Selbstbau: Audio-Messungen mit billigem Multimeter?
#1
Hallo Forum,

ich überlege schon eine Weile herum, wie ich die beim Einmessen nötigen Messungen von Wechselspannungen im Audiobereich mit meinen vorhandenen Mitteln machen kann. Zum Beispiel kann ich mit meinem Feld-Wald-Wiesen-Multimeter Gleichspannungen ausreichend gut messen, und auch Wechselspannungen bis etwa 1 kHz sind (an der Soundkarte ausprobiert) durchaus vernünftig möglich.

Konkret messen können will ich:
- Sind die beiden Töne (z.B. 1 kHz und 10 kHz) gleich laut?
- Delta-S-10kHz, also wann ist mein Sinal um 4 dB abgefallen?
- Frequenzgang des Wiedergabeteils mit Bezugsband.

Absolute Spannungswerte sind also nicht nötig, mir würde eine gute Linearität über den gesamten Audiobereich ausreichen.

Durch die Selbstbau-Anzeige von Philipp (das Projekt gefällt mir sehr, wenn ich mal Zeit habe...) und nach Lektüre des Datenblattes zum LM3916 kam mir folgende Idee:

Im Prinzip müsste doch der Gleichrichter-Teil der Schaltung (zwei Op-Amps, ein paar Dioden und Widerstände) ausreichen, um die (quasistationären) Messtöne in leicht messbare Gleichspannungen umzuwandeln. Da mein Voltmeter sowieso nur etwa einmal pro Sekunde einen neuen Messwert nimmt, brauche ich nichteinmal eine sonderlich kurze Integrationszeit.

Die Schaltung scheint mir einfach genug zu sein, um sie mal eben am Wochenende auf einer Lochrasterplatine aufzubauen. Als Spannungsversorgung würde ich - um es einfach zu halten - einen 9V-Block nehmen.

Hat jemand etwas vergleichbares einmal realisiert?
Sollte ich den Vollwellengleichrichter (mit zwei Op-Amps) nehmen, oder reicht die einfachere Variante des Halbwellengleichrichters?
Was muss ich dringend beachten?

Viele Grüße
Andreas
Zitieren
#2
Hallo Andreas,

das könnte ein durchaus lohnenswertes Projekt sein. Ich hatte über Ähnliches auch nachgedacht, bevor ich mir in der Bucht mein NF-Millivoltmeter ersteigert habe. Und den Frequenzgenerator. Beides zusammen um die 50 € (natürlich zzgl. Versandkosten). Da stellt sich natürlich die Frage: lohnt sich ein Selbstbau, weil irgendwie musst Du das ja auch noch kalibrieren?

Ich habe zum Messen lieber analoge Instrumente (mein Millivoltmeter hat sogar eine Spiegelskala). Bin auf andere Meinungen gespannt. Und... wo kann man die von Dir erwähnte Schaltung von Philipp finden?

Gruß Jens
Zitieren
#3
Hallo Andreas

Ich denke um deine Messung zu ermöglichen mußt du einfach nur dafür sorgen, dass dein Messgerät möglichst hochohmig ist. Ein normales analoges Multimeter ist das in der Regel nicht. Aber schon mit einer (Feldeffekt-) Transistorstufe kannst du es erreichen. (Wenn Interesse stöbere ich mal in diversen Franzis-Büchlein, ich meine mal sowas für genau diesen Zweck gesehen zu haben) In den 70ern und 80ern tauchten derlei Schaltungen immer wieder auf, weil gute Messgeräte schweineteuer waren.

Ich habe mir auch wie Jens vor einiger Zeit ein Grundig-Millivoltmeter aus der Bucht gefischt. Ist zwar nicht billiger, aber man spart Zeit und wenn es auch kalibriert ist, steht einer guten Messung nichts mehr im Weg. Daneben (Ulrich falls du mitliest, die Sache mit den GX-77 Motoren geht bald weiter) habe ich mir noch ein "niedliches" Hameg gekauft. Ich sage das deshalb, weil ich eigentlich an Bandmaschinen "bosseln" will und das mit guten Messmitteln, weniger an den Werkzeugen selbst. Ist zwar der teurere Weg (und riecht nach Snob), aber er bringt mich nicht vom eigentlichen Ziel ab - den Bandmaschinen!

VG
Michael
Zitieren
#4
Hallo
Ich halte auch ein gebrautes Messgerät für Sinnvoller (Universeller).

Von der technischen Seite sollte es aber Funktionieren.
Wenn du so etwas ähnliches meinst:

[Bild: WGLBSP1.png]

Das Multimeter sollte hochohmig sein und zeigt natürlich keinen Effektivwert an (der Messwert entspricht bei der oberen Schaltung ungefähr dem Spitzenwert). Da du aber schreibst das der absolute Wert keine Rolle spielt ist es ja egal.
Die Betriebsspannung muss symmetrisch sein, also zwei 9V Blocks.

