Flohmarktfund: Alte Siemens/Gossen VU Meter
#1
Schönen Sonntag zusammen.

Ich habe gerade auf dem Flohmarkt vier alte Aussteuerungsinstrumente gekauft.

2x Siemens und Halske

[Bild: VUMeterSIEM.jpg]

und 2x von Gossen

[Bild: VUMeterGOSSEN.jpg]

Zuerst dachte ich ja die wären defekt, dann aber kam's mir,
dass ich mal gelesen hatte, dass Aussteuerungsmesser oft die Zeigernullstellung rechts hatten, wegen der Anzeigeträgheit. Also hab ich sie doch mitgenommen.

Nun wäre interessant zu wissen wo diese Instrumente eingesetzt wurden.
Vermutlich ja nicht in Amateurgeräten sondern eher im Profibereich.
Die Gossen haben als Strom für Endausschlag 1mA hinten aufgedruckt. Bei den
Siemens steht leider nichts drauf.

Und als weiteren Schritt sollte man diese hübschen Teilchen natürlich wieder
ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zuführen, sprich: Einen Aussteureungs-
messer damit bauen.
Kennt jemand eine Schaltung für solche Instrumente?
Ich habe mir bereits den U370 angesehen, das wäre ja evtl. ein Messverstärker
der passen könnte. Nur scheitert's bei dessen Schaltung an den zahlreich
verwendeten Übertragern.

David
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#2
Hallo David,

vielleicht wär das ja was: http://sound.westhost.com/project55.htm

Grüße

Peter
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#3
Hallo Peter,

leider ist diese Schaltung nicht geeignet, da sie für "normale" Instrumente mit
Nullanschlag links gedacht ist. Bei den Instrumenten die ich habe befindet sich der Zeiger auf der rechten Seite und geht beim Anlegen einer Spannung nach links zurück.
Diesem Effekt müsste man Schaltungstechnisch irgendwie Rechnung tragen.
D.h. je höher die Aussteuerung ist, desto niedriger müsste der Strom durch das Instrument sein. Und wie das bewerkstelligt werden kann ist mir im Moment eben
noch nicht klar.

Der Sinn des ganzen ist offenbar die Trägheit der Drehspulinstrumente zu
reduzieren, was auch ganz gut funktioniert, die Anzeigen reagieren schnell
und präzise ohne zu Überschwingen.

Gruß
David
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#4
Lieber David,

bitte keinen Bockmist anrichten: Das sind Dosengalvanometer mit klassischer Zeigerruhelage rechts, die gerade im Falle von Lichtzeigermesswerken von Amateuren gerne durchgejagt werden, weil der Unkundige den Strom durch das Messwerk immer weiter erhöht, da sich der Zeiger nicht in den Skalenbereich zu bequemen scheint. Folge: Drehspule brennt schon bei präliminarischen Experimenten durch... Ich besitze in meiner Sammlung drei Lichtzeiger, die offenbar dergestalt malträtiert wurden und daher heute nurmehr als Anschauungsobjekte taugen, während mein ältester Lichtzeiger (J 45 von 1948) noch heute arbeitet wie am ersten Tage, auch wenn die Rot-Folie leicht violett ausgebleicht ist.

Vielleicht ist dir aufgefallen, dass die (übrigens IRT-kompatible) Skala bis -50 dB herunterreicht, was einen eigenen Messverstärker erfordert, der in erster Linie für die kurze Integrationszeit der Anzeige (10 ms seit RRG-Zeiten) verantwortlich ist. Messwerke erhalten die Zeigerruhelage rechts eher wegen der dann geringeren Gefahr der Überlastung der Drehspulen durch kurze, sehr hochpegelige Impulse, die ihrerseits das Messwerk bleibend schädigen können. Nimmt indes bei Spitzenpegeln der am Dosenmesswerk anliegende Pegel ab, kann da nichts passieren. Natürlich verbessert man die ballistisch dynamischen Eigenschaften eines Lichtzeigermesswerks mit Parallelinduktivitäten und -widerständen, doch kommt man dabei schwerlich unter 80 ms. In deinem Falle dürfte diese Abgleich nicht erfolgt sein, weil dies zu teuer wäre und an der ehedem eigentlichen Aufgabe des Messwerke vorbeiginge.
Nachdem Gleichrichtung und Logarithmierung für die Anzeige ohnehin einen eigenen Messverstärker erfordern, verlegt man auch die 'Haltezeit des gemessenen Pegels' in diesen Verstärker.

