25.04.2024, 22:10
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.04.2024, 22:27 von DropOut.
Bearbeitungsgrund: Frage bereites beantwortet
)
Liebe Gemeinde,
der Wiedergabeverstärker (Reproduce oder Playback Amplifier) war eine der herausfordernsten elektronischen Baugruppen im Tonbandgerät. Um den nötigen Rauschabstand zu erreichen, waren die besten verfügbaren Bauelemente gerade gut genug und auch die optimale Dimensionierung der Verstärkerschaltung war eine Königsdisziplin in der Entwicklung.
Mich interessiert die Historie von TB - Wiedergabeverstärkern mit Bipolartransistoren (BJTs). Sie bestimmten schließlich die Hochzeit der Spulengeräte. Ich versuche einen groben Überblick über die Entwicklung anhand ausgewählter Beispiele zu geben.
Ich bin nur Hobby - Audioelektroniker; alle meine Kenntnisse zu dem Thema sind autodidaktisch erworben. Wissenslücken sind deshalb garantiert und Irrtümer nicht ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit ist illusorisch und die Auswahl der Beispiele ist ziemlich willkürlich. Jeder, der etwas zu dem Thema beitragen kann, ist herzlich eingeladen, diesen Faden zu bereichern!
Am Anfang war die Röhre.
Dann kam der Transistor. Dieser bot die bekannten verlockenden Vorteile:
- viel kleiner (portable Geräte werden möglich)
- leistungsärmer, keine Heizung, keine Hochspannung (Batteriegetriebene Geräte werden möglich)
- höhere Lebensdauer.
Die Halbleiterelektronik saß anfangs zwei Irrtümern auf:
1. dass BJTs besser wären als FETs,
2. dass Germanium geeigneter wäre als Silizium.
Also kamen zuerst Ge - Transistoren auf den Markt. Vieles ließ sich damit schon recht gut machen.
Leider hatten sie ein Problem: relativ hohes Rauschen. In TB - Geräten ist das im Wiedergabeverstärker kritisch. Ich habe da keinen wirklichen Überblick, aber auch rauscharme Typen waren wohl aktuellen Röhren unterlegen? Mit Ge - Transistoren wurde offenbar bei TB - Wiedergabeverstärkern kein Rauschabstand erreicht, der sich vom Rauschabstand der aktuellen Bänder hinreichend abhob. Auch hier im Forum ist mir schon mehrfach aufgefallen, dass Ge - Transistoren gern durch pnp - Si - Typen (BC560) ersetzt werden. Exemplarisch zeige ich hier ohne weiteren Kommentar zwei Klassiker:
1) Studer brachte erstmals 1964 in der A62 Transistoren, noch Germanium (ASY27):
Hat hier jemand Erfahrung mit so einem Gerät, wie ist das Rauschverhalten?
2) Saba brachte 1965 die 600SH heraus (BCY51r / AC151?):
WV.Saba600SH.JPG (Größe: 42.55 KB / Downloads: 483)
Da kann man mal sehen, was man aufs Hörensagen geben darf. Zig mal habe ich gelesen, dass die 600SH so furchtbar rauscht, weil da Ge - Transistoren drin sind. Nun schau ich rein und finde einen BCY51r. Ich weiß zwar nicht, was dieser taugt - Germanium ist es jedoch definitiv nicht.
Den übel beleumundeten AC151 gibt es auch, aber nur als zweite Stufe im Aufnahmeentzerrer. Dort sollte sein Schadenspotenzial begrenzt sein (zumindest solange er nicht defekt ist).
Wenn nun also vielfach berichtet wird, dass das Rauschen durch Tausch des AC151 gegen einen BC560 besser wird - hmmm ….
Weitere Geräte mit Ge - Transistoren kenne ich nicht (kann mir jemand Tipps geben?). Doch, eins wäre da noch: Das Jupiter aus sowjetischer Produktion. Als das raus kam, waren aber auch im Ostblock längst Si - Transistoren Standard. Wenn jemand ein Beispiel für rauschende TB - Geräte sucht: Er wird kein “besseres“ finden.
Erst mit Si - Planar - Epitaxie - Transistoren gelang es, das Verstärkerrauschen entscheidend zu senken; das Bandrauschen wurde dominierend und damit war eine akzeptable Verstärkerqualität erreicht.
