Rauscharmer JFET Vorverstärker
#1
In Wiedergabeverstärker: Rauschen
wird ein rauscharmer linearer Vorverstärker mit ≥40dB und ≤0,3nV/√Hz Eingangsrauschspannung benötigt. Letzteres ist nicht ohne, mal sehen ob das mit einer JFET-Vorstufe gelingt.

Kurz vornweg: Das ist mein erstes JFET-Projekt. Ich bin zwischen BC109 und 2N3055 (genauer SC239 und KD503) aufgewachsen. Über JFETs weiß ich in guter Näherung nichts, habe mir in der letzten Woche etwas angelesen. Es ist von Wissenslücken und Missverständnissen auszugehen. Korrekturen und Hinweise sind ausdrücklich erwünscht! Auch deshalb führe ich hier meine Vorgehensweise so detailliert auf, dass ich bei Irrtümern erwischt werden kann.

Jetzt also ein Vorverstärker mit JFET-Vorstufe. Soviel ist klar: 0,3nV/√Hz sind eine Ansage. Während die Anforderungen an den OpAmp durch die Vorstufe entspannter werden (LT1007 sollte mehr als gut genug sein), sind unter den JFETs die besten nicht gut genug, so dass mehrere parallel geschaltet werden müssen.

1. Auswahl des JFETs
Lange war der BFA862 das Maß der Dinge. Den gibt es seit Jahrzehnten nur noch als Fälschung aus China. Eine Rauschmessung moderner Typen gibt es hier: https://audioxpress.com/article/measurements-rate-new-smt-low-voltage-jfets-under-consistent-conditions-an-update-using-modern-jfets
   
Gemessen wurde mit ID=1mA. Die besten im NF-Bereich sind in der Reihenfolge:
           en(nV/√Hz)      NF(dB)        IDSS(mA)    VGSoff      yfs(mS)  VGDS(V)  Preis(€)
CPH3910    ~1.2**          2.1 @ 100MHz  20..40      -0.6..-1.8  40       -25      0,7x Farnell/Mouser
CPH6904=2xCPH3910                                                                  0,72 Mouser
MMBF5103*  ~1.3**              -         10..40      -1.2..-2.7  -        -40      0,25 Reichelt
2SK2349    ~1.4**          1.0 @ 1kHz    10..42      -0.3..-1.0  38       -15      -
BSR58*     ~1.4**              -          8..80       0.8..4?    -        -40      0,5x Farnell/Mouser
Hab ich auch noch gefunden:
JFE150     0.8 @ 5mA           -         24..35..46  -0.9..-1.1? 68       -40      3,10 Mouser
JFE2140    0.9 @ 1kHz/5mA      -         12..18..23  -0.9..-1.5  30       -40      2,29 per 2500Stk.
           2.4 @ 10Hz/2mA
IFN152     1.0                 -          5..20      -0.5..-2.0  30       -20      15,84 Mouser
2SK152     1.2 @1kHz/10mA  1.8 @ 100MHz  10..42      -0.5..-2.0  25       -15      -
Zum Vergleich Yesterday´s Hero:
BF862      0.8 @ 100kHz        -         10..25      -0.3..-1.2  45       -20      -
* : keine Rauschparameter vom Hersteller spezifiziert
**: aus der Grafik abgeschätzt

#1 ist eindeutig der JFE150: geringste Rauschspannung, größte Steilheit, hohe Betriebsspannung. Leider ist er auch der teuerste.
#2 CPH6904=2xCPH3910 mit 2 Transistoren zum Preis von einem. 2 parallel, → 1,2nV/√Hz / √2 = 0,85nV/√Hz.
#3 wäre noch der MMBF5103. Es ist aber keine Steilheit angegeben und die Rauschparameter sind auch nicht spezifiziert.

Das beste Preis/Leistungsverhältnis hat der CPH6904. Die angestrebte Rauschspannung erreichen wir mit 8 Pärchen parallel: 1,2nV/√Hz / √16 = 0,3nV/√Hz. Stört die Eingangskapazität? 6pF • 16 = 96pF. Resoniert mit den 75mH unseres TK bei 59kHz, also kein Problem.

Die besten Werte liefert der JFE150! Er hat eine größere Steilheit. Und man braucht im Vergleich zum CPH6904 nur ½ so viele Transistoren und entsprechend weniger Gesamt-Drainstrom. Beides vergrößert die Verstärkung, falls man mit Drain-Widerstand arbeitet (was ich erst einmal anstrebe). Von der Papierform ist er sogar einen Tick besser als der BF862 (Steilheit)!

2. Spice Modelle
Womit modelliere ich? Im WWW habe ich immerhin etwas gefunden:
.model BF862  NJF(BETA=33.9m VTO=-508m LAMBDA=24.26m RD=0.5 RS=0.5 N=1.255 M=0.6  PB=0.5  IS=119f  CGD=7.5P CGS=9.5p  FC=0.5 BETATCE=-0.5 VTOTC=-2m  AF=1 KF=8.75E-17 ISR=3P NR=2 ALPHA=1E-3 VK=6.0E2 MFG=NXP)
.model NJFE150 NJF(BETA=31m  VTO=-975m LAMBDA=16.95m RD=3.5 RS=4.2 N=1    M=0.33 PB=0.705 IS=5.34f CGD=6.3p CGS=20.3p FC=0.5 BETATCE= 0.5 VTOTC=2.5m AF=1 KF=3.25e-18)
.model CPH3910 NJF(BETA=25.6m VTO=-1.23 LAMBDA=33m    RD=7.6 RS=7.6 N=1.111 M=0.36 PB=0.6  IS=10.3f CGD=5.6p CGS=5.6p  FC=0.5)
Es geht mir nur um die DC/AC-Modellierung. Dafür wird es hoffentlich reichen. Rauschparameter enthalten die Modelle von Transistoren allermeistens nicht.
Den JFE150 könnte man mit PSPICE-FOR-TI wohl auch bzgl. Rauschen modellieren. Habe ich noch nie probiert, mal sehen....

