Jahrestag: Walter Weber erfindet die Vormagnetisierung.
#2
Walter Weber (1907 – 1944)

Walter Weber, 1907 in Gelsenkirchen geboren, erhielt seine technische Grundausbildung von 1925 bis 1927 an der Ingenieur-Akademie in Oldenburg. Während seiner ersten Berufsjahre bei Siemens und Halske lernte er Hans Joachim von Braunmühl kennen, der ihn im Sommer 1931 zur Reichs-Rundfunkgesellschaft (RRG) holte. Seine weitere Ausbildung eignete sich Weber nebenberuflich an: so holte er Ostern 1932 das Abitur nach, studierte drei Semester an der Technischen Hochschule Charlottenburg und vier Semester an der Universität Berlin. 1938 schloß er dieses Studium mit der Promotion zum Doktor der Philosophie bei dem bekannten Akustiker Friedrich Trendelenburg ab. Die Dissertation „Das Schallspektrum von Knallfunken und Knallpistolen mit einem Beitrag über Anwendungsmöglichkeiten in der elektroakustischen Meßtechnik“ galt als „eine besonders wertvolle Arbeit, die das Interesse vieler Fachgenossen wachrief“.

Vor und neben der Dissertation hatte Weber schon fundierte Arbeiten für die RRG ausgeführt, unter anderem die Doppeltonmethode ausgearbeitet, Grundlage seiner Publikation über die „Störfähigkeit nichtlinearer Verzerrungen“ - besonders anspruchsvoll wegen des schwierig zu bewertenden subjektiven Eindrucks. 1935 entwickelte Weber ein Kondensatormikrofon mit umschaltbarer kugel- und nierenförmiger Richtcharakteristik, das später von der Berliner Firma Georg Neumann gebaut wurde. von Braunmühl und Weber veröffentlichten 1936 das Buch „Einführung in die angewandte Akustik“ - es wurde „bald ein ständiger Begleiter für alle, die mit der Rundfunktechnik zu tun hatten.“ Das V. Kapitel, „Schallaufzeichnungsverfahren“, schließt mit der Feststellung:
„Neuerdings ist es gelungen, die kostspieligen und schweren Stahlbänder durch filmartige Schallträger zu ersetzen, auf denen eine magnetisierbare Schicht angebracht ist. Es hat den Anschein, als ob die dadurch bedingten Verbesserungen der Qualität bei gleichzeitiger Verringerung des Umfanges der Apparatur der magnetischen Schallaufzeichnung neue Aufgabengebiete erschließen würde. „

Nach ersten Ansätzen 1938, die Qualität des Magnetophons zu steigern, führte eine marginale Betriebsstörung Weber im April 1940 auf den Weg zur entscheidenden Verbesserung, der Hochfrequenzvormagnetisierung, die den Magnetton mit einem Sprung an die Spitze aller Aufzeichnungsverfahren brachte. In Zusammenarbeit mit AEG entstand eine Geräte-Generation, die „uneingeschränkt die Zustimmung des Betriebes, vor allem von Seiten der Programmgestalter“ fand: 1944 war der deutsche Rundfunk „ohne Hochfrequenzmagnetofon schlechthin nicht mehr denkbar“. Weber und von Braunmühl gelang eine Reihe weiterer Erfindungen und Pionier-Entwicklungen, so die stereofone Aufzeichnung auf Magnetband, erstmals 1942/1943 vorgeführt, sowie Vorschläge für die Synchronisation von Ton und Bild beim Kinefilm.

Einige Labors der RRG mussten im Verlauf des Krieges von Berlin nach Kosten im Wartheland, in der Umgebung von Posen, verlegt werden. Weber ging am Abend des 18. Juli 1944 nach einer Besprechung zum Schwimmen und brach, nachdem er das Becken verlassen hatte, mit einem Herzschlag zusammen. Auch sofortige ärztliche Hilfe kam für den erst 37jährigen zu spät. Seine technischen Leistungen würdigte sein kollegialer Vorgesetzter von Braunmühl mit den Worten „Die deutsche Rundfunktechnik hat einen ihrer fähigsten Köpfe verloren, der in zwölfjähriger schöpferischer Produktivität eine Fülle von technisch verwertbaren Erfolgen erzielte, die ... heute überhaupt nicht mehr wegzudenken sind.“

Das Magnetband-Verfahren ist im Wesentlichen von drei Berlinern perfektioniert worden: die Geräte von Eduard Schüller bei AEG, das Magnetband von dem gebürtigen Berliner Friedrich Matthias bei I.G. Farben in Ludwigshafen; seine vier Jahrzehnte konkurrenzlose Qualität verdankt es der Hochfrequenz-Vormagnetisierung Walter Webers aus dem Berliner Haus des Rundfunks.

Friedrich Engel
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