Der erste Transistor, der mir zu dem Thema einfällt, ist der BC109 (50mA, npn). Die BC108-Familie wurde ursprünglich lt. Wikipedia von Philips und Mullard 1966 eingeführt, aber bald auch von anderen Herstellern produziert , u. a. Siemens & Halske in D. Der BC109 ist der auf Rauscharmut selektierte Typ.
Zuerst kamen npn - Familien mit den daraus auf Rauscharmut ausgemessenen Typen:
Familie | Ausmesstyp | max. typ. fN(dB)
BC108 | BC109 | 4 2 … 1.2 je nach Hersteller
BC208 | BC209 | 4 1.5
BC238 | BC239 | 4 2
SC236 | SC239 | 4 -
BC548 | BC550 | 3 1.4
BC329 | BC330 | 2 ? "rausch-/rumpelarm" (geringes pop corn noise) *
BC413 | BC414 | 2.5 1.2 "Flicker Noise" - spezifiziert
( *: Da ich "ein paar Jährchen" in der Produktionsmesstechnik der Halbleiterei - kurz “Test“ genannt - tätig war, kann ich gern ein paar Details zum Test von Rauschparametern nennen. Da das hier aber schon OT ist, erst am Ende als P. S.)
Eine wirkliche Entwicklung bei den Transistoren, speziell der "noise figure fN" ist kaum zu beobachten.
(Dieser nicht standardisierte Parameter ist nur bedingt aussagefähig. Man muss sich dazu die Messbedingungen anschauen und prüfen, inwiefern sie zum eigenen Anwendungsfall passen.)
Eher scheint es Unterschiede zwischen den Herstellern gegeben zu haben.
Nach der Papierform hat der BC330 von Texas Instruments die Nase vorn.
Es ist aber keineswegs damit getan, einen rauscharmen Transistor einzubauen. Dieser muss auch optimal betrieben werden (Arbeitspunkt, Anpassung an den Wiedergabekopf). Schauen wir uns doch mal einige typische Beispiele an:
3) Bei Revox erscheint der BC109 erstmals 1967 in der A77, dann ganz ähnlich weiter in B77/PR99.
Über den Sinn dieser etwas unüblichen Schaltung mit dem riesigen C1 zerbreche ich mir seit Jahren den Kopf. Kann man so machen, aber warum? Wer will schon so ein Elko - Monster ohne Not in seiner Schaltung haben? Eine DC - Ankopplung des WK, wie im SM beworben, ist es jedenfalls nicht, da am kalten Ende der Basisstrom von Q2 über R2 und C1 zurück zum WK muss.
Zur Entzerrung gehört noch der WK, der mit C4 resoniert.
4) Braun TG-1000 (1970): BC209, später BC149
State of the Art, schlicht und elegant. Mit RC-T-Filter zur Entzerrung. L2301, C2303 sind eine Löschfrequenz - Falle, haben nichts mit der Entzerrung zu tun.
5) Grundig TK120 (1969?*): BC109
*: Das TK120 gab es 1966 zuerst mit Röhren, erkennbar am magischen Auge als Aussteuerinstrument. Ab wann gab es die Transistorvariante (mit Zeiger - Zappler)? Ab etwa 1969?
Eine durchaus originelle Schaltung. Mit nur vier Transistoren wird ein kombinierter Aufnahme- / Wiedergabeverstärker realisiert. Deren Anforderungen sind ja sehr unterschiedlich. Der Clou ist das Poti R51: Der Schleifer liegt auf Masse und teilt R51 in zwei Teile. Der obere Teil bildet mit R11 einen Spannungsteiler und fungiert so als Pegelregler. Der untere Teil liegt mit C4, R10 parallel zum Gegenkopplungswiderstand R3 und realisiert so eine veränderliche Verstärkung! Auch das ist Top - Engineering!
Auf diese Schaltung wäre ich sicher nie gestoßen, wenn so ein Gerät (in der polnischen Version) nicht Lebensabschnittsgefährte meiner besten Jahre gewesen wäre.
6) Grundig TS1000 (1976): BC330
Ähnlich TG-1000, State of the Art.TG-1000 wirkt etwas raffinierter. Aber wenn das Ergebnis stimmt, ist alles i. O. .
7) Philips N4520 (1979): BC550
Sehr aufwendige, moderne Schaltung, detaillierte Entzerrung. Absolut vergleichbar mit Studer Maschinen.
