Als andere aufgaben, startete SONY neu: Der TC-K 700ES
#1
Moin, moin,

in der vergangenen Woche bin ich von einem Haufen Tapedecks überfallen worden, die sich seitdem bei mir eingenistet haben.
Da ich natürlich etwas über meine Hausbesetzer wissen wollte, habe ich etwas recherchiert ... Ihr kennt das ja.

Sony, einer der weltgrößten Hersteller für Unterhaltungselektronik, hatte auch immer mit gewissen Vorurteilen zu kämpfen.
Während sich Matsushita die Unwissenheit der Käufer zu Nutze machte, die zum großen Teil nicht ahnten, das die Geräte der Konzern-Marken Panasonic, National, Technics und sogar JVC von den gleichen Bändern gepurzelt sein konnten, das sich auch hinter Schneider-, Blaupunkt- oder Grundig-Emblemen Komponenten des Elektronik-Riesen verbargen, hießen Sony's meist nur "Sony".

Das macht sie nicht besser oder schlechter. Doch, so wie manch Plattenspieler-Purist es nicht ertragen mag, daß ein teurer Dreher, der in seine Anlage Eingang finden soll, den gleichen Markennamen trägt, wie der 1210 von Oma Erna, so mochte mancher HiFi-Freund lange nicht akzeptieren, das ein Hersteller von Kofferradios gleichsam akzeptable Highend-Geräte herstellen könnte.

Bei mir ist es jedenfalls lange so gewesen. Auch wenn ich immer wieder zur Kenntnis genommen habe, es hat prominente Sony-Geräte gegeben, so war ich doch nicht auf die Idee gekommen, einen aus dem Haufen der mir in der vergangenen Woche zugefallenen Sony's mit der gleichen Ehrfurcht, mit dem gleichen Interesse zu betrachten, wie beispielsweise einen Nakamichi.

Und als der erste TC-K700ES, den ich probierte, nach kurzem Zucken quasi verstarb, schien mir das Vorurteil bestätigt, das schon die HiFi-STEREOPHONIE und ein Forenmitglied zu dem Sony 3-Kopf Tapedeck TC-177SD aus den siebziger Jahren vermittelt hatten: Fehlkonstruktion des Laufwerks.
Freilich hatte auch unser ehemaliges Foren-Mitglied Arnulf dazu beigetragen, in mir, auch gegenüber den großen Esprit-Decks, gewisse Vorurteile zu kultivieren. Denn er hatte berichtet, in welchem Umfange er an seinen Tapedecks hatte basteln müssen, hatte berichtet, wir er aus mehreren Zahnrädern hatte eines schnitzen müssen, um seine "Kisten" zum Laufen zu kriegen. ...

Und nun hatte ich also fast ein Dutzend gleicher Recorder stehen und begann mich zu fragen, ob wohl einer davon, nach 25 Jahren, laufen würde. Schließlich: "it's a Sony"! Steht drauf!

[Bild: SonyTCK700ES_11k.jpg]

Hans-D.Pizonka hat mich gelehrt: Aufschrauben. Egal was, egal ob ich verstehe, was da drinnen ist, egal ob ich es hinterher wieder zusammen bekomme. Aufschrauben. Reinkucken. Fotografieren. Vielleicht ist ja doch etwas zu entdecken. Zumindest, auf meinen Fotos, für ihn.
Und was ich entdeckt habe ist der Grund, warum ich doch hier schreibe. Etwas mehr, als nur "it's a Sony" und über mein Vorurteil dazu.

Zunächst einmal ein paar Angaben zum Gerät.
Der Sony ist ein Tapedeck-Bolide "alter" Schule. Es gibt noch Drehregler und Schalter. Damit sieht er ein wenig mehr nach Tapedeck und ein bischen weniger nach Mikrowelle aus, als manch Recorder späterer Tage. Bestätigen tut dies auch sein Gewicht und seine pure Göße, die sofort vergleichbar wird, wenn ich den gleichfalls erworbenen TC-K670 in die Hand nehme und oben auf den Haufen 700er stelle.

