Klangunterschiede, zeitlich/historisch gesehen
#1
Hallo Forum!

Es gab kürzlich einige Beiträge über Klangunterschiede bei Magnetbändern oder der Möglichkeiten der CD.

Da ich meine eigene Meinung habe, die dort wahrscheinlich auch nicht so passend ist, habe ich mich mal zurückgehalten.

Hier gebe ich sie mal wieder, um dieses Thema zu eröffnen:

Mir reicht die Klangqualität, die im Heimtonbereich der bezahlbaren Geräte erreicht wird aus.
Diese Aussage ist vielleicht ein wenig schwammig, aber ich denke es wird verstanden, daß ich durchschnittliche Gertäte meine, die mit einem Monatslohn noch bezahlt werden können, die man aber nicht mal so eben im Billigsupermarkt mitnimmt.

Ich möchte folgendes entgegenstellen: die Stereoanlage für mehrere "Kilo-Euro", mit der man eine Kathedrale beschallen könnte, im Gegensatz zu den Aufnahmen, die die Tonträger bieten, sei es nun die CD oder die Schallplatte als Endnutzermedien, oder natürlich das Tonband, vielleicht sogar die Kassette.

Da ich am liebsten Rockmusik von M60er bis M70er höre, stellt sich mir die Frage, ob sog. "Audiophile" die Musik der Beatles oder Stones dieser Zeit noch genießen können, ist diese doch so weit vom Wohlklang entfernt, wie vielleicht die alte Ferro-Kassette vom Studioband.

Können diese Leute z. B. "Sgt. Pepper" noch genießen?

Außerdem möchte ich aufführen, daß es CDs gibt, die beschissener klingen als ihre Platten-Pendants, weil sie scheiße überspielt wurden.

Das sollte man auch mal bedenken: Das Potential der CD ist (meiner Meinung nach) höher als das der LP. Aber es gibt viele CDs, die einfach nur "dahingerotzt" sind (man bedenke auch die Kosten, die bei der Schallplatte erheblich höher liegen), und man teuer als "Superklang" verkauft.

Vielleicht ist es schön, Elvis mal klangoptimiert zu hören; bleiben aber krasse Verzerrungen, die nicht restauriert werden können.

Als Blues-Liebhaber gehe ich noch weiter: Die Aufnahmen der genialen Bessie Smith aus den M20ern bis M30ern klingen so historisch, daß wenig verbessert werden können, weit vom Wohlklang entfernt, aber trotzdem liebe ich es, mit einem Glas schwerem Rotwein ihrer Stimme zu lauschen.................

Grüße

Thommy
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#2
Hallo Thommy,

Du sprichst hier mehrere Punkte an, die ja immer gerne & heiss diskutiert
werden. An dem Standpunkt, die heimische Audio-Anlage den persönl.
Bedürfnissen anzupassen und nicht jedem Hype nachzurennen ist nichts
auszusetzen.

Zum gerne gemachten Vergleich LP/CD hier meine Ansicht: in sehr vielen
Fällen klingt die CD etwas gefälliger als die LP, weil eben auch unendlich
viele schrottige Nach-Nach-Nach-Pressungen gemacht worden sind und
diese gerade gegen Ende der Vinyl-Ära auf den Markt kamen. Das heisst
aber nicht, dass es keine LPs gibt/gegeben hat, die der
gleichen Veröffentlichung auf CD nicht klanglich überlegen gewesen
sind. Da aber eben sehr viele Konsumenten irgendwann einmal ihre
Lieblings-LPs ( in Jugendjahren vom Taschengeld erspart, billige Pressung
gekauft, auf 200 Parties totgenudelt... ...ich schreibe da aus persönl.
gemachter Erfahrung) als CD nachgekauft haben, hat sich da natürlich ein
erfreutes "oh" & "aaah" eingestellt - so wurde die Mähr der absoluten
Überlegenheit der CD geboren (...den Rest besorgt die Werbung).