8) Telefunken M15A (1971): BC330 (nach Trafo)
Die OpAmps kommen. Aber vorgeschaltet ist mit Ts1 ein BC330 und der bestimmt ganz überwiegend das Rauschverhalten. Die Ankopplung des WK über einen Übertrager ist typisch Studiomaschine. Der symmetrische Eingang unterdrückt Störgrößen, die in das Verbindungskabel vom WK einstreuen. Der WK ist einerseits relativ weit vom Verstärker entfernt. Andererseits haben Studiomaschinen natürlich höchste Anforderungen an die Brummunterdrückung. Ob auch eine Impedanzanpassung stattfindet, kann man ohne Kenntnis der Übertragerdaten nicht sagen.
(Zum BC330 von TI habe ich kein Datenblatt im WWW finden können, nur eine Zeile in einer tabellarischen Übersicht. Hat da jemand mehr?)
Etwas später kamen pnp - Transistoren:
Familie | Ausmesstyp | max. typ. fN(dB)
BC178 | BC179 | 4 2
BC556 | BC560 | 2 1.2
- | BC327 | - -
Besonders im Hause Studer kamen nun nur noch pnp zum Einsatz. Dabei ist doch npn die "default" - Zonenfolge bei Silizium, die zumindest am Anfang deutlich besser beherrscht wurde und auch preiswerter war. Und es gab ja auch die jeweiligen npn - Äquivalente (z.B. BC550). Warum also pnp? Hatte das spezielle Gründe?
9) Studer A80 (1970): BC179 (nach Trafo)
Ein Dreistufer mit Q2, Q3, Q6 im Signalweg. Q6 ist nur ein Impedanzwandler und koppelt das Signal über C31 in ein Gegenkopplungsnetzwerk aus, das über C30 tw. zurück kommt. Q7 ist eine elektronische Betriebsspannungs - Siebung.
Q8/4/5 bilden einen Umschalter für das Entzerrungsnetzwerk.
Die Entzerrung für mehrere Geschwindigkeiten (hier nicht im Bild) ist recht komplex.
Der Studio - typische Eingangsübertrager realisiert hier auch eine Anpassung von 1:10.
Im weiteren Signalweg kommen dann OpAmps (TBA931 - der Spezial - IC aus der A700) zum Einsatz.
10) Studer A/B67 (1975): BC560
Der weit verbreitete BC560 kommt zum Einsatz. Bemerkenswert: kein Eingangsübertrager.
11) Studer A807 (1986): BC327
Der BC560 ist abgemeldet. Es kommt ein BC327 als Vorstufe vor einem RC4559.
12) Revox C270 (1988): BC327
Die Schaltung ist fast identisch zur A807.
In beiden Maschinen kommt ein BC327 zum Einsatz: pnp, 800mA. Hier fällt auf, dass der überhaupt nicht als rauscharm qualifiziert wird, es finden sich keine Rausch-Parameter?! Demnach fand offenbar keine Rausch - Selektion beim Hersteller statt. Die 800mA lassen erwarten, dass er großflächiger, niederohmiger im Basisbahnwiderstand war. Das könnte so wirken, als ob man mehrere Transistoren parallel schaltet: Eine Verdoppelung senkt jeweils das Rauschen um 3dB. Schlägt das allein die Spezialisten im Rauschen? Oder wurde im Hause Studer selbst selektiert? Zuzutrauen ist das dem Willi. Ohne Selektion sollte es kaum gegangen sein (s. P.S.).
EDIT: Mein Kopf wird auch nicht besser! Die Frage gab´s schon mal und sie wurde beantwortet: Was hat sich der Willi bloß dabei gedacht? #22
Weitere Entwicklungen: ICs, JFETs?
Hier ist mein Thema eigentlich zu Ende und 1988 war die Entwicklung von Reel to Reel Maschinen ja auch weitestgehend abgeschlossen. Bei Cassetten - Decks gab es durchaus Weiterentwicklungen. Aber da kenne ich mich herzlich wenig aus. ICs als Wiedergabeverstärker waren aber wohl weit verbreitet. Gab es auch schon welche mit JFETs? Für Spulengeräte aus Europa ist mir solches aber nicht bekannt, vielleicht bei den Japanern?
Aber halt, eine Ausnahme gab es. Willi Studer war seiner Zeit wieder einmal voraus und brachte
13) die Revox A700 (1973): TBA931
So genial einfach kann ein Wiedergabeverstärker aussehen! Und dann ist eine echte DC - Ankopplung des WK auch ganz einfach.
