immer wieder diese Kondensatoren
#1
Nachdem mein Alpine Al-85 kürzlich wieder mal zu spinnen anfing, der 800 Hz Testton setzte sporadisch aus, macht ich mich auf die Suche nach der Ursache. Nach einigen Sackgassen konnte ich den Fehler in einem der kleinen orangen Polypropylenkondensatoren festmachen. Bei der Suche im Netz findet sich eine Nakamichi Seite auf der dieser Kondensatortyp als besonders anfällig beschrieben wird (http://www.nakremotes.com/Geo/Scott_Nak_...%20Disease).

Habt ihr ähnliche Erfahrungen mit diesen Kondensatoren gemacht?
Bei den Defekten, die in meinem Elektroschrott so aufgetreten sind, haben sich interessanterweise die Folienkondensatoren als durchaus anfällig erwiesen (schon 3mal, verschieden Typen), nur ein Gerät, ein Nakamichi war mal tot wegen typischer Elkoproblemen nach langer Standzeit. Ansonsten habe ich mit Elkos eigentlich bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht (und die Geräte von denen ich spreche, stammen meistens aus den frühen 80ern, haben also 25-30 Jahre auf dem Buckel).

Hier schließt sich sogleich meine nächste Frage an: Wie mißt man Kondensatoren auf Funktionstüchtigkeit. Als ich gestern den fraglichen Kondensator ausbaute und mit meinem dgitalen Multimeter nach Kapazität und Serienwiderstand vermaß, war alles OK. Sobald er wieder eingebaut war, versagte er seinen Dienst (wie soll man da je einen Fehler finden)? Also Frage an die Spezialisten: Wie vermesse ich einen Kondensator richtig?

Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
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#2
In deinem Fall wäre eine Wechselstrommessung das richtige gewesen. Mit dem DMM geht das nicht, dazu ist ein Oszilloskop oder ein LCR-Meßgerät nötig.
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#3
Über die Wichtigkeit guter Materialien und hochwertiger Herstellung von Kondensatoren könnte man wahre Abhandlungen schreiben. aber völlig unnützerweise, da es seit Langem üblich ist irgendwelchen Müll einzubauen statt aus biologischem Anbau handgepeppelte "teurere" Typen.

Ich kann also sehr kurz dazu schreiben, daß noch so gut wie jeder - und sei er 50 und mehr Jahre alt - meiner Siemens-Kondensatoren noch funktioniert und sich auch viele "Ostblock"typen hochmerkwürdigsten Aussehens nach 40 Jahren noch wacker halten. Soweit man da überhaupt eine Übersicht pflegt. Wertarbeit zählt hier wie anderswo.

Statische Messungen an Kondensatoren, wie sie gerne gemacht werden, sind von geringer Aussagekraft, entlarven eben nicht selten nur völlig durchgeschlagene und kaltverlötete oder ganz unterbrochene Typen.

Ein einfacher Test mit etwas besserer Aussagekraft über die Grundfunktion ist eine Reihenschaltung aus einem ohmschen und einem kapazitiven Widerstand an einer möglichst in der Frequenz verstellbaren Spannungsquelle in Spannungsanpassung (sprich R = Xc > 5...10 Zi) und dem Ergebnis des etwa halben zu messenden Spannungsresultats bezüglichder Quellspannung am Verbindungspunkt zwischen R und C.
Aber auch das ist nur Anhaltspunkt und kann auch manchen Fehler (bspw. ein Funkeln oder Rauschen) schlich verdecken.
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#4
Vielen Dank für eure Erläuterungen. Verstehen ich das richtig, dass ich den (wechsel-)Spannungsabfall (z.B. 1kHz) einfach nur über R messe, der dann in etwa der Hälfte des Spannungsabfalls über R+C betragen sollte? Bei entsprechender Größe von R nämlich R=Z bei 1kHz.

Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
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#5
Nun, es ist ja so das der frequenzabhängige kapazitive Blindwiderstand Xc bei genau einer Frequenz die gleiche Größe aufweist wie ein als Bauteil vorliegender reeler R, sprich ein Widerstand.

