Die böse Stereoplatte
#1
Ich lese gerade alte Funkschau-Hefte und bin erstaunt darüber, wie damals mit neuer Technik umgegangen wurde. Die ersten Stereogeräte Ende der 50er lösten auch viel Ablehnung aus. Gestern laß ich einen Leserbrief anno 1959, wo es um die neue Stereo-Schallplatte ging - UKW-Stereo gab es bereits (und wurde gescholten), Stereo-Bandgeräte gab es ebenfalls und sie wurden gelobt.

Der gute Mann wies auf die unsäglich schlechte Tonqualität der auf der Funkausstellung in Berlin präsentierten Scheiben hin: hörbare Verzerrungen, nicht auszuhalten. Oder wie er sich ausdrückte: es erbarmte sich niemand, die Kästen abzuschalten. Im übrigen wäre doch klar, daß eine Platte höchstens monaurale Musik wiedergeben könnte. Das Argument, die Technik läge noch in den Kinderschuhen, wollte er nicht gelten lassen - einerseits wohl, weil es den Plattenspieler schon so lange gibt und andererseits weil technisch 'Stereo' mit Schallplatte nicht lösbar sei. Man sollte vielmehr endlich ordentliche Mono- und Stereobänder herausbringen statt dem Volk Ramschware anzudrehen, die ihm mit Pingpong-Effekten schmackhaft gemacht werden soll.

Ich wußte gar nicht, daß es damals so eine Diskussion gab. Bisher ging ich davon aus, daß alle begeistert zur neuen Technik griffen. Eines aber lehrt dieser Leserbrief: schon in den 50ern hat die Industrie unausgereifte Produkte vermarktet...nicht erst heute Wink
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#2
Es gibt nichts Neues mehr, nur Altes, daß schon so lange zurückliegt, daß sich niemand mehr daran erinnern kann. Somit empfindet man alles, was einem auffällt, als neu.

Es hat schon immer Leute gegeben, die den Fortschritt um des Fortschritts Willen auf den Markt drücken wollten, auch wenn der Schritt fort von der Vernunft führte. Andere wiederum wollten den Fortschritt verhindern, z. T. aus Prinzip, z. T. aus Angst vor immer wiederkehrenden, auch selbsterlebten, Flops.

Wenn zwei Welten zusammenprallen, entsteht oft ein gesunder Kompromiss. Es entsteht auch Druck. Links und rechtst von der Druckstelle wird etwas zur Seite 'rausgequetscht: Auf der einen Seite landen die, die mit den Ergebnissen leben müssen und dies vielleicht ganz gut schaffen. Auf der anderen Seite finden sich die, die veraltete und tote Systeme als Fortschritt propagieren.

Lebt man lange genug und beobachtet das Geschehen, so kommt man zum Schluß: Das Leben ist ein Kreisverkehr. Man kommt immer wieder an die selben Abfahrten. Nur die Straßenmarkierungen- und -Schilder haben sich ein bisschen geändert!

Über allem schwebt der Sammler der analogen Audiotechnik und amüsiert sich über alte Funkschau-Berichte. Wink
Michael(F)
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#3
Hallo highlander

Das ist genau auch meine Wahrnehmnung:

Jede Technik wird am Anfang kritisiert. Das war bei Stereo so, bei der CD, bei DAT, bei der MD, bei den digitalen Formaten generell. Heute ist das z.B. bei Mehrkanalton so. Dies geschieht immer teils zu Recht, teils zu Unrecht.

Die Gründe liegen für mich eher im persönlichen denn im technischen Bereich:
- Schutz der eigenen Investitionen
- neue Technologie wie z.B. digital - Abwehrhaltung da Technik ganz neu und unbekannt
- neue Technik unbekannt - Abwehrhaltung da unbekannt
- neue Technik unbekannt - Abwehrhaltung da man bei neuer Technik Laie ist, die alte aber kennt
- Neue Technik bedroht alte Regeln, Paradigmen - Abwehrhaltung, da vieles woran man jahrzehnte lang geglaubt hat, in Frage gestellt wird
- Unfähigkeit, sich mit etwas Neuem zu beschäftigen
etc

Ich habe das Gefühl, dass die jüngeren viel weniger Probleme mit den neuen (digital-) Medien haben, da sie damit aufgewachsen sind und die meisten oben erwähnten Punkte nicht zutreffen.

Das Argument z.B., dass die Tonmeister mit Aufnahmen in 5.1 noch zuwenig Erfahrung hätten, lässt man nicht gelten - weiss aber - dass es 10 oder mehr Jahre gedauert hat, bis die ersten Stereo-Aufnahmen wirklich gut waren. Die Stereo-Aufnahmen werden aber in den Himmel gelobt.

Dass es bei der LP auch grossen Aufwand erfordert hat, auf Stereo umzurüsten und nicht ohne Kompromisse machbar war, wird heute ebenfalls ignoriert. Wenn bei modernen Medien Kompromisse gemacht werden müssen, z.B. von 2.0 auf 5.1, dann wird das gross angekreidet.

Auch wird heute sehr viel verklärt: Die LP - das Medium mit einer Unzahl von technischen Unzulänglichkeiten wird plötzlich in den Himmel gelobt und soll so wunderbar klingen. Erstaunlich dabei finde ich nur, dass damals als die CD kam, so viele froh waren, endlich umsteigen zu können. Genauso mit Röhren: Heute werden die Dinger gelobt, dabei sind sie aus technischer Sicht eine Katastrophe. Eigenartigerweise waren die Hersteller froh, endlich auf Transistoren wechseln zu können.

Gruss
Etienne
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#4
Ich glaube eher, dass immer, wenn was Neues einem vom Gewohnten abbringt soll, erst mal eine ablehnende Haltung eingenommen wird. Die ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt, und nimmt im Alter zu. Wenn man mit dem Gewohnten zufrieden ist, sucht man nach Argumente, warum man bei dem Alten bleiben will. Das kann ich nachvollziehen. Als der UKW-Rundfunk eingeführt wurde, fanden viele, das der Klang zu schrill war. Man hatte sich halt an den MW-Klang gewöhnt. Außerdem kommt noch dazu, dass bei vielen das technische Verständnis fehlte. Dass beim Tonband zwei Spuren für die beiden Kanäle existieren, war leicht nachzuvollziehen. Aber die Schallplatte hatte nur eine Rille, wie soll das denn funktionieren? Das passt dazu, dass einige Leute meinen, die zerhackende Abtastfrequenz (44,1 kHz) bei den heutigen CDs zu hören.

Ich sehe gerade Etienne ist mir zuvorgekommen. Mein Posting argumentiert ähnlich.
Gruß,
Michael/SH

Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu (Ö v. Horvath)
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#5
=> etienne,

schön, daß Du in sachliche Worte kleidest, was ich einfach nicht ernsthaft formulieren konnte und wollte. Wink

Mit der LP gebe ich Dir recht. Ich mag dieses Medium, aber der Glorienschein den man ihm überstülpt ist in diesem Maße nicht gerechtfertigt. Vieleicht für einzelne Produkte, aber nicht für das Gesamtangebot.

Die LP-Technik hat Mängel, und um mit diesen Mängeln zurechtzukommen, braucht es sorgfältig eingesetzten Sachverstand. Es gibt LPs, die genau dewegen herrvorragend Klingen, weil man das beherzigte. Das war leider der kleinere Teil der verhökerten Ware.

Es ist schon seltsam:
Als die Vinyltechnik am besten hätte sein können (DMM!) wurden in der Summe die technsich schechtesten Platten produziert. Pressungen aus den 70ern und 80ern klangen oft um Klassen schlechter als sorgfältige Produktionen aus den 60ern. Die kleine handvoll an audiophilen Produkten, die es gab, repräsentierte nicht das Gesamtangebot auf dem Markt.

Diese Schlampigkeit, speziell im U-Bereich, war der Sargnagel für die LP.

Auch wenn ich die LP mag: Ich habe eine ganze Reihe von DDD-Produktionen auf CD vorliegen, bei der ich mir schwerlich eine Verbesserung der Klangqualität durch Vinylisierung vorstellen kann.
Michael(F)
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#6
Wie hieß noch dieses grauenvolle Label? WEA oder so ähnlich. 'Rumours' lief z.B. unter dieser Marke und klang scheußlich. Somit standen minderwertige Pressungen den neuen CDs gegenüber und das machte offenbar Eindruck.

Ich bin mit der zweiten Generation CD-Player übergelaufen. Die CDs klangen ziemlich nach Computer, sehr kalt und irgendwie machte der Sound auf mich den Eindruck, als würden hochentwickelte Rauschunterdrücker daran gearbeitet haben. Ich war nie begeistert, aber die Zeitschriften schoben mir Argumente unter. Ich dachte: 'das mag nicht nett klingen, aber es ist HiFi pur, besser geht's nicht, das muß so sein'...
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#7
Atlantic war der 2. große Murkser.

