22.01.2007, 17:59
Bandgeräte aus Frankreich, vierte Folge.
Hier geht es um ein Gerät von Seravox, Baujahr etwa 1957, wie ich aus Aufdrucken auf diversen Bauteilen schließe.
Claude Gendre, der eine Internetseite zum Thema Schallaufzeichnung und Aufnahmegeräte betreibt http://claude.gendre.9online.fr, erwähnt Seravox als einen der größeren französischen Hersteller.
Auf der Seite eines holländischen Sammlers ist ebenfalls ein Seravox-Modell zu sehen: http://www.soundtapewereld.nl/Bandrecord...index.html
Bei meinem Exemplar handelt es sich um ein eher einfaches Gerät mit Ein-Motoren-Laufwerk, einem A/W-Kombikopf für Mono-Halbspur und einem Dauermagneten als Löschkopf. Die Bandgeschwindigkeit beträgt 9,5 cm/s, der maximale Spulendurchmesser 18 cm.
Das Gerät steckt in einem kunstlederüberzogenen Holzkoffer.
Der Lautsprecher sitzt im abnehmbaren Deckel und wird oben rechts mit Bananensteckern mit dem Chassis verbunden. Der Schalter daneben erlaubt, den Lautsprecher abzuschalten. Drei Eingänge sind verfügbar. Oben links sitzt ein Plattenspielereingang („Pick-up“, P.U.), ebenfalls für Bananenstecker, der mit dem Regler links außen ausgesteuert wird (zwischen Buchsen und Regler befindet sich noch der Klangregler).
Unten links sitzt ein Mikrofoneingang (Klinke) und unten rechts ein Radioeingang (Banane). Diese beiden werden gemeinsam mit dem „Volume“-Regler unten links außen ausgesteuert, besitzen aber unterschiedliche Empfindlichkeit. Während das Radiosignal direkt an den Regler geht, durchläuft das Mikrofonsignal erst eine Verstärkerstufe. Die Radiobuchse kann bei Wiedergabe genutzt werden, um das vorverstärkte Bandsignal abzugreifen und einem externen Endverstärker zuzuführen. Man kann aber auch über Radio- und Pick-Up-Buchse ein Signal einspeisen, das dann zusammen mit dem Bandsignal wiedergegeben wird.
Der Netzschalter ist mit dem Pick-up-Regler verbunden, mit dem aber zunächst nur der Verstärker einschaltet wird. Ein zweiter Schalter ist mit dem Volume-Regler verbunden, mit dem der Motor in Gang gesetzt wird, nachdem man den zweiten braunen Schalter unten links von der Pausenstellung („Attente“) auf Aufnahme („Enregistrement“) oder Wiedergabe („Lecture“) gestellt hat. Mit den beiden weißen Knöpfen links und rechts der Tonkopfabdeckung werden schneller Vor- und Rücklauf betätigt.
Ein Blick unter die Tonkopfabdeckung auf den Kombikopf und den Aluwürfel, der den Dauermagneten enthält:
In Pausenstellung und bei Wiedergabe ist der Aluwürfel zur Seite gedreht und dient als Bandführung. Beim Umschalten auf Aufnahme wird der Würfel über ein Gestänge herumgeklappt.
Vor den Köpfen hat man ein Stück Klebeband angebracht mit der handschriftlichen Eintragung „16178“. Auch auf der Chassisunterseite befindet sich ein solcher Klebestreifen (Seriennummer?).
Der Antrieb ist recht einfach aufgebaut, funktioniert aber zuverlässig. Der Motor links unten treibt über einen Riemen (im Bild nicht zu sehen) die Schwungmasse unten in der Mitte an. Ein weiterer Riemen ist so über eine Umlenkrolle geführt, daß er die beiden Wickelteller gegensinnig antreibt. Dieses Antriebskonzept mit einem sehr langen Riemen, der beide Wickel ähnlich einem Drei-Motoren-Laufwerk ständig gegensinnig bewegt, findet sich auch bei Philips-Geräten aus den fünfziger Jahren.
Bremsen gibt es beim Seravox nicht.
Vom linken Wickel führt eine Welle zur Mitte, die dort über einen kleinen Riemen das Zählwerk antreibt.
Das Problem des schnellen Vor- und Rücklaufs hat man recht elegant gelöst. An jeder der beiden Riemenscheiben, die die Bandwickel antreiben, erkennt man einen weißen Plastikknopf und eine Metallzunge. Am linken Wickel sitzt der Knopf auf dem Bild oben in 7-Uhr-Position, die Zunge zeigt auf 11 Uhr.
