Hörschäden bei Jugendlichen
#1
http://www.abendblatt.de/daten/2007/04/25/729784.html
Zitieren
#2
Was sagst Du?
Zitieren
#3
Es ist die bittere Wahrheit. Schon vor etwa zehn Jahren sagte mir J. N. M., der Leiter der Tonmeisterausbildung in Berlin im persönlichen Gespräch, dass die Normalgehöre der ja mit 19-23 Jahren durchaus jugendlichen Tonmeistereleven am Institut der UdK in einem Zustand seien, den man noch ein Dezennium zuvor als pathologisch und reif für den Ohrenarzt bezeichnet hätte.

In einer Welt, in der Lärm ein Wert per se, der Kompressoren- und Begrenzerwahn, der ja in der Audioindustrie nicht -wie mitunter zu lesen- dem Schutz des Gehörs, sondern der Steigerung des äquivalenten Dauerschallpegels dient, als künstlerische Großtat gefeiert wird, gleichzeitig eine allgegenwärtige Mechanisierung des Alltagslebens für nicht enden wollenden Radau sorgt, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn das Gehör die Grätsche macht. Und dann liest man in einschlägigen Foren den verzeifelten Ausruf: "Hilfe, wie kriege ich meinen Mix lauter?"!

Nicht, dass ich falsch verstanden werde, klingenden Radau, namentlich den mir zu großen, gab es immer. Der verdienstvolle Tonmeister, Philips-Mann und Sachwalter Thienhausens am Detmolder Tonmeisterinstitut, Volker Straus (er starb hochgeachtet und leider viel zu früh im April 2002, ich glaube deshalb seinen Namen vollschriftlich nennen zu dürfen), hörte so laut ab, dass es nicht nur mir, sondern auch Angehörigen der U-Musik-Zunft zuviel wurde.

Selbst die Generation davor, also die der ersten Detmolder, neigte mir überspannt erscheinenden Abhörpegeln zu, so dass unsereinem der Jochwind des dolbyfrei raschelnden FR oder später des 525 von links nach rechts durch die Ohren pfiff, trotz mit Müh' und Not 40 dB Übertragungsdynamik. Beethovens erstes Klavierkonzert aus dem Hannoveraner Funkhaus wurde dadurch ebensowenig besser, wie ein 'auf Sound' hinkompriniertes Arrangement unserer Tage, das mit seinen drei dB Dynamik immer knapp an der Clippinggrenze des Verstärkers abgehört werden kann und natürlich ("Wert per se") gerade am Discman auch abgehört wird.

Ich denke, dass es eine der Aufgaben auch des Liebhabers in dieser Branche wäre, diesem albern 'olympischen Ideal' des via B&K 2203 kontrollierbaren Schneller-Höher-Weiter ("schlappe 110 dBA beim Open-Air-Festival") spätestens in dem Moment Einhalt zu gebieten, in dem es um die physische Unversehrheit der Mitmenschen geht. Ohne Gehör ist man sozialer Kontakte nämlich weitgehend ledig.

Dass der o.g. Aufsatz erhebliche fachliche Mängel hat, versteht sich bei der Qualität aktueller Journaille und der nicht alltäglichen Thematik fast von selbst. Das Anliegen an sich wird dadurch aber nicht falsch.

Hans-Joachim
Zitieren
#4
Hallo PhonoMax,
danke für die Informationen über den Zustand der Hörorgane der Tonmeisters.
Jetzt verstehe ich, warum die Sendungen und Tonaufnahmen oft so seltsam in
meinen (gepflegten) Ohren klingen.
Bei einem Lokal, in dem der Koch sein Schmecken verloren hat, wird auch das Essen entsprechend sein. Geht man eben nicht mehr hin.
Was tun? Phonopax ? Schallschutz-Kopfhörer?

Pausenprofi
Zitieren
#5
Es ist ein Fluch der Jugend, Discos und Konzerte besuchen zu müssen. Mir ging das genauso, ich habe damals nie gefehlt Wink Aber die Musik war einfach zu laut, ich empfand das als unangenehm, auch konnten wir uns nie richtig unterhalten, gut ab ca. 21 Uhr wäre das eh egal gewesen Big Grin Nun werden auch auf der Kirmes die Lautsprecher überdreht, man wird links und rechts von den Losbudenverkäufern angeschrien, dass einem das Trommelfell platzt - ganz ehrlich: ich gehe da nicht mehr hin, da käme ich aus einer Schlangengrube unversehrter heraus.

Ich besitze einige MP3-Player. Sie alle bieten die Möglichkeit, sehr laut Musik zu hören. Allerdings unterschätzt man die Lautstärke vielleicht, weil ja kaum etwas zu hören ist, wenn man den Ohrstöpsel in der Hand hält...

