Korrelationsanzeige – was will sie mir sagen?
#1
´
In diversen Audio- Aufnahmeprogrammen für den Rechner ist eine Korrelationsanzeige in Form einer Ozilloskopenansicht vorhanden. Nur- wie deute ich diese Anzeige? Bei Mono ist alles klar, es erscheint ein senkrechter Strich, weil es keine Phasenverschiebung gibt.

Laut Johannes Webers´ Handbuch der Tonstudiotechnik, 9. Ausgabe, S. 358 ist das bei Mono- und sehr nahe beieinander angeordneten X/Y- Mikrophone so in Ordnung. Es wird darauf hingewiesen, dass es auf keinen Fall zu einer kreisförmigen Darstellung kommen dürfe; dies deute auf verpolte Mikrophone hin, was die Monowiedergabe beeinträchtigen kann.

Bei Aufnahmen, die mit mehreren Einzelmikros (Polymikrofonie) aufgenommen wurden, erscheint aber ein im Takt der NF pulsierender Kreis, oder besser gesagt ein sich im Takt bewegendes entfernt kreisähnliches Muster – es erinnert an ein lose hingeworfenes Seil (oder einem abgestürzten Bobby). Das ist nicht nur bei eigenen Aufnahmen, sondern auch bei zum Vergleich herangezogenen CDs gleichermaßen der Fall.

Das es bei angenommen 4 nicht unmittelbar benachbart aufgestellten Mikros zu Phasenunterschieden kommt ist klar - selbst bei einer Schallquelle trifft der Schall zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf die einzelnen Mikrophone. Wird jedes Mikro für unterschiedliche Schallquellen bzw. Instrumente verwendet, kann das Phasenwirrwarr nur zunehmen.

Ist die Anzeige des Korrelationsmessers in solchen Fällen überhaupt aussagekräftig und wenn ja, wie sollte das Oszillogramm im optimalen Fall aussehen?
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
Zitieren
#2
Lieber Frank,

lange habe ich überlegt, ob ich etwas schreiben soll oder nicht, denn die Situation ist eigentlich zu komplex, um den Korrelationsgradmesser mit einigen Handbuchrezepten abzuhandeln. Ich riskiere es nun trotzdem, selbst wenn's mal wieder lang und genau nich handbuchmäßig wird und der erfahrene Sichtgerätenutzer erheblich mehr aus dem offerierten Schirmbild erkennen kann, als der Liebhaber am Computerschirm anhand eines grafisch mehr oder minder glücklich angelegten 'Zusatzfeatures'.

Korrelationsmessgeräte zeigen primär den Korrelationsgrad 'r' zwischen den beiden übertragenen Kanälen, also die momentane Phasenbeziehung zwischen ihnen an. Dabei gibt es in Gestalt eines Zeigermesswerkes (Studerpulte, RTW-Leuchtbänder) mit geeignetem Ansteuerverstärker und dem Stereosichtgerät zwei Bauarten, die aber unterschiedliche Leistungsfähigkeiten aufweisen. So kann der klassische Zeigerkorrelationsgradmesser mit Zeiger lediglich den Korrelationsgrad anzeigen, während das oszilloskopische Sichtgerät Momentanphasenbeziehung, Richtung und den addierten Pegel beider Kanäle anzeigt. In späterer Zeit wurde den oszilloskopischen Sichtgeräten oftmals noch eine diskrete Anzeige des KOrrelationsgrades in Gestalt eines in x-Richtung im Bild wandernden Winkels beigegeben.

Man könnte mit gewisser Berechtigung den Korrelationsgrad als invertierte Visualisierung des S-Pegel-Anteils eines Aufnahmesignals verstehen. Der Korrelationsgrad -1 entspräche dann dem ausschließlichen Vorhandensein des S-Signales, wogegen +1 sein vollständiges Fehlen, also das alleinige Vorliegen eines M-Signales beschreibt.

Das Stereosichtgerät entstand in der Zeit der von der stereofonen Vinylplatte und vom stereofonen Rundfunk genährten Idealvorstellung einer monokompatiblen AYufzeichnung. Im Falle der LP hatte das sehr reale Gründe, weil hier über die 2x45°-L- und R- bzw. MS- Seiten- und Tiefenschrift für gegenphasige Signale nur sehr begrenzt Platz vorhanden ist. Beim stereofonen Rundfunkempfang stand einer extremen Minderheit von Stereohörern eine erdrückende Majorität der Monohörer nebst der Notwendigkeit gegenüber, in Produktion und Sendebtrieb bezüglich der Konserven keinesfalls zweigleisig fahren zu können. Die Folge dieser 'stereofonen' Sichten war die Favorisierung der koinzidenten, monokompatiblen MS- und X-Y-Stereofonien, fälschlich damals auch als "Intensitätsstereofonien" bezeichnet. Das ist deshalb falsch, weil "Intensitäten" immer Amplitudenquadrate sind, hier aber nichts mit einander multipiziert, sondern bestenfalls addiert wird, denn es geht nicht um Leistungen, sondern um Pegel. Das wird nicht zuletzt in der dB-Rechnung oft genug durcheinandergeworfen.