"Dieses professionelle Sony-Cassettendeck mit Midship-Drive-System plaziert Laufwerk und Transformator zwischen System-Control-Prozessor und Audioschaltkreisen ausbalanciert in der Gerätemitte. Diese Anordnung verhindert Vibrationen, gegenseitige Beeinflussung elektronischer Bauteile und optimiert somit die Klangqualität." (Sony '88)

Dem deutschen Kunden scheint Sony übrigens weniger technisches Verständnis zuzutrauen, als dem englisch-sprachigen. Während Sony den hiesigen Ureinwohnern erklärt, ein Tapedeck müsse "ausbalanciert" werden, erfährt der dem Englischen Kundige in dem Informationsblatt "For those who seriously record" viel detailierter, die physikalische Trennung zwischen dem Steuerteil und den Audio-Boards verhindere eine gegenseitige elektrische Beeinflussung, und die Konstruktion mit zentralem Laufwerk und Netzversorgung erlaube es, die benötigten Kabellängen und die Signalwege kürzer zu gestalten, als sonst üblich.
Die Verringerung der Resonanzen läge weniger in der zentralen Anordnung des Laufwerks begründet, als in dem zusätzlichen, zentralen Metall-Chassis, als Aufnahme für Laufwerk und Netzteil, das das Gehäuse weiter versteife, Vibrationen und Resonanzen verringere und damit, als Nebeneffekt, verhindere, das eben diese mechanischen Einflüsse den reibungslosen Lauf des Antriebes oder die Elektronik beeinflussen könnten.
Nun denn ...

Das zentrale Kassettenfach sieht massiv aus und öffnet Feder-gedämpft. Doch öffnet es noch mechanisch!, nach einem Druck auf eine Taste!, die sich tatsächlich in Hubrichtung bewegt!, wenn man sie drückt, und nicht motorisch, nach einem nur Tippen auf ein wabbeliges Plastik-Etwas mit kaum definiertem Druckpunkt, wie bei manchen Spielzeug-Decks.
Wem sowas egal ist, der erinnere sich, daß Auto-Hersteller viel Zeit und Arbeit in das richtige Geräusch der sich schließenden Autotür investieren, um dessen Käufer einen gewissen Besitzer-Stolz zu vermitteln, der notwendig ist, wenn man für eine Kiste auf vier Rädern viel mehr Geld verlangen will, als für eine eben solche, die einfach nur fährt; Ja, der Sony "fährt", aber er bietet eben zusätzlich auch die Haptik eines Klassikers.

[Bild: SonyTCK700ES_16k.jpg]

Links und rechts des Kassettenfachs zeigen sich breite Anzeigen, links nur das Bandzählwerk, rechts die Aussteuerungsanzeige mit etwas Drumherum. Darunter sind die Bedien-Elemente gelegen: Links die Laufwerkssteuerung, Netzschalter, Timer-Steuerung und der Kopfhörer-Ausgang, rechts die Bedienung für Rauschunterdrückung, Einmessung, Hinterbandkontrolle und Pegel-Einstellung.

[Bild: SonyTCK700ES_15k.jpg]

Rückwärtig zeigt der Sony vor allem die vergoldeten Cinch-Anschlüsse, das fest installierte Netzkabel und, speziell dieses Gerät, den wahrscheinlich nachgerüsteten Anschluß für die Studio-Fernsteuerung.

[Bild: SonyTCK700ES_24k.jpg]

Der Sony protzt nicht. Weder mit Knöpfen und Reglern, und auch nicht mit Beschriftungen, die auf seine inneren Werte hinweisen.
Das Cassettenfach trägt einen Acrylglas-Deckel mit großem Einblick auf die dahinter liegende Kassette; selbst eine frühe Maxima kann hier den Füllstand ihrer Wickel nicht verbergen. "3 Head" steht als einziges auf der Glasscheibe zu lesen. Darunter prangen die Gerätebezeichnung und, klein gehalten, "Quartz Locked Direct Drive".

[Bild: SonyTCK700ES_12k.jpg]

Wer ein Band einlegt, der hört allerdings schon am selbsttätigen Band-Spannen, das der Sony nur dann durchführt, falls das Band locker in seinem Gehäuse gelegen hatte, daß man nicht mit Aufschriften protzen muß: Dem Kenner reicht die Leistung. So tastet der Sony dann auch die Bandsorte selbstständig ab, ohne lange mit Aufschriften darauf hinzuweisen, das er das kann. Allerdings tut er das nicht mit kleinen Microschaltern, wie manch jüngerer Konkurrent, bei dem der Recorder die Bandsorte nach zehn Jahren Betriebszeit nicht mehr stabil ermitteln kann, sondern mit einer langfingerigen Mechanik, die nicht den Eindruck erweckt, von selber verschleißen zu können. Jedenfalls nicht innerhalb der nächsten hundert Jahre.

