Die Familie der Löschgeneratoren
#5
"Traut sich keiner?"

"Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut!", sagte einmal Karl Valentin, rückwärts denkendes Münchener Philosophie-Idol und einer meiner 'vorzeitigen' Münchener Quasi-Nachbarn, dessen Ableben bestimmt nicht zufällig am Rosenmontag erfolgte.

Fangen also auch wir von hinten an:

Oszillatoren wurden im professionellen wie semiprofessionellen Bereich grundsätzlich als Gegentakt-(LC-)Oszillatoren gebaut, weil deren Klirrfaktorarmut und Symmetrie den Anforderungen des Mischbetriebes (NF+HF) innerhalb eines Tonbandgerätes am ehesten gerecht wurde. So wirken nämlich Unsymmetrien des Sinus und vor allem ein bei Eintaktoszillatoren häufig hoher K2 (erster Oberton bzw. 2. Partialton) magnetisch wie ein dem Signal überlagerter Gleichstromanteil, der nicht nun zur remanten Gleichfeldmagnetisierung des Löschkopfes (und zumeist auch des Aufnahmekopfes) führt, sondern auch Nf-Verzerrungen und das Ruhegeräusch erheblich steigert. Professionelle Geräte erhielten deshalb innerhalb der Oszillatoren auch noch ein Symmetrierpotentiometer, um die Symmetrie des Hf-Sinus optimal einstellen zu können.

Da der genannte Gleichfeldanteil schlecht messtechnisch zu erfassen ist, kam der 'Magnetbandgelehrte' Friedrich Krones (Wiener, Vater der AGFA-Fertigung in Leverkusen) auf die Idee, für diese Zwecke im Sprossen- oder Symmetrierband ein spezielles Werkzeug 'konstruieren. Es handelte sich dabei um ein Band, das nicht mit einer fortlaufenden Magnetitschicht, sondern mit einzelnen, senkrecht zur Bandlaufrichtung stehenden Magnetit[i]sprossen[/] versehen war, wodurch eine Gleichfeldmagnetisierung dieses Bandes im Tonkopf eine Brummspannung induziert, die man durch Einstellung am Symmetrierpotentiometer des Oszillators nach GHör sehr wirkungsvoll minimieren kann.

Amateurgeräte und die erste Generation der RRG-Hf-Magnetofone (Aufsprechverstärker V7b) benützten aber brav Eintaktoszillatoren (RRG mit EL11), zumal -zumindest bei der RRG- die problembehafteten Erfahrungen mit disen einfacheren Oszillatoren ja erst gemacht werden mussten.

Als Arbeitsfrequenz -so erkannte man schon bald- sollten eher erheblich mehr denn weniger als 100 kHz verwendet werden, um die Aufzeichnung von Hf-Resten auf das Band, vor allem aber Wechselwirkungen (Differenztöne) zwischen Hf und Nf zu vermeiden. Man beschränkte sich aber aus wirtschaftlichen Gründen mit der Forderung nach einer Vormagnetisierungsfrequenz, die etwa beim Vier- bis Fünffachen der oberen NF-Grenzfrequenz betrug.
Eine Frequenz über 100 kHz stand jedoch zunächst nicht nur wegen des elektronischen Aufwandes außer Diskussion, sondern auch und vor allem wegen der magnetelektrischen Probleme. Die Permeabilität früherer Kopfmaterialien wies bei derart hohen Frequenzen derartige magnetische Verluste auf, dass die bei der RRG zunächst mit 60 bis 80 kHz beachtlicher Leistung beaufschlagten Löschköpfe so stark überhitzten, dass man nicht nur Kaffee darauf hätte kochen konnen, sondern nach etwa fünf Minuten Betrieb mit dem Durchbrennen des Kopfes und erheblichen Hitzeschäden am Band zu rechnen hatte.
Man kam dem mit der so genannten Frequenzteilerschaltung bei, bei der ein 'Masterozillator' die Grundfrequenz (40 kHz) lieferte, die man auch direkt zum Löschen einsetzte, wogegen man als Vormagnetisierung die erste Oberwelle (80 kHz) ausfilterte und in einer eigenen Stufe nachverstärkt dem Aufnahmekopf zuführte.
Dies Verfahren zweier separater Frequenzen für Löschung und Vormagnetisierung wurde von ARG-Telefunken noch lange nach dem Krieg angewendet. (Ich glaube, das war bis zur M5 so.)

Nachdem Hf-Pegel und -Frequenz erheblichen Einfluss auf die Eigenschaften (Klirrfaktor und Frequenzgang) der NF-Aufzeichnung haben, wird hier eine sehr stabile Arbeitsweise des Oszillators verlangt, weshalb man sich auch aus diesen Gründen im wesentlichen für LC- (Spulen-Kondensatoren-)Oszillatoren entschieden hat.

Ein letzter Entwicklungsschritt waren die digitalen Oszillatoren (mit nachgeschalteten Teilern) in den letzten Generationen der professionellen Studer-Magnetofone, die natürlich einen ziemlichen Rechteck liefern,der infolgedessen erst durch Filterschaltungen in den geforderten Sinus hoher Qualität zu verwandeln ist.


Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von capstan - 08.12.2004, 09:55
[Kein Betreff] - von Gyrator - 09.12.2004, 09:31
[Kein Betreff] - von Gyrator - 09.12.2004, 12:49
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 09.12.2004, 13:46

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