Dass das Potenzial einer CD höher ist, als das einer
LP stimmt also nur in einigen Belangen - klanglich muss das Potenzial
nicht unbedingt höher sein (und ist es auch nicht). Aber für den
"Otto-Normalo" ist es eben aus dem oben genannten Grund oftmals
doch das "bessere" Medium. Die horrend hohe Anzahl an wirklich
(klanglich) schlechten CD-"Pressungen" wird von den meisten
mangels Vergleichsmöglichkeit gar nicht wahr genommen. Wie sollen
sie auch: haben sie doch nur die totgenudelte Billig-LP im Schrank - da
hält auch eine miese CD einem Vergleich locker stand.

Nun sprichst Du Deine Vorliebe zu der Authentizität der 60er und 70er
Jahre Rockmusik an und ob es sich lohne, hier in die Wiedergabekette
so viel Geld reinzustecken. Wenn Du den guten alten Muddy Waters
so original (bzw. authentisch) wie mögl. hören willst, dann braucht`s
sicher nicht viel Aufwand. (Obwohl es auch schon vor 40 Jahren exzellente
Vinylpressungen gegeben hat, die mehr drauf hatten als zeitgenössische
Anlagen je hätten wiedergeben können. Nur waren diese Tonträger sehr
selten und meist der E-Musik vorbehalten. Für die U-Musik und zu der
gehört nunmal per Definition auch unser geliebter 60er-Jahre-Rock musste
eben Billigeres herhalten.)

Heute im Zeitalter der "computergestützen Manipulation" Wink ist es
natürlich möglich, die Bessie Smith in einem nie gekannten audiohilen
Glanz zu präsentieren. Und genau das tun die von Dir als "Audiophile"
bezeichneten Leute: sie besorgen sich von Ihren Idolen digital nachbear-
beitete CDs (oder LPs) (...das sind vielfach die in Zeitschriften
beworbenen audiophilen Schätzchen kleinerer Labels...) und geniessen
Sgt. Pepper & Co. auf eine eigene, neue Weise. Das hat sicher nicht die
Authentizität des original Sounds von Anno-dazumal aber es klingt (auch)
gut (eben "reiner" und "brillianter"...) und ist nicht minder
reizvoll. Man muss sich nur drauf einlassen wollen. Das ist halt Musikgenuss
von einer anderen Warte und rückt die "olle Stones-Scheibe" aus dem
Bereich der Ferro-Kassette wieder etwas in Richtung Studio-Band (um
Deinen schönen Vergl. hier mal zu verwenden...)

Du siehst also - auf jeden Pott passt ein Deckel.

Gruss


edit: dem "Elvis" klangoptimiert die "Verzerrungen" auszutreiben, ist
übrigens heute kein Problem.
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#3
Hi

Zitat:Thommy74 postete
Außerdem möchte ich aufführen, daß es CDs gibt, die beschissener klingen als ihre Platten-Pendants, weil sie scheiße überspielt wurden.

Das sollte man auch mal bedenken: Das Potential der CD ist (meiner Meinung nach) höher als das der LP. Aber es gibt viele CDs, die einfach nur "dahingerotzt" sind (man bedenke auch die Kosten, die bei der Schallplatte erheblich höher liegen), und man teuer als "Superklang" verkauft.
Jupp,

aber was kann ein Medium oder präziser eine Übertragungstechnik dafür, was man lieblos auf sie draufklatscht.
Genausowenig kann die Lp wie auch die CD etwas dafür, dass vielfach die jeweils passenden Fanboys mit der blossen Sichtung eines der beiden Daten- oder Tonträgers jeweils entweder Wohl- oder Missklang assozieren, oder jubelnd und vor Rührung zusammenbrechend sich seitenweise über die Verpackung ergehen.

Hinzu kommt noch, daß wer LP gegen CD oder andere Medien vergleicht, den Zeitgeist beim Mix und Mastering und die jeweiligen Sounds der 60er/70er mit den 80er vergleicht. Die späten 90er bis heute lassen wir in Hinblick auf den LoudnessWar mal lieber außen vor.

Letztendlich: "Auf den Inhalt kommt es an"

Das gilt eigentlich doch für alle Medien, die einen Daten- oder Tonträger benutzen um die Musik zum Hörenden zu transportieren.