[Bild: SonyTCK700ES_23k.jpg]

Das linke Display sieht zwar groß aus, das wohl aber nur aus gestalterischen Gründen. Die eigentliche Anzeige hinter dem breiten Glas ist eher schmal und zeigt lediglich, in dünnen, blau leuchtenden Ziffern, das vierstellige Bandlängen-Zählwerk an. Der "Linear Counter" zeigt, unabhängig von dem sich verändernden Wickel-Durchmesser, die tatsächlich verbrauchte Bandlänge an, die an den Köpfen vorbei gezogen ist, und nicht nur die Zahl der Drehungen des Wickelkerns oder eine Art Stoppuhr, zählt stattdessen am Anfang des Bandes in gleicher Weise, wie am Ende: "Linear" halt. Und das in Minuten und Sekunden.
Die Toleranz der Zählung liegt, je nach Durchmesser der Nabe der Kassette, nach Werksangabe, bei +/- 30 Sekunden (C60 / C90 mit kleiner Nabe, C46 mit großer Nabe) beziehungsweise bei + 90 bis + 150 Sekunden (C46 mit kleiner Nabe). Mit dem Abschalten des Recorders "vergisst" die Elektronik den Zählerstand sofort und startet, nach erneutem Einschalten, immer in 0-Stellung.

[Bild: SonyTCK700ES_29k.jpg]

Unter dem linken Display sind lediglich zwei kleine Tasten zu finden: Für die 0-Rückstellung des Zählers und für MEMORY. Auf umfangreiche Tastenfelder für die Programmierung, wie sie seit den Achtzigern bei Cassettendecks Einzug gehalten hatten, verzichtete Sony.

Das Tastenfeld der Laufwerksbedienung erinnert ein wenig an die Nakamichi der frühen Achtziger. Ganz im Gegensatz zu den inzwischen weit verbreiteten, großflächigen Tastenfeldern mit kaum fühlbar voneinander abgesetzten Einzelelementen. In zwei Zeilen und leicht angestellt, so daß sich die übereinander liegenden Tasten in unterschiedlicher Ebene, deutlich voneinander sicht- und tastbar getrennt, befinden, und von unterschiedlicher Größe: UMSPULEN, RECORD, PAUSE und MUTING in gleichem Ausmaß, START von doppelter und STOP von dreifacher Größe. Die Symbole für PLAY, RECORD und PAUSE sind selber ertastbar und im Befehlszustand beleuchtet.

[Bild: SonyTCK700ES_17k.jpg]

Die Kombination aus PLAY und RÜCKLAUF startet AUTO PLAY, das auch in Verbindung mit MEMORY funktioniert: Erreicht der Sony den Band-Anfang oder, in Verbindung mit MEMORY, die 0-Stellung des Band-Zählwerks, beginnt er mit der Wiedergabe.
Der Druck auf den MUTING-Knopf erzeugt, ohne Änderung der Pegelregler-Einstellung, eine Leerstelle von vier Sekunden Dauer mit anschließender PAUSE-Stellung; hiermit lassen sich Titel separieren und auch für den Musiksuchlauf auffindbar machen.

Der mechanische EJECT-Knopf befindet sich über der AUFNAHME-Taste, auf einer Ebene mit den beiden Tipptasten für RESET und MEMORY. Seine eigene, hervorstehende Form und der lange Hubweg verhindern ein versehentliches Bedienen, wenn sich der Finger verirrt und eigentlich die AUFNAHME gedrückt werden sollte.

[Bild: SonyTCK700ES_19k.jpg]

Der Hauptschalter befindet sich links, neben dem Display; sein langer Hubweg und die einsame Lage sorgen dafür, daß er nicht versehentlich im Betrieb gedrückt werden wird. Direkt darunter ist ein Knebelschalter gelegen, der die Timer-Unterstützung bedient: "Off", "Rec" und "Play". Bei Stromzufuhr kann der Sony also in die Wiedergabe oder in den Aufnahme-Modus gestartet werden.

[Bild: SonyTCK700ES_20k.jpg]

Darunter, auf einer Ebene mit der STOP-Taste, befindet sich die vergoldete 6,3 mm-Klinkenbuchse des Kopfhörer-Ausgangs.

Das rechte Display zeigt das doppelzügige Peak Program Meter mit Peak Hold-Funktion, die Aussteuerunganzeige mit Eich-Strichen für 0dB-VU (- 4 dB Peak) und Dolby (- 2 dB Peak), die automatisch gewählte Bandsorte, sowie den Betriebszustand das Rauschunterdürckungssystems und des MPX-Filters an. Bis auf den rot leuchtenden Übersteuerungsbereich, von 0 dB bis + 8 dB, glimmt auch diese Seite in ruhigem blau.
Der Anzeige-Umfang des Aussteuerungs-Instruments von - 40 bis + 8 dB wird pro Kanal in 16 Segmenten angezeigt. Die Aussteuerungsanzeige reagiert, nach Werksangabe, auf einen Frequenzumfang von 20-20.000 Hz +/- 1,5 dB mit einer Ansprechzeit von 1ms, bei einer Rücklaufzeit von 750 ms (bei 0 bis - 20 dB). Die Aussteuerungsanzeige kann, je nach Stellung des Monitor-Schalters, wahlweise den Vor- oder den Hinterbandpegel anzeigen.

