Sony Mikro ECM-MS957; Vorstellung und Problemlösung
#1
Moin!

Da es hier auch nach dem Umbau immer noch keine eigene Rubrik für Mikrofone gibt (warum eigentlich nicht? Ist doch ein essentielles Zubehör für Tonbandgeräte?), muss ich diese Rubrik mal wieder missbrauchen.

Ich erstand kürzlich, quasi zusammen mit dem Reportagemaschinchen Sony TC-510-2, ein Exemplar des oben genannten Sony-Typs, ein Mitte-Seite-Stereo-Mikrofon in Elektrettechnik. Es kostet neu regulär um die 300 Euro, dafür hätte ich es aber nicht genommen :thumbdown: . In neuwertigem Zustand habe ich 140 Euronen gegeben.

Das Mikro macht äußerlich einen sehr guten Eindruck, hat ein Druckgussgehäuse und im Inneren finden sich ebenfalls fast nur Metallkomponenten, etwa als Schraubgewinde für die untere Hülse oder als statische Abschirmung der Platine. Auch der Einsprachekorb ist aus Aluguss. Das ECM-MS957 ist mit einer um 90° schwenkbaren Mittenkapsel ausgestattet, die es gestattet, das Gerät wahlweise von vorn als auch von der Seite zu beschallen. Die senkrechte Aufstellung mit Besprechungsrichtung seitlich hat den Vorteil, dass die Mitten- und die Seitenkapsel quasi in einer Ebene liegen, also keine Laufzeitunterschiede auftreten. Für eine optimale Qualität mit möglichst glattem Frequenzgang sollte man daher diese Aufstellung wählen, was immerhin auch in der BDA erwähnt wird. Das mitgelieferte, ebenfalls super verarbeitete Tischstativ (Teilmetall) ermöglicht beide Aufstellungsvarianten. Die für die Gewinnung eines R-L-Signals aus den Mitte-Seite-Signalen erforderliche Matrix ist im Mikro eingebaut. Über einen Schiebeschalter kann man auf einen virtuellen Öffnungswinkwel von 90 oder 120° umschalten, indem das Mittensignal entsprechend abgeschwächt wird.

Der Ausgang ist trafosymmetriert und auf einen 5-poligen XLR-Anschluss geführt. Das erwähnt der Hersteller eigentlich gar nicht explizit, denn in den technischen Daten ist von asymmetrischem Anschluss die Rede! Es ist aber ohne Weiteres möglich, sich ein Kabel zu bauen, dass die getrennt an den XLR-Anschluss geführten Signale und Massen an zwei 3-polige Cannons führt, um symmetrische Eingänge damit zu bespaßen.
Mitgeliefert wird übrigens ein 2m langes, ziemlich dünnes und flexibles Kabel, das am anderen Ende einen vergoldeten 3,5mm-Klinkenstecker trägt.

Hier sind ein paar Fotos des Mikros:

Die Gesamtansicht
   

Die rote LED blitzt kurz auf, wenn die Batteriespannung ausreicht.
   

Mit dem Knopf seitlich (gegenüber ist ein zweiter) kann man den Winkel der Mittenkapsel um 90° verändern.
So zeigt sie nach vorn.
   

Die optimale Qualität wird bei senkrechter Aufstellung erzielt.
   

In der üblichen Weise geht es natürlich auch...
   

Das Mikrofon findet Anschluss über einen 5-poligen XLR-Stecker
   

Wenn man den hinteren Griffteil abschraubt, erreicht man die 1,5V-Batterie.
   

Das Oberteil des Tischstativs kann als Handgriff genutzt werden. Allerdings ist das aufgrund der Körperschallempfindlichkeit eher nicht ratsam...
   

In der Praxis erweist sich das Sony als gutes, einfach zu handhabendes Stereomikro, das ein sehr räumliches und weit gefächertes Stereopanorama aufzufangen in der Lage ist. Bei Wind ist eine "tote Katze" aber absolutes Muss; der mitgelieferte große Schaumnetz-Poppschutz ist unzureichend.
Da die Kapseln nicht elastisch gelagert sind, sind auch Handhabungsgeräusche leider leicht zu erzeugen.
Die Klangqualität entspricht der oberen Mittelklasse (50-18000 Hz); es ist bei ruhiger Umgebung ein leichtes Rauschen hörbar. In den Tiefen fällt der Frequenzgang leicht ab, der Höreindruck ist aber sehr natürlich und ohne Bevorzugung bestimmter Frequenzen.

Das änderte sich, als ich es an meinen kleinen MD-Recorder anschloss. Von da an: keinerlei Bässe mehr, so als wenn man einen Hochpassfilter bei 200 Hz eingeschaltet hätte! Alle Geräte und Mixer, an die ich es über selbstgebaute Kabel mit zwei 6,3er Klinkensteckern oder DIN-Stecker am anderen Ende angeschlossen hatte, zeigten dieses Verhalten jedoch nicht!
Ich stand zunächst vor einem Rätsel. Bis ich in den Serviceunterlagen (die leider keinen detaillierten Schaltplan enthalten) sah, dass das Mikro seine Spannung über Ausgangsübertrager an den nachgeschalteten Eingang abgibt, ohne das dort noch Entkoppplungskondensatoren in Reihe geschaltet sind. Das ist ja im Sinne optimaler Qualität auch sinnvoll, nur in einem Fall nicht: wenn das Aufnahmegerät eine kleine Gleichspannung von 3-5 V zur Speisung von Elektretmikros bereitstellt (sog. "Plug-in-power"). Dabei werden die Sekundärwicklungen der Übertrager von diesem Gleichstrom durchflossen, was offenbar die Tiefenwiedergabe beeinflusst. Vielleicht kann hierzu ein Fachmann noch etwas sagen... Und das war sowohl bei meinem Sharp MD-Porti als auch beim Sony Edel-Walkman WM-D6C der Fall, der beim Test dasselbe enttäuschende Ergebnis brachte.

Nachdem ich dann in dem XLR-Stecker zwei Tantalkondensatoren mit 22 µF in die Signalwege eingelötet hatte, war dieses Problem gelöst und das ECM-MS957 klingt nun auch an diesen Geräten einwandfrei! :bigsmile:

LG Holgi
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