Aber es blieb eine Eintagsfliege - warum? Der TBA931 war eine spezielle Entwicklung mit einer großflächigen symmetrischen Eingangsstufe, auf Rauscharmut designt. War die Signalqualität doch schlechter als bei diskreten Lösungen? In der A80 setzt man ihn mit diskreter Vorstufe ein. War die Ausbeute zu gering und damit die Produktion zu teuer? Oder wurde der “IC - Klang“ von Goldohren schlecht geredet?
P.S.: Zum “Test“ von Rauschparametern - ein kleiner Einblick
In der Elektronik rauscht alles, was wärmer als 0K oder supraleitend ist. Halbleiter - BE rauschen noch zusätzlich, besonders BJTs. Das liegt in der Natur ihrer Funktion, Stichworte PN - Übergänge, Ladungsträger - Injektion. Den Rauschlevel kann man durch die Dimensionierung des Transistors in Grenzen beeinflussen. Das Rauschen der einzelnen BJTs ist aber stark exemplarabhängig. Deshalb kommt man um eine Selektion durch Ausmessen nicht herum.
Rauschen ist ein Zufalls - Phänomen; es unterliegt den Regeln der Stochastik. Um zuverlässige Werte zu erhalten, muss man mehrfach messen und den Durchschnitt berechnen. Umso mehr Messungen, desto genauer. Nun kostet jede Messung aber Zeit und diese wiederum bekanntlich Geld. Ein gängiger Kompromiss sind 30 Proben. Rauschen von BJTs im NF - Bereich ist aber besonders fies, da es sich bevorzugt im tiefen und tiefsten Frequenzbereich abspielt. Und um so tiefer der interessierende Frequenzbereich, desto länger die Messzeit.
Warum?
Wenn ich das Rauschen bei 1kHz messe, habe ich eine Periodendauer von 1ms. Um äquivalent für 30 Proben zu messen, muss ich den Mittelwert über 30ms messen. Dass ist i. A. schon mehr Testzeit, als die Summe aller sonstigen Tests (Stromverstärkung, Durchbruchspannung, Leckstrom) benötigt. Jetzt haben BJTs aber ein sog. 1/f - Rauschen d.h., das Rauschen steigt unterhalb einer Frequenz (typisch 1kHz) mit 20dB/Dekade an. Also bei 100Hz zehn mal so viel wie bei 1kHz. Hier müsste ich aber schon 300ms messen. Das kostet schon richtig Geld.
Aber das fieseste kommt noch: Im Halbleiterwerk Frankfurt / O. nannten wir das damals “Funkelrauschen“. Ich ziehe aber ausnahmsweise die neudeutsche Bezeichnung "pop corn noise" vor. Das Ploppen und Prasseln der Maiskörner beim Platzen trifft das Geräusch ganz gut. Um das messtechnisch zu fangen, muss man schon im Sekundenbereich messen. Das ist quasi unbezahlbar. Relevant tritt es nur bei einem geringen Prozentsatz der Transistoren auf. Ausschließen kann ich es aber nur, wenn ich alle teste. Es wurde alles versucht, um das Pop Corn Rauschen technologisch zu beseitigen. Meines Wissens ohne Erfolg. Man sprach vage von Kristallfehlern. Die Existenz des englischen Begriffes allein zeigt aber, dass das Problem woanders auch bekannt war. Unsere entsprechende Transistorfamilie hieß SC236…239. SC239 war der rauschärmste Ausmesstyp in den Stromverstärkungsklassen a…f. Und der “Funkelrausch“- geprüfte Typ bekam noch ein ’s’ hinten dran, also z.B. SC239es.
Der Testaufwand ist dramatisch, er übertrifft in den Kosten die gesamte restliche Produktion dann um das Vielfache. So kommt es, dass ein 08/15 - BJT 5 Cent kostet, ein nach allen Regeln der Kunst rauschgetesteter gern aber 5$! Deshalb halte ich von heute gebauten “BC550“ für wenige Cent nicht allzu viel. Hier wird wahrscheinlich überhaupt nicht mehr getestet. Das ist dann wie beim 15€ - Akkuschrauber vom Baumarkt: Die defekten sortiert der Kunde aus.