Hier die Seitenansicht. Man erkennt oben den Wickeldorn, darunter eine Filz- und eine Metallscheibe. Letztere ist mit der Riemenscheibe unten verbunden, auf der auch der weiße Plastikknopf sitzt (im Bild ebenfalls zu erkennen, auf Höhe der kleinen Schraube). Die Achse des Wickeldorns dagegen geht innen durch Filz-, Metall- und Riemenscheibe hindurch und trägt zum einen unten den Zählwerksantrieb, zum anderen die Metallzunge (im Bild etwas rechts von der kleinen Schraube). Drückt man eine der weißen Umspultasten neben dem Tonkopfträger, wird über ein Gestänge die Achse des Wickeldorns soweit angehoben, daß der Plastikknopf der Riemenscheibe die Metallzunge des Wickeldorns mitnimmt. Den entsprechenden Hebel sieht man unterhalb des Zählwerkantriebs.
Röhrenbestückung:
EBC 41 (bei Wiedergabe erste Verstärkerstufe des Tonkopfsignals, bei Aufnahme Hf-Generator für den Vormagnetisierungsstrom)
EBC 41 (bei Wiedergabe zweite Stufe, bei Aufnahme Mikrofonvorverstärker)
EF 41 (bei Aufnahme und Wiedergabe Verstärkung der Summe aller Nf-Signale von Band plus diversen Eingängen)
EL 41 (Nf-Endstufe)
EM 34 (Aussteuerungsanzeige)
6 X 4 (= EZ 90, Netzgleichrichtung)
Mit diesen Rimlockröhren hinkte man 1957 der Röhrenentwicklung um gut drei Jahre hinterher. Im Radiobau waren sie auch in Frankreich schon 1954/55 vollständig abgelöst. Möglicherweise wurde dieses Modell aber schon einige Jahre zuvor entwickelt und seitdem hinsichtlich Elektronik unverändert weitergebaut. Es scheint auch, als sei das Modell zunächst ohne Zählwerk konzipiert gewesen, da dieses die Laufzeitmarkierungen und mit seiner Befestigungsschraube auch das Firmenlogo verdeckt.
Zusammenfassend ein hinsichtlich Mechanik wie Elektronik sehr einfaches, aber robustes Gerät mit ein paar interessanten Detaillösungen, wie z. B der Mischpultfunktion. Der Aufbau von Antrieb und Verstärker ist sorgfältig ausgeführt.
Weit verbreitet war im Frankreich der fünfziger Jahre diese Art von Netzsteckern, mit denen sich durch Ineinanderstecken mehrere Geräte an derselben Steckdose parallel betreiben lassen.
Gruß
TSF
Hier geht es um ein Gerät von Seravox, Baujahr etwa 1957, wie ich aus Aufdrucken auf diversen Bauteilen schließe.
Claude Gendre, der eine Internetseite zum Thema Schallaufzeichnung und Aufnahmegeräte betreibt http://claude.gendre.9online.fr, erwähnt Seravox als einen der größeren französischen Hersteller.
Auf der Seite eines holländischen Sammlers ist ebenfalls ein Seravox-Modell zu sehen: http://www.soundtapewereld.nl/Bandrecord...index.html
Bei meinem Exemplar handelt es sich um ein eher einfaches Gerät mit Ein-Motoren-Laufwerk, einem A/W-Kombikopf für Mono-Halbspur und einem Dauermagneten als Löschkopf. Die Bandgeschwindigkeit beträgt 9,5 cm/s, der maximale Spulendurchmesser 18 cm.
Das Gerät steckt in einem kunstlederüberzogenen Holzkoffer.
Der Lautsprecher sitzt im abnehmbaren Deckel und wird oben rechts mit Bananensteckern mit dem Chassis verbunden. Der Schalter daneben erlaubt, den Lautsprecher abzuschalten. Drei Eingänge sind verfügbar. Oben links sitzt ein Plattenspielereingang („Pick-up“, P.U.), ebenfalls für Bananenstecker, der mit dem Regler links außen ausgesteuert wird (zwischen Buchsen und Regler befindet sich noch der Klangregler).
Unten links sitzt ein Mikrofoneingang (Klinke) und unten rechts ein Radioeingang (Banane). Diese beiden werden gemeinsam mit dem „Volume“-Regler unten links außen ausgesteuert, besitzen aber unterschiedliche Empfindlichkeit. Während das Radiosignal direkt an den Regler geht, durchläuft das Mikrofonsignal erst eine Verstärkerstufe. Die Radiobuchse kann bei Wiedergabe genutzt werden, um das vorverstärkte Bandsignal abzugreifen und einem externen Endverstärker zuzuführen. Man kann aber auch über Radio- und Pick-Up-Buchse ein Signal einspeisen, das dann zusammen mit dem Bandsignal wiedergegeben wird.
