Wiedergabe von FeCr-Cassetten auf Decks ohne Typ III-Schalter
#1
Hallo,

ein Problem (na ja) stellt sich bei mir: Aus dem Keller tauchten nach einer Aufräumaktion meine ältesten Cassetten wieder auf. Cassetten von 1979. Fe- und FeCr-Cassetten von BASF. Meine Cassettendecks (Revox B215) haben natürlich keine Typ III-Schalterposition. Nun bin ich mir unsicher, welche Bandsortenwahl bei Wiedergabe die richtige ist. Bisher ging ich davon aus, dass die Wiedergabe in der Typ-II-Position erfolgt (70µs), obwohl die Revox bei Einlegung der Cassette eine Typ-I-Bandsorte automatisch erkennen. Nun habe ich mittels Suchfunktion zur Sache recherchiert und stieß dabei auf diesen Beitrag:
Zitat:Olivinyl postete im thread "Weshalb wurde die IEC Typ III Kassette eingestellt?"
... Ich kann mich noch rech dunkel daran erinnern das eine Empfehlung der Hersteller war, um Typ III auf Recordern ohne FeCr Bandsortenwahl zu verwenden die Aufnahme auf Position Chrome zu machen und die Wiedergabe auf Ferro.
Dieser Aussage wurde damals (2007-06) nicht wiedersprochen. Wäre demnach eine Wiedergabe in der Typ-I-Position angesagt?

Darüber hinaus bieten die Revox in der Typ-II-Position eine Entzerrung mit 120µs an. Diese Funktion habe ich mit meiner begrenzten Auffassungsgabe noch nie verstanden.
Zitat:Dazu aus der Bedienungsanleitung: Die unübliche Entzerrung bei den Chromdioxidcassetten wurde berücksichtigt, da dieses Bandmaterial bei bespielten Musik-Cassetten oft verwendet wird. Dadurch wird die Höhenaussteuerbarkeit besser, was sich allerdings durch geringfügig höheres Bandrauschen bemerkbar macht. Werden Cassetten mit dieser Bandsorte neu bespielt, so können die Vorteile des qualitativ besseren Chromdioxid-Bandes durch Wählen der Norm Typ II-120µs ausgenutzt werden. Dadurch sind diese Aufnahmen ohne Qualitätseinbussen auch auf Geräten ohne Entzerrungsumschaltung abspielbar.
Handelt es sich bei dem oben erwähnten Bandmaterial bei bespielten Musik-Cassetten tatsächlich um ein spezielles mir unbekanntes Chromdioxidband? Oder wurden diese Musik-Cassetten, die eigentlich ein normales Chromdioxidband sind, mit einem anderen BIAS bespielt, damit sie auf billigen Tapedecks gut klangen? Wenn es sich nun um ein normales Chromdioxidband handelt, warum soll ich dann bei Neubespielung die Postiton Typ II-120µs wählen? Oder soll diese Position nur zur Anwendung kommen, wenn man eine Cassette erstellt für jemanden, der keine Entzerrungsumschaltung hat? Dann wäre sie unabhängig nicht nur für bereits bespielte Chromdioxidcassetten nutzbar.

Und könnte diese Schalterpositon für meine Anwendung die richtige sein, obwohl ich dann mit meinem Verständnis auch gleich die Position Typ I wählen könnte?
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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#2
Manchmal ist es hilfreich, doch noch einmal die Suchfunktion zu bemühen. So stieß ich mit der Sucheingabe "Typ II-120µs" (was ja nicht meine Hauptanfrage ist) auf den thread "Qualität von vorbespielten Kassetten", wo bereits im Jahr 2005 Friedrich Engel in Beitrag 002 meine Fragen bzgl. dieser speziellen Revox-Schalterpositon wie immer äußerst kompetent (und wesentlich besser als Revox) beantwortete. Meine Frage nach der Schalterposition für FeCr-Cassetten bleibt bestehen.
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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#3
Zitat:Olllafff postete
Wenn es sich nun um ein normales Chromdioxidband handelt, warum soll ich dann bei Neubespielung die Postiton Typ II-120µs wählen?
Je öfter ich den Satz aus der BDA lese, um so mehr festigt sich die Vermutung, daß er einfach ungeschickt formuliert ist.