[Bild: SonyTCK700ES_28k.jpg]

Mit Hilfe von vier Drucktasten, unter dem Display, läßt sich der Multiplex-Filter und das Rauschunterdrückungssystem ein- oder ausschalten, läßt sich zwischen Dolby B und C umschalten.

[Bild: SonyTCK700ES_30k.jpg]

Für die Kalibrierung von Vormagnetisierung (BIAS), um +/- 20%, und Aufnahme-Pegel, um +/- 3 dB, stehen zwei Knebeldreher zur Verfügung, ein weiterer für den Pegel des Kopfhörer-Ausgangs.

[Bild: SonyTCK700ES_31k.jpg]

Dazwischen liegt, merkwürdigerweise in silber und mit einzig rundem, metallenem Kippschalter ausgeführt, die Umschaltung zwischen vor- und hinterband.
Der Aussteuerungsregler ist zweiteilig und erlaubt damit die kanalgetrennte Einstellung des Aufnahme-Pegels.

[Bild: SonyTCK700ES_21k.jpg]

Diese Ausstattung hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck.
Die Anordnung und Ausführung der Bedienelemente ist ergonomisch sehr gelungen und absolut fehlbedienungssicher. Die Tatsache, die Knebelschalter bestehen aus Kunststoff, erfreut den Vorurteils-Inhaber gegenüber Sony. Nicht, das es aus objektiver Sicht daran etwas zu meckern gäbe. Tatsächlich ist der Knebel-Griff jeweils so lang ausgeführt, das er sich sehr gut anfassen läßt. Und auch der massiv-metallene, silberne, runde Kippschalter wirkt nur auf den ersten Blick deplaziert, fast nachgerüstet, ist aber tatsächlich ebenfalls sehr gut bedienbar und trennt die Knebeldreher, optisch und tastbar, gut voneinander, so daß sich Kopfhörer-Lautstärke und die Einmessung nicht versehentlich verwechseln lassen.

Die technische Konzeption erlaubt höchste Qualität und läßt sich, so die Meinung auf TAPEHEADS.NET, sogar noch verbessern ("... the electronics is good and can be made better ...").
Die Ausstattung des Recorders ist für ein Gerät, bei dem es in erster Linie auf Qualität ankommt, ausreichend, hier und da, und im Vergleich zur zeitgenössischen, aber auch zur älteren Konkurrenz, allerdings dann doch merkwürdig sparsam.

So fehlt dem Aussteuerungsregler die Rutschkupplung, beziehungsweise der Bedienung der Aussteuerung ein Master-Regler. Das geht manchem Revox genau so. Nur meckert man bei Revox weniger darüber.

"Dolby B-C Nr" steht auf der Front zu lesen. Für ein ambitioniertes Tapedeck der zweiten Hälfte der Achtziger fast etwas ungewöhnlich, daß hier nicht auch das Symbol für "HX pro", der Headroom Extension, prangt.
Wer sich erinnert, Sony baute seine Rauschunterdrückungs-ICs selber, der ahnt, warum dem so sein wird: Lizensierungsfragen?

[Bild: SonyTCK700ES_I09k.jpg]

Wenn ich mich erinnere, daß ich Jahre vor dem Erscheinen von Sony's Spitzenmodell mit dem Aiwa AD3800E schon ein Deck mit "Einmeß-Computer" hatte kaufen können, wundert mich die Auslegung des 700. Immerhin war Aiwa Sony's Laufwerks-Schmiede und in den Achtzigern schon Tochterfirma, stand die Technik der Mutter also sicherlich zur Verfügung. Allerdings hatte mein Aiwa tatsächlich nur knapp über ein halbes Jahr funktioniert und zeigte sich hinterher, selbst für den Hersteller, quasi irreperabel, und habe ich seit dem auch nie wieder einen (funktionsfähigen) gefunden. Der Sony hingegen ...
Allerdings selbst eine Halbautomatik, wie bei ASC, oder ein Tongenerator als Einmeß-Hilfe, wie bei Eumig oder Thorens, oder eine Schaltung, die die Aussteuerungsanzeige zum Meßinstrument macht, wie sie 1979 schon der Grundig CF5500 spendiert bekommen hatte, fehlt dem Esprit.
Es gibt im Netz übrigens Gerüchte, die japanische Version des Sony wäre mit einer Einmeß-Hilfe ausgestattet gewesen. Das stimmt nicht! Hier wird wohl der TC-K333ESX, der dem TC-K700ES entspricht, mit dem TC-K 555 ESX verwechselt.
Die Bedienungsanleitung für den 700 und den 333 empfiehlt jedenfalls, "set the Monitor-switch to TAPE and adjust the BIAS-control so that there is no sonic difference between SOURCE and TAPE." Bei Programm-Material und nach Meßinstrument Ohr.

