Bose Interaudio 2000 XL
#1
"Du interessierst Dich doch für alte Elektronik. Wir haben noch ein Paar Boxen im Keller. Wenn Du möchtest, kannst Du die mitnehmen."
"Boxen? Was denn für welche?"
"Na, so große Kisten, wie man die früher hatte."
"Wisst Ihr die Marke?"
"... Bose? Ich glaube Bose!"

Groß? Und von Bose? Auch wenn ich nicht gerade zum Fanclub dieses Herstellers gehöre, war ich neugierig geworden.

   

Na ja, "groß" ist offenbar relativ. Wenn man PC-Lautsprecher zum Vergleich nimmt, mag es zutreffen. Nach HiFi-Maßstäben sind das eher sehr kompakte (und vor allem flache) Regalboxen.

Und von Bose sind die doch nie und nimmer, oder? Sieht mir eher aus wie Beipackware von einem "Universum Stereo Music Center".

Kann man die Abdeckungen abnehmen? Was mag da drunter sein? Ein ovaler Beitbänder? Oder tatsächlich zwei oder gar drei Wege?

   

Oha. Mit dieser 1980er-Jahre Krawall-Optik (nicht ohne einen gewissen Retro-Charme) hätte ich unter den eher bieder wirkenden Abdeckungen nicht gerechnet. Und damit, daß die Dinger tatsächlich von Bose sind, erst recht nicht.

Besonders hochwertig kommen sie mir allerdings nicht vor. Der Hochtöner ist eine (im Vergleich zum Tieftöner auffallend große) Konus-Ausführung mit aufgesetzter Schalllinse aus Kunststoff (erfüllt die akustisch wirklich einen Zweck, oder ist das nur für die Optik?). Sowas kenne ich eigentlich seit 30 Jahren nur noch aus dem Billigsektor. Beide Lautsprecher haben Schaumstoffsicken (nach erster Begutachtung allerdings in einwandfreiem Zustand). Auch die dünnen Kabelklemmen auf der Rückseite wirken etwas prekär. Womit klar sein dürfte: High-End ist das mit Sicherheit nicht.

Ungeachtet aller Zweifel (und obwohl ich eigentlich keine richtige Verwendung dafür habe): Ich habe sie mitgenommen und inzwischen auch schon äußerlich gereinigt (bei Übergabe waren sie noch deutlich verstaubter als auf den Bildern). Ausprobiert habe ich sie noch nicht, weil ich lieber mal einen Blick in's Innere werfen will, bevor ich sie mit in die Wohnung nehme (durch das Bassreflexrohr kann sich bei langer Keller-Lagerung ja leides drinnen so manches einnisten).

Im Internet gibt's leider wenig Informationen zu diesen Modellen. Offenbar handelte es sich um Einsteigermodelle in eher Bose-untypischer Bauweise. Teilweise heißt es sogar, sie seien gar nicht von Bose hergestellt, sondern zugekauft worden. Das HiFi-Wiki hat zwar einen Eintrag, der aber kaum Daten enthält. Die Meinungen liegen irgendwo zwischen "gruselige Billigware" und "klingen eigentlich ganz nett". Die Serie umfasste vier Modelle von 1000 XL bis 4000 XL, die alle zwei Wege hatten und sich (zumindest von 2000 bis 4000) vor allem durch die Größe des Tieftöners unterscheiden.

Kann jemand mehr zu den Modellen beisteuern? Baujahre, ehemaliger Neupreis? Eventuell Testberichte?

Von mir gibt's mehr, sobald ich sie ausprobiert habe.
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#2
Hallo Timo,

wenn ich mich recht entsinne, waren die Interaudio-Boxen tatsächlich (einfache) Zukaufprodukte. Eine Bekannte von mir besaß in den 80ern ein Pärchen - das Modell ist mir nicht mehr bekannt, könnte aber besagte 2000er gewesen sein. Zumindest die Größe kommt hin.
Klangliche Beschreibungen mag ich aber aus der Erinnerung nicht mehr abgeben zumal die "Dosen" damals (ungünstig) quer auf dem Boden lagen. Da darf man nichts erwarten.
Immerhin bekennt sich Bose zu diesen Teilen. Auf der Supportseite finden sich aber auch nur spärliche Informationen:
https://www.bose.com/en_us/support/searc...interaudio

