weiterer Patient, Braun TG 1020/4
#16
(11.03.2021, 16:57)JUM schrieb:
(11.03.2021, 15:36)janbunke schrieb: An der Verstärker Buchse habe ich an den Aufnahme-Eingängen 1 + 2 jeweils einen 20 KOhm Widerstand nach Masse geschaltet.
Die 1MOhm Widerstände habe ich gegen 150 KOhm getauscht und 33 pF parrallel geschaltet.
Gruß, Jan

Hallo Jan,
kannst Du die Notwendigkeit von 20k und 33p vielleicht etwas genauer erläutern?
VG Jürgen

Hallo Jürgen,

Der "Phono" genannte Eingang ist, wie bereits vermutet, für eine längst ausgestorbene Spezie von Plattenspielern mit Kristalltonabnehmersystem gedacht.
Die sonst notwendige RIAA Entzerrung wird bereits durch die Eigenschaften des Tonabnehmersystems nachgebildet. Nicht gerade HIFI verdächtig.
Vielleicht ist der Höhenabfall dann auch so gewollt.
Ich möchte diese Buchse jedenfalls als "Line-IN" Eingang verwenden.

Ziel war es daher von den hochohmigen 1 MOhm Vorwiderständen am "Phono" Eingang wegzukommen.
Solche hohen Vorwiderstände als Spannungsteiler verursachen grundsätzlich Probleme in Verbindung mit den Eingangskapazitäten der nachgeschalteten Verstärkerstufe.

Also habe ich den Eingangswiderstand des Eingangsverstärkers durch den 20K Widerstand heruntergesetzt, so daß ich 150 KOhm als Spannungsteiler-Vorwiderstand nehmen konnte.
(man hätte auch R1510/R1610 abändern können, so ist es aber einfacher direkt an der Buchsenplatine)
Der reelle Eingangswiderstand an den Pins 1+4 der "Verstärker" Buchse beträgt jetzt insgesamt 15 KOhm (also waren es vorher ca. 60 KOhm), so wie in etwa bei der TG 1020.
Hier unterscheiden sich nämlich die Schaltungen von TG 1000 und TG 1020. (siehe Schaltbilder)
R1510/R1610 -> TG 1000 = 1 MOhm, TG 1020 = 15 KOhm

(Der reele Eingangswiderstand bei der TG 1020 dürfte so um 10 KOhm liegen)
Einen "Phono" Eingang besitzt die TG 1020 übrigens gar nicht, dafür eine gesonderte "Monitor" Buchse.
Ich bin aber ganz froh über diesen zusätzlichen Eingang, da ich diesen ja nun über einen Cinch Adapter als Line Eingang "mißbrauchen" kann.

Der "Phono" Eingang ist jetzt für Cinch Verhältnisse noch relativ empfindlich, man muß die Aussteuerungsregler nicht besonders weit aufdrehen.
Wenn man sich aber mal die Schaltung des Eingangsverstärkers anschaut, dann sieht man schnell, daß die Regler keine reinen Abschwächer im Sinne von Spannungteilern sind,
sondern die Verstärkung an T1503/T1603 über R1516/R1616 zusätzlich beeinflussen. Das kommt dem Rauschabsstand zu gute und hohe Eingangspegel führen nicht zu Verzerrungen.

Nun habe ich die immer noch vorhandenen Höhenverluste an dem Eingangs-Spannungteiler durch die Parallelschaltung eines 33p Keramikkondestators zum 150K (Vor)Widerstand ausgeglichen.
Bitte jetzt nicht fragen, wie ich auf die Werte gekommen bin. Probieren geht da über Studieren...

Resultat ist ein aalglatter Frequenzgang in Stellung "Vorband". Vorher über -6dB bei 20Khz.
(Um die eigentliche Aufnahme habe ich mich noch nicht gekümmert, nur kurz getestet, sie geht jedenfalls.)

