Die Gebrüder 554 und 664 von SABA
#1
Hallo,

Anruf einer Kundschafterin (!):
"Bin auf dem Flohmarkt, hier ist ein Tonband". "Was für eins?"
"So'n großes Teil". "Was steht drauf, Name oder Nummer zu sehen?"
"Hmm, Saabaa...664". "Kaufen". Mein genannter Maximalpreis wurde nicht mal gefordert von der Verkäuferin, einer älteren Dame.
Warum ich es gekauft habe? Wegen der Nummer.

Kurze Rückblende:
Vor einiger Zeit hatte ich schon mal ein SABA 554 erworben, guter Zustand, spielt wunderbar.

[Bild: Saba554-1.jpg]

Das wollte ich eigentlich schon mal vorgestellt haben, bin aber darüber hinweggekommen. Auch wurmte es mich, dass es quasi eine Sparausgabe war, nur 9,5 und 4,75 cm/s, nur Automatik, keine Aussteuerungsinstrumente. Im Innern gähnende Leere an den Stellen, die zur Bestückung bei den vollständiger ausgestatteten Geräten vorgesehen sind. So ähnlich wie beim Käfer Export und Standard damals. Solche Apparate sind zwar ganz nett, es fehlt aber doch irgendwie etwas und das mindert mein Gefallen daran.
Trotzdem, schlecht ist es nicht:

[Bild: Saba554-2.jpg]

Ist noch gut erhalten, dieses SABA. Die klaffenden Löcher schreien aber geradezu danach, mit dem eigentlich dazugehörenden Zeug gefüllt zu werden, oder?
Wer allerdings auf einfache Bedienung viel und auf Beiwerk wenig Wert legte, war bestimmt auch mit dieser beschnittenen Version zufrieden und hatte obendrein noch einige Taler gespart.
Da ist er wieder, der Schieber für die Geschwindigkeitsumschaltung! Die gleiche Krücke wie bei der Vorgängerserie, auch die Rumpelrolle ist zu sehen. Hallöchen zusammen, euch werd' ich helfen!

[Bild: Saba554-3.jpg]

Denkt man sich den Motor mit Trafowicklung weg, ist alles durchaus gediegen aufgebaut. Die Platinen lassen sich sehr servicefreundlich zur Mitte hin hochklappen. 4 Lautsprecher sind zu sehen, durchaus beeindruckend. Zu den Details aber später mehr.

Jetzt zum SABA TG664:
Da liegt es nun, wird erst einmal kritisch beäugt:

[Bild: Saba664-1.jpg]

Etwas mitgenommen sieht es aus, aber es scheint komplett zu sein, abgebrochen ist auch nichts, sogar der Deckel ist noch ganz, nur ein paar Schrammen. Darunter winken schon verheißungsvolle Knöpfe, Schieber und Anzeigen, mit denen das einfachere Modell nicht aufwarten kann.
Deckel auf!

[Bild: Saba664-2.jpg]

Etwas angestaubt, aber sonst alles gut, keine Macken auf den ersten Blick. Allerdings sind schon von außen Rostspuren zu sehen, unter der Blende mit den Schiebereglern ist Schwitzwasser...das Gerät hat wohl schon auf mehreren Flohmärkten gestanden und ist dabei nassgeschifft worden. Manche Leute vergessen den Regenschutz für ihr Verkaufsgut, Bücher, Möbel...alles im Eimer. Das SABA auch?
Stecker rein, ausprobieren, das mache ich diesmal lieber nicht, erst nachschauen, welch Flora und Fauna sich im Innern befinden. Mag ja auch aus einem nassen Keller stammen und eine matschige, 2 cm dicke Schicht aus Kellerasseln könnte beim unbedarften Einschalten einen Kurzen fabrizieren. Also Neugier zügeln und sachte vorgehen. Große Erwartungen bezüglich sofortigen Funktionierens hatte ich sowieso nicht, das Ding stand auf "9,5" und "Start", irgendein Stoffel hatte es nicht richtig abgeschaltet. Normalerweise der Tod für Andruckrolle und Zwischenrad bei dieser Sabakonstruktion, da die Laufwerksfunktionen rein mechanisch gesteuert werden und die Rollen im stromlosen Zustand an ihrer Stelle unter Belastung verharren. Käse.

So sieht es also von innen aus:

[Bild: Saba664-3.jpg]

So ist es fein, alle Löcher mit Technik befüllt. Oben rechts Umschaltung von manueller auf automatische Aussteuerung, unten rechts ein Schaltknebel für Wiedergabe (Gerät kann dann mit Schieber links in Neutralstellung als Verstärker genutzt werden), Aufnahme und Multiplay.
Ganz links die Schalter für Vorband und Hinterbandkontrolle, darunter die (wie beim Vorgänger recht kleinen) VUs, nebst zugehöriger Flachbahnregler. Auch ist das 664 ein Dreikopfgerät und damit die luxuriöseste Variante dieser Bauserie. Schön.
Nur der Rost hat sich an einigen Stellen schon breitgemacht, sehr schade. Sieht aber nach frischem, hellbraunen Rost aus, vielleicht ist alles gerade noch zu retten.

Hier wird es allerdings böse, die Andruckrolle hatte sich an die sabageriffelte Capstanwelle geschmiegt und beide haben Federn gelassen.

[Bild: Saba664-4.jpg]

Ich greife vorweg: Mit Kriechöl, 1000er Papier, Chrompolitur und 3 Stunden Laufenlassen ist der Schaden so gut wie behoben. Die weiche Gummimischung entformt sich zusehends, erstaunlich.
Die Kopfsektion macht einen recht guten Eindruck. Alles noch in einem Bereich, dessen Farbe zu nennen ich nicht mehr übers Herz bringe.