Im Grunde war das doch eine trostlose Zeit:
► Musik: na ja, Geschmackssache
► CD: Noch nicht gut
► LP: schon sehr schlecht

Dafür gab 's einen Haufen Leuten, die das einem als Fortschritt verkaufen wollten, den man entweder unbedingt einführen müsse oder ebenso unbedingt verhindern.

Der Tontechnik hat man damit keinen Gefallen getan. Wurde hier die Chance vertan, bei den Konsumenten einen Sinn für Tonqualität zu entwickeln? Schaut man sich das Desaster rückwirkend an, so versteht man viel besser, warum Konsumenten mit hörbar datenreduzierter Ware zufrieden sind. Wir waren ja auch mit datenrverfälschter Ware glücklich. Sind es z.T. noch heute.
Michael(F)
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#8
Im Fernsehen (vermutlich Arte) kam mal ein Beitrag über die großen und kleinen Plattenfirmen und den drohenden Niedergang der Musikindustrie. Ein erfolgreicher Franzose sagte dazu sinngemäß:

...irgendwann kamen dann die überaus erfolgreichen Leute aus der Waschmittelwerbung und wurden Produzenten. Sie sagten, sie würden uns jetzt mal zeigen, wie man so etwas anpackt und wie man richtig verkauft...
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#9
Hallo Michael

Zitat:schön, daß Du in sachliche Worte kleidest, was ich einfach nicht ernsthaft formulieren konnte und wollte.
Ich habe gedacht, ich riskiere es einfach einmal.

Ich bin mir bewusst, dass dies ein sehr heikles Thema ist, vorallem auch, da es meine persönliche Wahrnehmung ist. Ich kann es weder theoretisch noch empirisch beweisen.

Ich hatte mit diesem Hintergrund, im Kontext der Geschichte "Potis im Wandel der Zeit" einen Beitrag an die Adresse von Hans-Joachim vorbereitet, dann aber doch nicht geschrieben. In diesem Beitrag geht es - wenn auch etwas versteckt und im Zusammenhang Laie vs. Profi - um die selbe Problematik.

Falls es interessiert, kann ich den Beitrag ja zitieren.

Gruss
Etienne
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#10
Die Reaktionen der Konsumenten bei Einführung der Stereofonie weist zwar Ähnlichkeiten auf mit der Situation bei Einführung der CD vor über 20 Jahren, ebenso mit der Situation heute bei Einführung der Datenreduktion, ganz vergleichbar sind diese Ereignisse jedoch nicht.

Bei Einführung der Stereofonie wurde die damals übliche Technik der Schallaufzeichnung beibehalten. Sie wurde weiterentwickelt und sie wurde durch den 2. Kanal erweitert. Es gab Widerstände, es gab Probleme. Letztere wurden gelöst, Erstere nahmen ab. Nach kurzer Zeit war klar: Die Stereofonie war die Führungstechnologie. Daß das so ohne weiteres funktionierte lag auch daran, daß man "Mono" nicht einfach fallen ließ.

Bei Einführung der CD waren die Verhältnisse anders:
- Die Technik wurde radikal gewandelt.
- Aus der leicht zu durchschauenden Analogtechnik mit harmonischen Schwingungen wurde die
- schwer begreifliche Digitaltechnik mit eckigen Treppen.
- Das liebgewordenen Analoge wurde quasi zerstückelt, und sollte dann besser klingen. Sowas ist schwer vermittelbar und provoziert Vorbehalte.
- Die miese Qualität der LP zu dieser Zeit hat der CD den Start erleichtert
- Trotzdem: über 20 Jahre nacah Einführung gibt es immer noch Vorbehalte gegen die Technik und
- die eigentlich schon totgeglaubte Konkurrenz ist in kleinem Maßstab wieder sehr vital.
- Die ehemals großen Lager teilen sich weiter.
- Es gibt das Analog-Lager und es gibt das Digital-Lager
- dieses wiederum zerfällt in jene, die Datenreduktion zulassen wollen und solche die sie ablehnen.
- Die Zulasser "streiten" sich um die richtige Technik.

Fazit:
Von derzeit vielleicht 20 aktivern Teilnehmern an der Diskussion gibt es genau 2 oder 3, bei denen ich sagen würde: Die blicken umfassend durch, die wissen, von was sie schreiben. Für den ganzen Rest - hier zähle ich mich dazu - ist die Motivation, sich hiermit zu beschäftígen, zwar da, nur sehe ich keine Chance, mit vertretbarem Aufwand durch diesen Dschungel an Verfahren und Technologien zu finden.

