Analogaufname auch heute noch
#25
an dieser Stelle muss ich mal meine Freude darüber kundtun, wie hier über so ein emotionsgeladenes Thema diskutiert wird. In anderen Foren haut man sich spätestens nach dem dritten Post nur noch die Schädel ein, hier tauscht man seinen Sachverstand aus. Das macht richtig Freude, wenn man selbst bei solchen Themen noch dazulernen kann.

@kaimex und outis - Eure beiden Postings sollte man in jedem Eso-HiFi-Forum zur Pflichtlektüre machen, um diesen blöden Systemstreit zu beenden. Es gibt aber noch einen weiteren ganz untechnischen Aspekt, der viel zu wenig Beachtung findet, und das sind die Geschäftsstrategien der Musikbranche, die den Klang eines Mediums als Marketing-Instrument einsetzen.

Wie wichtig dies ist, habe ich zum ersten Mal in den achtziger Jahren begriffen. Als die CD aufkam, wurde sie als audiophiles Luxusgut vermarktet, weil die Produktion noch nicht rund lief, und es weltweit nur zwei Hersteller von CD-s gab. Die meisten CDs aus dieser Zeit klingen absolut betörend, um Welten besser als die Schallplatte - ich habe in meiner Sammlung noch zwei Beispiele, für die ich damals je 60DM bezahlt habe - Dark Side Of The Moon von Pink Floyd und Love Over Gold von Dire Straits, beide mit dieser goldenen japanischen Banderole, mit der sich auch der Preis für Schallplatten verdoppeln ließ. Als dann die Massenproduktion der CD funktionierte, wurde die Schallplatte für die Hersteller schnell ein Dorn im Auge. Die User trennten sich nämlich nicht von ihr aus dem ganz pragmatischen Grund, dass die Platte im Alltag nicht so viel schlechter klang als die CD, aber nur die Hälfte kostete. Wenn man sich Aufnahmen aus der zweiten Hälfte der achtziger anhört, war es genau andersrum wie heute. Die CD-s waren meist sorgfältig aufgenommen und klangen sehr gut, während man es bei der Schallplatte am Ende nicht mal mehr schaffte, das Loch verlässlich in die Mitte zu pressen. Und als auch das die Leute nicht davon abbrachte, trotzdem weiter Platten zu kaufen, schaffte man sie Ende der achtziger Jahre mit Ramschverkäufen europaweit ab.

Heute stecken wir wieder in so einer Situation. Die Musikindustrie möchte natürlich am liebsten gar keine Datenträger mehr produzieren, und alles nur noch zum Download anbieten. Das spart einerseits die Kosten für die Produktion und Distribution der Medien, zum anderen ist der Musikindustrie die CD ein Dorn im Auge, weil man sie nicht wirkungsvoll kopierschützen kann, und die Kontrolle dadurch erschwert wird, dass man anonym gekaufte CD-s keinem Benutzer zuordnen kann. Wenn ich bei Amazon Musik lade, sind die Dateien zwar beliebig kopierbar, sie enthalten aber eine Signatur, die mit meiner Person verknüpft ist. Gerippte Dateien von einer CD kann ich ruhigen Gewissens an Freunde weitergeben, bei runtergeladener Musik muss ich den Freunden schon sehr vertrauen, denn wenn diese die Musik in Tauschbörsen stellen oder irgendwie weiterverbreiten, hat man mich schnell am Kragen.

Jetzt hat die Musikindustrie heute aber ganz andere Voraussetzungen als Ende der achtziger Jahre. In den späten achtzigern war noch eine hohe Begeisterungsfähigkeit für moderne Technik vorhanden, und Leute, die dafür gerne tief in die Tasche griffen. Heute ist die Haltung eher ablehnend und rückwärts gerichtet, es gibt viele Leute, die gerne noch ein physikalisches Medium haben wollen, und aus Sicht der Plattenindustrie ist die Vinylplatte kombiniert mit einer Download Option das ideale Produkt. Eine Vinylplatte zu digitalisieren ist kompliziert und verlustbehaftet, und wenn man die Download Option benutzen will, die bei denmeisten Platten heute dabei ist, muss man in der Regel seine persönlichen Daten bei der Plattenfirma abliefern, und dann sind nicht nur die Downloads mit der Person verknüpft, sondern die Plattenfirma weiß auch noch, dass da jemand Vinylplatten kauft und welche genau.

Diese strategischen Überlegungen kann man den Kunden natürlich nicht offen mitteilen, also benutzt man zur Steuerung die Methoden der PR. Man sorgt durch zahlreiche Aktionen dafür, dass sich im Kopf des Käufers eine Meinung festsetzt, die dann zum gewünschten Ziel führt. CD-s werden heute gerne im Zweier- oder Fünfer - Ramschpaket verkauft. Bei älteren Aufnahmen kann man sich mal den Spaß machen, eine Erstauflage z.B. aus den achtzigern und das gleiche Album aus so einem Ramschpaket im Vergleich zu hören. In den meisten Fällen ist der klangliche Abstieg erschütternd, die Aufnahmen sollen ja auch so schlecht klingen, dass der komprimierte Download besser ist. Und die Vinyl-Platte nimmt jetzt die Rolle ein, die die CD in ihrer Frühzeit hatte, die des Luxusmediums für Gourmets. CD, Download und Vinyl eines Titels werden meist aus der selben ( digitalen ) Quelle generiert, man gibt sich beim Mastern nur einfach unterschiedlich Mühe. Und der gemeine HiFi Freund frisst es kritiklos. Die CD gilt heute als klanglich schlecht, der Download als brauchbares Berieselungmedium, und die Platte als das Medium mit dem besten Klang.

Was mich an der ganzen Sache so erschüttert, ist nicht, dass die Phonobranche als Wirtschaftsunternehmen solche Strategien reitet. Es ist vielmehr die Dummheit, mit der sich die Fans auf jedes Pferd setzen lassen. Niemand merkt, dass eine gut gemasterte CD eigentlich das Beste ist, was uns passieren kann. Die Daten liegen auf ihr in digital, unkomprimiert und hoher Qualität, haben keinen Kopierschutz, und lassen sich anonym kaufen und weiterverbreiten. Eine im Laden gekaufte CD kann ich z.B. verschenken - wie bitte soll das mit einem Download oder einer registrierten Schallplatte gehen ?

Gruß Frank
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