Mein Verständnis: Wenn man Typ-II-Kassetten bespielt, die später mal auf einem Gerät ohne umschaltbare Entzerrung (also ausschließlich mit 120µs) wiedergegeben werden sollen, dann soll man die besagte Einstellung verwenden.

Ich glaube nicht, daß sich diese Empfehlung speziell auf die Neubespielung von Kaufkassetten bezieht, auch wenn ich den Satz anfangs auch so verstanden hatte. Daß ein Hersteller mit (semi)professionellem Anspruch wie Revox sich Gedanken um so einen Anwendungsfall macht, der ja eher zu Tante Klara mit ihrem Küchen-Radiorekorder passt, kann ich mir nur schwer vorstellen.
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#4
Da haben wir wohl beide gleichzeitig geschrieben ...

Ja Timo, du hast recht. Mehrmaliges Lesen (und das Abschreiben aus der BA) ließen bei mir dann auch einiges klarer werden und natürlich der Beitrag von Friedrich Engel. Es ist bei Revox ungeschickt formuliert.
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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#5
Zitat:Dazu aus der Bedienungsanleitung: Die unübliche Entzerrung bei den Chromdioxidcassetten wurde berücksichtigt, da dieses Bandmaterial bei bespielten Musik-Cassetten oft verwendet wird. Dadurch wird die Höhenaussteuerbarkeit besser, was sich allerdings durch geringfügig höheres Bandrauschen bemerkbar macht. Werden Cassetten mit dieser Bandsorte neu bespielt, so können die Vorteile des qualitativ besseren Chromdioxid-Bandes durch Wählen der Norm Typ II-120µs ausgenutzt werden. Dadurch sind diese Aufnahmen ohne Qualitätseinbussen auch auf Geräten ohne Entzerrungsumschaltung abspielbar.
Wie Timo bereits richtig dargstellt...

Dieser Text will sagen:

Um die Tonqualität zu verbessern wurde Chromdioxidband oft ohne Vermerk in bespielten Musik-Cassetten verwendet, obwohl das Cassettengehäuse nur die Aussparungen(Codierung) für Fe- Oxid aufwies (nämlich keine).
Beim Abspielen dieser Cassetten wurde also automatisch Fe- Oxid erkannt und die Höhen somit mit 120µs angehoben, es ergab sich aufgrund der besseren Bandeigenschaften eine verbesserte Höhenwiedergabe.
Wurden diese Cassetten vom Kunden später neu bespielt, so wurde vom Gerät automatisch Fe-Oxid-Band identifiziert.
Die guten Bandeigenschaften wurden jetzt also nicht mehr ausgeschöpft, da in Stellung FeO mit zu geringem Pegel und zu geringer Vormagnetisierung aufgezeichnet wurde.

Die unabhängig von der Bandsorte wählbaren Entzerrungszeitkonstanten ermöglichen nun diese Cassette unter „Chrom“ auch mit 120µs optimal neu zu bespielen.
Somit wird die Cassette wieder in Geräten ohne Entzerrungsumschaltung automatisch als Fe-Oxid- Cassette erkannt und ist ohne Qualitätsverlust abspielbar.
Außer den TypI-Cassetten, wurden alle weiteren Typen (II;III;IV) mit 70µs höhenentzerrt.

Gruß

Bernd
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#6
Danke an Timo und Bernd (capstan) für die Infos. Damit wäre der zweite Teil meiner Frage mehr als umfassend beantwortet. Allerdings bleibt für mich noch die Unsicherheit aus dem ersten Teil meiner Fragen.

