23.01.2005, 12:05
Zitat:SGibbi posteteAber war's denn nicht so, daß die wirklich billigen Unterhaltungselektronik-Produkte aus Japan in den 60ern auf dem deutschen Markt kaum eine Rolle gespielt haben? Haben die Japaner den Markt nicht erst später aufgerollt, als sie eigenständige und hochwertige Produkte hergestellt haben?
Meine Abneigung gegen Japan steht eigentlich im Posting - es geht um die vielen LowCost-Clones, die teilweise sogar einst vom hiesigen Handel in Auftrag gegeben wurden, aber doch unzählige Arbeitsplätze bei den Importländern gekostet haben.
Wenn ich ehrlich bin, halte ich diese Dumping-Geschichte zumindest teilweise für ein Märchen, das in den Vorstandsetagen deutscher Unternehmen zusammengesponnen wurde. Einerseits, um bei der Forderung nach längeren Arbeitszeiten und weniger Lohn ein Argument zu haben. Andererseits aber auch, um von dem Umstand abzulenken, daß Enwicklungen bei Kundenwünschen und Kaufverhalten schlicht und ergreifend ignoriert wurden.
Nimm mal das Beispiel Bandmaschinen: Als Akai und Teac Ende der 60er auf den deutschen Markt kamen, waren die meisten europäischen Geräte primitive Holzkisten mit einem Motor, Kombikopf und Drehknopflaufwerk. Stereo war schon Luxus, und wenn vorhanden, gab es für die beiden Kanäle teilweise nicht mal getrennte VU-Meter. Die Japaner hatten dagegen schon dreimotorige Geräte mit elektronischem Laufwerk, Hinterbandkontrolle und nicht selten auch Autoreverse. Auch die Optik war den Großmutter-Geräten von Telefunken und Grundig weit voraus.
Trotzdem war es am Anfang beileibe nicht so, daß alle sich auf diese Geräte stürzten. Japanischen Produkten haftete das Image einer Mogelpackung an, was wohl viele anfangs zögern ließ. Einige europäische Hersteller (z.B. Philips und Tandberg) haben diese Zeit genutzt und neue, moderne Geräte konstruiert. Die meisten anderen haben gepennt. Erst Mitte der 70er, als der Siegeszug der Japaner nicht mehr aufzuhalten war, kamen auch Grundig und Uher mit modernen Geräten, die aber am Markt vorbeigeplant waren - die TS 1000 von Grundig war mit allem Schnickschnack vollgestopft und deswegen sündhaft teuer, die Uher Logic war eine halbfertige Reparaturgurke.
Wenn man sich mal ansieht, welche europäischen Bandmaschinen-Hersteller sich im Kernmarktsegment (also nicht bei Nischengeräten wie der Uher Report) noch relativ lange halten konnten, dann sieht man, daß die Rechnung aufgeht:
- Revox (hatten von Anfang an hochwertige Geräte)
- ASC (dito)
- Philips (haben früh auf die Japaner reagiert)
- Tandberg (dito)
Ich bin mir sicher, daß Firmen wie Telefunken und Saba noch heute existieren und in Deutschland produzieren könnten, wenn sie eine marktgerechte Produktpolitik betrieben hätten.