Zu meiner Zeit fingen die Autos an, sich im Stand rythmisch zu bewegen Wink Das war nichts im Vergleich zu der Erdbebenakustik von heute, das muss im Wagen die Hölle sein.

Das ganze hat einen großen Vorteil: diese neue Generation kann Musik noch erheblich mehr komprimieren Big Grin
Zitieren
#6
´
Das viele Menschen durch Lärm dauerhafte Hörschäden haben, ist ja nicht neu. Früher war es der Krach am Arbeitsplatz, heute ist es Musik vom Walkman oder in der Disko. (Meine Walk- und Diskmen kann man übrigens auch leise einstellen. Aber die sind schon älter.)

In der Industrie gibt es Arbeitsschutzvorschriften, um die Menschen vor schädlichen Einflüssen zu schützen, solche Vorschriften scheint es in der Gastronomie nicht zu geben. Was man sich selber gönnt, ob mit Kopfhörer oder Megawattanlage im Auto, ist nicht gesetzlich zu regeln, und so lange laut = schön gilt, wird sich daran nichts ändern. Vielleicht ist die zunehmende Schwerhörigkeit ein Grund für die steigende Beliebtheit der Abdominalmusik.

Wie steht es eigentlich um das Gehör eines Dirigenten oder Orchestermusikers? Ein Symphonieorchester ist ja nicht eben leise, da dürften Schallpegel von 90db häufiger vorkommen. Trotzdem stehen am Pult häufig ältere Menschen die von Berufs wegen sehr gut hören und auch feine Nuancen erkennen müssen. Das Gleiche gilt auch für Musiker, die ohne gutes Hören ihre Tätigkeit nur bedingt ausüben könnten.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
Zitieren
#7
Zitat:Frank postete

Wie steht es eigentlich um das Gehör eines Dirigenten oder Orchestermusikers? Ein Symphonieorchester ist ja nicht eben leise, da dürften Schallpegel von 90db häufiger vorkommen. Trotzdem stehen am Pult häufig ältere Menschen die von Berufs wegen sehr gut hören und auch feine Nuancen erkennen müssen. Das Gleiche gilt auch für Musiker, die ohne gutes Hören ihre Tätigkeit nur bedingt ausüben könnten.
Ich würde hier einmal annehmen, das dieser Personenkreis gleichfalls nur Menschen sind und diese auch alters bestimmt mit vorschreitenden Alter auch entsprechend schlechter hören. Ich nehme weiterhin an, dass unter den Bewertungskriterien eines HNO deren Gehör, im hohen Alter ähnlich schlechter wird wie bei älteren unmusikalischen Menschen. Der genannte Berufskreis hat jedoch erhebliche Hörerfahrung und ein trainiertes Hörempfinden, so dass ich unterstelle, dass durch zunehmende Hörempfindungserfahrung die biologische Verschlechterung des Schallaufnehmers "Ohr" kompensiert werden kann.

Thomas
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
NOA Keren Or  
ESC
ESC Diva
reVox B251 Revision und Modifikationsliste!

Zitieren
#8
Zitat:Frank postete
´
(Meine Walk- und Diskmen kann man übrigens auch leise einstellen. Aber die sind schon älter.)

.
Hierzu `ne Frage: kann man einen MP3-KnopfImOhrPlayer nicht leiser stellen?

Zitat:Frank postete
In der Industrie gibt es Arbeitsschutzvorschriften, um die Menschen vor schädlichen Einflüssen zu schützen, solche Vorschriften scheint es in der Gastronomie nicht zu geben.
.
...doch, doch... die gibt es. DJs sitzen nicht umsonst seit einigen Jahren
in einer Art Kabine. Sowas hat es früher (70er) nämlich nicht gegeben.
Nun weis ich natürlich nicht, ob das freiwillige Massnahmen des Betreibers
sind aber ich meine, gelesen zu haben, dass es auch für den Gasto-Bereich
Limits gibt. Auch für die Kellner/Kellnerinnen in Disko´s gibt es zumindest
die Möglichkeit, sich zu schützen und das sollte auch wahrgenommen
werden.
Nur die Kontrolle der Bestimmungen ist immer so eine Sache...
(Bei "uns" in der BRD herrscht ja wahrlich kein Mangel an Gesetzen aber die
Kontrolle auf Einhaltung ist nicht immer so einfach...)