Zitat:Olllafff postete
... ein Problem (na ja) stellt sich bei mir: Aus dem Keller tauchten nach einer Aufräumaktion meine ältesten Cassetten wieder auf. Cassetten von 1979. Fe- und FeCr-Cassetten von BASF. Meine Cassettendecks (Revox B215) haben natürlich keine Typ III-Schalterposition. Nun bin ich mir unsicher, welche Bandsortenwahl bei Wiedergabe die richtige ist. Bisher ging ich davon aus, dass die Wiedergabe in der Typ-II-Position erfolgt (70µs), obwohl die Revox bei Einlegung der Cassette eine Typ-I-Bandsorte automatisch erkennen. Nun habe ich mittels Suchfunktion zur Sache recherchiert und stieß dabei auf diesen Beitrag:
Zitat:Olivinyl postete im thread "Weshalb wurde die IEC Typ III Kassette eingestellt?"
... Ich kann mich noch rech dunkel daran erinnern das eine Empfehlung der Hersteller war, um Typ III auf Recordern ohne FeCr Bandsortenwahl zu verwenden die Aufnahme auf Position Chrome zu machen und die Wiedergabe auf Ferro.
Dieser Aussage wurde damals (2007-06) nicht wiedersprochen. Wäre demnach eine Wiedergabe in der Typ-I-Position angesagt?
Mittlerweile gehe ich nach meinem Verständnis davon aus, das der richtige Wiedergabe-EQ für FeCr-Cassetten tatsächlich die IEC Typ II-Position (70µs) ist, obwohl meine alten Cassetten aus dem Keller tatsächlich in der Position Typ I dem Orginal (den damals aufgenommenen LPs) erstaunlich nahe kommen.

Edit: Rechtschreibung
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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#7
Die ”richtige” Zeitkonstante der Entzerrung für FeCR Cassetten ist 70 µs.
Wenn man aber nicht weiß wie die alten Aufnahmen entstanden sind, ob sie jemals einen linearen Frequenzgang aufwiesen oder der Zahn der Zeit an den Höhen geknabbert hat, bleibt nur eine Wiedergabeentzerrung zu wählen die “klanglich” nahe am Original ist.

Gruß Ulrich
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#8
Eine Ferrochromumschaltung hatten auch 1979 nur Cassettengeräte der gehobenen Klasse. Von daher ist es garnicht mal unwahrscheinlich, daß die Aufnahmen bereits in der Einstellung Typ I oder Typ II gemacht wurden.

Wurde in Schalterstellung I aufgenommen, sollte auch wieder als Typ I wiedergegeben werden. Immerhin stimmte dann die Vormagnetisierung einigermaßen, so daß der Frequenzgang keine übermäßigen Abweichungen in den Höhen zeigt.

Wurde in Schalterstellung II aufgenommen, dann sorgte der zu hohe Vormagnetisierungsstrom mit großer Wahrscheinlichkeit für einen Höhenabfall im Frequenzgang der Aufnahme. Wird jetzt wieder im Typ II abgespielt, stimmt zwar die Zeitkonstante der Entzerrung, aber der Höhenabfall bleibt. Dem kannst Du nun entgegenwirken, indem Du beim Abspielen auf Typ I umschaltest. Das kann dem Frequenzgang des Originals sehr nahe kommen - muß aber nicht. Die bessere Methode wäre hier, im Typ II abzuspielen und den oberen Frequenzbereich mittels Equalizer oder Klangregler nachzustellen. Das geht dann wenigstens stufenlos.

Die größere Sorge würde ich mir bei den alten Ferrochrombändern eher darüber machen, ob sie sich überhaupt noch abspielen lassen, ohne zu quietschen oder stehenzubleiben. Bei mir werden leider immer mehr Bänder der ersten Generation BASF fecr klebrig.

Was die Sondereinstellung Cr/120µs beim B 215 betrifft, so war die eher weniger dafür gedacht, unliebsam gewordene Kaufcassetten als billige Leercassetten zu recyceln. Anwendungszweck waren da eher Kleinserienproduktionen mit semiprofessionellem Anspruch, also z.B. Demo-Tapes, Konzertmitschnitte und andere Auftragsarbeiten, bei denen sowohl hohe Qualität als auch möglichst große Kompatibilität mit allerlei Abspielgeräten gefragt war.