Der Netzschalter ist mit dem Pick-up-Regler verbunden, mit dem aber zunächst nur der Verstärker einschaltet wird. Ein zweiter Schalter ist mit dem Volume-Regler verbunden, mit dem der Motor in Gang gesetzt wird, nachdem man den zweiten braunen Schalter unten links von der Pausenstellung („Attente“) auf Aufnahme („Enregistrement“) oder Wiedergabe („Lecture“) gestellt hat. Mit den beiden weißen Knöpfen links und rechts der Tonkopfabdeckung werden schneller Vor- und Rücklauf betätigt.
Ein Blick unter die Tonkopfabdeckung auf den Kombikopf und den Aluwürfel, der den Dauermagneten enthält:
In Pausenstellung und bei Wiedergabe ist der Aluwürfel zur Seite gedreht und dient als Bandführung. Beim Umschalten auf Aufnahme wird der Würfel über ein Gestänge herumgeklappt.
Vor den Köpfen hat man ein Stück Klebeband angebracht mit der handschriftlichen Eintragung „16178“. Auch auf der Chassisunterseite befindet sich ein solcher Klebestreifen (Seriennummer?).
Der Antrieb ist recht einfach aufgebaut, funktioniert aber zuverlässig. Der Motor links unten treibt über einen Riemen (im Bild nicht zu sehen) die Schwungmasse unten in der Mitte an. Ein weiterer Riemen ist so über eine Umlenkrolle geführt, daß er die beiden Wickelteller gegensinnig antreibt. Dieses Antriebskonzept mit einem sehr langen Riemen, der beide Wickel ähnlich einem Drei-Motoren-Laufwerk ständig gegensinnig bewegt, findet sich auch bei Philips-Geräten aus den fünfziger Jahren.
Bremsen gibt es beim Seravox nicht.
Vom linken Wickel führt eine Welle zur Mitte, die dort über einen kleinen Riemen das Zählwerk antreibt.
Das Problem des schnellen Vor- und Rücklaufs hat man recht elegant gelöst. An jeder der beiden Riemenscheiben, die die Bandwickel antreiben, erkennt man einen weißen Plastikknopf und eine Metallzunge. Am linken Wickel sitzt der Knopf auf dem Bild oben in 7-Uhr-Position, die Zunge zeigt auf 11 Uhr.
Hier die Seitenansicht. Man erkennt oben den Wickeldorn, darunter eine Filz- und eine Metallscheibe. Letztere ist mit der Riemenscheibe unten verbunden, auf der auch der weiße Plastikknopf sitzt (im Bild ebenfalls zu erkennen, auf Höhe der kleinen Schraube). Die Achse des Wickeldorns dagegen geht innen durch Filz-, Metall- und Riemenscheibe hindurch und trägt zum einen unten den Zählwerksantrieb, zum anderen die Metallzunge (im Bild etwas rechts von der kleinen Schraube). Drückt man eine der weißen Umspultasten neben dem Tonkopfträger, wird über ein Gestänge die Achse des Wickeldorns soweit angehoben, daß der Plastikknopf der Riemenscheibe die Metallzunge des Wickeldorns mitnimmt. Den entsprechenden Hebel sieht man unterhalb des Zählwerkantriebs.
Röhrenbestückung:
EBC 41 (bei Wiedergabe erste Verstärkerstufe des Tonkopfsignals, bei Aufnahme Hf-Generator für den Vormagnetisierungsstrom)
EBC 41 (bei Wiedergabe zweite Stufe, bei Aufnahme Mikrofonvorverstärker)
EF 41 (bei Aufnahme und Wiedergabe Verstärkung der Summe aller Nf-Signale von Band plus diversen Eingängen)
EL 41 (Nf-Endstufe)
EM 34 (Aussteuerungsanzeige)
6 X 4 (= EZ 90, Netzgleichrichtung)
Mit diesen Rimlockröhren hinkte man 1957 der Röhrenentwicklung um gut drei Jahre hinterher. Im Radiobau waren sie auch in Frankreich schon 1954/55 vollständig abgelöst. Möglicherweise wurde dieses Modell aber schon einige Jahre zuvor entwickelt und seitdem hinsichtlich Elektronik unverändert weitergebaut. Es scheint auch, als sei das Modell zunächst ohne Zählwerk konzipiert gewesen, da dieses die Laufzeitmarkierungen und mit seiner Befestigungsschraube auch das Firmenlogo verdeckt.
Zusammenfassend ein hinsichtlich Mechanik wie Elektronik sehr einfaches, aber robustes Gerät mit ein paar interessanten Detaillösungen, wie z. B der Mischpultfunktion. Der Aufbau von Antrieb und Verstärker ist sorgfältig ausgeführt.
Weit verbreitet war im Frankreich der fünfziger Jahre diese Art von Netzsteckern, mit denen sich durch Ineinanderstecken mehrere Geräte an derselben Steckdose parallel betreiben lassen.
Gruß
TSF