Zitat:... aufgesetzter Schalllinse aus Kunststoff (erfüllt die akustisch wirklich einen Zweck, oder ist das nur für die Optik?). Sowas kenne ich eigentlich seit 30 Jahren nur noch aus dem Billigsektor....
Theoretisch kann die Linse (edit: besser -> Trichter) einen Zweck erfüllen - deshalb findet sich so etwas auch häufig auf Breitbandlautsprechern. Sie dient -vereinfacht- dazu, den vom Dustcap ausgesendeten Schwingungsanteil zu verdichten, um somit in diesem Bereich d. Schalldruck zu erhöhen. Der Kegel Trichter* erscheint mir an der 2000XL allerdings etwas zu flach als dass ich hier einen nennenswerten (hörbaren) Zuwachs an Schalldruck erwarten würde. Wenn Dich die Neugierde quält, schraube sie halt ab und horche selbst...
Die Befeuerung der Kisten mit "Signalen" dürfte im übrigen auch eingenistete Bewohner aus der BR-Öffnung austreiben. Stelle sie also ruhig mal auf den Balkon und gib ihnen etwas "elektrisches Futter" - das macht die Krabbeltiere unruhig. thumbsup

Gruß


* edit: was schreibt man doch manchmal für einen Mist. So ein "Gebilde" ist natürlich weder Linse noch Kegel sondern ein Trichter. Basta!
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#3
In den 60er Jahren gab es sogar 25 cm Chassis (mit harter Einspannung) und einem zusätzlichen ovalen Trichter von 5*7 cm Öffnung. Dieser war einfach als zusätzliche Membran (ohne eigene Randeinspannung) vorn am Schwingspulenträger befestigt. Funktion ist nicht die einer Linse sondern zusätzliche Membran mit aufgrund von Größe und Form ganz anderem Partialschwingungsspektrum und gerichteterem Abstrahlverhalten. Dadurch sollte das Gesamtsystem etwas mehr Breitbandigkeit bekommen. Solche Lautsprecher wurde!n zB in großen Fernsehtruhen verwendet.
Ein ordentlicher HiFi- Lautsprecher verwendet für den oberen Mitteltonbereich und den Hochtonbereich Kalotten- Lautsprecher. Selbst 25 mm und 19 mm Kalotten sind für die Übertragung des oberen Endes des Audiospektrums eigentlich noch zu groß. Aber zum Schalldruck-Erzeugen braucht man auch Abstrahlfläche. Deshalb macht man da Kompromisse.
Die Trichter-Tröten sind allenfalls ein Notbehelf. Gebaut wird sowas (mit zu großen Konuslautsprechern für Mittel- und Hochton) im Billigsektor immer noch, auch unter renomierten Namen.

MfG Kai
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#4
kaimex,'index.php?page=Thread&postID=207550#post207550 schrieb:In den 60er Jahren gab es sogar 25 cm Chassis (mit harter Einspannung) und einem zusätzlichen ovalen Trichter von 5*7 cm Öffnung. Dieser war einfach als zusätzliche Membran (ohne eigene Randeinspannung) vorn am Schwingspulenträger befestigt.

Hallo Kai,

meinst Du so etwas, nur in oval?

https://picclick.de/Visaton-BG17-LAUTSPR...82940.html

Die gibt's immer noch. Waren zeitweise ziemlich gebräuchlich in Beipack-Lautsprechern von einfachen Plattenspielern mit integriertem Verstärker und Kompaktanlagen. Die zusätzliche Menbran wird m.W. gemeinhin "Hochtonkegel" genannt.

Gruß,
Timo
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#5
Ja, ähnlich.
Das Hauptchassis ist rund, nur der Hochtontrichter ist an der Öffnung oval, hinten rund.
Ich hab hier noch so ein Paar aus den Anfängen eigener Lautsprecher- Basteleien. Sind wohl von SEAS.
Der Hochtontrichter geht zwar nicht ganz vor bis in die Ebene des Randes der Hauptmembran, scheint mir aber doch ca 4 cm tief zu sein.
Der Trichter bewirkt aber keine HiFi-Freuden. "Ernsthaft" kann man solche Chassis eigentlich nur mit Tiefpassbeschränkung auf ca 400-500 Hz benutzen, aber aufgrund der harten Einspannung liegt die untere Grenzfrequenz für geschlossene HiFi -Boxen viel zu hoch.
Wären vielleicht für Guitarren-Boxen geeignet.

