HiFi Qualität mit Tonbandgerät erst ab 9,5cm/s - warum?
#13
Au weh, ich habe mich mit dem Beitrag 003 mit einem Bein aufs falsche Pferd gesetzt (darf bei >1000 Beiträgen einmal passieren?), weil ich den Anfangs-Beitrag so gelesen habe, als sei die Frage: warum lässt die Qualität bei niedrigen Bandgeschwindigkeiten zu wünschen übrig? Es ging aber um Spule vs. Compact-Cassette.

Nun, man muss zeitgleiche Entwicklungsstände vergleichen. Die Heimtonbandgeräte-Technik ist, was die Bandentwicklung angeht, mehr oder weniger auf dem Stand vom Juni 1969 stehengeblieben (Bezugsband-Leerteil C 264 Z), mit der einzigen Ausnahme des EE-Bandes, was aber, weil zu spät gekommen, floppte (Hintergrund der Entwicklung dürfte eher die bei Viertelspur und 19,05 cm/s erhebliche "seitliche Einstreuung" gewesen sein als eine Qualitätsverbesserung; bei der für 9,5 cm/s durch EE angehobenen Qualität ist die seitliche Einstreuung geringer). Das C 264 Z ist übrigens (immer noch und ohne Aussicht auf Ablösung) IEC-Standard, seine Kompatibilitäts-Eigenschaften sind somit auch für japanische Heimtonbänder verbindlich gewesen.

Ich habe hier ein Datenblatt vom Januar 1971 für ein Compact-Cassetten-Band Ferro-Band QP 12, das technologisch dem C 264 Z entsprechen dürfte (das war immerhin im Jahre 8 nach Einführung der CC!). Die Dynamik (man muss etwas herumrechnen) dürfte bei 333 Hz etwa bei 58 dB gelegen haben bei einer Aussteuerbarkeit von +1 dB (Bezugspegel 250 nWb/m). Bei einem der Nachfolger, Ferro Maxima von 1989, ist die Aussteuerbarkeit auf +5,5 dB geklettert, wobei das Rauschen erstaunlicherweise etwa gleich stark ist wie beim 1971er-Band, die Dynamik also etwa 63 dB (jeweils entzerrt mit 120 µs, ohne Dolby etc.). Dazu kommen noch Gewinne in der Höhenaussteurbarkeit, die sich wegen der zwischen 1970 und 1989 erheblich gesteigerten Wiedergabekopf-Leistungsfähigkeit nicht vergleichen lassen. Bei der IEC-Klasse II sieht die Sache noch etwas günstiger aus, u.a., weil hier auf die mögliche bessere Höhenaussteuerbarkeit zugunsten niedrigen Rauschens (70 µs) verzichtet wurde.

In den späten 1970er Jahren verlagerte sich der Heimtonband-Verkauf siginifikant auf den Anteil der großen 26,5 cm-Spulen, was zeigt, dass die "kleinen" Heimtonbandgeräte langsam aus dem Markt verschwanden; das war dann, dem Bandverkauf nach zu schließen, etwa 1982 der Fall.

In dieser Zeit hatte sich die Bandentwicklung folgerichtig auf andere Gebiete geworfen: primär auf den Massenmarkt Videoband-Produktion (beherrschend VHS) mit seinen hochkoerzitiven Bändern, auf die Datenspeicherung auf Magnetband (das übergehe ich mal) und auf die Studioband-Entwicklung; die Compact-Cassetten-Band-Entwicklung hat starke Impulse aus Japan bekommen und dürfte von den Erkenntnissen aus den anderen Produkt-Linien mehr oder weniger stark profitiert haben.

Alles in allem: Viertelspur-Heimtonbandtechnik ist (bandseitig!) mehr oder weniger auf dem Stand von 1970 hängengeblieben - wer mag, sehe sich den Compact-Cassetten-Qualitätsstand dieser Jahre an. Kein Wunder, dass heute ein Spulentonbandgerät bei 4,75 cm/s gegen ein modernes Compact-Cassetten-Gerät kein Bein auf den Boden bekommt, zumal hier noch Dolby mehr schafft als die Bandentwicklung je hätte bringen können und die Kopfhersteller das Ihre dazugetan haben.

Jürgen: die 18 µm-Sprechköpfe der ARD sollten das Modulationsrauschen verbessern - eine ziemlich alte Erkenntnis, die mit der Entwicklung der Mehrspurtechnik etwas in Vergessenheit geraten war (aber das ist eine andere Baustelle).

F.E.
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