So ist das halt, wenn ein Großserien-Hersteller Ambitionen zeigt. Der Rotstift regiert mit.
Allerdings sollte man bei aller Kritik nicht vergessen, Sony's 1986 erschienenes Topmodell war der Stammvater, der erste einer neuen ES-Serie.


Hans Pizonka (keine Angst, der verträgt das) hatte mich gelehrt, immer die Deckel abzunehmen. Wenn ich es richtig bedenke, hat er mir übrigens nie versucht beizubringen, die Deckel hinterher wieder zu zu machen. Er meint stattdessen, das lerne ich sowieso nicht mehr (...der verträgt das wirklich!).
Also habe ich einen der Sony's geöffnet. Ups. Wer jetzt eine einzige Platine, einen Streichholz-Schachtel-großen Trafo und ein Plastik-Laufwerk erwartet hat, der irrt.

[Bild: SonyTCK700ES_I01k.jpg]

Der U-förmige Metall-Deckel ist links und rechts mit je zwei, und hinten, zental, mit einer Schraube befestigt, und läßt sich, wenn die Schrauben weg sind, hinten, an den Seiten anfassen und, während man die Seiten, unten, leicht auseinander zieht, nach oben und nach vorn drehen und schließlich abnehmen. Es fällt auf, die Deckel berührt kaum das Metall der Zarge, liegt stattdessen auf einer großen Zahl von Gummipuffern, die verhindern, das im Gehäuse Resonanzen entstehen.
Unter dem Deckel kommt ein Rahmen aus vier profilierten, rechteckig zusammengeschraubten Wand-Blechen zum Vorschein. Zentral zieht sich, von vorn nach hinten, ein weiteres u-förmig gebogenes, profiliertes Blech, das einen Boden und zwei Trennwände bildet. Mit Hilfe dieses zusätzlichen Chassis, das schon die englisch-sprachige Werbung erwähnt hatte, entstehen drei voneinander abgeschirmte Bereiche.

[Bild: SonyTCK700ES_26k.jpg]

Unter diesem stabilen Rahmen und den Boden des mittleren Bereichs, ist der eigentliche Geräte-Boden geschraubt, der sich abnehmen läßt, ohne daß die Struktur des Rahmens instabil werden würde. Sieben Schrauben müssen lediglich etwas gelöst, nur zwei weitere gänzlich entfernt werden.
Die Frontplatte des Sony ist mit sechs Schrauben befestigt. Drei Schrauben, mit flachem Kopf, oben, drei, mit halbrundem Kopf, unten. Sind diese Schrauben weg, läßt sich die Front nach vorn abziehen, ohne das eines der Bedienelemente entfernt werden müsste, oder die Struktur des Gehäuses instabil werden würde.
Insbesondere die kleinen Knebeldreher lassen sich erst abziehen, wenn die Front abgenommen ist.

Der Teilung mit den drei abgeschirmten Bereichen folgend, ist der Esprit von innen extrem sauber getrennt aufgebaut: Links befindet sich die Laufwerkssteuerung, in der Mitte der massive Laufwerksblock und die Stromversorgung, rechts, in zwei Ebenen, getrennt nach Aufnahme- und Wiedergabe-Teil, je in Doppel-Mono-Bauweise aufgebaut, der signalführende Teil.
Einzig die Tatsache, daß Netzteil und Laufwerk nicht auch gegeneinander abgeschirmt sind, mag Puristen stören. Die jedoch werden versöhnt, wenn sie sehen, daß der Boden, den das mittlere Stabilisierungs-Blech bildet, verhindert, daß beim Ausbau des Laufwerks eine Platine beschädigt, auch nur berührt werden kann.

[Bild: SonyTCK700ES_I13k.jpg]

Nur die Stromkabel sind gelötet, signalführende Leitungen jedoch gesteckt ausgeführt, so daß sich der Sony verhältnismäßig leicht zerlegen läßt. Die Verbindungen zum Laufwerksblock sind alle samt gesteckt. Im Detail geht die Service-Freundlichkeit so weit, daß die Kabellängen so konzipiert sind, daß sich Arbeiten teils durchführen lassen, ohne daß der Lötkolben für das Zerlegen bemüht werden müsste, daß also Bauteile sozusagen "weg geklappt" werden können. Das geht sogar so weit, daß eine Klappe, mit zwei Schrauben gesichert, bei eingebautem Laufwerk, von unten Zugang zum Kopfträger ermöglicht, und das bei abgenommenen Geräte-Boden die Lötseite der Platinen offen zu Tage liegt, so daß problemlos bei eingebauten Platinen gemessen und gelötet werden kann. It's a Sony?