MfG Kai
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#6
PeZett,'index.php?page=Thread&postID=207540#post207540 schrieb:Die Befeuerung der Kisten mit "Signalen" dürfte im übrigen auch eingenistete Bewohner aus der BR-Öffnung austreiben. Stelle sie also ruhig mal auf den Balkon und gib ihnen etwas "elektrisches Futter" - das macht die Krabbeltiere unruhig. thumbsup

Wäre auch eine Idee. Mein Musikfundus böte da sicher auch einiges, was kein Insekt länger als ein paar Minuten aushält. Hab' ich vorher schon reichlich an menschlichen Besuchern erprobt. Big Grin

Ich hab' die Boxen aber mal ganz konventionell aufgeschraubt und mir bei der Gelegenheit auch gleich mal das Innenleben angesehen. Um es vorwegzunehmen: Keine Wespen, die nisten, in den Lautsprecherkisten. Und auch kein Kneifer vom Ohr kroch durch's Bassreflexohr.

Die Lautsprecherchassis machen einen ganz anständigen Eindruck, keine federleichten Dünnblechtröten.

   

Tieftöner, wenn ich den Aufdruck richtig deute: Hergestellt im Jahr 1993. Keine Hinweise auf den Hersteller.

   

Hochtöner, dito.

Eine "richtige" Frequenzweiche gibt es, soweit ich es gesehen habe, allerdings nicht. Stattdessen nur einen TF-Elko, der auf den Anschlussklemmen sitzt.

   

Nächste Tage mache ich mal einen Klangtest.
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#7
timo,'index.php?page=Thread&postID=210007#post210007 schrieb:Ich hab' die Boxen aber mal ganz konventionell aufgeschraubt und mir bei der Gelegenheit auch gleich mal das Innenleben angesehen. Um es vorwegzunehmen: Keine Wespen, die nisten, in den Lautsprecherkisten. Und auch kein Kneifer vom Ohr kroch durch's Bassreflexohr.

Und auch keine Käfer als Dämmwolle-Schläfer, keine Motten unter den Kalotten, keine Schabe(l)n in den Kabeln und keine Zecken in Gehäuseecken?
Na dann...
...teile uns mal Deine Höreindrücke mit.

Gruß
P.
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#8
Alles nicht so einfach, hatte weder geeignete Kabel (die Klemmen auf der Rückseite können keine großen Durchmesser) noch das Kästchen mit meiner Bananenstecker-Sammlung zur Hand.

Kabel tauchte wieder auf, bei den Bananensteckern hab' ich improvisiert. Der Aufbau treibt dem HiFi-Freund wahrscheinlich die Tränen in die Augen (Boxen zu nah beieinander und auch noch auf sowohl hörunfreundlicher als auch unterschiedlicher Höhe), aber ich wollte erst mal sicherstellen, daß die Dinger keinen Standschaden haben oder so mies sind, daß es sich nicht lohnt, sie vernünftig aufzustellen.

   

Zum Glück beides nicht der Fall. In der Kombination mit dem SMSL SA-50 und Uralt-CD-Player von Sony klingen sie durchaus brauchbar - und vor allem für ein Produkt der Marke Bose sehr normal, also kein auffallend "aufgeblasener" Klang.

Ich habe schon ein paar mal zwischen meinen sonst an diesen Geräten betriebenen "CAT Berlin"-Boxen und den Boses hin- und hergeschaltet und bin derzeit noch unschlüssig, welche mir klanglich besser gefallen.
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#9
Gerade läuft "Golden Brown" von den Stranglers, und jetzt dröhnen die Bässe doch merklich. Im nochmaligen direkten Vergleich klingen die (akustisch geschlossenen) CAT neutraler.
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#10
Gegen zu starken Bass kannst du Dämm-Material in die Reflex-Öffnung und falls erforderlich ins ganze Gehäuse stopfen.
Ein vollgestopftes Gehäuse wirkt auch akustisch größer, die Bass-Resonanz sinkt infolgedessen etwas ab.

MfG Kai
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#11
Nachdem ich meine Tränen getrocknet habe...
...hier mein Senf dazu:

Auch hilfreich: die Boxen nicht als Ragalboxen (wie abgebildet) zu betreiben. Diese Art der Aufstellung "verstärkt" niedrige Frequenzen an.

(Ich werde das Foto einfach nicht mehr anschauen - ich kann ohnehin nicht blind schreiben, ganz egal, ob die Augen voller Tränen sind oder
weil ich sie fest zukneife. Big Grin Ganz ehrlich... ...einen ernst gemeinten Klangtest sollte man vielleicht etwas anders angehen. Aber für's Erste...
...sagen wir mal "Funktionstest" - das trifft's besser.)

Gruß
P.
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