Dies ist die Fortsetzung zum Beitrag Wiedergabeverstärker: Norm-Entzerrung.
Das Band-Kopf-System (BKS) erzeugt eine Induktionsspannung mit einem Frequenzgang, der bis ca. 1kHz Frequenz - proportional ansteigt (omega - Gang) und dann zunehmend abfällt. Zieht man den omega - Gang ab, erhält man solch einen Dämpfungsverlauf:
Die Grafik zeigt ein Beispiel mit 19cm/s und 6µm.
In der Grafik ist die lila Linie die eines gerechneten Modells und die blaue Linie stellt die Werte aus der Doku zum Tonkopf W2H9 von Goldpfeil dar (Ablesefehler ≤ 1%).
Der Dämpfungsverlauf hängt entscheidend von der Kopfspaltbreite und der Bandgeschwindigkeit ab.
(Näheres zu dem Thema hier: Modellierung der TB-Wiedergabe ).
Im Gegensatz zur Norm- "Verzerrung" (s. voriger Beitrag "Norm-Entzerrung") entspricht die BKS-Dämpfung leider nicht dem Verlauf elektronischer Frequenzglieder. Sie lässt sich deshalb nicht mathematisch exakt kompensieren. Wir sind also zu einer mehr oder weniger genauen Adaption gezwungen.
Man sieht, der Verlauf des Frequenzabfalls ist im ganzen Bereich "rund". Und das ist ein Problem.
Tiefpässe sind entsprechend ihrer Ordnung verschieden steil (20/40/60... dB/Dekade) und der Übergang zw. Durchlass- und Sperrbereich ist, mit steigender Güte, mehr oder weniger "rund" (bis hin zum Überschwingen). Aber es endet immer in einer Geraden von 20/40... dB/Dekade. Eine Adaption aus solchen Tiefpässen erweist sich als praktisch aussichtslos.
Im gesamten Bereich "rund" sind dagegen resonante Gebilde. Wenn wir nur die untere Seite einer resonanten Schaltung benutzen (die obere Seite ist egal, da jenseits des Übertragungs- bzw. Hörbereichs), könnte das eine Lösung sein. Der Kurvenverlauf ist in einem weiten Bereich "formbar". Einfach im Entwurf sind LC-Schwingkreise. Resonanzfrequenz und Güte können leicht variiert werden und man kann sich einen recht gut passenden Teil aus der Kurve herauspicken.
Ein Segen für eine solche Vorgehensweise ist eine Schaltungssimulation. Man sieht sofort grafisch das Resultat einer Veränderung. Anfangs habe ich versucht, direkt die Übertragungskurve gerade zu biegen. Das machte sich nicht so gut. Dann hatte ich die Idee, mich an den Dämpfungsverlauf "anzuschmiegen". Dazu habe ich einfach das Gegenkopplungs-Netzwerk passiv vorwärts betrieben. Wenn das dann genau auf der Dämpfungslinie liegt, kompensiert es in der Gegenkopplung die Dämpfung perfekt. Und das ging dann sehr schön. Ich zeige die Vorgehensweise am Beispiel 19cm/s, 6µm.
Zuerst wurde ein Schwingkreis "angeschmiegt" :
Mit Ckr lässt sich leicht die Resonanzfrequenz einstellen und mit den Längswiderständen die Güte manipulieren. Man sieht sehr schnell, welche Parameteränderung einen dichter ans Ziel bringt. Rechts ist das vorläufige Ergebnis zu sehen. Von 5...20kHz liegt die blaue Filterkurve recht gut an der grünen Dämpfungskurve an. Der Bereich zw. 0,2 und 5kHz passt nicht. Hier hat der Schwingkreis zu viel Güte. Die könnte man leicht senken, aber dann passt es oben nicht mehr.
Also muss etwas gegengesteuert werden und dafür genügt ein RC-Glied mit zwei Polen. Das Ergebnis sieht so aus:
Besser hab ich´s nicht hingekriegt ;-))
So, hängen wir das Netzwerk in die Gegenkopplung eines OpAmps, den wir mit der Dämpfungskurve ansteuern und schauen, was passiert:
Ein Fehler von ±0,3% im gesamten Übertragungsbereich. Ich denke, das kann man so lassen.
