehre" wie ich vermute

Historisch hat die Tonbandtechnik in Deutschland wohl relativ früh eingesetzt, so dass (nicht nur) hierzulande geltende Standardisierungen sich auch an den technischen Möglichkeiten der frühen Phase dieser Technologie orientieren (mussten). Der Rundfunk in Deutschland benötigte Aufzeichnung- und Wiedergabe-Standards, die einen Programmaustausch ermöglichen. Sinngemäß etwa: egal wann und auf welcher Maschine etwas aufgenommen wurde, es muss auf jeder anderen Maschine ohne größeren Aufwand wiedergegeben werden können.

Um diese Kompatibilität und das heißt auch Abwärtskompatibilität, um alte Aufnahmen weiterhin nutzen zu können, zu erreichen, sind relativ strenge Normen mit relativ hohen Ansprüchen entstanden.

Ich kenne das aus einem anderen Fach: Wenn man sich selbst der "Tortur" unterzogen hat, solche Ansprüche ersteinmal zu begreifen und ihnen dann auch noch zu genügen, dann kann es schon an der Fassung rütteln, wenn jemand Tri-Tra-Trullala durch diesen (Normen-)Garten hüpft, und sorglos das Gras platttritt.

2) Ein anderer Umgang mit dem Thema

Aus diesem anderen Fach kenne ich aber auch das Phänomen, dass es realweltliche Umfelder gibt, deren Aufgabenstellungen solch strikte Normen gar nicht erfordern. Die Einhaltung solch strikter Normen würde dann höheren Aufwand verursachen, als es zur bloßen Bewältigung der Aufgabenstellung notwendig wäre.

In dem o.g. Thread wird z.B. erwähnt, dass man in den USA wohl ca. erst eine Technikgeneration später in die Tonbandtechnik einstieg. Die Rahmenbedingungen waren also andere. Es gab kaum Archivmaterial nach den Standards der älteren Technikgeneration. Man konnte auf bereits etwas fortgschrittenerer Technologie aufsetzen.

Und Musikstudios sind nochmal was ganz anderes als Rundfunk.

3) Schlussfolgerung

In o.g. Thread kam man zu dem Schluss, dass man an entgegengesetzten Enden desselben Stranges zieht.

Jetzt für diesen Thread hier möchte ich nochmal kurz auf die Musikproduktion zurückkommen: Wie vorher geschrieben darf das Mindset nicht rein technisch sein, weil man dann den Bezug zu dem "etwas" in der Musik verliert. Aber ebenso darf das Mindset nicht rein musikalisch sein, weil man dann die Technik nicht so nutzen könnte, dass das angestrebte Ergebnis entsteht. Wenn nun mehrere verschiedene Ansprüche zerren und ziehen, muss man irgendwie eine akzeptable Balance finden. Und was man für akzeptabel hält ist wieder individuell.

Kurzum: Man kann sich prima missverstehen. So wird jemandem der im Umfeld der "reinen Lehre" vernetzt ist, eine vorsätzliche Beschränkung auf Halbwissen möglicherweise als willkürliche Ignoranz oder vielleicht sogar als Abwertung der eigenen Kenntnisse fehlinterpretieren. Andererseits wird, wer im Sinne das Fachgebietes Tonbandtechnik viel tiefer gesteckte realweltliche Ziele verfolgt, sich fragen, ob das Vorhaben denn tatsächlich ein halb-/wissenschaftliches Studium des Faches erfordert. In der Praxis will man es ja einfach - das war ja auch in der Rundfunkpraxis schon so: Die hohen Ansprüche an die Technik (und TechnikerInnen) sollten es ja den Rundfunkschaffenden möglichst einfach machen.

Nun gut, in einer Lage wie der meinen, ist man Schaffender und zuarbeitender Techniker des Schaffenden in Personalunion. Dazu gleich ein weiterer Beitrag von mir.

Grüße,
Finn


Nachrichten in diesem Thema
RE: Abstreiter - von user-332 - 13.10.2022, 14:34
Zeitstehler unterwegs - von user-332 - 03.11.2022, 13:21
RE: Bandmaterial für cremigen, fotorealistischen 70ies Klang - von SevenTeaLights - 16.10.2022, 11:23
Schimmerlos - von user-332 - 03.11.2022, 13:38

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