Dass die koinzidenten Aufnahmetechniken eine sehr lineare 'Systemkennlinie' besitzen, Winkeländerungen über die Mikrofonbasis also faktisch linear auf die Lautsprecherbasis übertragen werden, war eine Beigabe, die von den Tonverantwortlichen willig als Qualitätsmerkmal aufgesogen wurde, um ihre oben beschriebenen, unvermeidlichen Systemengpässe nicht allzulaut kommunizieren zu müssen. Dass die solcherart konsequent angefertigten Aufnahmen nicht gerade 'räumlich', sonden verfärbt und lediglich über die Basisbreite aufgefächert, schlicht mäßig klingend erschienen, dass beim Hauptmikrofon ausschließlich die klanglich problematischen Nierenmikrofone verwendet werden mussten, fiel natürlich sehr bald auf, bzw. war den ältergedienten Herrschaften eigenltich klar (die RRG-Stereos waren monoinkomatible Groß-A-Bs gewesen). Man wählte deshalb über eher kurz als lang bei der Aufnahme 'raumbedürftigerer' Signale einen 'Behelfsweg', für den man das Signal von 'Raumsimulatoren' in Gestalt eines Raummikrofonpaars, Hallraums und eines oder mehrerer künstlicher Hallerzeuger mit dem der koinzidenten Hauptmikrofonanordnungen kombinerte.

Warum?
Das wusste man damals noch nicht so ganz genau, weshalb auch Vermutungen bestanden, hörte es aber nur zu genau:
Die Infos über die räumliche Tiefe werden vom Gehör aus der Beschaffenheit der seitlichen Raumreflexe abgeleitet, deren vornehmste und damit von unserem Gehör interaural ausgewertete Eigenschaft die der Nichtkorrelation ist. Wenn also ein hoher Anteil nicht korrelierter Information nach der ersten Wellenfron daherkommt, diagnostiziert unser Gehör: "Ahhh, räumlich tief!". UM räumlichkeit darzustellen muss also ein nicht-korrelierter Signalanteil vorhanden sein, deraber keineswegs von der Seite zu kommen hat, sondern getrost von vorne angeboten werden darf. Er muss dem Ohr ldeiglich glaubwürdig erscheinen. Dies besagt aber im Umkehrschluss in Richtung Medium, dass der räumlichen Darstellung bei der schwarzen Schallplatte diesbezüglich enge und prinzipielle (also in Zahlen fassbare) Grenzen gesetzt sind....

Jener 'Behelfspfad' nun schrie nach Überwachung, weshalb man sehr bald primär zum recht billigen oszilloskopischen Sichtgerät überging, um plattenkompatible Aufzeichnungen zu erstellen, dennoch aber halbwegs klangverträglich bleiben konnte: Man mischte halt zu, soweit man glaubte, Platte und Rujndfunkanstalt würden nicht meckern. Bei Rundfunkk wuchs die stereofone Flächendeckung bei der Platten entwicklten Erst Rothe und Ulrich Schmidt den "Tiefenschriftlimiter", so dass dem Problem die Schärfen schon vergleichsweise früher genommen wurden.
Mit der Einführung der CD aber änderte sich das Bild dramatisch, weil keine systembedingte Notwendigkeit für die Koinzidenzstereofonie mehr bestand. Die Niere trat daher als Hauptmikrofon (auch noch aus anderen Gründen) signifikant zurück, die KUgel und damit das Laufzeitverfahren rückte nach 40 Jahren wieder an die erste Stelle. Diese Stereofonie aber stützt sich bewusst und de facto ausschließlich auf Laufzeiten zwischen zwei Mikrofonen, weshalb koinzidente, vollkommen monokompatible, phasen-"fehler"-freie Aufzeichnungen weder möglich noch erwünscht sind. Die Aufnahmen wurden einige Jahre nach CD-Einführung 'plötzlich' 'merkwürdig' leicht und duftig, weil eben die für unser Gehör relevante 'Rauminformation'ausreichend, ja oft bis zum Überfluss vorhanden war. (Lipshitz sprach von "phasiness"!) Inzwischen war auch eine flächendeckende Stereoversorgung bei Rundfunks da, 'Stereo' schicht Alltag. Der Stempel "Aufgrund mangelhafter Korrelation nicht sendefähig" hatte seinen Schrecken verloren.

Wichtig blieb in der Produktion allein die Vermeidung klassischer Gegenphasen durch falsch gepolte Kabel (häufiger als man glaubt!), falsch gepolter Mikrofone (auch das kam häufig und kommt immer noch vor) und raumakustischer Besonderheiten bzw. solchen der Mikrofonaufstellung, denen man mit dem Sichtgerät sehr schön auf die Spur kommt. Gegenphasig arbeitende Stützmikrofone kann man oftmals als 'störend quer' dargestellte Information im Sichtgerät ebenso ausmachen, wie links und rechts ungleichmäßig einsetzende Begrenzer. Genauso lässt sich die koskosnuss- bis (heute) kreisförmige "schöne Durchsteuerung" eines Stereosignales in Gestalt des dann vorliegenden recht ausgeglichenen Verhältnisses zwischen korreliertem und nicht korreliertem Signal verfolgen. Nachdem heute aber AB-Stereofonien mit Kugelmikrofonen praktisch die Regel sind (mit Nieren ginge es genauso, es fehlen aber zwei RAummodendimensionen, überdies sind die NIerenmämngel da), muss man immer gewärtigen, dass auch namentlich bei kleinen Ensembles vor einer AB-Hauptmikrofongruppe immer wieder Gegenphasen auftreten (müssen), weil die diskreten Einzelreflexe 'mitgenommen' werden (müssen, um natürlich zu klingen).

Lernte ich noch, Korrelationsgrade von +0,3 bis +0,7 (also kurz: +O,5) anzustreben und Ausschläge in den negativen Bereich "unter allen Umständen" zu vermeiden, so strebt man heute praktisch einen Korrelationsgrad von 0 an und sieht Ausschlägen in den negativen Bereich ohne Panik zu, solange sie keine ständige Einrichtung bleiben. Dies würde auf falsch gepolte Mikrofone hindeuten, denen man wenigstens nachgegehen sollte.

AB-Technik ist zwar naturgegeben nicht annähernd so empfindlich für eine falschphasige Darstellung (keine Ortbarkeit, "Druck auf den Ohren") wie koinzidente Stereofonien, dennoch kann es zu den bekannten Unannehmlichkeiten auch bei AB kommen. Um wenigstens eine grundsätzliche Monokompatibilität zu gewährleisten, sollte man nicht nur die grunsätzlich halbwegs senkrechte Orientierung des kokosnuss- bis kreisförmigen Bildes im Sichgerät im Blick behalten, sondern das aufgenommene Signal auch von Zeit zu Zeit monofonisieren, um LÜcken im Spektrum aufzufinden und die dieses verursachenden potenziellen Mikrofonierungsmängel abzustellen.


Die oben einmal wieder erwähnten RRG-Stereos weisen am Ende 1. Satzes des 5. Klavierkonzertes von Beethoven diesbezüglich ein recht interessantes Fehlerbild auf, das auf die aufnahmeseitige Verwendung zweier verschiedener Bandmaschinen unterschiedlichen Typs hindeutet: An der besagten Stelle ändert sich die Tonhöhe sprungartig, was vermutlich durch den Übergang von der Asynchron-Tonmotortechnik der K4 auf die Synchronmotortechnik einer K7 bedingt ist, zusätzlich aber dreht auch die Phasenbeziehung beider Kanäle um 180°, was entweder durch einen fehlerhaft angeschlossenen Eingangsübertrager oder aber eine phasengedreht verdrahtete Spurpaketspule im Kopfträger zurückzuführen ist.

Damals also hatte man wohl kein Sichtgerät in Betrieb und war auf das Gehör allein angewiesen. Man hört dies an dieser Stelle vermutlich auch nur deshalb, weil die beiden Aufnahmeteile heute zu einem durchlaufenden, geschlossenen Ganzen vereinigt vorliegen, damals aber als separat aufzulegende Spulen wiedergegeben wurden. Im Rahmen der gewählten AB-Stereofonie ist unter solchen Bedingungen dieser Fehler (der hier definitiv einer war) praktisch nicht wahrzunehmen.

Hans-Joachim
Zitieren
#3
Hallo Leute,

hier ist ein Link zur passenden Software
http://www.shareit.de/search.html?sessio...platform=0
und
http://www.audio-software.com/analive.html
eine passende Sound-Karte für den Computer (laufend unter WINDOWS XP und anderen) ist natürlich Voraussetzung.
Viel Spass beim Studium der Möglichkeiten.
Viele Grüsse
H A N N S -D.
Zitieren
#4
Bei den Reparierern wird es gerne benutzt weil man sehr schnell und einfach die Phasenverschiebung erkennen kann, man braucht keine Kästchen zählen und das Signal läuft nicht weg. Es ist z.B. gut geeignet um einen Azimuth Abgleich zu machen. Das Stichwort das hier noch fehlt heißt Lissajou 'sche Figuren. Hier sind sie alle aufgelistet:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lissajous-Figur
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste