Zitat:timo postete
Viele dieser Probleme kann man aber vermeiden...
Da hast Du natürlich Recht. Als Anwender könnte man versuchen, solchen Problemen vorzubeugen. Aber kannst Du das wirklich?
Wenn Du heute JPEGs, MPEGs oder MP3s speicherst, so weißt Du doch jetzt noch nicht, welcher Bedarf sich aus der Kompatibilität zu zukünftigen Medien und Formaten ergibt. Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, daß z.B. das Kodak Photo-CD-Format so plötzlich rückstandslos verschwindet? Natürlcih kannst Du eventuell Deine alten CDs schnell noch mit der alten software konvertieren. Das mußt Du aber auch tun, bevor das nach dem nächsten Update nicht mehr geht.
Das Problem ist doch, daß wir eben kaum noch echte Standards haben und Niemanden der durchsetzt, daß die Kompatibilität dazu erhalten bleibt. Schau Dir die Geschichte mit den DVD-Nachfolgern an, oder mit DVD-R und +R.
Ich habe vor meinem Abschied von der OS/2-Plattform alle Texte nach Postscript konvertiert, um sie später in PDFs zu wandeln, und den Rechner platt gemacht. Das Einlesen hat dann nicht funktioniert, obwohl Postscript eigentlich standardisiert ist. DAS ist die Praxis.
Warum?
Ein gewisser amerikanischer Betriebssystem-Hersteller ist z.B. dafür bekannt, daß er verbreitete Standards (z.B. Kerberos) nimmt und dann verändert, die Veränderung aber nicht dokumentiert/veröffentlicht, um andere Hersteller aus der Kompatibilität auszuschließen.
Die Frage ist: Kannst du als Anwender heute sagen, daß die Implementierung eines vorgeblich propertiären Standards wirklich normgemäß durchgeführt ist, Deine Daten also wirklich unter einer anderen Software nutzbar bleiben?
Wie war das mit den Audio-CDs, die plötzlich nicht mehr dem Whitebook-Standard entsprechen, weil die Verleger einen Kopierschutz hinzufügen, mit dem manche CD-Player nicht klar kommen?
Ich habe einen älteren DVD-Player der bereits manche 'modernen' Video-DVDs nicht mehr abspielen kann, oder ein rückeliges Bild liefert, weil seine Software oder sein Arbeitsspeicher nicht den neuesten Anforderungen genügt. Das Gerät ist vielleicht zwei Jahre alt und auf der Verpackung der Videos gibt es keinen Hinweis auf die speziellen Anforderungen an das Abspielgerät.
Und die Zukunft?
Für einen Kunden habe ich ein Datev-System installiert. Irgentwann konnte er seine Rechnungen nicht mehr bezahlen und Datev wollte den Dongle zurück. Damit wäre zumindest der Zugriff auf die Metadaten nicht mehr möglich.
Nun stelle Dir mal vor, dieser Nutzer hätte das Angebot wahrgenommen, seine Daten im Rechenzentrum zu speichern, anstatt auf dem eigenen Server.
Schon heute steigt die Anzahl derer, die die Angebote von GMX&Co. wahrnehmen, eigene Daten online auszulagern, um sich die Verwaltung eigener Server zu sparen und eigene Daten quasi weltweit im Zugriff zu haben.
Mit dem gleichen Druck, mit dem heute für 'digital' argumentiert wird, wird diese Verfahrensweise in zwei Jahren als selbstverstädnlicher Standard vorausgesetzt werden.
Da frage ich mich doch, ob z.B. das Eigentumsrecht an diesen Daten über die Frage der Bezahlung der Rechnung hinaus im Interesse ihres ursprünglichen Eingetümers gesichert ist. Denn: Gelöscht ist gelöscht.
Wenn ich auf das Web verzichte und mir eine eigene Software anschaffe, die mir meine Sammlung von Audio-, Video- oder Bilddaten verwaltet, muß ich hoffen, daß deren Hersteller lange lebt, nicht morgen aufgekauft wird oder pleite macht, damit ich mir die Arbeit, meine Daten neu einzuspeichern und zu indizieren nicht nochmal machen muß. Also nciht nur eine Frage der Datei- oder Medienstandards.
Zum Umsortieren meiner Bänder oder Negative zwingt mich kein vorgegebener "Updatezyklus".
Das Problem ist: Wir sind ständig Betatester einer neuen Technik, die - sobald sie ausgereift scheint - durch eine neuere Version ersetzt werden soll, damit auch damit wieder Geld verdient werden kann.
Ich habe kein Problem damit, Betatester für eine neue Technik zu sein, solange die alte parallel funktioniert. Nur will ich damit keine Daten erzeugen, die ich noch in ein paar Jahren verwenden können will.
Wenn mir aber ein Produkt vorgesetzt wird, deren Ergebnisse auch noch ein eingebautes Verfallsdatum haben, dann werde ich vorsichtig und schaue, was die Profis tun. Wenn selbst ein George Lucas seine digital produzierten Filmchen hinterher auf Zelluloid konserviert, ahne ich doch, warum.
Wenn jemand seine Daten, sei es Musik oder Bilder, sowieso nur für ein paar Jahre erhalten will, wenn jemand z.B. im Leben mit wenig Gepäck reisen will, ist die digitale Technik praktisch.
Wer davon ausgehen will, daß seine Bilder, Video- oder Musikaufnahmen noch in dreißig Jahren vorhanden und verwendbar sind, sollte die analoge Technik meiner Ansicht nach noch nicht ganz aus den Augen lassen. Egal was die Werbung sagt.
Tschüß, Matthias