DUAL abseits der Plattenspieler: Tuner, Receiver, Verstärker
#33
da der Thread immer wieder aufgewärmt wird, also scheinbar noch Interesse findet, versuche ich mal, mich der Ursprungsfrage von 2005 anzunähern.

Während der Fünfziger Jahre hat Dual auch bei den Plattenspielern noch nicht ganz vorne gestanden. Der andere St. Georgener, die Firma PE, hat den Massenmarkt dominiert, und auch schon einige interessante Entwicklungen in Richtung HiFi gemacht. Die Firma ELAC war die kleinste der "großen drei" , hatte aber das größte Innovationspotential. Das MM-System, wie wir es bis heute kennen, ist ein ELAC Patent, und kam 1957 auf den Markt.

Elektronik spielte bei allen dreien keine große Rolle, alle Elektronik, die es gab, stand in Zusammenhang mit den Plattenspielern. Es gab Entzerrer Vorverstärker und Verstärkermodule für Phonokoffer, und die wurden noch zum großen Teil zugekauft.

Erst Anfang der sechziger Jahre nahm Dual der Firma PE die Dominanz ab. Das erste Dual Laufwerk, das Ambitionen in Richtung HiFi entwickelte, war das 1006M bzw. 1006AM. Optisch nur durch den größeren Teller vom Musiktruhenlaufwerk 1006 zu unterscheiden, war es der erste Dual mit ( Stereo ) Magnetsystem und 1/2" Aufnahme, und mit integriertem Stereo Entzerrer Vorverstärker. Der 1009 brachte Dual dann den großen Durchbruch, der zeitgleich gebaute PE33 war zwar technisch besser, aber zu puristisch, um den Massenmarkt bedienen zu können.

Die ersten Stereokomponenten waren noch nicht HiFi und mehr eine Spielerei. Der erste Dual Verstärker CV1 war z.B. nichts weiter als ein Verstärkermodul aus einem Dual Stereo Phonokoffer, und sie kamen nicht von Dual. Verstärker/Tuner wurden u.a. bei den Südfunkwerken gebaut, das Tonbandgerät TG27 war ein Schaub Lorenz Modell. Im Katalog 1967 kann man gut die Diskrepanz zwischen den hoch entwickelten Plattenspielern und den Elektronik-Komponenten sehen:

https://www.hifi-archiv.info/Dual%20Anle...index.html

Die ersten ernsthaften HiFi Komponenten gab es 1969, bei den Verstärkern waren das der CV40 und CV80. Das sind auch die ältesten Modelle, mit denen man noch ernsthaft Musik hören kann, alles, was davor war, ist nur für Sammler interessant. 1969 ist auch das erste Modelljahr, wo die Entwicklung in die "goldenen Jahre" zu erkennen ist, u.a. ist der erste "echte" 12xx Plattenspieler im Sortiment, der das Layout der siebziger Jahre trägt, der 1209. Und auch die Elektronik-Komponenten tragen schon im Ansatz das Design der siebziger. Das Tonbandgerät TG28 ist noch eine Zweikopf-Version, und wird auch bei Schaub Lorenz gefertigt, ist aber eine Dual Entwicklung.

https://www.hifi-archiv.info/Dual%20Anle...index.html

Das erste Modelljahr, wo Dual mit einem runden Vollsortiment auftrumpfen konnte, war die Saison 1972/73:

https://www.hifi-archiv.info/Dual%20Anle...index.html

Man muss immer berücksichtigen, dass Dual nie ein reiner HiFi Hersteller war. Es gab immer auch Geräte unterhalb von HiFi, die aber trotzdem großen Erfolg hatten. Selbst hat Dual Plattenspieler, Tapedecks und Lautsprecherboxen gefertigt, letztere allerdings zunächst mit zugekauften Chassis von Heco oder Wigo. Da Tonbandgerät TG29, das nur noch ein Jahr im Sortiment war, beendete die kurze Reihe mit bei Dual entwickelten und bei Schaub Lorent gefertigten Tonbandgeräten. Das erste Tapedeck kam ein Jahr später, das C901.

Die Produktlinie, die das typische Dual Design der siebziger geprägt hat, wurde zunächst weiterentwickelt und in Teilen bis Ende der siebziger gebaut. Der populärste große Stereoverstärker aus der Serie war der CV120/121 kombiniert mit dem Tuner CT17/18/19. Das Verstärker Flaggschiff war der Quadroverstärker CV240, im Grunde ein doppelter CV120 ( identische Endstufenmodule ) mit Quadro-Dekodern im Vorverstärkerteil. Dual wollte wohl intensiver ins Quadrogeschäft einsteigen als die meisten anderen deutschen Hersteller, man kann das u.a. daran erkennen, dass das Chassis des Tapedecks C901 für Vierkanal vorbereitet ist. Auch einen echten Vierkanal Receiver gab es in der Designlinie, den CR120. Optisch passte alles gut zusammen, es gab Tische, optisch passende Plattenbehälter und so weiter.

Aufgebrochen wurde diese Linie wohl durch den Druck aus Fernost so ab 1977 mit der "International" Linie. Die ersten Geräte waren der CV1200 und der CV1600, kombiniert mit dem Tuner CT1640. In den späten siebzigern kam Dual ähnlich ins Trudeln wie alle deutschen Hersteller, es entstand auch optisch ein Mischmasch aus zugekauften und selbst gebauten deutschen Geräten und Geräten, die schon komplett aus Asien kamen. Man kann das gut erkennen, wenn man einen deutschen CV1600 neben einen japanischen CR1780 stellt, von der Größe und Farbe passen sie zusammen, sie bilden aber keine homogene Linie.

Schön zu erkennen ist der beginnende Design- und Modell-Mischmasch im Katalog 1977/78, da sind wirklich alle Linien vorhanden, das alte Dual Design mehr oder weniger hilflos auf modern getrimmt, kombiniert mit den International Geräten. Und das wurde immer bunter, 1979 kamen dann auch Tapedecks teilweise aus Asien, das C830 und C820 machten den Anfang.

Der letzte Versuch, unter eigener Regie eine konkurrenzfähige Produktlinie herauszubringen, startete bei Dual in den frühen Achtzigern mit der "SM"-Linie, wobei SM nicht für das steht, was Ihr jetzt denkt, sondern für "satin metallic". Es bezog sich auf die Farbe der Fronten, ein warmes silber, manchen sagen neusilber dazu, das sich sowohl mit silbernen wie auch mit den damals modernen champagnerfarbenen Fronten vertrug. Im Prospekt 1982 kann man die erste "SM"-Generation komplett bewundern, die zwar weitestgehend fremdgefertigt wurde, von der aber noch Geräte aus Deutschland kamen, und die unter Dual Regie entstanden ist. Die Geräte sind optisch nicht aufregend, die Anlagen wirken aber modern und wie aus einem Guss, und nicht wie das unentschlossene Mischmasch der Vorjahre. Leider war Dual wie viele andere Hersteller zu spät, ich denke, wenn die Geräte zwei Jahre früher am Start gewesen wären, wäre die Geschichte mit Thomson vielleicht nicht passiert.

Thomson führte die SM-Linie erstmal weiter, die Geräte waren technisch nicht schlecht, man spürte aber schnell den angesetzten Rotstift. Wenn man z.B. einen CV1450 neben einen CV1460 stellt, ist der 1460 von den Daten besser und sieht mit seinen großen Zeigern toll aus, vom Anfassgefühl ist aber der 1450 eine ganz andere Hausnummer. Gut sehen kann man den Abbau bei der Qualität auch bei den Tapedecks - das Dreikopf- Spitzenmodell C844 gab es von der Bauart ähnlich noch als C846 und als CC1462. Die Tapedecks und die Plattenspieler waren die einzigen Geräte, die noch für kurze Zeit an Dual erinnert haben, nachdem Thomson das Ganze "New Tech" getauft hat, und auch Videogeräte mit Dual Logo dazugenommen hat. Für mich ist der Beginn von "New Tech" 1985 der Punkt, wo Dual nur noch auf eine von vielen Billigmarken unter Thomson Dach reduziert wurde. Es gab sogar noch ganz interessante Versuche wie den Monsterverstärker CV440 / 441, die Qualität und die Langzeithaltbarkeit der Geräte machte aber nicht nur optisch mit "New Tech" einen Abflug nach unten. Am Ende war es bei Dual wie mit Opel - zuerst wurde durch Qualitätsmängel der Name ruiniert, und als die Qualität wieder stimmte war der Traditions-Autobauer eine Marke unter vielen im Kompaktwagensegment. Die Geräte der späten achtziger, wo die schwarzen Plastegehäuse mit goldener Schrift und Kunstnamen " Audiophile Concept " oder " Studio Concept " aufgehübscht wurden, waren gar nicht schlecht, sie waren aber nichts eigenständiges oder besonderes mehr in der Masse der Fernost-Kisten. Irgendwann werde ich mir so eine Anlage mal ins Haus holen, man muss ja kennen, worüber man meckert ;-) .

Gruß Frank
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RE: DUAL abseits der Plattenspieler: Tuner, Receiver, Verstärker - von nick_riviera - 11.08.2022, 18:33

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