[Bild: SonyTCK700ES_I04k.jpg]

Der Sony ES Audio Transformator hat eine Dimension, so THE VINTAGE KNOB, die einem "kraftvollen Vollverstärker" Ehre machen würde. Das gilt auch für die Siebung mit zwei 6800µF-Elkos besonders edler Bauart. Hier beginnt angeblich schon die Doppel-Mono-Bauweise des Sony.

[Bild: SonyTCK700ES_L06k.jpg]

Der Recorder ist mit für Aufnahme und Wiedergabe elektrisch getrennten LC-OFC Laser-Amorphous Köpfen und einem S&F-Löschkopf ausgestattet. "The heads there were one of the very best from Sony ...", kann man auf TAPEHEADS.NET lesen.

[Bild: SonyTCK700ES_L02k.jpg]

Das Laufwerk wurde mit zwei Antrieben realisiert. Der DC-Wickelmotor treibt die beiden Wickeldorne über ein Zahnrad-Getriebe an, das über ein schwenkbares Zwischenrad den einen oder anderen Wickelteller erreicht. Sony setzt hier auf eine Kombination aus Kunststoff- und Metall-Zahnrädern.

[Bild: SonyTCK700ES_L04k.jpg]

Der Quartz-kontrollierte Dual-Capstan Antrieb treibt die eine Achse direkt an. Diese endet in einer Art Schwungmasse, hinter der die Wicklung des Motors liegt: Ein berührungsloser Linear-Motor. Auf dem Körper dieses BSL-Motors (BSL: brushless/slotless) liegt der Flachriemen, der die Schwungmasse der zweiten Capstan-Achse antreibt.
"The mech is very good - one of the best from Sony ..." meinen die Leser bei TAPEDHEADS.NET.

[Bild: SonyTCK700ES_L03k.jpg]

Der Laufwerksblock TCM-110-D2 läßt sich ebenfalls recht leicht entnehmen, ohne daß der Boden oder die Frontplatte entfernt werden müsste. Dabei fällt auf, die Sony-Konstrukteure haben zwischen Laufwerk und Netzteil genug Platz gelassen, so daß der Antrieb herausgenommen werden kann, ohne daß ein anderes Bauteil entfernt werden müsste.

[Bild: SonyTCK700ES_I12k.jpg]

Von oben und unten sind je zwei mit Pfeilen gekennzeichnete Schrauben zu entfernen. Diese halten den Laufwerksblock. Dazu muß die zentral angeordnete silberne Boden-Schraube, die mittig zwischen und hinter den unteren Befestigungsschrauben des Laufwerks liegt, etwas gelöst werden, weil sie innen etwas über steht und verhindert, das das Laufwerk in Richtung Netzteil geschoben werden könnte.
Bevor man das Laufwerk nach innen schiebt, müssen je drei Steck-Kontakte auf der Steuerungs-Seite und auf der Signal-Seite gelöst und die Kabel in das mittlere Fach gezogen werden. Bevor man das Laufwerk nach innen schiebt, muß das Cassettenfach geöffnet und die Kunststoff-Verschalung des Deckels nach oben abgenommen werden. Dann ist der 1.170g schwere Laufwerksblock frei.

[Bild: SonyTCK700ES_27k.jpg]

Für einige der Service-Arbeiten ist der Ausbau des Antriebsblocks allerdings gar nicht notwendig, reicht es schon den äußeren Cassettenfach-Deckel abzunehmen und ggf. die schwarze Metallblende dahinter, zunächst von der oberen Seite etwas nach vor-unten und das Blech dann nach vorn oben heraus zu ziehen. Dann wird zum Beispiel der Zahnrad-Antrieb der Wickel sichtbar, ebenso die Cassettenfach-Beleuchtung.

[Bild: SonyTCK700ES_L07k.jpg]

Um den Capstan-Riemen zu tauschen, der Antrieb und Schwungmasse verbindet, brauchen nur vier Schrauben einer rückwärtig am Laufwerksblock befindlichen Metallplatte gelöst zu werden. Die Kabel, die über diese Platte gezogen sind, können in ihren Befestigungen verbleiben, weil die ebenfalls mit den Schrauben fixiert sind und mit gelöst werden, und die sich hinterher wieder mit festgeschraubt lassen. Die Kabel sind lang genug, daß die Metallplatte, samt dahinter liegender Platine mit der Wicklung des BSL-Motors und samt Achslager, nach oben geklappt werden kann, so daß sich der Flachriemen tauschen läßt. Dies geht allerdings nur, wenn das Laufwerk vorher entnommen worden ist.