Berechne ich nun den Xc für meine Meßfrequenz gleich groß wie den reelen Widerstand R und schalte beide in Reihe an die genügend niederohmige Meßquelle, sodaß diese nicht in das Meßergebis eingeht (sprich eine Spannungsanpassung bei der bekanntlich Ra >> Ri, hilfsweise in der Praxis also 5...10fach oder größer), dann kann ich am Mittelzapf beider Bauteile die Mittelspannung abnehmen, wenn ja wenn der Kondensator seine Funktion erfüllt. Der Widerstand darf natürlich auch kein defekter sein.
Der Wert wird sicher nicht immer 100% genau die Mittelspannung sein, es kommen parasitäre und toleranzbedingte Abstriche zum Tragen.
Aber genauer mit noch weniger Aufwand wird man es nicht bekommen und der Aussage dieses Aufbaus würde ich eher trauen als der "Kapazität" Stellung eines beliebigen unbekannten Multimeters mit unbekannter Meßschaltung.

Die angesprochenen Ungenauigkeiten dieser einfachen Testschaltung reicht nicht aus um Kondensatoren perfekt zu selektieren, sie kann nicht die weiter oben beschriebenen Fehler erkennen, sprich Funkelstörungen, partielle Durchschläge die erst bei hoher Spannung anfangen zu funkeln oder Überschläge zu produzieren. Aber man hat schonmal mehr als irgendeinen - fälschlicherweise weil digital angezeigt sich als unheimlich genau anbiedernden - DMM-Anzeigewert.

Man muß auch sagen, daß sich die übrigbleibenden Fehler einzukreisen eigentlich nicht lohnt, hat man den Verdacht auf derart gelagerte an umständliche Bedingungen geknüpfte Fehler dann mißt man nicht lange sondern tauscht sofort.
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#6
Die oben genannte Testmethode ist zwar Unpraktikabel, aber zur Vollständigkeit.

Genauso wie die Widerstände R und Xc (Reihenschaltung) werden auch die Spannungen geometrisch addiert.

Z=Wurzel(R^2+Xc^2)

U=Wurzel(UR^2+Uc^2)

Das heißt, wenn R genauso groß ist wie Xc fällt über ihnen jeweils

0,707 * U

ab.
Bei diesem Punkt liegt auch die Grenzfrequenz fg eines Hoch/Tiefpasses

–3dB = 0,707.

Bei fg gilt daher

R = Xc

R = 1 / 2 * Pi * fg * C

Umgestellt

Fg =1 / 2 * Pi * R * C



Edit: In der Praxis wird zur Fehlersuche die Funktion der Schaltung überprüft und anhand der Messungen auf das defekte Bauteil geschlossen.

Gruß Ulrich
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#7
Ich wollte eigentlich in Kürze was Ähnliches fragen; deshalb ein "Dankeschön" an den Lukas, der das jetzt für mich erledigt hat.

Aber:
Zitat:Jogi postete

Ein einfacher Test mit etwas besserer Aussagekraft über die Grundfunktion ist eine Reihenschaltung aus einem ohmschen und einem kapazitiven Widerstand an einer möglichst in der Frequenz verstellbaren Spannungsquelle in Spannungsanpassung (sprich R = Xc > 5...10 Zi) und dem Ergebnis des etwa halben zu messenden Spannungsresultats bezüglichder Quellspannung am Verbindungspunkt zwischen R und C.
Aber auch das ist nur Anhaltspunkt und kann auch manchen Fehler (bspw. ein Funkeln oder Rauschen) schlich verdecken.
......das ist mir alles zu abgehoben.
Ich brauche eine einfache Lösung mit einem Meßgerät und zwei Strippen dran.
Übelstenfalls auch ein Oszilloskop (was ich noch nicht habe).
Alles andere ist für einen Hobbyelektroniker nicht zu bewerkstelligen.


Zweitens:
Woran erkenne ich im Vorfeld denn gute Ware?
Gibts da Firmen oder Typen, die qualitativ hervorstehen?
An eine grundsätzliche ungerichtete Produktion mit anschließender Auslese seitens der Industrie mag ich nicht glauben.

Drittens:
Hat sich was an der grundsätzlichen Qualität von Kondensatoren geändert?
Vor vierzig Jahren waren ausgetrocknete Elkos eher theoretischer Natur.
Gibts deswegen heute Bessere?

Oder (dem Geiz und dem kleinen fleißigen gelben Mann geschuldet) nur noch Schlechtere?
Bert
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#8
Wenn du mit “zwei Strippen” messen willst ohne groß Nachzudenken kommst du an einem
DMM bzw. einem einfachem digitalem LCR Messgerät (die können Stellenweise schon ESR und den Verlustwinkel messen) nicht vorbei. Die Grenzen des jeweiligen Messgerätes/ Messmethode sollte man immer im Hinterkopf haben. Es gibt keine absolute Genauigkeit.
Aber wie hieß es früher, nicht die Qualität des Messgerät der entscheidende Faktor, der entscheidende Faktor ist der des Messenden.
Kein Messgerät der Welt kann Wissen und Erfahrung ersetzen

Was Folienkondensatoren betrifft würde ich mir keine große Gedanken machen, Fälle wie oben erwähnt sind selten.
Gute Industrieware (z.B. Wima, Vishay), entsprechend dem Einsatzzweck, reicht vollkommen.
Die waren früher übrigens deutlich schlechter als heute, ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Bei Elkos ist die Sache schon etwas komplizierter, aber auch hier, gute Industrieware tut in der Regel ihren Dienst.


Gruß Ulrich
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#9
Ulrich (diesmal handgeschnitzt korrigiert Wink ) hat eigentlich meinen Teil der Antwort mit erledigt.

Auch was die Lieferanten angeht.
Ich verbaue heute in Eigenkonstruktionen, und bei Reparaturen, normaler nicht abgehobener Geräte (also keine handgedrechselten HickEnten-Boliden mit dreifach links überworfenen Hyperspace-Kondensatoren in Waschmaschinen-Phasenschieber-Größe):

NOS Siemens MKS, Styroflex.

Neubestände WIMA Typ und Ausführung sachgerecht nach Bedarf.

Elkos gerne "blaue" Philips liegend - NOS-Bestände jüngerer Jahre die einfach nicht kaputtgehen, Null Ausfälle seit den frühen 70ern.
Oder Siemens Elkos NOS.
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#10
Zitat:uk64 postete

Was Folienkondensatoren betrifft würde ich mir keine große Gedanken machen...
Gruß Ulrich
Genauso dachte ich auch, bis mir eben der dritte kaputte Folienkondensator über den Weg lief, bei nur einem defekten Elko. Da mach ich mir zwar auch erst kleine Gedanken aber immerhin. Die ewig gescholtenen Elkos sind offenbar besser als ihr Ruf und die hochgepriesenen Folientypen anscheinend doch schlechter als derselbe. Was mich dann eben stutzig machte ist diese Bemerkung über die Orange Cap Disease, bisher dachte ich, da kann nicht viel dran sein, das ist im weiten Internetz eigentlich die einzige Erwähnung zu diesem Sachverhalt und andere habe da anscheinend nicht diese schlechten Erfahrungen gemacht wie manche Nakamichi Besitzer. Nun sind aber in meinem Alpine ebenfalls eine Menge dieser Kondensatoren verbaut, z.T. mit relativ unüblichen Werten, die man schlecht bis gar nicht als nicht gewerblicher Nutzer beziehen kann. Die Aussicht prophylaktisch alle dieser Kondensatoren zu wechseln, stimmt mich unfroh. Erst mal lasse ich es jedenfalls drauf ankommen, ob noch weitere dieser Typen ihren Geist aufgeben.

Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
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#11
Auch wenn ein Hersteller mal einen kritischen Kondensatortyp im Angebot hatte ist das immer noch die Ausnahme von der Regel.
Im vorliegenden Fall müsste man den Ausfallgrund erst mal näher untersuchen.
“Orange Cap” ist da unglücklich gewählt, wer ist den der Hersteller dieses Kondensators?
Auch Philips hatte Kondensatoren in dieser Farbe und ich hoffe mal das jetzt nicht jeder orange Kondensator einfach ausgetauscht wird.

PS: Das gilt natürlich nur für im Audiobereich eingesetzte Kondensatoren.
Bei Kondensatoren die hohen Spannungen oder Impulsströmen ausgesetzt sind sieht das anders aus.
Das Betrifft zum Beispiel Schaltnetzteile, Horizontalendstufen in alten Fernsehern oder Inverter in Neueren.
Dort gibt es dann auch berüchtigte Ausfallkandidaten.

Gruß Ulrich
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