Akai GX210D: merkwürdige Serviceanleitung...
#27
Du brauchst doch auf jeden Fall zum Einstellen der Pegel eine Referenz in Form eines Pegel-Testbands! Leider ist die Höhe des Pegels, auf den die alten Geräte eingestellt werden sollen, recht unterschiedlich, wie weiter oben im Thread schon anklang.

Du benötigst weiterhin ein Messband für die Kopfsenkrechtstellung, auch Azimut genannt, einen Sinusgenerator oder ein entsprechendes PC-Programm, ein NF-Millivoltmeter oder Oszilloskop und eine Mithörmöglichkeit am Ausgang (Kopfhörer oder Verstärker mit Lautsprecher).

Im Service Manual (ich weiß, dass du das nicht hast) machen die Hersteller entweder konkrete Angaben zum Bandfluss bei 0 dBu, oder sie geben (oft) nur die Bezeichnung eines eigenen Testbandes an, das die Werkstätten dann bestellen konnten. Über dessen Eigenschaften weiß man dann nichts. Aber es gibt ja da nicht so viele Möglichkeiten und außerdem kann man ja auch mit einem "falschen" Pegel arbeiten, wenn man weiß, wieviel höher oder niedriger der vom Hersteller vorgesehene ist.
Ich vermute bei deiner JVC einen 0 dB-Flux von 185-250 nWb/m. Wenn du oder ein Vorbesitzer an den Trimmern für den Playback Level noch nicht herumgedreht hast und die Maschine noch nie verstellt worden ist, dann hast du, genau wie ich bei meiner Akai, eine Chance, den richtigen Bandfluss festzustellen. Du nimmst ein Pegelmessband, mit sagen wir 185 nWb/m für 19 cm/s und spielst es ab. Dabei werden die Ausgangssteller natürlich ganz aufgedreht, wenn die VU-Meter dahinter sitzen (völliger Blödsinn, habe ich so noch nie gesehen). Dann kuckst du auf die VU-Meter und die werden dann auf einen bestimmten Wert ausschlagen. Wenn du Glück hast, sogar beide etwa gleich weit. Smile

Angenommen, die schlagen bei dem 185er Band auf -1 bis +1 dB aus, dann kannst du davon ausgehen, dass die Maschine auf diese 185 nWb (Ampex-Standard) eingemessen werden soll.
Schlagen die Instrumente dabei nur bis -2 bis -3 dB aus, möchte das Gerät wohl auf 250 nWb/m eingemessen werden (185 nWb/m sind 2,6 dB weniger als 250). Das ist der "aktuelle" Bandfluss für NAB-entzerrte Geräte. Es wurden bei amerikanischen oder japanischen Maschinen auch 200 nWb/m benutzt, der alte NAB-Bezugspegel. Man weiß es nicht...

Und davon ausgehend kannst du dann so vorgehen, wie üblich.
Das gilt aber, wie gesagt nur, wenn die Maschine nicht völlig verstellt ist und die Verstärkerelektronik funktioniert!
Sollten diese Bedingungen nicht erfüllt sein, müsstest du dich an den korrekten Pegel herantasten, was am saubersten über eine Klirrmessung funktioniert. Ich vermute aber, mit 185 nWb/m für 0 dB hast du eine gute Ausgangsposition, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch der Realität entsprechen wird. Es könnten auch 200 nWb/m sein, aber der Unterschied beträgt nur 0,7 dB!

Du besorgst dir also bei Pievox oder Bluthard ein Pegelmessband für 19 cm/s mit 185 nWb/m Bandfluss (NAB-Entzerrung). Das kostet ein paar Mark achtzig, aber es geht nicht ohne.
Köpfe entmagnetisieren, Köpfe eintaumeln mit dem Azimutband. Ich setze voraus, du weißt, wie das geht.

Pegelband einlegen, Pegelsteller für Ausgänge ganz auf, Monitorschalter auf "Tape", starten. Auf die VU-Meter schauen, was die anzeigen. Liegt die Anzeige "um die 0 dB", ist alles gut und 185 oder 200 nWb sind richtig. Liegt sie bei -2,5 dB, sollte wohl der NAB-Normpegel von 250 nWb/m der korrekte sein. Aber egal! Du musst nur wissen, dass du mit deinem 185er Band in diesem Fall auf -2,5 dB einstellen musst!
An den Ausgängen hängt (nacheinander links/rechts) ein Millivoltmeter. Nun siehst du erst mal, was der Ausgangspegel macht. Bewegt er sich in der Nähe von irgend einem markanten Wert, etwa 0,8 oder 1 V, stellst du den Wiedergabepegel am zuständigen Trimmpoti in beiden Kanälen auf genau den gleichen Wert, sagen wir z.B. 0,8 V. Es kommt dabei nicht auf den absoluten Pegel an. Es ist nur wichtig, beide Kanäle genau gleich einzustellen (± 0,5 dB). Die Ausgangsverstärker haben genug Headroom, um nicht so schnell übersteuert zu werden (ausgenommen Revox A77, aber das ist eine andere Geschichte...). Also: beide Trimmer für den Playback Level auf gleiche Ausgangsspannung links/rechts.