Als Ergebnis werden diejenigen, die durchblicken wollen, bei der Technik bleiben, die sie verstehen, beherrschen und die sie beeinflussen können. Denjenigen, denen es immer egal war, wie etwas funktioniert, Hauptsache es kommt was passendes raus, wird es erst recht egal sein, wie die "Technik dahinter" aussieht. Aber genau diese Ahnungslosen sind es überwiegend, die eine neue Technik verbreiten.


=>etienne:
Wg. Poti-Thread: Du hast mal die digitale Regelung bei den Classé(?) -Geräten werwähnt. Vielleicht schreibst Du gelegentlich was drüber, würde passen.
Michael(F)
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#11
@Andreas und Michael F.:

WEA und Atlantic gehörten zum selben Konzern (WEA), kein Wunder, daß es da Gemeinsamkeiten bei der 'Qualität' gab.

Die durchweg schlechte Qualität der LPs der frühen 80er Jahre war m.E. gewollt, damit das Argument, CDs würden besser klingen, auch beim letzten Konsumenten mit der billigsten Anlage ankommt. Die Industrie hat damals irre Anstrengungen unternommen, der LP den Garaus zu machen, und das war ein Teil der Strategie.

@Etienne:

Die Aussage, die Stereo-LP sei erst nach 10 Jahren richtig gut gewesen, kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt viele hervorragende Stereo-LPs aus der Zeit um 1960, die klanglich auch heute noch voll zufriedenstellen. Erst gegen Mitte/Ende der 60er Jahre wurde es Mode, äußerst schlampig abgemischte Stereo-LPs auf den Markt zu bringen.

Gruß, Wolfgang
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#12
Hallo zusammen,

neben unstrittig richtigen Darstellungen von Michael Franz, was die beklagenswerte Qualität vieler LPs in ihren späten Jahren anbelangt, kann ich die Aussage von Etienne, Röhren seien aus technischer Sicht eine Katastrophe, nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen.

Sie zeugt schlicht von fehlendem Sachverstand.

Anstatt die Fahne der Industrie hochzuhalten und ihren (Schein-) Argumenten das Wort zu reden, sollte man sich auf die unbestrittene Vorteile der Elektronenröhre zurückbesinnen. Schon vergessen? Dann rate ich doch mal zu einer ausgiebigen Hörsitzung mit qualifizierten Röhrengeräten. Ich selbst besitze seit einigen Jahren eine Röhrenendstufe UHER UMA 3000 mit 4 Endröhren EL 34 je Kanal. Ich habe gehört, an deren Entwicklung sollen frühere Braun-Ingenieure maßgeblich beteiligt gewesen sein. Vielleicht weiß PhonoMax hierzu mehr? Als Lautsprecher betreibe ich daran die Spendor LS 3/5 A. Die vom Prinzip her hochwertigsten Tonquellen sind ein Thorens TD 166 MK IV (mit Pressungen der 60 er Jahre) und – die TD 20 A (2 Sp.). Diese Anlage dient mir als Referenz. Ich weiß damit immer, wo ich klanglich stehe, wenn die Industrie lauthals irgendeine Neuerung propagiert.
Neu ist bekanntlich nicht immer besser. Auch mißlungene Vinyleinspielungen, gräßliche wie bemerkenswerte CD-Veröffentlichungen entlarvt diese Anlage mit klanglich charmanter Unbestechlichkeit. Ich habe noch keinen Transistor-Amp mit einer derartig streßfreien und räumlichen Wiedergabequalität erlebt wie die UMA 3000.

Ich halte hier bewußt keine technische Vorlesung über die Vorteile der Röhre – der schlichte Hinweis auf ihre sprichwörtlich „längere Kennlinie“ (bessere Aussteuerbarkeit / Linearität) möge genügen.

Dieses Plädoyer für die Elektronenröhre stammt übrigens von jemandem, der sich mit ihr auch noch aus einer ganz anderen Perspektive heraus befaßt – nämlich aus der eines Funkamateurs. In der heutigen Zeit, in der die Mehrzahl der Kurzwellen-Transceiver transistorisierte Sendeendstufen besitzt, entlarvt sich ein Gerät mit Endröhren rasch durch seine sonore Sprachqualität. So deutlich, daß man von seinem Gesprächspartner in England darauf angesprochen wird, ob nicht etwa Röhren im Einsatz seien – so mir geschehen am vergangenen Wochenende. Von den HF-technischen Vorteilen der mit Pi-Filter ausgerüsteten Röhren-PA einmal ganz zu schweigen.In diesem Sinne........

