26.03.2020, 20:51
Im Jahr 1963 hatte der österreichische Hersteller AKG (Akustische und Kinogeräte GmbH) die Idee, den damals aktuellen Trend zu viel Nachhall auf den Gesangsspuren einem breiten (oder sagen wir besser: großen ) Publikum zugänglich zu machen.
Für den Studiobereich hatte AKG um 1960 das erste brauchbare Federhallsystem auf den Markt gebracht, nachdem bis dato (außer in Hammondorgeln und vereinzelt in Gitarrenamps) nur Hallplatten und -räume zur Verfügung standen. Beide boten zwar eine natürlich Nachhallqualität, erforderten aber sehr viel Platz, der nicht überall zur Verfügung stand. Auch konnte sich nicht jedes kleine Studio eine schrankgroße EMT-Hallplatte leisten. Die Angaben darüber, welches Federhallsystem von AKG wann auf den Markt kam, sind leider äußerst widersprüchlich. In einer Quelle ist die Rede davon, dass das BX 10 das erste Gerät dieser Art gewesen sei, an anderer Stelle heißt es, das BX 20 sei der "Ur-Federhall" gewesen und das 10er dessen Nachfolger.... egal. :whistling:
Aber das nur als Einleitung.
Das Mikrofon, das ich hier heute vorstellen möchte, das AKG DX 11, kam Mitte der 60er auf den Markt, wurde als OEM-Produkt auch von Grundig angeboten und hieß dort GHM 328. Es war bis etwa 1972 auf dem Markt und nicht gerade ein Schnäppchen: Rund 270,- DM musste man dafür auf den Tresen legen!
Dafür bekam man ein in der Form ungewöhnliches Gerät, 26 cm lang, in einem grau-beigen Kunststoffgehäuse mit fest angebrachtem, 5 m langem Kabel mit Mas30-Stecker. Die dynamische Kapsel mit nierenförmiger Richtcharakteristik war dem bewährten und heute noch begehrten AKG D 14 entnommen (nicht wirklich; die meisten D 14 haben noch ihre Kapsel!) und erreichte einen Übertragungsbereich von 50-18000 Hz, wobei der Nahbesprechungseffekt durch einen sanften Tiefenabfall unterhalb von 200 Hz kompensiert wurde (-10 dB bei 50 Hz). Im Bereich um 3 kHz gab es eine Anhebung von 5-6 dB.
Das Gerät war wohl außer für den Tonbandamateur auch für Künstler und Alleinunterhalter gedacht, die damit auf der Bühne ohne großen Aufwand ihrer Darbietung einen Halleffekt zufügen konnten. Man musste es dazu allerdings auf ein Stativ schrauben und es galt der Grundsatz "Finger weg!", denn die Geräusche, die die Hallspirale bei Berührung machte, sind alles andere als angenehm!
Im Inneren des länglichen Geräts werkelt ein Mischverstärker und eine kleine Leistungsstufe zur Ansteuerung der Erregerspule der Spirale, beide mit insgesamt fünf, teilweise "rauscharmen" Germaniumtransistoren der OC-Reihe, allerdings schon im moderneren Metallgehäuse. Unter der Platine und einer zur Spannungsversorgung dienenden 9 V-Batterie liegt eine etwa 12 cm lange Hallspirale, die schwimmend in Schwammgummielementen gelagert ist. Ein Poti mit Rändelknopf erlaubt es, dem Mikrofonsignal einen Hallanteil von 0 bis 2,5 Sekunden zuzumischen.
Der Ausgang ist so ausgelegt, dass entweder eine niederohmige Anpassung (200 Ohm) oder für Röhrengeräte eine hochohmige (15 kOhm) gewählt werden kann, je nachdem, welchen Steckerstift man nutzt. Das Signal wird unsymmetrisch ausgegeben.
Hier zunächst eine technische Beschreibung mit technischen Daten vom radiomuseum.org:
Für den versierten Elektroniker hier der Schaltplan, den ich neu gezeichnet habe. Man hat ja momentan viel Zeit und Muße und der Plan, den ich im Netz gefunden hatte, war eher eine Skizze mit händischer Beschriftung und ein paar Fehlern....
Das Mikrofon wird inzwischen ob seiner Seltenheit für Beträge zwischen 200 und 600 Euro gehandelt. Meins hat knapp 60,- € gekostet, in neuwertigem Zustand, unverbastelt und in der sehr gut erhaltenen Kunstlederbox. Leider fehlt die Stativhalterung, ohne die man das Mikro praktisch nicht benutzen kann...
Das Mikro und seine Kunstlederbox.