Eine Einweggleichrichtung sollte auch ausreichend sein.

Gruß Ulrich
Zitieren
#5
Hallo,

ein einfacherer Weg wäre über den PC mit guter Soundhardware (haben die modernen heute fast alle) und einer Freeware wie Scope 1.22. Damit sind eine Menge mehr Messungen möglich, da gleichzeitig ein Testgenerator zur Verfügung steht. Und mit dem Tool kann man nicht nur Oszilloskop-Messungen durchführen, sondern auch per SpectrumAnalyzer z. B. Klirrdämpfungsmessungen. Und: Man hat das alles gleich digital dokumentiert.

Dieter
Zitieren
#6
Hallo Jens, hallo Michael, hallo Ulrich, hallo Dieter,

vielen Dank für Eure Antworten! Ich will mal versuchen, etwas zu sortieren:

Richtige, evtl. auch historische Messgeräte:

Ja, da ist durchaus was dran. Wenn ich beim Blättern in den einschlägigen Katalogen ein neuzeitliches Gerät im Preisrahmen bis etwa 100 Euro gefunden hätte, was im NF-Bereich bis 20 kHz ordentlich misst, so hätte ich es bereits gekauft. Leider scheinen aber auch bessere Multimeter hier Lücken zu haben.

Kann mir jemand ein passendes Gerät empfehlen?

Bei Gebrauchtgeräten geht es mir ähnlich: Ich wüsste nicht, wonach ich suchen soll. Auch hier wäre ich für Hinweise dankbar.

Den historisch-kritischen Aspekt, mit zeitgenössischen Messmitteln heranzugehen und deswegen ein Zeigerinstrument zu verwenden respektiere ich, er spielt aber für mich keine Rolle. Ich bevorzuge schließlich auch die Digitaluhr...

Soundkarte zum Messen:

Als Funktionsgenerator benutze ich sie schon, und eigentlich ist das der Weg, den ich auf Dauer gehen will.

Weil ich aber glücklicher Linux-Nutzer bin, hilft mir Windows-Software im Moment nicht weiter - der Aufwand, deswegen zusätzlich ein Windows zu pflegen, ist mir zu groß.

Ich will etwas (wahrscheinlich etwas mehr...) Zeit ins Programmieren von Tools stecken, die mich passgenau bei allen Tongenerator- und Messaufgaben unterstützen. Einen Sinus herauszulassen sollte ziemlich einfach sein, und ein hereinkommendes Signal zu analysieren ist auch kein unüberwindliches Hindernis. Im Prinzip gibt es ja schon alles irgendwo als Teil irgendwelcher (auch quelloffener!) Programme, man muss es "nur" noch so zusammenfügen, dass es die gestellte Aufgabe optimal unterstützt.

Aller Anfang ist jedoch schwer, und so versuche ich gerade zu verstehen, wie jetzt der Datenfluss zwischen Anwendung und ALSA richtig abgewickelt wird...


Warum dann diese Bastellösung?

Weil sie so schön einfach ist. Sehr wenige Bauteile, vorhandenes Gerät nutzen, auf Lochraster an einem Abend (gestern geschehen, später mehr dazu) realisierbar.

Leider ist jetzt meine Mittagspause zu Ende, über meine konkrete Schaltung und die bisherigen Probleme berichte ich dann später weiter. Eure Hinweise (Hochohmigkeit des Messgerätes) haben mir dabei schon sehr geholfen. Auch in der konkreten Umsetzung von Elektronik habe ich noch etliches zu lernen...

Viele Grüße
Andreas
Zitieren
#7
Hallo Andreas,

in "der Bucht" wird gerade das von mir verwendete Millivoltmeter (MV 21) angeboten. Viele werden vor den Versandkosten zurückschrecken. Wink Wenn man es dafür aber günstig bekommt, relativiert es sich schnell. Gib mal als Suchbegriff "Millivoltmeter" ein, ich meine das Angebot aus Ungarn, welches heute abend kurz nach 21 Uhr endet.

Gruß Jens
Zitieren
#8
Zitat:andreas42 postete
Ja, da ist durchaus was dran. Wenn ich beim Blättern in den einschlägigen Katalogen ein neuzeitliches Gerät im Preisrahmen bis etwa 100 Euro gefunden hätte, was im NF-Bereich bis 20 kHz ordentlich misst, so hätte ich es bereits gekauft. Leider scheinen aber auch bessere Multimeter hier Lücken zu haben.

Kann mir jemand ein passendes Gerät empfehlen?