Wie realistisch ist so ein Ergebnis?
Ganz oben haben wir gesehen, dass das Original dem Modell, mit dem hier gearbeitet wurde sehr nahe kommt. Man muss nun den realen Dämpfungsverlauf so genau wie möglich messen, damit in die Simu gehen und leicht nachbessern. Die ±0,3% sollten auch damit zu erreichen sein.
Die so gewonnen BE-Werte sollten nun möglichst genau eingesetzt werden. Kritisch sind die BE des Resonanzkreises. L und C müssen auf die Resonanzfrequenz abgestimmt werden, R1 kann aus zwei E48-Werten auf ±1% zusammengesetzt werden. Die Werte für das RC-Glied sind wesentlich unkritischer. Hier genügen BE aus der E48-Reihe. Am Ende sollte der größte Fehler aus der Messung am Anfang stammen.
Eines noch kurz: Wer sich schon ein paar real existierende Wiedergabeverstärker angesehen hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass zu dem Zweck der Resonanz gern die Induktivitäten der Wiedergabeköpfe benutzt werden. Das ist 1. ökonomisch - man spart die ungeliebte Spule. Und 2. erhält man noch etwas mehr Eingangsspannung, was günstig für den Rauschabstand ist (Höchstwahrscheinlich jedenfalls, da die Quelle bei Resonanz ja hochohmiger wird. Bin zu faul, das zu überprüfen.) Nachteilig ist nur, dass bei verschiedenen Geschwindigkeiten ein Umschalter direkt am WK nötig ist. Im vorliegenden Fall sind 3 Geschwindigkeiten zu realisieren und die Eingangsspannung ist wg. eines sehr niederimpedanten WKs sehr klein. Deswegen sollen am Kopf keine Schalter sein.
Vielleicht hat´s ja jemanden interessiert. Kommentare und Korrekturen sind immer gern gesehen. Ja - das ganze soll auch gebaut werden. Glücklicherweise nicht von mir. Das Simulieren ist doch sooo viel einfacher.
Ich wünsche gutes Gelingen, liebe Grüße
Frank
Das Band-Kopf-System (BKS) erzeugt eine Induktionsspannung mit einem Frequenzgang, der bis ca. 1kHz Frequenz - proportional ansteigt (omega - Gang) und dann zunehmend abfällt. Zieht man den omega - Gang ab, erhält man solch einen Dämpfungsverlauf:
Die Grafik zeigt ein Beispiel mit 19cm/s und 6µm.
In der Grafik ist die lila Linie die eines gerechneten Modells und die blaue Linie stellt die Werte aus der Doku zum Tonkopf W2H9 von Goldpfeil dar (Ablesefehler ≤ 1%).
Der Dämpfungsverlauf hängt entscheidend von der Kopfspaltbreite und der Bandgeschwindigkeit ab.
(Näheres zu dem Thema hier: Modellierung der TB-Wiedergabe ).
Im Gegensatz zur Norm- "Verzerrung" (s. voriger Beitrag "Norm-Entzerrung") entspricht die BKS-Dämpfung leider nicht dem Verlauf elektronischer Frequenzglieder. Sie lässt sich deshalb nicht mathematisch exakt kompensieren. Wir sind also zu einer mehr oder weniger genauen Adaption gezwungen.
Man sieht, der Verlauf des Frequenzabfalls ist im ganzen Bereich "rund". Und das ist ein Problem.
Tiefpässe sind entsprechend ihrer Ordnung verschieden steil (20/40/60... dB/Dekade) und der Übergang zw. Durchlass- und Sperrbereich ist, mit steigender Güte, mehr oder weniger "rund" (bis hin zum Überschwingen). Aber es endet immer in einer Geraden von 20/40... dB/Dekade. Eine Adaption aus solchen Tiefpässen erweist sich als praktisch aussichtslos.
Im gesamten Bereich "rund" sind dagegen resonante Gebilde. Wenn wir nur die untere Seite einer resonanten Schaltung benutzen (die obere Seite ist egal, da jenseits des Übertragungs- bzw. Hörbereichs), könnte das eine Lösung sein. Der Kurvenverlauf ist in einem weiten Bereich "formbar". Einfach im Entwurf sind LC-Schwingkreise. Resonanzfrequenz und Güte können leicht variiert werden und man kann sich einen recht gut passenden Teil aus der Kurve herauspicken.
Ein Segen für eine solche Vorgehensweise ist eine Schaltungssimulation. Man sieht sofort grafisch das Resultat einer Veränderung. Anfangs habe ich versucht, direkt die Übertragungskurve gerade zu biegen. Das machte sich nicht so gut. Dann hatte ich die Idee, mich an den Dämpfungsverlauf "anzuschmiegen". Dazu habe ich einfach das Gegenkopplungs-Netzwerk passiv vorwärts betrieben. Wenn das dann genau auf der Dämpfungslinie liegt, kompensiert es in der Gegenkopplung die Dämpfung perfekt. Und das ging dann sehr schön. Ich zeige die Vorgehensweise am Beispiel 19cm/s, 6µm.
Zuerst wurde ein Schwingkreis "angeschmiegt" :
Mit Ckr lässt sich leicht die Resonanzfrequenz einstellen und mit den Längswiderständen die Güte manipulieren. Man sieht sehr schnell, welche Parameteränderung einen dichter ans Ziel bringt. Rechts ist das vorläufige Ergebnis zu sehen. Von 5...20kHz liegt die blaue Filterkurve recht gut an der grünen Dämpfungskurve an. Der Bereich zw. 0,2 und 5kHz passt nicht. Hier hat der Schwingkreis zu viel Güte. Die könnte man leicht senken, aber dann passt es oben nicht mehr.
Also muss etwas gegengesteuert werden und dafür genügt ein RC-Glied mit zwei Polen. Das Ergebnis sieht so aus:
Besser hab ich´s nicht hingekriegt ;-))
So, hängen wir das Netzwerk in die Gegenkopplung eines OpAmps, den wir mit der Dämpfungskurve ansteuern und schauen, was passiert:
Ein Fehler von ±0,3% im gesamten Übertragungsbereich. Ich denke, das kann man so lassen.
Wie realistisch ist so ein Ergebnis?
Ganz oben haben wir gesehen, dass das Original dem Modell, mit dem hier gearbeitet wurde sehr nahe kommt. Man muss nun den realen Dämpfungsverlauf so genau wie möglich messen, damit in die Simu gehen und leicht nachbessern. Die ±0,3% sollten auch damit zu erreichen sein.
Die so gewonnen BE-Werte sollten nun möglichst genau eingesetzt werden. Kritisch sind die BE des Resonanzkreises. L und C müssen auf die Resonanzfrequenz abgestimmt werden, R1 kann aus zwei E48-Werten auf ±1% zusammengesetzt werden. Die Werte für das RC-Glied sind wesentlich unkritischer. Hier genügen BE aus der E48-Reihe. Am Ende sollte der größte Fehler aus der Messung am Anfang stammen.
Eines noch kurz: Wer sich schon ein paar real existierende Wiedergabeverstärker angesehen hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass zu dem Zweck der Resonanz gern die Induktivitäten der Wiedergabeköpfe benutzt werden. Das ist 1. ökonomisch - man spart die ungeliebte Spule. Und 2. erhält man noch etwas mehr Eingangsspannung, was günstig für den Rauschabstand ist (Höchstwahrscheinlich jedenfalls, da die Quelle bei Resonanz ja hochohmiger wird. Bin zu faul, das zu überprüfen.) Nachteilig ist nur, dass bei verschiedenen Geschwindigkeiten ein Umschalter direkt am WK nötig ist. Im vorliegenden Fall sind 3 Geschwindigkeiten zu realisieren und die Eingangsspannung ist wg. eines sehr niederimpedanten WKs sehr klein. Deswegen sollen am Kopf keine Schalter sein.
Vielleicht hat´s ja jemanden interessiert. Kommentare und Korrekturen sind immer gern gesehen. Ja - das ganze soll auch gebaut werden. Glücklicherweise nicht von mir. Das Simulieren ist doch sooo viel einfacher.
Ich wünsche gutes Gelingen, liebe Grüße
Frank
In Rust We Trust!
T e s l a B 1 1 6 (A.D.), R E V O X B 7 7
T e s l a B 1 1 6 (A.D.), R E V O X B 7 7