10.11.2012, 20:16
Hallo Leutchen,
womit beginne ich am besten???
1)
Ok...vielleicht wisst Ihr ja noch, dass ich die Akai GX630DB von unserem lieben, leider viel zu früh verstorbenen Jens (Esla) gekauft habe.
Habe mich danach –zigmal gefragt, warum ich das tat, brauchte das Geld doch eigentlich für Mopedreparatur oder eine Bahnfahrt oder auch für eine neue Brille.
Und eine GX630DB hatte ich schließlich auch schon, allerdings nicht gut eingestellt, justiert, eingemessen....weiß der Geier.
Die Antwort ist, dass ich Jens von seinen Beiträgen her sehr mochte, er hatte mich sogar mal in Schutz genommen, als es mir nicht so gut ging.
Er schrieb im Forum so fundiert, besonnen, intelligent und war für mich als Anfänger ein Vorbild, „wie man hier sein sollte“.
Fairer als er konnte sich keiner verhalten....und meine Güte:
Was hat der für eine Geduld mit Anfängern gehabt !
Ich dachte für mich:
Der wusste, wie ich Bandmaschinen mag...der wäre damit einverstanden...der könnte verstehen, dass mir was an einer Maschine liegt, die aus fachkundigen Händen käme...
Wäre er einverstanden???
Was, wenn nicht?
Ich dachte an sein Angebot, mit den Jungs zu skypen.
Hätte ich das tun sollen? Ich habe doch gar nicht soviel Fachliches zu sagen und eh schon viele Kopfschmerzen vom Computer.
Nein...er würde es schon akzeptieren...obwohl...verschenkt hätte er sie vielleicht im letzten Moment an jemand anderes...logisch, wir kannten uns zu wenig....
Ich wollte nicht, dass sie nach ebay geht.
Und dann hätte sie vielleicht jemand ersteigert, der Jens gar nicht kannte.
Ich hatte richtig lange gewartet, eh ich bei Andre anfragte, ob sie noch zu haben wär.
Muß man auch bei Sowas eine „Trauerzeit“ einhalten, würde es sonst geschmacklos rüberkommen?
Mich ärgerte richtig, dass der Thread mit dem Verkauf seiner Geräte so blöd lief.
Eigentlich wollte ich somit auch ein Zeichen setzen: Einer macht von dem Angebot Gebrauch, die Akai bleibt sozusagen „im Club“, „in der Familie(?)“.
Ich stellte mir vor, viele von uns würden etwas brauchen oder kaufen, und wir unterstützen damit ein wenig die Familie.
Wie es dann gelaufen ist, ist ja bekannt, und es ist mittlerweile Vergangenheit.
2)
Schmerztabletten-Andre hat sich verhalten, wie der vorbildliche Vorzeige-Ebayer, wie wir uns ihn alle wünschen.
Rucki-Zucki stand also die Kiste hier auf der Matte.
Verpackt vom Profi, die hätte aus dem Auto fallen können, da wäre nichts abgebrochen.
Gelernt ist eben gelernt!
Stolz dachte ich:
Da siehste gleich den Unterschied: Forianer – Normalmensch.
„Wir“ wissen eben, wie man es richtig macht!
Der Platz im Wohnzimmer war schon seit der Zusage freigeräumt, ich war heiß darauf, sie anzuschließen...auszuprobieren.
Wie würde sie sich anhören?
Wie würde sie aufnehmen?
Potis können nicht knarzen...sie ist ja von Jens...hihi!
Und dann:
Gar nichts!
Sie stand ohne Test, ohne Musik auf dem Schrank...irgendwie wollte ich überhaupt nicht mehr wissen, wie es ist, sie einzuschalten.Nicht mal den Stecker steckte ich in die „Dose“.
Kann einer so was Blödes verstehen???
Ich konnte es mir selber nicht erklären.
Tag um Tag verging, und ich wollte sie nicht anrühren.
Ständig hatte ich das Bild von Jens vor Augen, was er in seinem Avatar hatte.
„Das ist doch nicht so, als wenn Du eine x-beliebige Kiste bei Ebay geschossen hast!“
schien er zu sagen.
Nun stand sie da, ich machte mir Vorwürfe. Ich konnte nicht mal Andre schreiben, ob und wie sie lief, ich benutzte sie ja nicht!
Andre fragte bei mir an, dachte, es sei was nicht in Ordnung.
Warum soll denn bitte was nicht in Ordnung sein,
sie ist doch schließlich von Jens!
Also.
3)
Dann:
Coleman Hawkins im Radio!
„Body & Soul“ , „It`s The Talk Of The Town”
Die Aufnahmen machte ich wie immer mit der M15A von meinem allerbesten Bandmaschinenfreund hier aus dem Forum.
Doch dann war mit einem Schlag alles klar:
Diese Musik war gemacht für die Akai vom Jens!
Schnell eine Verbindung zum Verstärker, Akai eingeschaltet....alles war selbstverständlich!
Die großen Anzeigeinstrumente leuchteten in warmem Licht, die Maschine lief und es war eine wunderbare Musik!
Coleman Hawkins auf der Akai!
Klasse!
.
Ein einziges LPR 35 hatte selbst ich noch da, und nun begriff ich wieder mal, welch hohe Kunst Euer „Einmessen“ doch ist. Besser geht`s nicht!
Vorband gleich Hinterband, die Regler gehen alle sehr fein, nichts klappert, nichts klemmt, es ist eine große Freude.
Und in diesem Augenblick, als Coleman Hawkins lief und etwas später Miles Davis und ich ständig diese wunderbar großen akai-typischen VU-Meter beobachtete und mich förmlich von ihnen gefangen fühlte,
wurde mir sehr bewusst, dass irgendwann auch meine Maschinen verkauft, verschenkt oder entsorgt würden.
Dieser Gedanke macht mich traurig.
Wir denken immer, wir müssen die Maschinen vorm Aussterben bewahren.....die werden wahrscheinlich noch existieren, wenn es uns mal nicht mehr gibt!
Egal...weg mit den schweren Gedanken.
Soll die Akai meinetwegen daran erinnern, dass es irgendwann vorbei sein wird. Das macht sie nämlich täglich, ob ich es will oder nicht, vielleicht gibt sich das ja mit der Zeit....
Daß ich aber auch mein Leben sinnvoll nutzen will, dass es Spaß machen kann, und daß das Tonbandeln eine fröhliche Sache ist!
Eine quietschfröhliche Sache.
Und eine Sache, die Leute zusammenbringt, weil sie die gleichen Interessen haben.
Eine Bereicherung für mich auf jeden Fall.
Und es ist eine Sache, die auch Jens soviel Spaß gemacht hat.
Deswegen hat er mit seinem Werkzeug an den Schrauben gedreht, hat selbst erst diese „hohe Wiedergabequalität“ ermöglicht.
Er hat sie geputzt und mit Sicherheit geliebt, seine Lebenszeit reingesteckt.
Und ich werde sie gut behandeln, das ist mal sehr sicher.
Und wenn ich damit Musik höre, bin ich wirklich sehr dankbar...
„DANKE LIEBER JENS“
sagt
Ralf
10. 11. 2012