Hallo, viele von Euch setzen für Wartung/Reparaturen/Überholungen von alten Tonbandgeräten zwangsläufig Messinstrumente ein. Die analogen Zeigerinstrumente sind nicht selten auch schon einige Jahrzehnte alt. Wie kalibriert Ihr die Geräte eigentlich? Speziell die Röhren-Millivoltmeter? Wie geeignet dafür sind aktuelle Spannungsreferenzmodule ?
11.06.2021, 16:10 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.06.2021, 08:09 von Peter Ruhrberg.)
(11.06.2021, 14:02)willy schrieb: Wie kalibriert Ihr die Geräte eigentlich? Speziell die Röhren-Millivoltmeter? Wie geeignet dafür sind aktuelle Spannungsreferenzmodule?
Mit einem DMM im geeigneten Frequenzbereich und einer kalibrierten Soundkarte.
Zusätzlich mit einem digitalen Millivoltmeter (Philips PM2528) mit max. 5½ Stellen Auflösung, Genauigkeit bis 100 kHz etwa 0,4% des Ablesewerts bei Spannungen bis 2 V.
Grüße
Peter
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Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. (Konrad Adenauer)
Wenn man an das Röhren-Voltmeter keine höheren Ansprüche hat als an sein digitales Multimeter, dann reicht es völlig, mit seinem PC einen 50 Hz Sinus-Ton auszugeben und das Röhren-Voltmeter auf die gleiche Anzeige zu trimmen wie das Multimeter.
Danke für Eure Antworten. Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass ein "einfaches" digitales Multimeter (ohne Spitzenwertanzeige) bei 50Hz zum Vergleich reicht? Bei höheren Frequenzen müsste es eins wie das erwähnte Philips mit Spitzenwertanzeige sein?
Gruss
Willy
P.S. Ich mache (im "Mess-Zusammenhang") bisher nichts per PC. Besitze anloge Audio-Generatoren und Millivoltmeter sowie ein Woelke ME106 und ein Nakamichi T100.
@ Kai: Warum ist der Vergleich mit einem normalem Multimeter nur im Bereich 50Hz sinnvoll? Messen die einfachen Multimeter bei höheren Frequenzen ungenau? Aber ungeachtet des Grundes: Dein Vorschlag reicht für meine Ansprüche.
@ Peter: Ich glaube ich schnalle es so langsam ... nicht Spitzenwertanzeige hat in dem Zusammenhang Relevanz, sondern nur das Vermögen/Unvermögen vom Multimeter, die relevanten Frequenzen von sagen wir mal 20 Hz bis 20 KHz linear anzuzeigen ...
... ich konnte in den Spezifikationen der Geräte diese Einschränkungen nicht erkennen ...
Die üblichen Multimeter dienen vornehmlich dazu, Gleichspannungen & -ströme zu messen sowie Netz-Wechselspannung und -ströme. Deshalb kann man davon ausgehen, daß sie bei 50-60Hz einigermaßen richtig anzeigen, solange es sich um Sinus-förmige Zeitverläufe handelt. Das ist sozusagen die "Pflicht". Alles andere, was darüber hinausgeht, ist "Kür".
Es gibt durchaus Multimeter, die eine obere Grenzfrequenz (-3 dB) bei einigen kHz haben und eine untere von ein paar Hz. Davon kann man aber nicht ausgehen, sondern muß es entweder überprüfen oder den Spezifikationen entnehmen. Ebenso verhält es sich mit "true rms"/echter Effektiv-Wert-Anzeige. Einfache Geräte zeigen den arithmetischen Mittelwert an mit einem Eichfaktor, der nur für Sinus zutrifft. Bei anderen Wellenformen stimmt der angezeigte Wert dann nicht. Bei Spitzenwert-Anzeige gibt es auch unterschiedliche Varianten: positiver oder negativer Spitzenwert, Maximum von pos/neg Spitzenwert, Spitze-Spitze-Wert.