3. DC Arbeitspunkt
Da gibt es mit Blick auf Rauschen folgendes zu beachten:
3.1. VDS≤5V. Für geringen Klirr VDS≥2V. Also VDS=2V.

3.2. IDS "so groß wie möglich" heißt es. Das skaliert aber auch nicht linear. In Schaltungsbeispielen sieht man 1...5mA. Der JFE150 erreicht ein Rauschminimum bei 5mA:
   
Also IDS=5mA scheint mir ausreichend.

3.3. Dimensionierung von RS:
Das ist mein erstes Problem. Es ist wohl nicht so einfach wie RE bei einem Bipolartransistor. Da ist in ausreichender Näherung RE = (VB - 0,6V) / IE. VBE ist eben bei allen Si-Transistoren 0,6...0,7V.
Ich habe bei JFETs noch nichts anderes gesehen als VG=0V, angelegt über ein RG=1M gegen GND. Mit IDS stellt sich über RS eine Spannung -VGS = RS • IDS ein (IS = ID). Welche VGS wir brauchen, zeigt dieses Diagramm für den JFE150:
   
IDS = 5mA ergibt sich also mit -VGS ≈ 550mV. → RS = 550mV / 5mA = 110Ω.

3.4. Dimensionierung von RD:
Für minimales Rauschen ist neben der geringen Rauschspannung des JFETs eine möglichst hohe Spannungsverstärkung wichtig, mindestens Faktor 10, mehr als 100 bringt nicht mehr viel. Die Spannungsverstärkung ist proportional zu RD, d.h. RD möglichst groß. Durch RD fließt aber erst einmal IDS. Da dieser schon fest liegt, kann RD nur durch steigende Bertriebsspannung erhöht werden. Deshalb nehme ich erst mal VDD = 30V. Damit wird VRD = VDD - VDS - VS = 30V - 2V - 550mV = 27,45V. Damit ergibt sich RD = 27,45V / 5mA = 5k49.

Das wäre erst mal alles und das will ich jetzt auch so in der Simu sehen.

JFE150:
   
Na gugge da - geht doch! VD ist mit RD=5k49 etwa 300mV zu gering für VDS=2V. Mit RD=5k425 wird VD=2.565V, die anderen Werte ändern sich nur minimal. Es zeigt sich eine sehr hohe Empfindlichkeit der Einstellung von VD mit RD. Da muss in der reellen HW ein Trimmer mit rein!

Jetzt stelle ich noch die APs für die anderen beiden JFETs ein. Ich nehme gleich die Modelle und mache das in der Simu.

BF862:
Für ID=5mA musste RS auf 26Ω verkleinert werden, das "will" er nicht wirklich.
Lässt man RS=110Ω, stellen sich ziemlich genau 2,5mA ein. Das scheint ein üblicher Wert für den BF862 zu sein. Dann muss man aber RD etwa verdoppeln. Am Ende kommt das raus:
   

CPH6904:
Das sind 2 CPH3910 auf einem Die, die wir direkt parallel schalten können. 2 einzelne bräuchten wg. möglicherweise unterschiedlicher Parameter jeder seinen eigenen RS. Zwei benachbarte von einem Wafer sind aber wirklich gleich genug, dass man das machen kann. Aber jeder braucht die 5mA, deshalb werden RD und RS gleich mal halbiert.
   

4. AC Verstärkung
Die Verstärkung ergibt sich aus yfs, RD und dem gegenkoppelnden RS.

G = -  yfs • RD_
      yfs•RS + 1

         Simu Rechnung  Gain mit RS=0*
JFE150 : 31,5  43        367
BF862  : 59,5  66        495
CPH6904: 22,5  27        108
Die Unterschiede erklären sich u. a. aus unterschiedlichen Steilheiten in Simu und Rechnung.
*: erhält man mit einem C parallel zu RS
Der BF862 hebt sich heraus, aber hauptsächlich weil er mit halbem ID den doppelten RD hat.
K ist übrigens < 0,01%.

Diese Verstärker wären so einsetzbar. Ich brauche aber weniger Rauschen und muss dafür mehrere JFETs parallel schalten. Das hat einige Konsequenzen, über die ich noch etwas nachdenken muss. Deshalb stelle ich hier erst mal dieses Zwischenergebnis vor.

Fortsetzung folgt
Frank
In Rust We Trust!
T e s l a  B 1 1 6 (A.D.),  R E V O X  B 7 7
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Rauscharmer JFET Vorverstärker - von DropOut - 28.01.2023, 11:25
SUPRA by MichaelB. - von user-332 - 01.02.2023, 09:46

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste