Grundig-HiFi in den 1980ern, Fine Arts und vorher
#32
ich finde, bei der Bewertung des Designs muss man grade bei Fine Arts aufpassen.

In den neunzigern hießen HiFi-Komponenten von Grundig Fine Arts, es gab nur noch am unteren Rand ein paar einfache Geräte ohne diesen Namen. In den neunzigern ging das Konzept der Anlage aus frei kombinierbaren Einzelbausteinen auch langsam zuende, kaum noch ein Hersteller nahm Rücksicht darauf, die Geräte vom Design und der Größe kombinierbar zu machen, und die meisten preiswerteren Anlagen waren gar keine autarken Einzelkomponenten mehr.

In den achtzigern war das aber noch anders. Parallel zu den ersten Fine Arts Geräten gab es noch "normales" Grundig HiFi, und hier stört mich einfach das Konzept, was hinter Fine Arts steckt. Man kann Geräte für den Massenmarkt auf zwei Arten konzipieren - entweder steckt man das verfügbare Budget in die technische Leistungsfähigkeit ohne Berührungsängste gegenüber preiswerteren Materialien und kümmert sich erst dann um das Äußere, oder man stellt die Aussenhülle und den Auftritt in den Vordergrund. Hersteller wie Dual oder Grundig haben sich traditionell mehr um die inneren Werte gekümmert, und Fine Arts markiert einen Wendepunkt.

Aus Marketing-Sicht war diese Trendwende sicher richtig, man hat ja gesehen, wohin der bescheidene Auftritt die deutsche Unterhaltungselektronik gebracht hatte. Für einen eher introvertierten HiFi-Nerd wie mich sind solche Kisten aber extrem unsympathisch - ähnlich wie ein Dacia Duster, der den Leuten vorgaukelt, dass sie für kein Geld genauso rumprollen können wie mit einem Porsche Cayenne. Ich persönlich stehe mehr auf Dinge die ihren Pelz nach innen tragen, und da hatten die Grundig HiFi-Komponenten aus der Zeit von 1979/80 bis zu Fine Arts sehr viel zu bieten.

Ein schönes Beispiel für das, was ich meine, sind die Dual Plattenspieler CS741Q und CS2225Q, die letzten großen Duals, die noch unter der Regie von Steidinger konstruiert wurden. Die gelten heute beide als üble Plastikschüsseln, sind aber objektiv sehr gute Plattenspieler, bei denen man gerade durch das Plastik einige klangliche Probleme der Vorgänger beseitigen konnte, ohne die Verkaufspreise zu sprengen. Die Schattenseite dieses Konzeptes ist, dass man den Geräten ihre Qualitäten nicht ansieht. Der Golden One ist dann schon unter der Regie von Schneider entstanden, und folgte genau der selben Strategie wie die frühen Fine Arts Komponenten von Grundig. Technisch war das Ding ein Abstieg gegenüber den "Plastikbombern", aber es wurden ein paar High End Dogmen wie der Riemenantrieb umgesetzt, das ganze Ding strotzte vor Klavierlack und Gold, und trug mit Golden One einen schönen von der Werbeabteilung entwickelten Kunstnamen, der sogar fast genauso klang wie Fine Arts. Dass die Strategie aufging, sieht man noch heute - während die letzten Plastik-Duals bestenfalls unter Auskennern einen gewissen Wert haben, werden die Geräte aus der Golden One Serie bis heute teuer gehandelt - obwohl sie im Alltagsbetrieb zickig sind, nichts besser können, und der technische Kern unter dem Klavierlack im Vergleich zu den Vorgängern richtig erbärmlich aussieht.

Gruß Frank
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RE: Grundig-HiFi in den 1980ern, Fine Arts und vorher - von leserpost - 09.12.2021, 07:35
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RE: Grundig-HiFi in den 1980ern, Fine Arts und vorher - von nick_riviera - 13.12.2021, 13:44
RE: Grundig TK 847 - die Erkenntnis - von timo - 04.12.2021, 21:24

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