Das alles trifft natürlich nicht nur für Transistoren sondern ebenso für ICs zu. Ein Standard - OpAmp kostet quasi nichts, ein spezieller rauscharmer Typ gerne weit mehr als 10$. Von der Chipfläche ist der vielleicht doppelt so groß wie ein Standardtyp (auch nur wegen der großflächigen rauscharmen Eingangsstufe), also immer noch im Cent - Bereich. Das Teure ist der Rauschtest!
der Wiedergabeverstärker (Reproduce oder Playback Amplifier) war eine der herausfordernsten elektronischen Baugruppen im Tonbandgerät. Um den nötigen Rauschabstand zu erreichen, waren die besten verfügbaren Bauelemente gerade gut genug und auch die optimale Dimensionierung der Verstärkerschaltung war eine Königsdisziplin in der Entwicklung.
Mich interessiert die Historie von TB - Wiedergabeverstärkern mit Bipolartransistoren (BJTs). Sie bestimmten schließlich die Hochzeit der Spulengeräte. Ich versuche einen groben Überblick über die Entwicklung anhand ausgewählter Beispiele zu geben.
Ich bin nur Hobby - Audioelektroniker; alle meine Kenntnisse zu dem Thema sind autodidaktisch erworben. Wissenslücken sind deshalb garantiert und Irrtümer nicht ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit ist illusorisch und die Auswahl der Beispiele ist ziemlich willkürlich. Jeder, der etwas zu dem Thema beitragen kann, ist herzlich eingeladen, diesen Faden zu bereichern!
Am Anfang war die Röhre.
Dann kam der Transistor. Dieser bot die bekannten verlockenden Vorteile:
- viel kleiner (portable Geräte werden möglich)
- leistungsärmer, keine Heizung, keine Hochspannung (Batteriegetriebene Geräte werden möglich)
- höhere Lebensdauer.
Die Halbleiterelektronik saß anfangs zwei Irrtümern auf:
1. dass BJTs besser wären als FETs,
2. dass Germanium geeigneter wäre als Silizium.
Also kamen zuerst Ge - Transistoren auf den Markt. Vieles ließ sich damit schon recht gut machen.
Leider hatten sie ein Problem: relativ hohes Rauschen. In TB - Geräten ist das im Wiedergabeverstärker kritisch. Ich habe da keinen wirklichen Überblick, aber auch rauscharme Typen waren wohl aktuellen Röhren unterlegen? Mit Ge - Transistoren wurde offenbar bei TB - Wiedergabeverstärkern kein Rauschabstand erreicht, der sich vom Rauschabstand der aktuellen Bänder hinreichend abhob. Auch hier im Forum ist mir schon mehrfach aufgefallen, dass Ge - Transistoren gern durch pnp - Si - Typen (BC560) ersetzt werden. Exemplarisch zeige ich hier ohne weiteren Kommentar zwei Klassiker:
1) Studer brachte erstmals 1964 in der A62 Transistoren, noch Germanium (ASY27):
Hat hier jemand Erfahrung mit so einem Gerät, wie ist das Rauschverhalten?
2) Saba brachte 1965 die 600SH heraus (BCY51r / AC151?):
WV.Saba600SH.JPG (Größe: 42.55 KB / Downloads: 483)
Da kann man mal sehen, was man aufs Hörensagen geben darf. Zig mal habe ich gelesen, dass die 600SH so furchtbar rauscht, weil da Ge - Transistoren drin sind. Nun schau ich rein und finde einen BCY51r. Ich weiß zwar nicht, was dieser taugt - Germanium ist es jedoch definitiv nicht.
Den übel beleumundeten AC151 gibt es auch, aber nur als zweite Stufe im Aufnahmeentzerrer. Dort sollte sein Schadenspotenzial begrenzt sein (zumindest solange er nicht defekt ist).
Wenn nun also vielfach berichtet wird, dass das Rauschen durch Tausch des AC151 gegen einen BC560 besser wird - hmmm ….
Weitere Geräte mit Ge - Transistoren kenne ich nicht (kann mir jemand Tipps geben?). Doch, eins wäre da noch: Das Jupiter aus sowjetischer Produktion. Als das raus kam, waren aber auch im Ostblock längst Si - Transistoren Standard. Wenn jemand ein Beispiel für rauschende TB - Geräte sucht: Er wird kein “besseres“ finden.
Erst mit Si - Planar - Epitaxie - Transistoren gelang es, das Verstärkerrauschen entscheidend zu senken; das Bandrauschen wurde dominierend und damit war eine akzeptable Verstärkerqualität erreicht.
Der erste Transistor, der mir zu dem Thema einfällt, ist der BC109 (50mA, npn). Die BC108-Familie wurde ursprünglich lt. Wikipedia von Philips und Mullard 1966 eingeführt, aber bald auch von anderen Herstellern produziert , u. a. Siemens & Halske in D. Der BC109 ist der auf Rauscharmut selektierte Typ.
