11.02.2010, 18:59
Hallo,
wieder mal Flohmarkt. Etwas versteckt steht ein Grundig-Koffer (mit Röntgenblick sofort erspäht). Aber, oh jeh, wie sieht der denn aus? Völlig verdreckt, die Bespannung hängt in fauligen Lappen vom Gehäuse, sieht so aus, als ob er längere Zeit einige cm tief im Wasser gestanden hat. Mannomann, weitergehen, so einen Mist will ich nicht. Der Tonbandteufel flüsterte daraufhin in mein Ohr: "Hey, frag' doch wenigstens, na komm schon!" Gut, ich frage. 2 Euro. Zack, hab ich den Klotz am Bein. Für 2 Euro hat man vielleicht Ersatzteile, handelt es sich schließlich um ein Grundig TK 8, von dem ich schon ein gut erhaltenes Exemplar habe. Ausschlachten und ab damit zum Recyclinghof!
Oder?
Erst mal gucken, von hinten sieht es ziemlich schlimm aus:
Komplett ist es immerhin, mal die Frontplatte demontieren:
Hier sieht man die Wasserspuren, das Arme hat wohl bis zur Höhe der Zählwerkrolle in der Jauche gestanden.
Chassis ausgebaut, geht schön einfach bei den alten Grundigs.
Hier nochmal das Gehäuse, den gröbsten Mulm habe ich schon entfernt.
Das Holz ist eigentlich noch ganz ok, schlimm aufgequollen ist nichts.
Hut ab, echte Wertarbeit.
Das Chassis ist erwartungsgemäß ganz schön angegammelt:
WIMA-Bonbons gucken, ein Blick unter die Haube:
Jawoll, da sind sie! Anscheinend ist hier noch alles original, nur eben stark korrodiert.
Baujahr 1957, so stehts auf dem Papst-Waschmaschinenmotor. Dessen Achse ist
auch die Capstanwelle, Schwungmasse hat er wahrlich genug zu bieten.
Die gesamte Mechanik ist unglaublich stabil gebaut, am Beispiel des Unterbaus vom Drehknebel der die Laufwerksfunktionen steuert, kann man es sehen:
Sichtprüfung beendet, alles drin, alles dran. Keine festsitzenden Lager, Riemen sind noch gut.
Stecker rein!
Das übliche turbinenartige Geräusch des hochfahrenden Motors ertönt, kurz danach erglimmt der magische Fächer-als ob nichts gewesen wäre!
Der Motor meines anderen TK 8 quiekt mitunter erbärmlich, weil dessen Lager aus- oder trockengelaufen sind, dieser hier nicht.
Keine Rauchzeichen, nix. Die Mechanik schnurrt.
Den Tonkopf etwas gereinigt, auch noch gut, Andruckrolle noch schön weich,
erstaunlich.
Tonband eingelegt: Kracht etwas beim Schalten auf Start und: spielt!
So etwas Beklopptes! Glaubt mir wahrscheinlich niemand, ist aber so.
Ganz in Ordnung ist es aber nun doch nicht, ein leichtes Zerren ist wohl zu hören,
bei Aufnahme ganz besonders. Die Malzbonbons sind doch zu alt. Könnte aber auch nur EIN Bösewicht sein, ein Koppelkondensator der Vorstufe, die Krankheit hatte ich bei dem anderen TK 8 auch.
Ein Gerät das sich so widerstandsfähig zeigt kann ich nicht schlachten, das hat es irgendwie nicht verdient. Ich werde mal sehen wie gut ich es wieder hinbekomme, ohne den Originalzustand groß zu verändern versteht sich. Die Patina darf ruhig bleiben, ein Vitrinen-Hingucker wird es sowieso nicht mehr, aber ein Beispiel dafür, was hierzulande früher einmal robustes Zeug gebaut worden ist.
Eine besonders unschöne Eigenart hat das TK 8 allerdings. Ist 19cm/s eingeschaltet (elektrisch mittels polumschaltbaren Motors), packt die rohe Mechanik beim Umspulen unbarmherzig zu - ratz, los geht es! Beim Stoppen noch schlimmer- wieder ratz und steht, mit zerschundenem Band zwischen Wickel und Spule.
Das Ding war wohl nur für Einfachspielbänder gedacht. Bei 9,5 cm/s läuft der gesamte Antrieb langsamer und das Spulen ist nicht mehr so brutal, dafür aber dann quälend langsam. Wenn man genau hinsieht, ist das Chassis eine Art Stretchversion des TK 5, die Wickelteller sind weiter außen und haben einen größeren unteren Durchmesser für die Umspulräder, das weiter nach oben gewanderte Zählwerk sitzt hierfür auf einem angeflanschten Zwischenstück.
Im Gegensatz zum TK 5 hat das TK 8 auch den polumschaltbaren Motor für 2 Geschwindigkeiten. Sogar 3 Lautsprecher sind eingebaut. Verstärkerleistung und Frequenzgang waren für die damalige Zeit schon ordentlich (ich glaube 50-18000
Hz bei 19cm/s).
Ich werde es nunmehr trocken lagern und wenn ich Zeit habe einer WIMA- und Rostkur unterziehen. Das Gehäuse wird verleimt, die Bespannung wieder aufgeklebt (den Deckel hat es diesbezüglich schlimm erwischt) und dann mit einer milden Lösung eingerieben, um so gut es geht wieder den matten Glanz zu bekommen. Mal sehen, was möglich ist.
Ich hoffe, es hat Euch schön gegruselt.