[Bild: SonyTCK700ES_L05k.jpg]


Typische Fehler unverbastelten Sony's sind ein Capstan-Riemen, der nicht mehr greift, sind abgelaufene Zahnräder und sind Dämpfungen des Cassettenfaches, die nicht mehr dämpfen.
Ein Zahnrad mit ausgebrochenen Zähnen wäre spätestens beim Umspulen zu hören und sollte dringend getauscht werden, damit es das gegenüberliegende Zahnrad nicht zerschlägt. Wenn der Sony hingegen nach einer Laufwerks-Anforderung nach einer oder zwei Sekunden auf Stop schaltet, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, der Riemen greift nicht mehr. Dann will der Sony einen neuen Riemen.

Eingelaufene Köpfe erleben Sony-Besitzer bestenfalls bei ehemaligen Studio-Geräten. Die leiden dann auch gerne unter verschlissenen Andruckrollen, wovon der TC-K700ES natürlich zwei Stück besitzt.
Bei einem Gerät, das ich kenne, leuchtet zwar das Band-Zählwerk, verändert aber seine Anzeige nicht mehr. Ein wackeliger Aussteuerungs-Regler erhält seine "Flexibilität" oft eher durch eine lose Mutter, die den Poti an der Gehäusefront fixiert, als durch ein kaputtes Lager. Und sonst? Alte Schmiermittel sind Problem aller alten mechanischen Geräte. Doch ist dieses genauso lösbar, wie - noch - das der alten Gummiteile. Lediglich ausgeschlagene Zahnräder können für ein TC-K700ES den wirtschaftlichen Exitus bedeuten. Aber auch damit ist der Sony nicht allein.


Ergonomie und Verarbeitung machen den Sony zu einer Cassetten-Maschine für den gehobenen Anspruch. Er ist sozusagen Dauerbetriebs-geeignet, er läßt sich schnell und auch unter nicht optimalen Aufstellungs-Bedingungen gut und sicher handhaben.
Er strahlt Zuverlässigkeit und Souveränität aus. Und er erreicht beste Klangqualität.

Diese erreichbare Klangqualität steht den Referenz-Decks der Achtziger in nichts nach. Zu diesem Ergebnis kam zumindest die STEREOPLAY, in deren Übersicht "Rang & Namen" kein Tapedeck, vor 1992, ein besseres Endergebnis erreichte als das TC-K700ES. Unter den Sony-Decks erreichte im Test der STEREOPLAY, bis heute, überhaupt nur das TC-KA 6 ES eine höhere Wertung: Im Jahre 1995.
Die AUDIO befand das 700ES als gut genug für einen, noch Ende 1988 absolut gesehen, und mit drei anderen Bewerbern (Nakamichi CR3E, Pioneer CT939 und Yamaha KX1200) gleichauf, vierten Platz: Nach Dragon, B215, und einem Team aus drei Nakamichi's (BX300E, CR5E, RX505E).

Die Automatismen und die Regelungstiefe eines Nakamichi 682 ZX fehlen dem Sony; nur braucht die auch nicht jeder Anwender!
Wer mit häufig wechselndem oder altem Cassetten-Material aufnehmen will, dem werden die Möglichkeiten der Einmessung des Esprit nicht ausreichen. Der Vorschlag in einem Forum, man könne den Sony mit Hilfe einer Soundkarte und der Meß-Software eines PC hervorragend justieren, ist da eher lustig, wenn es um die Frage geht, den Recorder schnell schußfertig zu machen, wenn eine verpennte Radiosendung anzufangen droht. Wer hingegen mit immer dem gleichen, frischen Bandmaterial arbeitet, der kann sich Regler-Stellungen für schon einmal benutzte Bänder notieren oder nimmt sich halt Zeit, das Gerät mit Hilfe des UKW-Zwischenfrequenz-Rauschens oder von Testtönen aus dem Computer oder vom CD-Player zu justieren.

Konkret: An den Einstell-Komfort eines Recorders mit Einmeß-Computer oder des ASC AS3001 kommt der Sony nicht heran. Schon der AS2001 kann hingegen in dieser Hinsicht weniger, als der Esprit: Denn der kennt nur Festwert-Speicher für die Bandsorte.