....vy 73 de Uli

P.S.: Ich stimme Etienne und der Industrie natürlich in der Hinsicht zu, daß ein röhrenbestückter MP3-Player eine Katastrophe wäre. Vielleicht wäre er aber, gäbe es ihn, nicht gar so katastrophal wie er es in Halbleitertechnik ohnehin ist........
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#13
Hallo Reelfreak60

Zitat:Sie zeugt schlicht von fehlendem Sachverstand.
Na wenn du denn meinst, urteilen zu können....

Ich hatte übrigens selbst mal Röhrengeräte - zwei Vollverstärker.
http://www.lua.de/d/seiten/amplifier/4040c/produkt.htm
http://www.lua.de/d/seiten/amplifier/6060c/produkt.htm

Warum ich die gekauft habe? Weil ich an die "unbestrittene Vorteile der Elektronenröhre" geglaubt habe. Der Klang war gut - doch was bringt das, wenn Alltagstauglichkeit und Leistung weit hinter dem Transistor zurückstehen?

Deine Argumentation zeigt von einer einseitigen Sichtweise, wie sie im Bereich Hifi leider sehr weit verbreitet ist. Für mich ist nicht nur der Klang entscheidend, sondern auch Ergonomie, Verarbeitung, Zuberlässigkeit etc. Deine Argumentation ist genau so, als würde eine Automobil nur auf Grund der Motorenleistung gekauft, welches aber nachweislich eher unwichtig ist.

Nun, als dann der Bass bei meinen Verstärkern mit EL34 resp 6550 an einer Box mit einem Wirkungsgrad von ca. 90 db bei gehobener Lautstärke nur noch "schwabbel, schwabbel" gemacht hat und mir mein Händler zu einer Box mit besserem Wirkungsgrad riet - dabei sind meine B&W wirklich zahme Lautsprecher - da war für mich das Thema Röhre gegessen, da ich nicht bereit war, und auch heute nicht bin, nur auf Grund einer alter Technologie solche Zugeständnisse zu machen.

Mir fallen da gerade ein paar negative Punkte zum Thema Röhre ein:
- wenig Leistung
- grosse Einschränkungen bei der Lautsprecherwahl
- grosse Hitzeentwicklung
- Röhrenverstärker sind ziemlich schwer im Vergleich zu Transistoren
- Zuverlässigkeit
- Anfälligkeit Ein- und Ausschalten
- Klirr

Ich habe schon so einige Diskussionen zum Thema Röhre gegen Transistor verfolgt und für mich ist eines klar:

Für mich ist das eine unzuverlässige, leistungsschwache, und veraltete Technologie, die mit all ihren Einschränkungen eher für den Freak taugt als für den harten Alltag. Merke: Ein guter Transistor-Verstärker treibt jede Box.

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Aber um aufs Thema "Ich wußte gar nicht, daß es damals so eine Diskussion gab. Bisher ging ich davon aus, daß alle begeistert zur neuen Technik griffen." zurück zu kommen:

Was ich immer wieder erlebe bei diesen Diskussionen: Der eine befürwortet die eine Technologie, der andere lehnt sie ab. Danach werden stundenlang Argumente dafür und dagegen aufgezählt, obwohl es gar nicht mehr um die Sache geht. Auffälligerweise geschieht diese Verteidigung meist mit einem beinahe missiorischen Eifer. LP-, Röhren- sowie die UKW-Anhänger fallen mir da negativer auf, als Anhänger des digitalen Lagers.

Ich selbst verwende (resp. habe verwendet) ausser DAT und DSR wohl die meisten Medien und Technologien: LP, Band, MC, CD, DCC, MD, UKW, ADR, DVB etc. Ich deren jeweilige Vor- und Nachteile gut genug. Anders ausgedrückt: Ich bin für alles offen.

Aber wie sieht es mit jemandem aus, der schon in seinem Nick den Ausdruck "Freak" hat? Ein Ausdruck mit einer negativen Deutung? Kann ein Freak überhaupt objektiv sein? Bedenke: Ein Freak ist nicht weit von einem freaky fanboy entfernt.