Ohne Konsultation der Technischen Daten des speziellen Multimeters kann man deshalb nur erwarten, daß es bei 50 Hz Sinus richtig anzeigt.
Wenn man eine ordentliche Audio-Karte im oder am PC hat, kann man danach durch Änderung der Frequenz des eingestellten Sinus-Tons überprüfen, wieweit Multimeter oder Röhren-Voltmeter auch bei anderen Frequenzen noch richtig anzeigen. Moderne HD-Audio-Interfaces im PC haben in einem großen Frequenzbereich bis vielleicht 40% der Abtastfrequenz uU Pegelvariationen von weniger als 0.1 dB.
Hallo
Du hast zwar nicht danach gefragt, aber mal ein Hinweis.
Falls du ein gutes Multimeter suchst.
Guck mal nach Philips PM2618. Hat True Rms, deckt unseren Frequenzbereich ab, dB Anzeige auch mit Bezugspunkt, Frequenzmessung usw.
Gibt's oft bei ebay für ca. 60€
Gruß Mani
Besonders gerne repariere ich meine Philips, Braun, Akai und TEAC Geräte
Keine Hilfe bei fehlender Rückmeldung
12.06.2021, 09:24 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.06.2021, 09:25 von willy.)
Danke für den Tip, Mani.
@ Kai: Ich habe gerade mal mit zwei unterschiedlichen (nur zur Kontrolle) analogen Audio-Generatoren verschiedene Frequenzen erzeugt. Bei 60 Hz (50 Hz kann der T-100 nicht) mit einem simplen Crenova Multimeter gemessen. Ausgangsspannung 1 Volt. Dann hochgestimmt. Die Spannung hat das Crenova noch bis 1.5 KHz "gehalten". Danach gings bergab. Bei 5 KHz zeigte das Crenova gerade noch 0,560 Volt an. Und irgendwann hat es gar nichts mehr angezeigt.
In Themen wie True RMS, Effektivwert, Spitzenwert etc. muss ich mich wohl tiefer einlesen. Ich denke aber, ich weiss nun, was zumindest zur Kalibrierung meiner alten Millivoltmeter zu tun ist. Selbst die Anzeige des T-100 muss nachgetrimmt werden - wenn auch nur leicht.
Ihr habt mir alle sehr geholfen mit Euren Ausführungen. Danke für die Zeit, die Ihr für diese Sache aufgewendet habt.
Nur mal so nebenbei und weil ich täglichem Sprachgebrauch auch falsch mache.
Eine Kalibrierung beinhaltet keinen Abgleich, sie ist nur die Feststellung der momentanen Abweichung und deren Dokumentation anhand einer Referenz (eines Referenzgerätes oder eines Normals).
(12.06.2021, 17:53)uk64 schrieb: Eine Kalibrierung ... ist nur die Feststellung der momentanen Abweichung und deren Dokumentation anhand einer Referenz (eines Referenzgerätes oder eines Normals).
... während Justierung (Abgleich) in DIN 1319 Teil 1 (1995) so definiert wird:
Einstellen oder Abgleichen eines Messgerätes, um systematische Messabweichungen so weit zu beseitigen, wie es für die vorgesehene Anwendung erforderlich ist. Justierung erfordert einen Eingriff, der das Messgerät bleibend verändert.
... und dann gibt es wohl auch noch den Begriff "Eichung". Diesen Begriff hatte ich bis dato immer mit einem amtlichen Prozess in Verbindung gebracht ...
..... allerdings verwendete Grundig in der deutsch-englischen BA vom Millivoltmeter MV5 die Begriffe "Eichung" und gleichsinnig "Calibration", wenn am geräteeigenen "Calibratorausgang/ calibration output" eine 1 V Spannung zur Eichung/Kalibrierung/Justierung des Skalenzeigers auf 0 dBV entnommen wird ...
Mir als Nichtelektroniker drängt sich der Eindruck auf, dass die Begrifflichkeiten zumindest seinerzeit selbst in Fachkreisen nicht so streng getrennt wurden ....