Hallregler und Ein-/Ausschalter
Das Fach für den 9 V-Block ist absolut sauber!
Rückseitiges Schildchen
Bevor ich es testen konnte, wollte ich mir erst einen Überblick über den inneren Zustand verschaffen. Natürlich war ich auch neugierig, oder besser interessiert! Außerdem ging ich davon aus, dass ich nach 50 Jahren die zehn Elkos würde tauschen müssen.
Nach dem Entfernen von sechs Schrauben (zwei davon unter dem Batteriefachdeckel und mit Wachs versiegelt) konnte ich die beiden Gehäusehälften trennen und es bot sich mir dieses Bild:
Die Platine war nur aufgesteckt, die Kapsel mit einer lockeren Schraube gesichert. Dass die locker war, hatte seinen Sinn... In der hinteren Gehäuseschale kam nun die in Schaumstoffelementen gelagerte Hallfeder zum Vorschein. Rechts befindet sich die Erregerspule. Die Feder besteht aus zwei unterschiedlich dicken Spiralfedern in koaxialer Anordnung!
Nachdem ich die angelöteten Drähte dokumentiert hatte, befreite ich das Platinchen von selbigen und suchte ich die benötigten Elkos raus. Natürlich wurden hier axiale Bauformen verwendet, die es nicht mehr gibt. Und zwar sowohl von den Werten her (4, 16, 200 oder 40 µF) als auch von der Spannungsfestigkeit, die teilweise 3,6 V oder ähnliche Werte betrug.
Es kamen bei der Neubestückung teilweise Tantalperlen und Radialausführungen zum Einsatz, weil die mir zur Verfügung stehenden Axialelkos mit 25 oder 35 V einfach zu groß waren!
Nachdem ich den Schaumstoffstreifen der Kapsellagerung sowie die Gummischeiben unter der Platine erneuert hatte, gab auch Dina endlich ihr o.k. und ich baute das Mikro wieder zusammen.
Ein erster Funktionstest folgt dann in den nächsten Tagen, denn natürlich hatten wir keine 9 V-Batterie vorrätig. Für diesen Test, mit dessen Ergebnis ich mich dann hier erneut melden werde, wird sicher ein Uher Report herangezogen, weil das die passende DIN-Buchse und einen unsymmetrischen Eingang hat. Oder ich nehme einen Adapter auf 6,35er Klinke. Dann kann ich es auch mit der Philips N4522 oder einer Revox verbandeln....
Gruß
Holgi
Für den Studiobereich hatte AKG um 1960 das erste brauchbare Federhallsystem auf den Markt gebracht, nachdem bis dato (außer in Hammondorgeln und vereinzelt in Gitarrenamps) nur Hallplatten und -räume zur Verfügung standen. Beide boten zwar eine natürlich Nachhallqualität, erforderten aber sehr viel Platz, der nicht überall zur Verfügung stand. Auch konnte sich nicht jedes kleine Studio eine schrankgroße EMT-Hallplatte leisten. Die Angaben darüber, welches Federhallsystem von AKG wann auf den Markt kam, sind leider äußerst widersprüchlich. In einer Quelle ist die Rede davon, dass das BX 10 das erste Gerät dieser Art gewesen sei, an anderer Stelle heißt es, das BX 20 sei der "Ur-Federhall" gewesen und das 10er dessen Nachfolger.... egal. :whistling:
Aber das nur als Einleitung.
Das Mikrofon, das ich hier heute vorstellen möchte, das AKG DX 11, kam Mitte der 60er auf den Markt, wurde als OEM-Produkt auch von Grundig angeboten und hieß dort GHM 328. Es war bis etwa 1972 auf dem Markt und nicht gerade ein Schnäppchen: Rund 270,- DM musste man dafür auf den Tresen legen!
Dafür bekam man ein in der Form ungewöhnliches Gerät, 26 cm lang, in einem grau-beigen Kunststoffgehäuse mit fest angebrachtem, 5 m langem Kabel mit Mas30-Stecker. Die dynamische Kapsel mit nierenförmiger Richtcharakteristik war dem bewährten und heute noch begehrten AKG D 14 entnommen (nicht wirklich; die meisten D 14 haben noch ihre Kapsel!) und erreichte einen Übertragungsbereich von 50-18000 Hz, wobei der Nahbesprechungseffekt durch einen sanften Tiefenabfall unterhalb von 200 Hz kompensiert wurde (-10 dB bei 50 Hz). Im Bereich um 3 kHz gab es eine Anhebung von 5-6 dB.