Zuerst kamen npn - Familien mit den daraus auf Rauscharmut ausgemessenen Typen:
Familie | Ausmesstyp | max. typ. fN(dB)
BC108 | BC109 | 4 2 … 1.2 je nach Hersteller
BC208 | BC209 | 4 1.5
BC238 | BC239 | 4 2
SC236 | SC239 | 4 -
BC548 | BC550 | 3 1.4
BC329 | BC330 | 2 ? "rausch-/rumpelarm" (geringes pop corn noise) *
BC413 | BC414 | 2.5 1.2 "Flicker Noise" - spezifiziert
( *: Da ich "ein paar Jährchen" in der Produktionsmesstechnik der Halbleiterei - kurz “Test“ genannt - tätig war, kann ich gern ein paar Details zum Test von Rauschparametern nennen. Da das hier aber schon OT ist, erst am Ende als P. S.)
Eine wirkliche Entwicklung bei den Transistoren, speziell der "noise figure fN" ist kaum zu beobachten.
(Dieser nicht standardisierte Parameter ist nur bedingt aussagefähig. Man muss sich dazu die Messbedingungen anschauen und prüfen, inwiefern sie zum eigenen Anwendungsfall passen.)
Eher scheint es Unterschiede zwischen den Herstellern gegeben zu haben.
Nach der Papierform hat der BC330 von Texas Instruments die Nase vorn.
Es ist aber keineswegs damit getan, einen rauscharmen Transistor einzubauen. Dieser muss auch optimal betrieben werden (Arbeitspunkt, Anpassung an den Wiedergabekopf). Schauen wir uns doch mal einige typische Beispiele an:
3) Bei Revox erscheint der BC109 erstmals 1967 in der A77, dann ganz ähnlich weiter in B77/PR99.
Über den Sinn dieser etwas unüblichen Schaltung mit dem riesigen C1 zerbreche ich mir seit Jahren den Kopf. Kann man so machen, aber warum? Wer will schon so ein Elko - Monster ohne Not in seiner Schaltung haben? Eine DC - Ankopplung des WK, wie im SM beworben, ist es jedenfalls nicht, da am kalten Ende der Basisstrom von Q2 über R2 und C1 zurück zum WK muss.
Zur Entzerrung gehört noch der WK, der mit C4 resoniert.
4) Braun TG-1000 (1970): BC209, später BC149
State of the Art, schlicht und elegant. Mit RC-T-Filter zur Entzerrung. L2301, C2303 sind eine Löschfrequenz - Falle, haben nichts mit der Entzerrung zu tun.
5) Grundig TK120 (1969?*): BC109
*: Das TK120 gab es 1966 zuerst mit Röhren, erkennbar am magischen Auge als Aussteuerinstrument. Ab wann gab es die Transistorvariante (mit Zeiger - Zappler)? Ab etwa 1969?
Eine durchaus originelle Schaltung. Mit nur vier Transistoren wird ein kombinierter Aufnahme- / Wiedergabeverstärker realisiert. Deren Anforderungen sind ja sehr unterschiedlich. Der Clou ist das Poti R51: Der Schleifer liegt auf Masse und teilt R51 in zwei Teile. Der obere Teil bildet mit R11 einen Spannungsteiler und fungiert so als Pegelregler. Der untere Teil liegt mit C4, R10 parallel zum Gegenkopplungswiderstand R3 und realisiert so eine veränderliche Verstärkung! Auch das ist Top - Engineering!
Auf diese Schaltung wäre ich sicher nie gestoßen, wenn so ein Gerät (in der polnischen Version) nicht Lebensabschnittsgefährte meiner besten Jahre gewesen wäre.
6) Grundig TS1000 (1976): BC330
Ähnlich TG-1000, State of the Art.TG-1000 wirkt etwas raffinierter. Aber wenn das Ergebnis stimmt, ist alles i. O. .
7) Philips N4520 (1979): BC550
Sehr aufwendige, moderne Schaltung, detaillierte Entzerrung. Absolut vergleichbar mit Studer Maschinen.