Die Zusammenfassung, im Test einer Variante dieses Tapedecks für STEREOPHILE, beschreibt den Charakter des Sony TC-K 700ES meiner Ansicht nach treffend: "... Herausragende Räumlichkeit, gute Dynamik und luftige Höhen lassen vermuten, dass es bei diesem Deck mehr um gesunden Menschenverstand bei der Entwicklung gegangen ist, als um Ausstattung. ..." ("Outstanding soundstaging, good dynamics, and an airy top end led to suspect that this was a deck that had more to do with common-sense engineering than with features.", Stereophile, Bd. 12, S.119 / Ausg. 11/1989) ... It's a Sony.


[Bild: SonyTCK700ES_25k.jpg]

Technische Daten:
Gleichlaufschwankungen: +/- 0,04% (DIN) bzw. +/- 0,025% (WRMS)
Frequenzgang (DIN): 30-17.000 Hz (Typ IV, PB), 30-15.000 Hz (OVU Rec, +/- 3 dB)
Frequency response (Typ I / II / IV, Dolby off): 15-19.000 Hz / 15-19.000 Hz / 15-22.000 Hz bzw. 20-17.000 / 20-18.000 / 20-20.000 Hz (+/- 3 dB DIN)
Signal-Rauschabstand (Typ IV): 50 dB / 66 dB mit Dolby B / 72 dB mit Dolby C
SNR (Typ I / II / IV): ohne Dolby: 56 dB / 59 dB / 60 dB, mit Dolby B: 63 dB / 66 dB / 67 dB, mit Dolby C: 69 dB / 72 dB / 73 dB
BIAS-Frequenz: 105 kHz
Klirrfaktor: 0,8 %
Eingangsempfindlichkeit Line / Impedanz: 77,5 mV / 50 kOhm
Ausgangsspannung Monitor: 0,44 V (-5 dB) / 47 kOhm
Kopfhörer-Ausgang: 0 - 3 mW / 32 Ohm Impedanz
Umspulzeit: 90 Sekunden (C60)
Stromversorgung: 220V, 50/60 Hz (intern auf 240V umbaubar)
Leistungsaufnahme 30 Watt
Abmessungen: 430 x 125 x 350 mm (17 x 5 x 13 3/4 inch)
Gewicht: 8,4 kg (18 lb 8 oz)
Bauzeit: 1986-88
Neupreis: um 1.300 DM (1987, lt. Stereoplay, Audio)
Test in "Stereoplay" 11/1987: Spitzenklasse II / 33-35 Punkte, "Audio" 12/87: 75 Punkte / Oberklasse / 4 Ohren

Quellen:
Operating Instructions Sony TCK-333ESX / TCK-700ES (frei erhältlich z.B. über elektrotanya.com)
Service Manual Sony TCK-333ESX / TCK-700ES (frei erhältlich z.B. über elektrotanya.com)
Info-Blatt: "TC-K700ES. For those who seriously record." (frei erhältlich z.B. über analogaudio.narod.ru)
http://www.thevintageknob.org/SONY/sonye...700ES.html
http://www.hifi-archiv.info/Sony/1988/sony21.jpg
http://www.hifi-archiv.info/Sony/1988/sony37.jpg
http://www.vintagecassette.com/sony/tc_k700es
http://www.tapeheads.net/showthread.php?t=8365
Test-Bestenliste: z.B. Audio 12/88 und Stereoplay "Die große Testübersicht: Recorder" (Service: "Rang & Namen" 2004)

Riemen und Andruckrollen wurden zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Vorstellung regelmäßig im Netz als Ersatzteile angeboten.
Bei defekten Zahnrädern eventuell hilfreich: http://www.zahnradbude.de/

Tschüß, Matthias

P.S.: Dieser Text samt Bilder ist ausschließlich für die interne Verwendung durch Besucher des "Bandmaschinenforum" gedacht. Die durch Klammern heraugehobenen oder kursiv gesetzten Zitate unterliegen gegebenenfalls Urheberrechten Dritter. Eine, auch auszugsweise, private oder gewerbliche Nachverwertung, ohne schriftliche Genehmigung, ist ausdrücklich untersagt.
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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[Kein Betreff] - von Gyrator - 18.02.2013, 16:58
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 19.02.2013, 18:48
[Kein Betreff] - von hossomat - 20.02.2013, 09:33
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 20.02.2013, 19:10
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 21.02.2013, 20:11
[Kein Betreff] - von zahnrädchen - 22.02.2013, 22:22
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 24.02.2013, 11:15
[Kein Betreff] - von Rauru - 25.02.2013, 17:44
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 25.02.2013, 18:32
[Kein Betreff] - von Rauru - 27.02.2013, 18:42
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 28.02.2013, 18:13
[Kein Betreff] - von hossomat - 01.03.2013, 17:37
[Kein Betreff] - von Plattensucht - 01.03.2013, 19:36

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