Das Gerät war wohl außer für den Tonbandamateur auch für Künstler und Alleinunterhalter gedacht, die damit auf der Bühne ohne großen Aufwand ihrer Darbietung einen Halleffekt zufügen konnten. Man musste es dazu allerdings auf ein Stativ schrauben und es galt der Grundsatz "Finger weg!", denn die Geräusche, die die Hallspirale bei Berührung machte, sind alles andere als angenehm!
Im Inneren des länglichen Geräts werkelt ein Mischverstärker und eine kleine Leistungsstufe zur Ansteuerung der Erregerspule der Spirale, beide mit insgesamt fünf, teilweise "rauscharmen" Germaniumtransistoren der OC-Reihe, allerdings schon im moderneren Metallgehäuse. Unter der Platine und einer zur Spannungsversorgung dienenden 9 V-Batterie liegt eine etwa 12 cm lange Hallspirale, die schwimmend in Schwammgummielementen gelagert ist. Ein Poti mit Rändelknopf erlaubt es, dem Mikrofonsignal einen Hallanteil von 0 bis 2,5 Sekunden zuzumischen.
Der Ausgang ist so ausgelegt, dass entweder eine niederohmige Anpassung (200 Ohm) oder für Röhrengeräte eine hochohmige (15 kOhm) gewählt werden kann, je nachdem, welchen Steckerstift man nutzt. Das Signal wird unsymmetrisch ausgegeben.
Hier zunächst eine technische Beschreibung mit technischen Daten vom radiomuseum.org:
Für den versierten Elektroniker hier der Schaltplan, den ich neu gezeichnet habe. Man hat ja momentan viel Zeit und Muße und der Plan, den ich im Netz gefunden hatte, war eher eine Skizze mit händischer Beschriftung und ein paar Fehlern....
Das Mikrofon wird inzwischen ob seiner Seltenheit für Beträge zwischen 200 und 600 Euro gehandelt. Meins hat knapp 60,- € gekostet, in neuwertigem Zustand, unverbastelt und in der sehr gut erhaltenen Kunstlederbox. Leider fehlt die Stativhalterung, ohne die man das Mikro praktisch nicht benutzen kann...
Das Mikro und seine Kunstlederbox.
Hallregler und Ein-/Ausschalter
Das Fach für den 9 V-Block ist absolut sauber!
Rückseitiges Schildchen
Bevor ich es testen konnte, wollte ich mir erst einen Überblick über den inneren Zustand verschaffen. Natürlich war ich auch neugierig, oder besser interessiert! Außerdem ging ich davon aus, dass ich nach 50 Jahren die zehn Elkos würde tauschen müssen.
Nach dem Entfernen von sechs Schrauben (zwei davon unter dem Batteriefachdeckel und mit Wachs versiegelt) konnte ich die beiden Gehäusehälften trennen und es bot sich mir dieses Bild:
Die Platine war nur aufgesteckt, die Kapsel mit einer lockeren Schraube gesichert. Dass die locker war, hatte seinen Sinn... In der hinteren Gehäuseschale kam nun die in Schaumstoffelementen gelagerte Hallfeder zum Vorschein. Rechts befindet sich die Erregerspule. Die Feder besteht aus zwei unterschiedlich dicken Spiralfedern in koaxialer Anordnung!
Nachdem ich die angelöteten Drähte dokumentiert hatte, befreite ich das Platinchen von selbigen und suchte ich die benötigten Elkos raus. Natürlich wurden hier axiale Bauformen verwendet, die es nicht mehr gibt. Und zwar sowohl von den Werten her (4, 16, 200 oder 40 µF) als auch von der Spannungsfestigkeit, die teilweise 3,6 V oder ähnliche Werte betrug.
Es kamen bei der Neubestückung teilweise Tantalperlen und Radialausführungen zum Einsatz, weil die mir zur Verfügung stehenden Axialelkos mit 25 oder 35 V einfach zu groß waren!
Nachdem ich den Schaumstoffstreifen der Kapsellagerung sowie die Gummischeiben unter der Platine erneuert hatte, gab auch Dina endlich ihr o.k. und ich baute das Mikro wieder zusammen.
Ein erster Funktionstest folgt dann in den nächsten Tagen, denn natürlich hatten wir keine 9 V-Batterie vorrätig. Für diesen Test, mit dessen Ergebnis ich mich dann hier erneut melden werde, wird sicher ein Uher Report herangezogen, weil das die passende DIN-Buchse und einen unsymmetrischen Eingang hat. Oder ich nehme einen Adapter auf 6,35er Klinke. Dann kann ich es auch mit der Philips N4522 oder einer Revox verbandeln....
Gruß
Holgi