8) Telefunken M15A (1971): BC330 (nach Trafo)
Die OpAmps kommen. Aber vorgeschaltet ist mit Ts1 ein BC330 und der bestimmt ganz überwiegend das Rauschverhalten. Die Ankopplung des WK über einen Übertrager ist typisch Studiomaschine. Der symmetrische Eingang unterdrückt Störgrößen, die in das Verbindungskabel vom WK einstreuen. Der WK ist einerseits relativ weit vom Verstärker entfernt. Andererseits haben Studiomaschinen natürlich höchste Anforderungen an die Brummunterdrückung. Ob auch eine Impedanzanpassung stattfindet, kann man ohne Kenntnis der Übertragerdaten nicht sagen.
(Zum BC330 von TI habe ich kein Datenblatt im WWW finden können, nur eine Zeile in einer tabellarischen Übersicht. Hat da jemand mehr?)
Etwas später kamen pnp - Transistoren:
Familie | Ausmesstyp | max. typ. fN(dB)
BC178 | BC179 | 4 2
BC556 | BC560 | 2 1.2
- | BC327 | - -
Besonders im Hause Studer kamen nun nur noch pnp zum Einsatz. Dabei ist doch npn die "default" - Zonenfolge bei Silizium, die zumindest am Anfang deutlich besser beherrscht wurde und auch preiswerter war. Und es gab ja auch die jeweiligen npn - Äquivalente (z.B. BC550). Warum also pnp? Hatte das spezielle Gründe?
9) Studer A80 (1970): BC179 (nach Trafo)
Ein Dreistufer mit Q2, Q3, Q6 im Signalweg. Q6 ist nur ein Impedanzwandler und koppelt das Signal über C31 in ein Gegenkopplungsnetzwerk aus, das über C30 tw. zurück kommt. Q7 ist eine elektronische Betriebsspannungs - Siebung.
Q8/4/5 bilden einen Umschalter für das Entzerrungsnetzwerk.
Die Entzerrung für mehrere Geschwindigkeiten (hier nicht im Bild) ist recht komplex.
Der Studio - typische Eingangsübertrager realisiert hier auch eine Anpassung von 1:10.
Im weiteren Signalweg kommen dann OpAmps (TBA931 - der Spezial - IC aus der A700) zum Einsatz.
10) Studer A/B67 (1975): BC560
Der weit verbreitete BC560 kommt zum Einsatz. Bemerkenswert: kein Eingangsübertrager.
11) Studer A807 (1986): BC327
Der BC560 ist abgemeldet. Es kommt ein BC327 als Vorstufe vor einem RC4559.
12) Revox C270 (1988): BC327
Die Schaltung ist fast identisch zur A807.
In beiden Maschinen kommt ein BC327 zum Einsatz: pnp, 800mA. Hier fällt auf, dass der überhaupt nicht als rauscharm qualifiziert wird, es finden sich keine Rausch-Parameter?! Demnach fand offenbar keine Rausch - Selektion beim Hersteller statt. Die 800mA lassen erwarten, dass er großflächiger, niederohmiger im Basisbahnwiderstand war. Das könnte so wirken, als ob man mehrere Transistoren parallel schaltet: Eine Verdoppelung senkt jeweils das Rauschen um 3dB. Schlägt das allein die Spezialisten im Rauschen? Oder wurde im Hause Studer selbst selektiert? Zuzutrauen ist das dem Willi. Ohne Selektion sollte es kaum gegangen sein (s. P.S.).
EDIT: Mein Kopf wird auch nicht besser! Die Frage gab´s schon mal und sie wurde beantwortet: Was hat sich der Willi bloß dabei gedacht? #22
Weitere Entwicklungen: ICs, JFETs?
Hier ist mein Thema eigentlich zu Ende und 1988 war die Entwicklung von Reel to Reel Maschinen ja auch weitestgehend abgeschlossen. Bei Cassetten - Decks gab es durchaus Weiterentwicklungen. Aber da kenne ich mich herzlich wenig aus. ICs als Wiedergabeverstärker waren aber wohl weit verbreitet. Gab es auch schon welche mit JFETs? Für Spulengeräte aus Europa ist mir solches aber nicht bekannt, vielleicht bei den Japanern?
Aber halt, eine Ausnahme gab es. Willi Studer war seiner Zeit wieder einmal voraus und brachte
13) die Revox A700 (1973): TBA931
So genial einfach kann ein Wiedergabeverstärker aussehen! Und dann ist eine echte DC - Ankopplung des WK auch ganz einfach.
Aber es blieb eine Eintagsfliege - warum? Der TBA931 war eine spezielle Entwicklung mit einer großflächigen symmetrischen Eingangsstufe, auf Rauscharmut designt. War die Signalqualität doch schlechter als bei diskreten Lösungen? In der A80 setzt man ihn mit diskreter Vorstufe ein. War die Ausbeute zu gering und damit die Produktion zu teuer? Oder wurde der “IC - Klang“ von Goldohren schlecht geredet?