(12.06.2021, 19:51)willy schrieb: "Eichung" ... hatte ich bis dato immer mit einem amtlichen Prozess in Verbindung gebracht ...
Korrekt so.
(12.06.2021, 19:51)willy schrieb: Mir als Nichtelektroniker drängt sich der Eindruck auf, dass die Begrifflichkeiten zumindest seinerzeit selbst in Fachkreisen nicht so streng getrennt wurden ....
Wurden sie auch nicht.
Grüße
Peter
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Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. (Konrad Adenauer)
nach meiner Kenntnis wurde in den 50er und 60 er Jahren der Vergleich eines Meßgeräes mit einem Prüfstandard im Sprachgebrauch und auch in Anleitungen häufig "Eichen" genannt.
Dann präzisierte man diesen Vorgang mit "Kalibrieren", wobei diesem oft auch ein Abgleich zum Erreichen der spezifizierten Meßgenauigkeit gemäß GErätespezifikation vorausging. Das "Eichen war ab diesem Zeitpunkt auch im Sprachgebrauch den Eichämtern vorbehalten, welche sachlich auch kalibrierten jedoch als amtliche Organisation.
Eine Kalibrierung ist erfolgreich, wenn der Vergleich mit einem Meßgerätestandard (überprüft durch ein akkreditiertes Prüflabor und innerhalb der testierten Prüffrist) innerhalb der Toleranz der Gerätespezifilkation bestanden wird.
Wie kalibriert Ihr die Geräte eigentlich? Speziell die Röhren-Millivoltmeter? Wie geeignet dafür sind aktuelle Spannungsreferenzmodule ?
Solange es um Gleichspannung geht, mit dem AD584.
Für reichlich 6,- Euronen stellt das Teil bis auf 3 Stellen nach dem Komma eine genaue Spannung für 2,5V - 5V - 7,5V und 10V bereit.
Eine Wechselspannungskalibrierung mit "Hausmitteln" ist nicht ohne, weshalb viele hier schon den Vergleich mit einem einigermaßen ordentlichen Multimeter empfohlen haben.
Die klassische Messung ist die mit einem Thermokonverter, mittlerweile macht man es mit entsprechender Rechenleistung.
Man sollte aber berücksichtigen, daß eine RVM keine Genaugkeit hat, bei der man mit hochgezüchteter Meßtechnik anrücken muß. Grad mal das Sennheiser RV55 nachgeschaut: 3% im Hörbereich, außerhalb 5%. Der Witz beim RVM war ja weniger die Genauigkeit, sondern der hohe Innenwiderstand.
Ich würde (hätte ich keinen Fluke 760A) wie oben mehrfach empfohlen, das Datenblatt meines DMM nehmen und an ein paar Stellen im angegebenen Frequenzbereich mit dem RVM vergleichen - immer unter Berücksichtigung der jeweiligen Fehlergrenzen (da gehören auch die "plusminus 11 digits" dazu...).
Ich vergleiche übrigens immer "rundum", auch wenn das metrologisch nicht korrekt ist: Wenn das RTW, der W&G PM20, zwei DMMs und der Leader Klirrfaktormesse meinen, eine Sinusspannung von 1kHz aus dem Pegelsender PS20 habe einen bestimmten und eingestellten Wert, dann wird das wohl schon so sein.
07.12.2021, 09:00 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.04.2024, 04:54 von user-332.
Bearbeitungsgrund: 2023: alte Bilder eingebunden; no more deeplinks_to_Telekom...links_to_Telekom...
)
ich guck auch ab & an, ob das alles irgendwie zusammenpasst (also offenbar: 'metrologisch'). Wenn dann aus dem Studerpult hinten bei Faderstellung 0 wieder genau +6 dB wie 'erwartet' rauskommen, ist für mich die Welt in Ordnung.
Eine Soundkarte hab' ich zum Messen noch nie bemüht, kommt aber vielleicht noch...
