Nagra IV-S Timecode
#5
Lieber Christian,

die Trennspur ist mit 2 mm eigentlich so breit, wie sie zu sein hat. Schmetterlingsköpfe sind ein (im Grunde sehr alter, dennoch durchaus eigenbrötlerischer, aber bestens einsehbarer) Beitrag der deutschsprachig professionellen Tontechnik zur Magnebandgeschichte, über dessen Entstehung ich meines Wissen auch hierzuforen genauer geschrieben habe.

Benachbarte Länder übernahmen die Technik, weil sie mit der deutschen Szene in direktem Programmaustausch standen oder aber ähnliche Sichten auf die Beziehungen zwischen Monofonie und Stereofonie in der (relativen) Frühzeit der Stereofonie bei den hiesig öffentlich-rechtlichen Ans-talten entwickelt hatten. Andernorts sind die auch fertigungstechnisch sehr teuren Schmetterlingsköpfe eher abwegig.

Im Film fanden sie in der Regel ohnehin keine Verwendung. Nachdem Nagras Chef Stefan Kudelski seine Kundschaft aber in der Regel dort adressierte -ich weiß, Dr. Thomas Gallia und Paul Dery vewendeten Stellavox und Stereo-Nagras für ihre Außenaufnahmen-, sind die spät, sehr spät gekommenen Stereo-Nagras natürlich auch nach dort -in der Filmtechnik- gängigen Usancen gebaut worden. Und da zählen für die Praxis Pilot und Neopilot bzw. später Time-Code eben allemal zu den wichtigeren Features als Köpfe mit besonderen Spurbreiten infolge mono-stereokompatibler Anforderungen an eine Magnetbandtechnik, ---- selbst wenn sie einen gemeinsamen Ursprung in einer Zeit hatten, an die man sich nicht nur in Deutschland ungern erinnert.

Hinsichtlich des Bandrauschens bestehen zwischen professionellen und amateurhaften (natürlich hochwertigen) Bandgeräten vergleichsweise minimale Unterschiede, Bänder und Bandgeschwindigkeiten bestimmen die maximalen Aussteuerbarkeiten, und damit Klirrfaktor und Störpegel im Nutzsignal, sofern die Geräte halbwegs ordentlich gebaut sind. Das setzt nebenbei nutzbare Aussteuerungsmesser voraus, die ein "Ausfahren" des Bandes bis an seine Grenzen gestatten. VU-Meter gehören nicht dazu, und auch Kudelskis "Modulometer" sind aufgrund des zu kleinen Anzeigebereiches (wie VU bei -20 dB beginnend) nicht so gebrechenfrei, wie ich mir das in meiner Frühzeit gerne vorstellte. Die Messintegrationszeit von 4 ms bei der Nagra IV reicht hin, ja ist schon auf die begrenztere Aussteuerbarkeit von Langspielbändern hin konzipiert, die man am Set aus verständlichen Gründen gerne verwendete.
Nagra fährt -man nützt die üblichen Entzerrungen nach NAB oder CCIR- das angebotene Bandmaterial aus und repräsentiert damit bei allen Bandgeschwindigkeiten die vom Band her eingeräumten Möglichkeiten. Natürlich wird man bei 9,5 oder 19 cm/s kein 525 auf eine Nagra legen, sondern 468, 911 oder 900 (das letztgenannte kann zu Teilen mehr als die Bandgeräte!), unter genau zu beobachtenden Bedingungen auch ein LPR35 (oder so etwas zwischen Maxell und EMTEC), also hoch kalandriertes Bandmaterial verwenden, und die Einmessung in die jeweils geforderten Bereiche schieben.

Die beiden oben genannten Produzenten (sie waren Sonart Mailand), die über zwei Jahrzehnte in der Szene alter Musik sehr aktiv waren, kombinierten ihre tragbaren Magnetofone auch gerne mit Dolby-A-Rauschminderern, was aber manchem Nutzer zu lästig fällt, zusätzliche, fachlichs Anforderungen an ihn stellt, und schließlich auch den Batterien zusätzliche Leistungen abfordert, die ihre Durchhaltevermögen belastet.

Die zwischen 19 und 38, Voll -und Halbspur bei der Nagra auftauchenden, qualitativen Unterschiede sind die von Studiogeräten her bekannten. Dass unterhalb von 38 die Katasptrophe ausbräche, ist mir nicht geläufig, auch wenn mir persönlich bekannte Leute das behaupten. Wer allerdings anspruchsvolle Musik bei 19 schneiden will, möge das tun, den dabei erzeilbaren Erfolg danach aber auch akzeptieren. Andere Probleme treten dagegen schon zurück.

Hans-Joachim

P.s.:
Beim endlosen Gequake vergisst man immer die Hälfte:

Eine Nagra ist und war immer 'klassisch' als Studiogerät ausgelegt, das heißt, 9,5 cm/s laufen eben so mit, die Köpfe sind auf 19,05 bzw. 38,1 cm/s hin optimiert, weil darunter beim besten Willen mit einem tragbaren Bandgerät (am Set, z. B. im Kofferraum eines Autos bei novemberlichem Regenwetter sitzend!) keine Studioqualität mehr zu gewährleisten ist. Die vielen Report-Liebhaber und Sollns Anselm mögen mir meine drastisch eindeutige Aussage verzeihen.
Nagra gibt sich deshalb in den Spezifikationen der Nagra IV für 9,5 cm/s mit einer Bandbreite von 8 kHz (± 2 dB) zufrieden, weil man 'so etwas eben einfach nicht macht'. Jene Bandbreite reflektiert die auf die hohen Bandgeschwindigkeiten hin optimierte Kopfbauart und damit die Spaltverluste, nicht aber eine bewusste "Absenkung".
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