Mindestpreisauktionen?
#9
Hallo Martin,

darf ich Deine These etwas "erweitern"?

Es geht nicht um Verkaufspsychologie zwischen Anbieter und Kauf-Interessent. Es geht ausschließlich um die Verkaufs-Psychologie zwischen Betreiber und Anbieter.

Der Erfolg eines einzelnen Angebotes ist tatsächlich von untergeordneter Bedeutung. Nicht vergessen: Wir spielen in Amerika. Ich denke nicht, dass das Wachstum von Ebay, wenn es solches denn noch gibt, sich über einen Zulauf von (Gelegenheits-) Anbietern definiert. Inzwischen gibt es einen Kern von mehr oder weniger professionellen, weltweit agierenden Anbietern, während die Gelegenheits-Verkäufer und zunehmend auch die fragwürdigen und die lokal tätigen Händler immer mehr in die Kleinanzeigen abgedrängt werden.

So wie Ebay die Käufer, die überboten worden sind und ebenso die Käufer, die weniger aktiv zu werden beginnen, zu animieren versucht, werden auch die Anbietern, die mit einer Anzeige keinen Erfolg gehabt haben, unmittelbar "betreut". Man macht ihnen klar, der nicht erfolgte Verkauf sei letztlich ihr Fehler gewesen und offeriert ihnen unmittelbar Lösungen für Ihr Problem: Versuchs doch mal so ... oder so ... oder so ...
Dahinter steckt das Selbstverständnis, der Verkäufer will Umsatz, ist möglicherweise sogar davon abhängig, also empfänglich. Eine hinreichende Gewinnspanne lässt sich ebenso per einzelnem Verkauf, wie über hundert Verkäufe erzielen.

Damit meine ich, die verschiedenen Optionen, die der Verkäufer zur Wahl hat, zielen nicht auf den letztlich Käufer, sondern auf den Verkäufer.
Es ist doch so: Gäbe es nur eine Option und hätte die "versagt", dann würde der Verkäufer möglicherweise die Plattform verlassen und ohne Provisions-Anspruch des Betreibers verkaufen oder die Ware einfach entsorgen. So kann man dem Verkäufer sagen: Probiere es doch mal mit Option zwei, Option drei usw. Flankierend kommt die Werbung über Feiertags-Specials, mit der einen oder anderen Option billiger oder kostenfrei, so dass ein Anbieter leichter zu überzeugen ist, eine bisher erfolglose Offerte ein weiteres Mal einzustellen.

Normalerweise ist es so, dass ein Inserent immer wieder die Entscheidung treffen müsste, ob er noch einmal Geld und Zeit und Aufwand investiert, seine Ware zu inserieren. Ebay versucht diese Entscheidung zu wandeln und stellt die sogenannte "Positive Alternativ-Frage": Möchtes Du lieber mit der Option "A" oder lieber mit der Option "B" inserieren? Damit das "ob überhaupt" nicht thematisiert zu werden braucht, braucht es die Alternativen.

Wir Käufer sind als Individuen genau so wenig interessant, wie die einzelne angebotene Ware. Denn wir Käufer bringen dem Betreiber kein Geld.

Wenn Ihr in den USA spielt, dann solltet Ihr Eure Vorstellungen von dem Unternehmer, der gegenüber seinen Mitarbeitern oder seinen Kunden so etwas wie die Verpflichtung zum ehrenhaften Handeln hat, ablegen. Dort gilt, wenn der Kunde nicht auf sich selber aufpasst, dann ist er selber Schuld und verdient es, über den Tisch gezogen zu werden. Deshalb gibt es in den USA so hohe Schadenersatz-Summen, um den zu belohnen, der im System bleibt.

Die Frage, welche Option ein Verkäufer nutzt, die hängt letztlich von seiner Gier und von seiner Kompetenz ab. Ebay will dem Anbieter alle Optionen verkaufen. Entweder alle auf einmal oder alle hintereinander.
Nun ist das System Ebay eben NICHT Käufer-orientiert. Das bedeutet, als Anbieter erfährst Du vom Käufer nur, wie viele Geschäfte er in den letzten drei Monaten als Käufer und als Verkäufer getätigt hat. Wenn er sich also nicht selber als z.B. "Sammler" outet, dann hast Du keine Chance ein Angebot auf eine Zielgruppe zurecht zu schneidern. Du hast auch kaum die Gestaltungsmöglichkeiten, dich selber zu präsentieren, ob du an zum Beispiel qualifizierte Sammler oder an Schnäppchen-Jäger verkaufst (entsprechend qualifizierte Ware bietest). Es gibt dazu auch keinerlei Hilfestellungen oder vorgefertigte Werkzeuge. Insofern ist jeder Einsatz und auch der Erfolg des Einsatzes von Optionen eher zufällig.
Und das gilt dadurch auch für den Kauf-Interessenten. Die genannte Preisvorschlag-Option sagt nichts über den Verkäufer aus. Nutzt er die Option um dich zu animieren, dich mit seinem Angebot zu beschäftigen und dadurch dein Interesse zu wecken und deine Hemmschwelle zu senken, stellt er dir mit der Option die genannte "positive Alternativfrage", oder nutzt er die Option dir dein maximales Angebot zu entlocken oder kauft er die Option, weil ihm jemand gesagt hat, die brächte etwas?

Ebay ist eine weltweit agierende Plattform deren Anbieter mit ganz unterschiedlichen Mentalitäten auftreten. Die Plattform hat erst begonnen, sich zu strukturieren und Verkäufer zu sortieren. Noch gilt: Wer Geld bringt, ist willkommen. Und insbesondere in den Ländern, bei denen der Internet-Handel noch keine Kultur hat (damit sind durchaus wir gemeint) und bei denen der Durchschnittsbürger (-Anbieter) mit dem Begriff "Eigenverantwortung" nicht viel anfangen kann, müssen wir damit rechnen, dass die Anbieter eher den Bodensatz der Gesellschaft darstellen. Zumindest was ihre Qualifikation bei dem angeht, was sie dort tun.
Insofern finde ich es schwierig, aus unserer Sicht, über die Auswahl der Angebots-Optionen auf den Charakter der Anbieter zu schließen. Dann noch sind wir den Rheinischen Kapitalismus und den ehrenhaften Kaufmann gewohnt, erwarten ihn zumindest auf der anderen Seite. Ebay ist darauf angelegt, lässt zumindest noch zu, dass der auf keiner Seite steht.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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Mindestpreisauktionen? - von snzgl - 20.01.2016, 20:10
[Kein Betreff] - von Matthias M - 20.01.2016, 22:45
[Kein Betreff] - von niels - 21.01.2016, 16:29
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[Kein Betreff] - von timo - 30.12.2016, 23:11
[Kein Betreff] - von Matthias M - 30.12.2016, 23:37
[Kein Betreff] - von Houseverwalter - 31.12.2016, 15:55
[Kein Betreff] - von Kirunavaara - 31.12.2016, 16:52

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