Kalibrieren erfordert letztendlich einen (externen) Standard. Ich verwende z. B. einen Minilyzer (Audioanalysator) und Minirator (Frequenzgenerator) von NTI, das sind werkskalibrierte Geräte die NTI gegen eine nicht ganz geringe Gebühr mit einer Genauigkeit von 0,1% und einer Toleranz von 0,2 dB wieder nachkalibriert. Ich nehme an, dass NTI selbst dann gegen ein geeichtes Gerät testet. Wie oft man das Nachkalibrieren macht ist dann wieder eine Geld- und Gewissensfrage.
Gerhard
07.12.2021, 15:54 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.12.2021, 15:56 von Peter Ruhrberg.)
So ein RME Fireface ist auch nicht billig, liefert aber auf 1/1000 dB genaue Spannungswerte, solange die Lastimpedanz nicht zu sehr in den Keller geht.
Zum Nachmessen kann ich entweder denselben Wandler verwenden (allerdings nur mit einem Ri von ca 56 kOhm), oder ein Philips PM2528 mit ±0,2 % der Ablesung plus ±0,07 % des Messbereichs (≤2 V, 30...20.000 Hz). Das sollte für die meisten Audioanwendungen genügen
Grüße
Peter
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Ich bin, wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. (Konrad Adenauer)
07.12.2021, 16:17 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.10.2023, 08:46 von user-332.
Bearbeitungsgrund: " => '
)
(07.12.2021, 15:54)Peter Ruhrberg schrieb: [...] auf 1/1000 dB genaue Spannungswerte[...]
Lieber Namensvetter,
ich denke, an dieser Stelle ist Ulrich <uk64> gefragt, um diese quantitative Stolperstelle kurz rechentechnisch zu verifizieren.
Mein Bauchgefühl sagt, daß der zugehörige Wandler mehr bits haben müsste, als so ein 0815 Prozessor Anschlußbeine hat. Aber lassen wir uns überraschen, was ohne Simulation so alles geht
Pit
PS: das Zitateschmankerl dazu, wenngleich themenfremd, vom Vater der A-77:
'Wenn ich gewusst hätte, was man in der Elektronik alles berechnen kann, dann wäre manches etwas schneller gegangen!'
sagte er über die Entwicklungszeit zu der Maschine, die so schnell das Werk von der Idee bis zur Auslieferung durchlief wie keine STUDER oder ReVox Maschine davor und danach.
Der Punkt ist hier weniger die Auflösung der Messung, sondern die Rückführbarkeit (neudeutsch: traceability) auf bekannt genaue Standards, eine Art "Bezugsband" für den Pegelmesser.
Dazu gibt es Labors, denen man seine Geräte bringen kann, und die mit Geräten vergleichen, die wiederum direkt oder indirekt bekannte Abweichungen zu Standards z. B. der PTB haben. Wenn ich meine Kiste dann zurückbekomme, bin ich nicht nur eine schöne Summe Geldes ärmer, sondern weiß, daß meine Wechselspannungsmessung im Moment einen maximalen Fehler von z. B. 0,02% bezogen auf den PTB-Standard hat.
Nur: Im Audiobereich ist die absolute Genauigkeit meiner Meinung nach ziemlich unwichtig. Bei den Schwankungen, die ein Meßton ab Band schon hat, ist eine Diskussion über Rückführbarkeit nichtmal akademisch, sondern schlicht überflüssig.
Wie hier auch andere schon geschrieben haben: Einmal alle bekannten Geräte gegen eine Quelle messen und gut. Und die Leute, die in der Gegend wohnen, können mal vorbeischauen, wenn die PTB irgendwann mal wieder einen Tag der Offenen Tür macht, da konnte man zumindest früher seine Geräte zum Testen mitbringen.
08.12.2021, 09:45 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.02.2023, 18:57 von user-332.)
Ulrich,
mit Freude erinnere ich mich an jene Rauschbetrachtungen, wo wir auch ganz schön weit runter gekommen sind. Oder das Ganze zumindest runtergerechnet haben...