Von BASF gab es sogar Leercassetten in genau dieser Konfiguration, also Chromdioxid-Band im Typ-I-codierten Gehäuse. Die hießen Studio master und waren erhältlich in den Längen 16, 32, 48 und 62 Minuten.

Viele Grüße,
Martin
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#9
Dank auch an Ulrich und Martin für die Informationen.

Wie das mit den alten Kassetten so ist, vieles hat man einfach vergessen. Zu den Aufnahmebedingungen gibt es eigentlich keine technischen Erinnerungen. Cassetten wurden fürs Auto aufgenommen. Bei mir standen immer Tonbandgeräte. Da hatte dieses Medium keine Chance. Ein eigenes Deck besaß ich nicht. Die kamen erst viel später mit den Revox B215 dazu.

Aufnahmen wurden immer bei Freunden gemacht. Über die technischen Parameter der Audio-Cassette habe ich mir keine Gedanken gemacht. Meine Freunde auch nicht. Vier FeCr kann ich mein Eigen nennen. Alle von 1979. Warum die gekauft wurden, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich sahen sie besser aus, als meine Standard BASF ferro super LH. Großes Fenster. Blauer Aufkleber mit güldener Schrift. Die damaligen Aufnahmegeräte waren Sony TC-229SD und Sony TC-U2. Alle waren in der Lage, Typ III-Cassetten zu bespielen. Beim TC-U2 war kein Bias vorwählbar, beim TC-229 schon. Ob wir das damals durchblickt haben, alles richtig eingestellt war, ob es uns interessierte? Keine Ahnung. Es ging um Musik.

Die Audio-Qualität dieser Cassetten ist auch heute noch exzellent! Im Vergleich zu meinen LPs, von denen die Aufnahmen damals gemacht wurden, ist kein wirklicher Unterschied zu vernehmen (Blindtest mit Freunden). Bei entsprechender Lautstärke rauscht es halt mehr und ein Vorecho ist vernehmbar. Die wahrnehmbare Überbetonung bzw. Verzerren der Höhen ist auch schon auf den LPs vernehmbar und kein Fehler der Cassetten (und zeigte wieder einmal eindrucksvoll, wie schlecht LPs zu der Zeit gepresst waren). Abgespielt wurde allerdings auf IEC Typ I. Wie sagte es Ulrich: "...bleibt nur eine Wiedergabeentzerrung zu wählen die “klanglich” nahe am Original ist".

Schön, das es den alten Krempel noch gibt. Vor allem weil ich da Musik entdeckte, die ich ewig nicht mehr gehört habe: Bob Dylans "We Better Talk This Over" vom Live-Album "... at Budokan". Fantastisch, wie Dylan seine Werke immer wieder anders interpretiert. Besitze diese LP nicht, werde sie mir aber nun doch besorgen.

Und ja Martin, Du hast recht: "Die größere Sorge würde ich mir bei den alten Ferrochrombändern eher darüber machen, ob sie sich überhaupt noch abspielen lassen, ohne zu quietschen oder stehenzubleiben." Noch spielen sie, im Gegensatz zu vielen BASF ferro super LH, aber man hört die Probleme kommen. Mir erscheint es, als würde der Prozess der Zerstörung durch das mehrfache Abspielen bei sommerlich schwülen Temperaturen in Köln noch gefördert. Am Anfang vernahm ich die Probleme nicht, jetzt deuten sie sich am Bandende an.

Allerdings darf man nicht vergessen. Diese Kassetten wurden extrems beansprucht. Lagen zehn Jahre im Auto, dann im Keller und wurden vergessen. Aber: Nichts ist für ewig.
Olaf, der eher passiv seit Jahren hier mitliest und sich an den fachlichen Beiträgen über Tonbandgeräte erfreut
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