Zitat:Frank postete

Was man sich selber gönnt, ob mit Kopfhörer oder Megawattanlage im Auto, ist nicht gesetzlich zu regeln,...
.
Auch das wäre zumindest teilweise zu regeln - es gab zB (in den 70ern) mit
Lautsprechern bestückte PKW-Kopfstützen aber die haben keine Zulassung
bekommen weil man damit zu leicht Einsatzfahrzeuge (Martinshorn)
überhören konnte.
Warum nun mittlerweile dem "Innenschalldruck" in einem PKW kein
Riegel vorgeschoben wird, ist mir eigentlich schleierhaft.

Immerhin gilt folgendes: das Tragen v. Kopfhörern zur Musikberieselung
im Auto ist m.W. verboten (wird's kontrolliert??????);
die Musiklautstärke im Auto, die über die "Belästigungsgrenze" hinausgeht
ist m.W. verboten (wird's kontrolliert??????);


Aber prinzipiell stimme ich Dir zu - wenn ich mich freiwillig "verstümmeln"
will, dann gibt es kein Gesetz dagegen.


Gruss
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
Zitieren
#9
Hallo Leute,

ich melde ´mal Zweifel an den Aussagen des Artikels an. Woher hat denn diese Gesellschaft für Akustik und der Herr Professor die Infos?

Mag ja sein, daß viele junge Menschen schlecht hören und sogar eine Hörhilfe brauchen. Aber hat das wirklich zugenommen? Oder wird das nur häufiger diagnostiziert?? (Übrigens, ein alter, aber nicht unbedingt falscher Spruch:"die häufigste Diagnose ist die Fehldiadnose.."). Und womit wird verglichen?? Was ist überhaupt "jung"? Sind das die 15 bis 20-jährigen? Oder reicht die Altersklasse bis 30?? Gibt´s ältere Untersuchungen, meinetwegen aus 1970, über das Hörvermögen der damals jungen Leute?? Und, wenn das Hörvermögen dieser Gruppe wirklich schlechter geworden ist, liegt das wirklich an Dico und Mp3-Player??
Disco gab´s doch schon vor 40 Jahren, wenn auch mit anderem Liedgut, aber kaum weniger laut: schließlich mußte die verbale Kommunikation seit je zuverlässig unterbunden werden.
Hat der Herr Professor eine Vergleichsgruppe?? Oder hat er das im heroischen Selbstversuch herausgefunden??? Wenn nicht, woher weiß er dann, daß die Hörverschlechterung, wenn sie denn wirklich existiert, an Mp3 und Disco liegt??? Daß Mp3-Player einen Geräuschpegel von 120dB erzeugen können, heißt doch nicht, daß sie es im Einzelfall auch tun.

Völlig nach Absurdistan geht´s dann, wenn die Güterzüge ins Spiel kommen. VCD-Chef Michael Gehrmann wohnt offenbar im Rangierbahnhof...

Wer in letzter Zeit ein klassisches Konzert besucht hat, wird festgestellt haben: das Durchschnittsalter des Publikums liegt bei über 100 Jahren und das Geschlecht der Zuhörer(innen) ist überwiegend weiblich. Und wenn er in der Pause jemand nach dem Weg zur Toilette gefragt hat, dann weiß er auch: dieses Klientel hört nicht so gut. Heißt das etwa, das der Besuch klassischer Konzerte das Hörvermögen älterer Damen ruiniert??

Und dann der Schwenk zum Straßenlärm, den ich gar nicht verharmlosen will.
Daß es so etwaswie akustische Umweltverschmutzung gibt, die vom Straßenlärm bis zu Iglo Langnesias im Supermarkt ("Wenn ein Pferd vorüberschifft") reicht, bleibt unbestritten. Aber wie paßt das zur Titelzeile?? Ist jetzt diese Lärmbelästigung die Ursache des Hörschadens Jugendlicher? Und nicht die Mp3 und Disco?? Oder wie??

Fragen über Fragen. Und eine so uninteressant wie die andere...

Frank
Zitieren
#10
Zitat:firstthird postete
Disco gab´s doch schon vor 40 Jahren, wenn auch mit anderem Liedgut, aber kaum weniger laut...
Na aber Hallo,
vor 40 Jahren, also 1967, da war ich 13, und da begann meine "Disco-Zeit".
Richtiger: Da begann überhaupt erst die "Disco-Zeit".
Bis dahin spielten "Tanzkapellen", "Bands", und die hatten Verstärker wie den "MV3", der es mit zwei EL84 auf 12 Watt (!) brachte. Damit wurden Sääle beschallt!
Die erste "Disco" erlebte ich im gleichen Jahr. Da wurde ein Plattenspieler mit einem Gehäuselautsprecher ( so bei 2 Watt) zu Höchstleistung getrieben...

Viele Grüße aus Athen
Hajo
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste