06.01.2017, 23:37
es ist irgendwie witzig - seit bekannt ist, dass beim W210 die vorderen Federaufnahmen sensibel sind, kennt jeder einen, der einen kennt, bei dem der Vorderwagen des W210 zusammengebrochen ist. Komischerweise kennt aber niemand einen W124-Fahrer, der auf der Straße seine Hinterachse verloren hat, oder einen Fahrer der Baureihen W123 und früher, denen im achten Jahr der Wagen stillgelegt wurde, weil man den Hinterwagen mit Muskelkraft hätte abbrechen können. Es erinnert sich auch niemand mehr an die frühen M102- und M103 - Motoren im W124, die wegen Sparmaßnahmen bei der Nockenwellenhärtung verreckt sind wie die Fliegen, auch der sogenannte Bonanza-Effekt bei den W124 Dieselmotoren, der die Taxifahrerzunft auf die Barrikaden getrieben hat, ist aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Zu den Federn fällt mir nochmal der W123 ein, bei dem die vorderen Federn so bescheuert eingebaut sind, dass sie bei Korrosionseinwirkung brechen können - der Effekt ist dann der selbe wie beim W210, wenn die Federaufnahmen wegbrechen. Die bisher meisten und schlimmsten Elektronikprobleme der Nachkriegsgeschichte hatte der W124, hier sind zahllose Autos durch zerbröselnde Kabelisolierungen abgebrannt oder schwer beschädigt worden, und bei den späteren W126 gibt es ein Zündsteuergerät, das einen mittelprächtigen W126 von jetzt auf gleich in einen wirtschaftlichen Totalschaden verwandeln kann. Wenn man einen wirklich elektronikfreien Benz sucht, muss man bis in die sechziger zurückgehen, der W124 hatte schon eine teilelektronische Einspritzanlage ( KE-Jetronic ), ABS und den ESP-Vorläufer ASR. Auch der bzw. die Airbags wurden elektronisch gesteuert. Die letzten W124 Modelle von 1993 bis 1996 hatten sogar schon teilweise die Bosch Motronic, wo Zündung ( ohne mechanischen Verteiler ) und Einspritzung von einem Steuergerät kontrolliert wurden. Was die Menge an Elektronik angeht, waren späte W124 und frühe W210 ( bis zur kleinen MOPF 1997 ) quasi identisch - mit der Ausnahme, dass es beim W210 keine Kabelbrände mehr gab.
Dem W211 hat man nach den Erfahrungen mit dem Vorgänger von Anfang an einen extrem guten Rostschutz mitgegeben. Die Elektronikprobleme bezogen sich hauptsächlich auf die komische SBC-Bremse. Diese wurde ab Ende 2006 wieder durch eine konventionelle Bremse ersetzt, und die 211er ab dieser großen Modellpflege und die erste Serie der Baureihe W212 sind qualitativ sicher das beste, was Mercedes je gebaut hat. Wenn man einen MOPF 211 von Anfang an gut pflegt, hat man das, was dem W124 immer zugesprochen wird: ein Auto, das bei entsprechender Teileversorgung ewig halten kann.
Der Grund für die verdrehte Einschätzung - die Autos halten immer länger, und trotzdem glauben die Leute, dass früher alles hochwertiger war - liegt in dem veränderten Qualitätsbewusstsein. Wenn man einen W123 lange fahren wollte, kümmerte man sich von Anfang an proaktiv darum, die Schwachstellen zu erkennen und in Ordnung zu halten. Heute fährt man einfach, und wenn die Fuhre nach zwölf Jahren zusammenkracht, meckert man mehr oder weniger öffentlich über Qualitätsmängel, ohne daran zu denken, dass die Autos aus der "guten alten Zeit" das zwölfte Lebensjahr meist gar nicht erlebt haben. Die frühen W210, erkennbar an den Blinkern im Kotflügel statt in den Spiegelgehäusen, sind heute mindestens 17 Jahre alt - schaut mal selber, wie viele davon noch in gutem bis sehr gutem Zustand unterwegs sind, und sogar noch als Nutzesel wie Taxis benutzt werden. Und dann denkt mal an die neunziger Jahre, wie die W123 ausgesehen und sich gefahren haben, die 17 Jahre Alltagseinsatz bei normaler bis mäßiger Pflege hinter sich hatten.
Ich persönlich finde das Bashing der moderneren "Youngtimer" gut und schlecht zugleich. Gut, weil ich für ein Taschengeld Oberklasse fahren kann, schlecht, weil ein Modell, das keine Wertschätzung erfährt, im Alter schwerer zu unterhalten sein wird. An der Panzerschrank S-Klasse W140 kann man gut sehen, was passiert, wenn ein Auto zu spät als Liebhaberfahrzeug entdeckt wird. Noch schlimmer als der W210 ist übrigens die S-Klasse W220 dran - die wird selbst von Liebhabern modernerer Mercedes nicht wahrgenommen, obwohl sie das geilste Fahrgefühl zu bieten hat, was ich bisher erlebt habe. Im Vergleich zum W210 fährt der W124 wie eine Ackerkarre, im Vergleich zum W220 ist der W126 ziemlich ernüchternd.
Nur mal ein wahllos rausgegriffenes Beispiel für den ewig haltbaren W124:
Diesen Schaden hat der Besitzer sicher durch Feuchtigkeit im Innenraum wahrgenommen - sehen tut man sowas beim W124 erst dann, wenn absolut nichts mehr zu retten ist. Die Sacco-Bretter sind mit der ersten MOPF gekommen, nachdem die W124 mit den Gummileisten durch frühen starken Korrosionsbefall ins Gerede gekommen sind. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Gruß Frank
Dem W211 hat man nach den Erfahrungen mit dem Vorgänger von Anfang an einen extrem guten Rostschutz mitgegeben. Die Elektronikprobleme bezogen sich hauptsächlich auf die komische SBC-Bremse. Diese wurde ab Ende 2006 wieder durch eine konventionelle Bremse ersetzt, und die 211er ab dieser großen Modellpflege und die erste Serie der Baureihe W212 sind qualitativ sicher das beste, was Mercedes je gebaut hat. Wenn man einen MOPF 211 von Anfang an gut pflegt, hat man das, was dem W124 immer zugesprochen wird: ein Auto, das bei entsprechender Teileversorgung ewig halten kann.
Der Grund für die verdrehte Einschätzung - die Autos halten immer länger, und trotzdem glauben die Leute, dass früher alles hochwertiger war - liegt in dem veränderten Qualitätsbewusstsein. Wenn man einen W123 lange fahren wollte, kümmerte man sich von Anfang an proaktiv darum, die Schwachstellen zu erkennen und in Ordnung zu halten. Heute fährt man einfach, und wenn die Fuhre nach zwölf Jahren zusammenkracht, meckert man mehr oder weniger öffentlich über Qualitätsmängel, ohne daran zu denken, dass die Autos aus der "guten alten Zeit" das zwölfte Lebensjahr meist gar nicht erlebt haben. Die frühen W210, erkennbar an den Blinkern im Kotflügel statt in den Spiegelgehäusen, sind heute mindestens 17 Jahre alt - schaut mal selber, wie viele davon noch in gutem bis sehr gutem Zustand unterwegs sind, und sogar noch als Nutzesel wie Taxis benutzt werden. Und dann denkt mal an die neunziger Jahre, wie die W123 ausgesehen und sich gefahren haben, die 17 Jahre Alltagseinsatz bei normaler bis mäßiger Pflege hinter sich hatten.
Ich persönlich finde das Bashing der moderneren "Youngtimer" gut und schlecht zugleich. Gut, weil ich für ein Taschengeld Oberklasse fahren kann, schlecht, weil ein Modell, das keine Wertschätzung erfährt, im Alter schwerer zu unterhalten sein wird. An der Panzerschrank S-Klasse W140 kann man gut sehen, was passiert, wenn ein Auto zu spät als Liebhaberfahrzeug entdeckt wird. Noch schlimmer als der W210 ist übrigens die S-Klasse W220 dran - die wird selbst von Liebhabern modernerer Mercedes nicht wahrgenommen, obwohl sie das geilste Fahrgefühl zu bieten hat, was ich bisher erlebt habe. Im Vergleich zum W210 fährt der W124 wie eine Ackerkarre, im Vergleich zum W220 ist der W126 ziemlich ernüchternd.
Nur mal ein wahllos rausgegriffenes Beispiel für den ewig haltbaren W124:
Diesen Schaden hat der Besitzer sicher durch Feuchtigkeit im Innenraum wahrgenommen - sehen tut man sowas beim W124 erst dann, wenn absolut nichts mehr zu retten ist. Die Sacco-Bretter sind mit der ersten MOPF gekommen, nachdem die W124 mit den Gummileisten durch frühen starken Korrosionsbefall ins Gerede gekommen sind. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Gruß Frank