Gruss
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#4
Hallo

Es gibt wirklich schöne Neueditionen auf CD, in denen viel Mühe steckt, die man auch hört: Mir fällt da die geniale Ausgabe von "Ellington at Newport 1956" ein. Durch eine kürzlich gefundene zweites Monoaufnahme, für die andere Mikrophone benutzt wurden, wurde dank der Computertechnik ein echtes Stereosignal generiert. Laut Infotext kann, wer möchte, die Originalaufnahme auf dem linken Kanal hören. (man kann auch hierüber diskutieren...)

Und diese Doppel-CD, die zudem das komplette Konzert beinhaltet, wird bei Sony auch noch als "Nice Price" angeboten.

Ich denke, daß ist eher eine Seltenheit und natürlich auch nicht immer machbar.


Als ich 1987 meinen ersten CD-Spieler bekam, kaufte ich (mit meinem spärlichen Taschengeld) einige meiner liebsten Platten neu auf CD. Diese CDs waren teuer und das popelige Beiheft kein Ersatz für die Klapphülle der LP. Klanglich fiel mir nur auf, daß das geringe Knistern bei leisen Passagen wegfiel. Manche CDs rauschten mehr, als die LP (Dune von Klaus Schulze). Der Höhepunkt war dann eine CD, die 1:1 von LP überspielt war...


Egal, ich will die CD nicht schlechtsprechen, denn sie ist es nicht. Sie ist meiner Meinung nach optimal für den Normalo (der schon Probleme hatte, eine Platte richtig anzufassen, geschweige denn seinen Plattenspieler einmal im Jahr durchzusehen), und bei den Liebhabern, wie hier im Forum, scheiden sich die Geister....

...ich bin derjenige, der sich freut, wenn er eine Beatles-Platte mit dem schönen weißen Odeon-Etikett spielt und dabei die große Hülle betrachtet. Da dürfen auch ein paar Störgeräusche drauf sein.

Ich bezweifle, ob das ein "Audiophiler" auch kann, der sich zuvor überlegt hat, ob er die japanische Nadel für 1000€ nimmt oder die extrascharfe holländische, die fast genauso teuer war. Diese könnte aber ein paar mehr Störgeräusche aufdeckenSmile

Nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand mit dem optimalen System hört, aber ich finde, es paßt nicht, wenn sich solche über die Klangunterschiede von Netzkabeln unterhalten (und dafür ein Schweinegeld ausgeben). Das Gefälle ist einfach zu groß.


Letztendlich geht es mir um die Musik, nicht den Tonträger. Falls ich aber die Wahl habe, greife ich zur Schallplatte.

Grüße

Thommy
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#5
Zitat:Thommy74 postete

Ich denke, daß ist eher eine Seltenheit und natürlich auch nicht immer machbar.
Aber es gibt erstaunlich viele dieser Neuaflagen - das ja nicht erst seit
der CD-Ära sondern schon als Vinyl.

Zitat:Thommy74 postete
Der Höhepunkt war dann eine CD, die 1:1 von LP überspielt war...
Absolut richtig: die Bandbreite reicht auch bei diesem Medium von
"grauenvoll" bis "klasse".

Zitat:Thommy74 postete
Ich bezweifle, ob das ein "Audiophiler" auch kann, ...
Können tut er das schon (wenn er denn die LP hat...) nur
wollen tut er es vielleicht nicht, weil es nicht in seinem Fokus
liegt.

Zitat:Thommy74 postete
...aber ich finde, es paßt nicht, wenn sich solche über die Klangunterschiede von Netzkabeln unterhalten (und dafür ein Schweinegeld ausgeben). Das Gefälle ist einfach zu groß.
Das steht ausser Frage - über Netzkabel sollten wir uns hier im Forum
sowieso nicht unterhalten. Deren Einfluss auf den Klang ist nämlich
"höchst umstritten" (...in meinen Augen nicht belegbar...) und wird
von vielen nur diskutiert, weil es ja sonst nichts zu tun gibt. Wink

Gruss
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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