Strommodulierte Messgalvanometer waren seit etwa 1950 mehrheitlich mit einem Messtrom von 3,498 mA für minus unendlich genormt, was übrigens auch die Serienschaltung von mehreren Dosen an einem Verstärker sehr leicht machte: Man konnte die Messanlagen also problemlos erweitern. Du besitzst ja wohl wenigstens drei dieser Messgeräte, die wohl diversen Aussteuerungsmessverstärkern de Typs U20 entstammen. Bei genauer Durchmesserangabe der Frontabdeckungen ließe sich dies verifizieren. Dort im U20 dient das Messwerk aber der lediglich der Funktionskontrolle. Größte Messgenauigkeit kann man daher nicht erwarten, ein VU-Meter der A77 (oder anderer Konkurrenten) stellst du mit deinen Dosen aber spielend ein. Einmal abgesehen davon, dass sie neben der vernünftigeren Aussteuerungskontrolle (10ms vs. 300 ms beim VU-Meter) auch Einmessungen deiner Bandgeräte erlauben, wenn, ja wenn man einen Messverstärker hat, der leicht nachzubauen ist. Ich habe so eine Schaltung, die deine Messdosen zum Leben erwecken könnte. Sollte sie dich interessieren, willst du dich bitte melden.

Die Dinger sind ansonsten hochgradig brauchbar, sofern sie nicht bereits defekt sind...

Hans-Joachim
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#5
Nach dem Studium eines alten Posts von PhonoMax und etwas Rechnerei und
einem kurzen Versuchsaufbau (Reihenschaltung Netzgerät - Widerstand - Messwerk) habe ich herausgefunden, dass die Siemens Instrumente bei einem Strom von 3,498mA am linken Anschlag stehen, somit also Normgerecht sind.
Die Gossen Instrumente bleiben bei gleichem Strom zwischen -20 und -30dB
stehen.

Damit sollte sich doch was anfangen lassen...

David
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#6
Hallo Hans-Joachim.

Auf deine Antwort habe ich gewartet ;-) Nur warst du etwas schneller.

Keine Angst ich habe die Instrumente nicht "geschossen", wär' ja auch zu schade
drum. Wie ich im letzten Post schrieb, verhalten sich die Siemens Instrumente
genau wie von dir beschrieben. Bei einem Strom von 3,498mA Zeiger auf
Nullposition links. Ich habe insgesamt 4 Messwerke, 2x Siemens und 2 x Gossen.
Der Durchmesser der Messwerke ist genau 100mm.

Und ja, an deiner Schaltung hätte ich durchaus Interesse.

David
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#7
Hallo David.
Eigentlich musst du doch nur einem geeigneten Messverstärker einen “Offset” hinzufügen.

Gruß Ulrich
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#8
Aha, dann stammen die Dosen aus der 50-cm-Gestelltechnikepoche, also wahrscheinlich vom U21, von dem es eine speziell Münchener Bauart mit Extension "c" gab. Vielleicht waren das diejenigen, denen man eine Gossen-Dose verpasst hatte und die im dritten Leben ihren Weg auf den Flohmarkt im bayerischen Hopfenanbaugebiet fanden.

Wenn die Gossen-Dinger nicht komplett dejustiert sind, muss eben der Messverstärker -solange er ausreichend kann- einen minimal erhöhten Dampf liefern. Zur einwandfreien Justage legt man normalerweise den normierten und über ein ständig angeschlossen bleibendes Milliamperemeter kontrollierten Messtrom an und versucht dann mit der Nullpunktjustageschraube den Messwerkszeiger auf 'minus unendlich' (0%) zu bringen. Lässt sich das nicht bewerkstelligen, weicht das Messwerk von der Norm ab oder hat eine Geschichte hinter sich, in der mehr vorfiel als allein das vom Erzeuger vorgesehene Zeigergezappel.

Eine Schaltung mit Beigaben ist bereits privatim unterwegs.

Hans-Joachim
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#9
Nochmals mein Dank an Hans-Joachim,

der erste Prototyp des Messverstärkers steht jetzt und liefert prima Ergebnisse.
Nach kleinen Anpassungen sowohl mit den Siemens als auch mit den Gossen
Zappelphilippen. Der Messverstärker liefert genug Dampf. Nur den Vorwider-
stand R16 musste ich auf 3,3k verkleinern und Widerling R12 muss vermutlich
auf 180k erhöht werden. Dann sollte die Anpassung an beide Messwerkstypen
möglich sein. Das muss ich noch untersuchen.

Anpassen über Stellschraube geht leider nicht, die Gossen und eines der
Siemens haben eine solche nicht, und öffnen möchte ich die Gehäuse nicht.
Dazu bin ich erfahrungsgemäß zu sehr Grobmotoriker (schlechte Erfahrungen...).

Ich denke ich kann jetzt schon sagen, dass mit der Anzeige auf diesen
gut 50 Jahre alten Schätzchen mehr anzufangen ist, als mit den meisten
Aussteuerungsanzeigern an moderneren Geräten. Aber vermutlich haben
die Anzeigen damals im Verhältnis auch soviel gekostet wie so manches
Tonbandgerät späteren Jahrganges...

Guts Nächtle

David
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#10
Lieber David,

das ging ja schnell...

Die Verkleinerung von R16 verwundert nicht, denn da habe ich weiland schon für ein komplett IRT-konformes Müller-Weigert-Doppel-Lichtzeigermesswerk Hand anlegen müssen, weil das vom Schaltungsersteller (nun ja..., die Spuren des Schaltungskonzepts findet man überall) verwendete Messwerk der Elektromechanischen Werkstätten stammte (ELMEWE 1080a) und sichtlich einen höheren Innenwiderstand besaß als mein Messwerk. Der R16 war originaliter ebenso wie P3 zu 4k7(!) vorgesehen, was ich hinsichtlich des Potentiometerwertes und üblicher Messinstrumenteninnenwiderstände schon damals aus der hohlen Hand nur als "nachlesebedürftigen" Druckfehler ansehen konnte. Ich erwarb deshalb hierfür 'gleich' keramische 1-k-Ohm-Pots in Miniaturbauweise, obgleich mich deren Preis sehr schmerzte: 7,50 DM pro Stück waren damals vom armen Studenten für die insgesamt sechs Exemplare abzudrücken, der außerdem 800,00 DM für das Müller-Weigert-Lichtzeiger-Doppelmessinstrument anzulegen hatte.
Ansonsten: Ein einkanaliger, transistorisierter Aussteuerungsmessverstärker (Jahnke bzw. TAB) kostete Ende der 1960er zu Beginn der 1970er zwischen 1300,00 und gut 2000,00 DM. Was für den U21 in den 1950ern zu bezahlen war, möchte ich lieber gar nicht erst wissen, nachdem für den Preis einer T9 (dem Vernehmen nach ohne Verstärker) ein sehr luxuriöses Gefährt auf vier Rädern zu erwerben war, was einen nach Brindisi oder Milano Marittima bringen konnte, womit die T9 selbst in der bereits erhältlichen Stereoversion 'konstruktivere' Schwierigkeiten hatte.

Die 3k9 des Serien-R16 ermittelte ich damals anhand des Müller-Weigert-LDPR-Verhaltens und der mit den ersten Logarithmierungsgliedern realisierbaren Skalenübereinstimmungen so, dass ich mit dem gewählten 1-kOhm-Pot um die Einstellmitte blieb, weil solche Schaltungen ja etwas driften. Da minimiert man solche Erscheinungen, wo man kann. Aus demselben Grund schob ich auf die Logarithmierungs-'Transistoren' auch Köhlsterne auf, um die interne Erwärmung beider Dioden-Einheiten möglichst identisch ablaufen zu lassen.

Auch die Serienschaltung P12a/R12 existiert im Original nicht (man hat dort einen Festwiderstand 330 k vorgesehen) und entstammt daher meinen Anpassungsbemühungen, die auch ihren Niederschlag in der veränderten Abgleichanweisung fanden. Der Erfolg spricht aber für sich, auch wenn ich den Messverstärker erst im letzten Jahr (nach 20 Jahren Pause) wieder einmal sehr erfolgreich in Betrieb nahm.

Ich kann dir per Mail eine Prüfdatei (mit Erklärung) zukommen lassen, die die Verifikation des Verhaltens deiner Aussteuerungsmesser nach DIN ab Rechnerausgang oder CD-Player erlaubt. Dafür stehen definierte Pulslängen, ein in 10-dB-Inkrementen fallender Pegel, ein Gleitton 20-20 kHz und eine Testsequenz für den Umpolfehler zur verfügung. In Anbetracht der Einweggleichrichtung sieht man mit den letzgenannten Signalen beim gegebenen Messverstärker aber lediglich, welche Folgen eine Einweggleichrichtung nach sich zieht.

Erweiterungen und Veränderungen des simplen Konzeptes sind natürlich möglich, weshalb ich immer wieder über die Speicherung eines Spitzenwertes, die Nachrüstung mit Doppelweggleichrichtung, die 20-dB-Taste oder einen 19 kHz-Tiefpass bzw. ein entsprechendes Kerbfilter nachdachte, dann aber letztendlich doch alles beim alten beließ, bis das digitale Zeitalter auch diese Verstärker in den Ruhestand schickte. Sie aber haben es mir immerhin unter dem Druck der Praxis ermöglicht, schon Jahre vor meinen Detmolder Tagen die zentrale Bedeutung einer vernünftigen Aussteuerungsmessung ebenso zu erfassen wie die Verfahrensweisen bei der Schaltungsrealisierung kennen zu lernen.

Hans-Joachim
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