Wie gesagt, ich rede hier von dem "Phono" Eingang, den auch früher wohl niemand benutzt haben dürfte. (deswegen fehlt er ja auch bei der TG 1020)
Wer hatte schon einen solchen Plattenspieler mit Kristalltonabnehmer ohne eingebauten Verstärker?
(Ja, ich hatte mal zu Jugendzeiten einen Dual HS 130 mit so einem Tonabnehmer, aber da war der 2 x 6 Watt Verstärker gleich integriert. Enstprechend leistungsstarke Boxen gehörten auch dazu)

Allerdings wurde in vielen Verstärkern mit DIN Anschlüssen das recht niedrige Aufsprechsignal für die Pins 1 + 4 oft ebenfalls durch Vorwiderstände herabgesetzt.
Hier ziehe ich Line-Eingänge über Cinch eindeutig vor.

Zur Zeit habe ich aber ganz andere "Probleme" mit der Maschine.
Für meinen Geschmack brummt der Wiedergabeverstärker ganz ordentlich. Jedenfalls für meine Begriffe mehr als bei anderen Maschinen.
(Bitte jetzt nicht mit "ist die Brummklappe am Widergabekopf vorhanden" kommen)

Nein, das ganze Schaltungslayout ist schon sehr speziell. Abschirmungen werden durchgehend als Stromzuführungen mißbraucht.
Beispiel: Der Wiedergabeverstärker erhält die stromzuführende Masse über das abgeschirmte Kabel, welches das Signal zum Ausgangsverstärker weiterleitet.
Sowas macht man ja eigentlich nicht. Abschirmungen immer nur an einem Ende des Kabels mit Masse belegen!
Das sollte sich doch auch schon 1973 bei den Braun Igenieuren herumgesprochen haben, daß man Signalmasse von Stromzuführungsmasse trennen muß.

Das Magnetfeld des Capstanmotors streut übrigens auch hörbar in den Wiedergabekopf ein.
Da wird man wohl nicht viel machen können.
(Stellt man den Motor ab, indem man gar keine Geschwindigkeitstaste drückt, ist von dieser Seite Ruhe)
Der dicke Trafo, der schon recht nahe am Tonkopf sitzt, wird auch seinen Teil zur Brummeinstreuung beitragen.
(Dieter Rams un seine Designvorgaben lassen grüßen)

Des weiteren neigt das Netzteil zu hochfrequenten Schwingungen.
Nach langer Suche bin ich auf die Ursache gestoßen. Das hat mich gestern ziemlich Nerven gekostet.

Die +Leitung auf der Platine, die vom 2200µF Siebelko zum Kollektor von T801 führt, ist viel zu dünn und zu lang. (Induktivität)
(Ein weiterer 470 µF Elko, den ich direkt am Kollektor gegen Masse geschaltet habe, hat das Problem endlich beseitigt.)

Ach ja, ein SPF 326 P-Kanal-JFET für die Muting Funktion ist auch defekt. (schließt dauerhaft kurz)
Ich denke ich versuche es mal mit diesem Teil (P-Channel J-Fet Verarmungstyp (selbstleitend))
J176 bei Reichelt
Der müßte eigentlich dafür gehen.
(P-Kanal Kleinleistungs-JFETs sind nicht gerade häufig verwendete Teile und die Auswahl ist beschränkt)

Siehe auch hier unter "Verarmungsprinzip"
MOS-Feldeffekttransistor (MOS-FET)

Ich werde die Kiste wohl noch etwas modifizieren müssen.
Nach wie vor bin ich allerdings von den mechanischen Qualitäten beeindruckt und freue mich auf das fertige Gerät.

Gruß, Jan


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RE: weiterer Patient, Braun TG 1020/4 - von JUM - 11.03.2021, 16:57
RE: weiterer Patient, Braun TG 1020/4 - von janbunke - 12.03.2021, 10:31
RE: weiterer Patient, Braun TG 1020/4 - von JUM - 12.03.2021, 14:25

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