Gruß
Peter S.
wieder mal Flohmarkt. Etwas versteckt steht ein Grundig-Koffer (mit Röntgenblick sofort erspäht). Aber, oh jeh, wie sieht der denn aus? Völlig verdreckt, die Bespannung hängt in fauligen Lappen vom Gehäuse, sieht so aus, als ob er längere Zeit einige cm tief im Wasser gestanden hat. Mannomann, weitergehen, so einen Mist will ich nicht. Der Tonbandteufel flüsterte daraufhin in mein Ohr: "Hey, frag' doch wenigstens, na komm schon!" Gut, ich frage. 2 Euro. Zack, hab ich den Klotz am Bein. Für 2 Euro hat man vielleicht Ersatzteile, handelt es sich schließlich um ein Grundig TK 8, von dem ich schon ein gut erhaltenes Exemplar habe. Ausschlachten und ab damit zum Recyclinghof!
Oder?
Erst mal gucken, von hinten sieht es ziemlich schlimm aus:
Komplett ist es immerhin, mal die Frontplatte demontieren:
Hier sieht man die Wasserspuren, das Arme hat wohl bis zur Höhe der Zählwerkrolle in der Jauche gestanden.
Chassis ausgebaut, geht schön einfach bei den alten Grundigs.
Hier nochmal das Gehäuse, den gröbsten Mulm habe ich schon entfernt.
Das Holz ist eigentlich noch ganz ok, schlimm aufgequollen ist nichts.
Hut ab, echte Wertarbeit.
Das Chassis ist erwartungsgemäß ganz schön angegammelt:
WIMA-Bonbons gucken, ein Blick unter die Haube:
Jawoll, da sind sie! Anscheinend ist hier noch alles original, nur eben stark korrodiert.
Baujahr 1957, so stehts auf dem Papst-Waschmaschinenmotor. Dessen Achse ist
auch die Capstanwelle, Schwungmasse hat er wahrlich genug zu bieten.
Die gesamte Mechanik ist unglaublich stabil gebaut, am Beispiel des Unterbaus vom Drehknebel der die Laufwerksfunktionen steuert, kann man es sehen:
Sichtprüfung beendet, alles drin, alles dran. Keine festsitzenden Lager, Riemen sind noch gut.
Stecker rein!
Das übliche turbinenartige Geräusch des hochfahrenden Motors ertönt, kurz danach erglimmt der magische Fächer-als ob nichts gewesen wäre!
Der Motor meines anderen TK 8 quiekt mitunter erbärmlich, weil dessen Lager aus- oder trockengelaufen sind, dieser hier nicht.
Keine Rauchzeichen, nix. Die Mechanik schnurrt.
Den Tonkopf etwas gereinigt, auch noch gut, Andruckrolle noch schön weich,
erstaunlich.
Tonband eingelegt: Kracht etwas beim Schalten auf Start und: spielt!
So etwas Beklopptes! Glaubt mir wahrscheinlich niemand, ist aber so.
Ganz in Ordnung ist es aber nun doch nicht, ein leichtes Zerren ist wohl zu hören,
bei Aufnahme ganz besonders. Die Malzbonbons sind doch zu alt. Könnte aber auch nur EIN Bösewicht sein, ein Koppelkondensator der Vorstufe, die Krankheit hatte ich bei dem anderen TK 8 auch.
Ein Gerät das sich so widerstandsfähig zeigt kann ich nicht schlachten, das hat es irgendwie nicht verdient. Ich werde mal sehen wie gut ich es wieder hinbekomme, ohne den Originalzustand groß zu verändern versteht sich. Die Patina darf ruhig bleiben, ein Vitrinen-Hingucker wird es sowieso nicht mehr, aber ein Beispiel dafür, was hierzulande früher einmal robustes Zeug gebaut worden ist.
Eine besonders unschöne Eigenart hat das TK 8 allerdings. Ist 19cm/s eingeschaltet (elektrisch mittels polumschaltbaren Motors), packt die rohe Mechanik beim Umspulen unbarmherzig zu - ratz, los geht es! Beim Stoppen noch schlimmer- wieder ratz und steht, mit zerschundenem Band zwischen Wickel und Spule.
Das Ding war wohl nur für Einfachspielbänder gedacht. Bei 9,5 cm/s läuft der gesamte Antrieb langsamer und das Spulen ist nicht mehr so brutal, dafür aber dann quälend langsam. Wenn man genau hinsieht, ist das Chassis eine Art Stretchversion des TK 5, die Wickelteller sind weiter außen und haben einen größeren unteren Durchmesser für die Umspulräder, das weiter nach oben gewanderte Zählwerk sitzt hierfür auf einem angeflanschten Zwischenstück.
Im Gegensatz zum TK 5 hat das TK 8 auch den polumschaltbaren Motor für 2 Geschwindigkeiten. Sogar 3 Lautsprecher sind eingebaut. Verstärkerleistung und Frequenzgang waren für die damalige Zeit schon ordentlich (ich glaube 50-18000
Hz bei 19cm/s).
Ich werde es nunmehr trocken lagern und wenn ich Zeit habe einer WIMA- und Rostkur unterziehen. Das Gehäuse wird verleimt, die Bespannung wieder aufgeklebt (den Deckel hat es diesbezüglich schlimm erwischt) und dann mit einer milden Lösung eingerieben, um so gut es geht wieder den matten Glanz zu bekommen. Mal sehen, was möglich ist.
Ich hoffe, es hat Euch schön gegruselt.
Gruß
Peter S.