P.S.: Zum “Test“ von Rauschparametern - ein kleiner Einblick
In der Elektronik rauscht alles, was wärmer als 0K oder supraleitend ist. Halbleiter - BE rauschen noch zusätzlich, besonders BJTs. Das liegt in der Natur ihrer Funktion, Stichworte PN - Übergänge, Ladungsträger - Injektion. Den Rauschlevel kann man durch die Dimensionierung des Transistors in Grenzen beeinflussen. Das Rauschen der einzelnen BJTs ist aber stark exemplarabhängig. Deshalb kommt man um eine Selektion durch Ausmessen nicht herum.
Rauschen ist ein Zufalls - Phänomen; es unterliegt den Regeln der Stochastik. Um zuverlässige Werte zu erhalten, muss man mehrfach messen und den Durchschnitt berechnen. Umso mehr Messungen, desto genauer. Nun kostet jede Messung aber Zeit und diese wiederum bekanntlich Geld. Ein gängiger Kompromiss sind 30 Proben. Rauschen von BJTs im NF - Bereich ist aber besonders fies, da es sich bevorzugt im tiefen und tiefsten Frequenzbereich abspielt. Und um so tiefer der interessierende Frequenzbereich, desto länger die Messzeit.
Warum?
Wenn ich das Rauschen bei 1kHz messe, habe ich eine Periodendauer von 1ms. Um äquivalent für 30 Proben zu messen, muss ich den Mittelwert über 30ms messen. Dass ist i. A. schon mehr Testzeit, als die Summe aller sonstigen Tests (Stromverstärkung, Durchbruchspannung, Leckstrom) benötigt. Jetzt haben BJTs aber ein sog. 1/f - Rauschen d.h., das Rauschen steigt unterhalb einer Frequenz (typisch 1kHz) mit 20dB/Dekade an. Also bei 100Hz zehn mal so viel wie bei 1kHz. Hier müsste ich aber schon 300ms messen. Das kostet schon richtig Geld.
Aber das fieseste kommt noch: Im Halbleiterwerk Frankfurt / O. nannten wir das damals “Funkelrauschen“. Ich ziehe aber ausnahmsweise die neudeutsche Bezeichnung "pop corn noise" vor. Das Ploppen und Prasseln der Maiskörner beim Platzen trifft das Geräusch ganz gut. Um das messtechnisch zu fangen, muss man schon im Sekundenbereich messen. Das ist quasi unbezahlbar. Relevant tritt es nur bei einem geringen Prozentsatz der Transistoren auf. Ausschließen kann ich es aber nur, wenn ich alle teste. Es wurde alles versucht, um das Pop Corn Rauschen technologisch zu beseitigen. Meines Wissens ohne Erfolg. Man sprach vage von Kristallfehlern. Die Existenz des englischen Begriffes allein zeigt aber, dass das Problem woanders auch bekannt war. Unsere entsprechende Transistorfamilie hieß SC236…239. SC239 war der rauschärmste Ausmesstyp in den Stromverstärkungsklassen a…f. Und der “Funkelrausch“- geprüfte Typ bekam noch ein ’s’ hinten dran, also z.B. SC239es.
Der Testaufwand ist dramatisch, er übertrifft in den Kosten die gesamte restliche Produktion dann um das Vielfache. So kommt es, dass ein 08/15 - BJT 5 Cent kostet, ein nach allen Regeln der Kunst rauschgetesteter gern aber 5$! Deshalb halte ich von heute gebauten “BC550“ für wenige Cent nicht allzu viel. Hier wird wahrscheinlich überhaupt nicht mehr getestet. Das ist dann wie beim 15€ - Akkuschrauber vom Baumarkt: Die defekten sortiert der Kunde aus.
Das alles trifft natürlich nicht nur für Transistoren sondern ebenso für ICs zu. Ein Standard - OpAmp kostet quasi nichts, ein spezieller rauscharmer Typ gerne weit mehr als 10$. Von der Chipfläche ist der vielleicht doppelt so groß wie ein Standardtyp (auch nur wegen der großflächigen rauscharmen Eingangsstufe), also immer noch im Cent - Bereich. Das Teure ist der Rauschtest!
In Rust We Trust!
T e s l a B 1 1 6 (A.D.), R E V O X B 7 7
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