Als nächstes müssen die VU-Meter auch übereinstimmend einjustiert werden. Wenn das 185er Band eine Anzeige nahe 0 dB gibt, dann beide VU-Meter mit den zuständigen Trimmern auf genau 0 dB stellen. Wenn das 185er Band eine Anzeige unter -2 dB gibt, dann bitte beide Instrumente auf -2,5 dB stellen.
Damit ist der Pegelabgleich für den Wiedergabezweig abgeschlossen und diese Trimmer werden nun nicht mehr angerührt!

Nun werden die Aufsprechpegel unter Verwendung eines neuen, von dir bevorzugten Bandes auf den gleichen Wert eingestellt (Differenz Vor-/Hinterband <1 dB). Dazu beide Aussteuerungsregler ganz öffnen und das Signal des Sinusgenerators von 1 kHz über einen passenden Spannungsteiler oder den entsprechenden Regler am Generator so einstellen, dass sich Vorband 0 dB-Anzeige auf den VU-Metern ergibt. Sodann die Trimmer für den Aufsprechstrom bei Monitorschalter auf "Tape" auf die gleichen Pegel am Ausgang einstellen wie bei Wiedergabe, also wie im Beispiel auf 0,8 V. Beim hin- und her schalten am Monitorschalter soll die Pegeldifferenz an den Ausgängen so klein wie möglich sein. Weniger als 1 dB ist anzustreben.

Es folgt dann die Justage der Vormagnetisierung, wobei ich natürlich nicht weiß, ob bei deiner JVC eine getrennte Einstellung für die Bandgeschwindigkeiten vorgesehen oder insgesamt nur ein Trimmerpaar vorhanden ist. Diese Einstellung erfolgt (wichtig!) bei einem Aufsprechpegel von -20 dB, wobei es nicht auf ein dB mehr oder weniger ankommt. Es ist nur wichtig, Bias- und Aufnahmeentzerrung immer nur bei einem Zehntel des Normalpegels einzustellen, damit die begrenzte Höhenaussteuerbarkeit nicht mit hineinpfuscht und falsche Werte verursacht.
Dabei wird nun ein möglichst gerader Frequenzgang am oberen Ende angestrebt. Das untere ist nicht zu beeinflussen. Ich vermute, dass die JVC ebenso wie 95% aller anderen Bandmaschinen keine Entzerrungstrimmer besitzt und daher der Höhenfrequenzgang leider nur mittels Bias eingestellt werden kann. Der Haken dabei ist, dass der optimale Arbeitspunkt des Bandmaterials (kleinster Klirrfaktor) nicht zwingend auch mit dem optimalen Frequenzgang zusammenfällt. Aber mit dieser Sparmaßnahme der Hersteller muss man leben.

Man kann die Biaseinstellung durch wechselseitiges Messen zweier oder dreier Frequenzen (etwa 1/10/15 kHz) machen, oder, wenn man eine Rauschquelle hat, auch nach Gehör. Und zwar so, dass das Rauschen vor und hinter Band gleich klingt. Weder heller, noch dumpfer. Nochmals: nicht mehr als -20 dB aussteuern!
Hier werden die Puristen sicher mit den Augen oder sonstwas rollen Wink, aber das geht tatsächlich ganz gut! Sicherheitshalber kann man ja zum Abschluss noch einmal die Pegel bei 1 kHz und 10 kHz messtechnisch vergleichen. Sie sollten nicht mehr als 2 dB auseinander liegen; auch zwischen linkem und rechtem Kanal nicht.

Hinterher muss der Aufsprechpegel bei 1 kHz unbedingt noch mal kontrolliert und meist auch korrigiert werden, weil sich die Bias-Höhe auch auf niedrigere Frequenzen bis unter 1 kHz auswirkt.

Ja, und wenn du alles richtig gemacht hast, sollte das Gerät nun eingemessen sein, so dass kein nennenswerter, hörbarer Unterschied mehr zwischen dem Vor- und Hinterbandsignal vorhanden ist. Ein paar Probeaufnahmen mit unterschiedlichen Musikstücken zeigen dir per Gehör, ob deine Pegel korrekt sind. Auch bei geringfügigem Aussteuern bis in den roten Bereich sollten keine Verzerrungen in den Höhen (Zischeln) oder den Bässen zu vernehmen sein.

So misst man eine Bandmaschine ein, von der man keine Unterlagen besitzt. Ich mache das zumindest so und es hat immer gut funktioniert. Besser ist es natürlich, wenn man den zugrunde gelegten Bezugsbandfluss und den dazugehörigen Line-Ausgangspegel weiß. Dann ist es auch wurscht, wenn das gute Stück völlig verbastelt und verkurbelt sein sollte... ^^

Halte uns weiterhin über deine Fortschritte auf dem Laufenden!

Grüße
Holgi

P.S.: Diese Relaissteuerung ist ja wirklich der Wahnsinn! Über jedem Kontakt ein Entstörkondi? Huh Ich frage mich, wie das andere Hersteller wohl mit drei oder vier Relais hinbekommen haben?
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