[Bild: Saba664-5.jpg]

Von unten ist das 664 dem 554 recht ähnlich, hat leider auch den vibrationsfreudigen Motor. Dieses Exemplar ist von 1973.

[Bild: Saba664-6.jpg]

Auch hier 4 Lautsprecher, stabiles Gehäüse und Druckgussrahmen. Rostbefall deutlich sichtbar. Bepinseln mit Kriechöl schafft hier erste Linderung, es ist noch nicht zu spät um das Gerät zu retten.
Nasser Moder oder Tierchenkadaver sind zum Glück nicht drinnen gewesen, ich traue mich also das Gerät einzuschalten.
Motor läuft, Lichter gehen an, die Zwischenrolle läuft wie ein Sack Nüsse. Furchtbar. Aus den Lautsprechern rauscht es leicht. Scheint also im Prinzip noch zu funktionieren, das gute Stück.
Band drauf, Start. Musik ertönt, aber der rechte Wickelteller dreht sich nicht. Stimmt, es war ja gar kein Riemen zu sehen, der hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Bestimmt der Grund dafür, dass das SABA vor Jahren ausgemustert wurde und in den Keller gewandert ist.
Mist, um den Riemen zu tauschen muss die Kopfträgerplatte raus. Original Lackplomben noch, alles frei von Basteleien also, das ist gut.
Da die Kabel der Woelke-Köpfe steckbar sind, lässt sich die Platte recht einfach entfernen, der Arm mit der Andruckrolle ist ebenso leicht zu demontieren, das ist gut durchdacht gewesen.

[Bild: Saba664-7.jpg]

Darunter sieht das Chassis recht massiv aus, was man von den Kunststoff- und Blechwinkelchen nicht behaupten kann. Hätten sie doch nur die Mechanik der Zwischenrolle auch so solide gemacht, man hätte viel mehr Freude an dem Gerät. So hängt die Rolle an einem schlabbrig gelagertem Blechwinkel und vibriert und schnarrt vor sich hin. Hier Abhilfe zu schaffen ist nicht einfach, da die Lager-Stanzlöcher des Winkels leicht ausgeschlagen sind. Vielleicht setze ich hier Sinterbuchsen ein, mal schauen.
Schon mal eine Kopfträgerplatte von unten gesehen?

[Bild: Saba664-8.jpg]

Ein fieses Grau hat die Schwungscheibe, schnell zum nächsten Bild.

Der linke Bremshebel war festgerostet, alles abnehmen und gängig machen, geht relativ einfach.

[Bild: Saba664-9.jpg]

Wo wir schon mal dabei sind:

[Bild: Saba664-10.jpg]

Bis auf das laute Zwischenrad ist wieder alles im Lot (ich meine das Senkblei, nicht Lötzinn, um etwaige Spitzfindigkeiten im Keime zu ersticken).

Nun zur Elektrik.
Alles krächzt und zeigt das Phänomen “geht/ geht nicht”. Die Feuchtigkeit hat den Kontakten ganz schön zugesetzt. Zunächst die A/W Platine:

[Bild: Saba664-11.jpg]

Klar und sehr solide gemacht. Man achte auf die gesockelten ICs, solche Aufmerksamkeiten des Hauses kann man nur würdigen. Sehr wartungsfreundlich und übersichtlich. Aufnahme funktionierte nicht, Vorbandsignal ok, Hinterband nichts zu hören, auch kein Anlöschen einer alten Aufnahme oder Verzerren. Was war's? Das Poti oben unter dem milchig gekapselten Relais war kaputtoxidiert, dessen Schleifer hatte keinen Kontakt mehr. Da ich kein 47K Poti da hatte, habe ich das Teil auseinandergepult, den Schleifring gelötet und mit einer neuen Kohle wieder eingesetzt.
Siehe da, Aufnahme klappt sehr gut. Die anderen Potis sind auch ziemlich hinüber, da müssen allesamt neue rein. Wenn es weiter nichts ist...

Hier die andere Platine mit der Endstufe und dem Löschgenerator. AD 161/162 Pärchen für die Endstufen mit je 7W. Reicht. Hier ist alles heil.

[Bild: Saba664-12.jpg]

So, gereinigt ist alles, dann kann es wieder zusammengebaut werden und soll eine Weile warmlaufen.
Bei 9,5cm/s wird das Zwischenrad zusehends ruhiger, bei 19 ist es noch erheblich zu laut. Genau wie beim Vorgängermodell. An sich kein schlechter Apparat, aber das laute Laufgeräusch vergällt einem die Freude daran. Aber das bekomme ich noch in den Griff.
Senkrechtbetrieb ist übrigens möglich, allerdings müsste man das Ding dafür an der Wand festdübeln. Um die Tasten zu betätigen ist ein doch deutlicher Kraftaufwand vonnöten, freistehend würde es sofort wegrutschen. Auch die beiden Hochtonlautsprecher sind bei Senkrechtbetrieb verdeckt und beschallen dann den Regalboden oder die Tischplatte. Kopfhörerbuchse findet sich leider keine, das ist schade, man muss sich der Lautsprecherbuchsen per Adapter bedienen.
Abends wird es richtig gemütlich, das SABA. Das untere Bedienfeld erscheint dann heimelig illuminiert. So etwas mochte die Zielgruppe damals bestimmt gern, hat dazu die Lichter der altdeutschen Schrankwand angeknipst, die Hosenträger leger gelockert, sich ein Körnchen eingeschenkt und Stimmungsmusik aus dem Radio aufgenommen.

[Bild: Saba664-13a.jpg]

Gruß

Peter S.
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