Belastbarkeit von Kalotten-Hochtonlautsprechern
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niels,'index.php?page=Thread&postID=177872#post177872 schrieb:... Ist mein Anliegen etwas klarer geworden?...


Hallo Niels,
bitte habe Nachsicht. Das dauert bei mir immer ein bischen, bis die Synapsen warm geworden sind. Jetzt habe ich begriffen.

Zunächst müssen wir verstehen, dass all diese Angaben von Leistung und Belastbarkeit keine absoluten Größen darstellen, sondern immer relative Angaben sind. Leider werfen unterschiedliche Hersteller gerne die Bezüge durcheinander und geben sie garnicht an, so dass wir Verbraucher üblicherweise nicht in der Lage sind zu unterschieden, ob ein Chassis von einem Hersteller für Musik-Boxen oder für Sinuston-Reproduktions-Apparate stammt.

Das durchschnittliche Signal, das eine Lautsprecherbox belastet, ist ja ein Frequenzgemisch, das sich in der Verteilung an dem orientiert, was wir für Musik halten. Die Gesamtenergie, die hier als Summe der Pegel der einzelnen Frequenzen auf die Box trifft, wird durch die Frequenzweiche in einem Maße verteilt, dass der Hochtöner eben nur ein Bruchteil dessen abbekommt, was wir als Gesamt-Lautstärke empfinden.

Wenn wir also ein Rosa Rauschen mit einer gesamten Arbeitsleistung von 100 Watt in die Weiche pressen, kommt bei dem Hochtöner halt nur ein Teil der Gesamtleistung an.

Das menschliche Ohr hat ja nun keine frequenzlineare Empfindlichkeit. Umso stärker es in der Vergangenheit benutzt worden war, desto mehr weniger. Wenn wir also mit einem solchen Ohr das Rosa Rauschen abhören, werden wir dazu neigen, die Höhen etwas anzuheben. Vorausgesetzt, wir hören gerne Rauschen und erinnern wie das einmal geklungen hat, als die Lauscher noch in Ordnung waren.
Schon hier wird der Hochtöner also mehr belastet. Mehr, als ein Normen-Definator es für üblich gehalten haben mag.

Wenn wir die Absonderungen des Verstärkers nun auf eine Frequenz beschränken, besteht die Gefahr, das die Leistung, mit der wir diesen Sinuston nun in die Box drücken, nichts mit dem Pegel zu tun hat, mit dem eine entsprechende Frequenz anteilig im Rosa Rauschen präsent wäre.
Zudem das Hörvermögen des typischen und vor allem des gealterten Ohres dafür sorgt, das dessen Benutzer den Pegel möglicherweise nochmal erhöhen wird, damit der erzeugte Ton seinem subjetivem Bedarf an typischer Präsenz (Aufmerksamkeit) entspricht.


Neben dem menschlichen Faktor gibt es aber auch einen "Lautsprecherlichen".
Während ein übliches Frequenzgemisch ein Chassis, das ja für die Übertragung eines verhältnismäßig breiten Frequenzbandes konzipiert ist, relativ abwechslungsreich belastet, tut dies ein Sinuston sehr einseitig. Es gibt keine Pausen. Das führt dazu, das sowohl die thermische wie auch die mechanische Balstung innerhalb eines definierten Zeitabschnittes, in dem ein Sinuston tönt, viel höher ist, als bei einem Frequenzgemisch.
Die Einheitlichkeit des Signals beförtert zudem immer gleichartige Interaktionen zwischen den "natürlichen" Eigenschaften des Chassis und den aufgezwungenen: Die Auswirkungen von Resonanzen sind bei einem Sinuston also viel höher, als bei einem Frequenzgemisch und werden auch nicht wieder abgebaut.

Es wäre natürlich überhaupt kein Problem, ein Lautsprecher-Chassis zu bauen, das für die Übertragung eines Sinustones bei vergleichsweise hoher Lautstärke geeignet ist. Vielleicht macht das sogar jemand. Solches den Hochtönern anzuerziehen, die wir üblicherweise in Lautsprecherboxen finden, ist allerdings nicht notwendig. Ebenso wenig, die Angabe von Werten, die ihre Eignung für Sinustöne beschreiben.


Das Problem bei den Angaben liegt darin, dass ihre Definition erst einmal erfolgen muss und das Hersteller die Methoden der Ermittlung dann auch durchzuführen hätten.
Wenn Du Dich mit der Geschichte der Normen in der Elektro-Akustik, vor allem für den Endverbraucher-Bereich auseinander setzt, dann wirst Du nicht nur auf ein Maß an Unkenntnis (zum Zeitpunkt der Definition) stoßen sondern auch auf eine Bereitschaft zur Relativierung der Wichtigkeit der Durchführung von Messungen als Grundlage für die Angabe von Werten.
Es ist kein Zufall, das die amerikanischen Normierer für den HiFi-Bereich (also für den Endverbraucherbereich) zwar ursprünglich getönt hatten, man wolle Normen für alle Geräteklassen definieren, sich dann aber alle samt auf die Tuner und Verstärker beschränkt haben, bei Tunern nicht einmal mehr die Norm nach der Einführung der Stereophonie angepasst haben. Und selbst der ursprüngliche Entwurf der IHFM-T-100 ist eingedampft worden, weil er den Herstellern zu umfangreich und damit zu teuer gewesen war. Etnsprechend gab es auch in der Normierungstätigkeit des dhfi Auseinandersetzungen über den Umfang der Definitionen. Denn messen ist teuer.
Wenn Du Dir die Geschichte der amerikanischen HiFi-Normen anschaust, dann wird mehr als deutlich: Im Konsumentenbereich war die Norm vor allem ein Vehikel des Marketings. Das wird bei den Standards der professionellen Nutzer vielleicht besser sein. Nur steht auch hier die Praktikabilität im Vordergrund. Und das führt nicht immer unbedingt dazu, dass die angegebenen Werte für jede abseitige Verwendungs-Idee aussagekräftig sind.


Die Realität sieht folgendermaßen aus: Es gibt Hochtöner, die in der Lage sind Belastungen (nach welcher Norm auch immer) von 100 Watt zu verkraften. Meine Erfahrungen aus dem Aufschrauben und Hineinsehen in zahlreiche Boxen sagt mir, wenn denn überhaupt eine Angabe zur Belastbarkeit auf Hochtönern vermerkt ist - und das ist sie eher selten - dann liegt die oft nur bei einem Viertel des Wertes, der auf dem im selben Gehäuse eingebauten Tieftöner prangt. Wenn da dennw as prangt.
Mehr ist üblicherweise ja auch nicht nötig, denn so ein Hochtöenr hat ja viel weniger Masse zu bewegen und viel kürzere Hübe zu erzeugen, als eben ein Tieftöner. Und da eine Spule umso mehr Gewicht hat, desto Durchbrenn-Resistenter sie konzipiert ist und da das bewegte System eines Hochtöners umso schwerer würde, desto Wärme-leitfähiger die direkt in Verbindung mit der Spule stehenden Bauelemente würden und da der Hochtöner umso weniger empfindlich würde, desto größer der Luftspalt gewählt würde, um die Belüftung zu verbessern, sollte man halt den durchschnittlichen Hochtöner lieber mit Musik belustigen, denn mit Sinus-Tönen drangsalieren. Dafür ist er nicht gebaut. Egal, was drauf steht.


Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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[Kein Betreff] - von frank1391 - 15.05.2015, 13:19
[Kein Betreff] - von niels - 15.05.2015, 16:27
[Kein Betreff] - von Matthias M - 15.05.2015, 20:31
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