Gruss
Etienne

P.S: Das Thema Röhre war übrigens nur als Bsp. in meinem Beitrag aufgelistet. Es ging mir nicht darum, eine Diskussion Röhre vs. Transistor vom Zaun zu brechen.
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#14
Röhre <=> Transistor wäre eine lohnende und interessante Diskussion - die richtigen Teilnehmer sind ja mittlerweile hier versammelt. Wink

Der richtige Ort ist Abt. "Verstärker, Phono, Decks". Board "Diskussionen".

Fakt ist, daß sich eine ganze Latte von Beurteilungskriterien etabliert hat. Bringt man diese zur Anwendung, gewinnt Transistor gegen Röhre deutlichst. Daß diese weitestgehend allgemeingültig gewordenen Beurteilungsschemata nicht für alle gelten müssen, ist klar. Jeder bewertet anders. Wer auf auf gewisse Vorteile des Transistors verzichtet, tut dies oft leichten Herzens und wird mit Vorzügen der Röhre belohnt, die ein Transistorianer nie erleben wird. Was diesem jedoch herzlich egal ist, weil er auf ganz andere Dinge wert legt und nicht nur auf den Klang.

Gleiche Überlegung gilt für die Themen "Analog-Digital" und "Audiokompression Ja-Nein"

Eingefleischten HiFi-Fans, ich zähle mich dazu, fällt es sehr schwer zu akzeptieren, daß das Kriterium "Klang" nicht immer die erste Geige spielt.
Michael(F)
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#15
Hallo Etienne,

ja, ich glaube schon, die Vor- und Nachteile der Elektronenröhre beurteilen zu können, gewichte sie aber sicher anders, als Du. Und das nicht nur auf der NF-Seite, ich sehe die Röhre immer auch aus dem HF-Blickwinkel. Es stimmt allerdings: Eine Vertiefung dieser Diskussion ist hier sinnlos und deshalb möchte ich sie vermeiden. Es trifft auch zu, daß man für viele Technologien offen sein muß.

Nur muß man sich dann auch für die eine und gegen die andere entscheiden können.............. ;-)

Happy testing !

Dein Reelfreak60
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#16
Hallo Michael
Hallo Reelfreak60

Zitat:Röhre <=> Transistor wäre eine lohnende und interessante Diskussion - die richtigen Teilnehmer sind ja mittlerweile hier versammelt.
Ich bin nicht Fan solcher Diskussionen. Diese führen schnell zu zwei Fraktionen/Meinungen, da eine Frage wie "Röhre oder Transistor?" dazu verleitet, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen. Das ist eine ungünstige Ausgangslage für eine Diskussion, denn sie führt meist zu einer Verhärtung der Fronten. Wer Röhre mag, lässt sich nicht davon abbringen. Wer Transistoren mag, lässt sich ebenfalls nicht davon abbringen.

Spätestens nach dem zehnten Posting fühlt sich dann die eine Fraktion dermassen auf den Schlips getreten, dass keine seriöse Diskussion mehr möglich ist. So bereits mehrere Male gesehen bei Röhre gegen Transistor, LP gegen CD, analog gegen Digital. Spätestens dann verabschiede ich mich aus solchen Situationen. Meistens ziehe ich es jedoch vor, mich gar nicht zu beteiligen.

Ich sehe mich eher als "Vermittler": Genauso wie ich in diesem mehrheitlich analog dominierten Forum Werbung für digital mache, mache ich Werbung für analog in Foren für Digitaltechnik - denn dort hat die Analogtechnik einen ganz, ganz schlechten Ruf.

Die Freude an der Musik sollte uns ja einen und nicht entzweien.

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Zitat:ja, ich glaube schon, die Vor- und Nachteile der Elektronenröhre beurteilen zu können, gewichte sie aber sicher anders, als Du. Und das nicht nur auf der NF-Seite, ich sehe die Röhre immer auch aus dem HF-Blickwinkel. Es stimmt allerdings: Eine Vertiefung dieser Diskussion ist hier sinnlos und deshalb möchte ich sie vermeiden. Es trifft auch zu, daß man für viele Technologien offen sein muß.
Schön, dass du wir da gleicher Meinung sind. Ich wollte dich keineswegs angreifen. War evtl. etwas zu scharf formuliert.

Zitat:Nur muß man sich dann auch für die eine und gegen die andere entscheiden können.............. ;-)
Bei den Verstärkern habe ich Transistoren, sonst habe ich digital und analog schön vereint.

Gruss
Etienne
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