Bei Gebrauchtgeräten geht es mir ähnlich: Ich wüsste nicht, wonach ich suchen soll. Auch hier wäre ich für Hinweise dankbar.
Hallo noch mal
Es gibt einige (Digital) Handmultimeter die im NF Bereich ausreichend genau sind, man muss nur suchen (unter 100,00 könnte allerdings schwierig werden), z.B. hier

www.pewa.de

Anderes Beispiel, Fluke 87, Fluke 189, leider auch gebraucht nicht unter 100,00 Euro zu haben, dafür einen sehr guten Ruf und eine lebenslange (eingeschränkte) Garantie.

Die größeren Geräte von Voltcraft (Conrad) dürften auch geeignet sein.

Eine nicht allzu bekannte Marke ist Appatech.
www.appatech.com
Die Geräte APPA301, 303 und 305 sind geeignet, neu aber alle über 100,00 Euro und gebraucht eher selten.



Eine Alternative sind evtl. gebrauchte Tischgeräte, z.B. das Hameg HM8011 ist manchmal für unter 100,00 Euro zu bekommen.
[Bild: HM8011dtaus.jpg]
Zum Betrieb ist eigentlich ein Grundgerät (HM8001) vorgesehen, es geht
aber auch ohne, man braucht nur eine externe Versorgungsspannung von ca. 25Volt AC.

Etwas komfortabler und teurer (neu ca. 330,- plus MwSt., gebraucht ungefähr die Hälfte) ist das HM8012 (mit RS232 Schnittstelle, direkter dB Anzeige), hier braucht man das Grundgerät HM8001-2 oder eine externe Versorgungsspannung von 5V DC und 26V AC.

Daten zu den Hameg Geräten findet man dort

http://www.hameg.com/68.0.html

Gebrauchte analoge NF- Millivoltmeter sind oft deutlich günstiger und ein Zeiger ist trotz Digitaluhr nicht zu verachten.

Gruß Ulrich
Zitieren
#9
Andreas,

also z. B. Audacity gibt es auch für Linux. Allerdings arbeitet dieses -- glaube ich -- nicht online, d. h. Du musst immer erst das Signal speichern, bevor man es aus- oder einlesen und untersuchen kann.


Gruß


Dieter
Zitieren
#10
Hallo,

endlich komme ich wieder zur Forenarbeit:

Zitat:Und... wo kann man die von Dir erwähnte Schaltung von Philipp finden?
Gleich im selben Unterboard nebenan:
http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic.php?threadid=7454.

Der Link zur Schaltung ist in Beitrag 43.

Links und Hinweise zu Messgeräten:

Vielen Dank für Eure Mühe, ich werde mal Augen und Ohren danach offen halten. Für meine ersten Gehversuche bin ich noch mit der jetzt gebastelten Lösung bedient, aber mein Verlangen nach richtiger Ausrüstung wird sicher steigen...

Software:

Danke für den Hinweis auf Audacity, ich benutze es bereits für dies und das. Wahrscheinlich kann es mehr, als ich bisher weiß, aber richtig messen kann man damit wohl wirklich nicht. Gut - dafür ist es auch nicht gedacht...

Es gibt sicher schon diverse Tools (die Linux-Audio-Szene ist durchaus aktiv), ich muss sie nur mal finden und ausprobieren.

Zum Projekt:

Letztlich habe ich folgende Schaltung aufgebaut:

[Bild: mgr-schaltplan.png]

Die Idee dazu kommt - wie schon angedeutet - aus dem Datenblatt des LM3916 (kann man beim allseits bekannten Elektronikversand mit r... einsehen). Als Operationsverstärker habe ich den dort ebenfalls benutzten LF353 genommen. Die Dioden sind 1N4148, Kondesatoren sind Folienkondensatoren. Die Spannungsquelle ganz links soll das Audiosignal darstellen. Ganz rechts ist mein Voltmeter zu finden. Der Plan ist mit ktechlab gezeichnet, das auch eine (nicht besonders tolle) Simulation macht. Zur Spannungsversorgung des OpAmp dienen zwei 9V-Blocks, und zwischen den Versorgungsleitungen und Masse liegt noch jeweils ein 100nF-Keramikkondensator.

Wegen des Hinweises, dass mein Multimeter hochohmig sein muss, ist der zweite Operationsverstärker am Ausgang da (LF353 sind zwei in einem IC), und wenn er schonmal da ist, dann kann er das Gleichspannungssignal auch gleich noch ein wenig verstärken.

Sicherheitshalber habe ich, um die gewählten Werte für die Widerstände zu bestätigen, noch mit SPICE simuliert. Demnach bleibt eine auch auf dem Oszi sichtbare Restwelligkeit, die mein Multimeter aber nur unterhalb von etwa 100 Hz in Form von Messwertschwankungen wiedergibt. Laut Simulation kann man etwa 50 ms nach Einschalten mit einem stabilen Spannungswert rechnen, die Schaltung schwingt also schnell genug für eine manuelle Messung ein.

Aufgebaut habe ich das ganze auf einer Lochrasterplatine (eigentlich ein Streifenraster), an Problemen begegneten mir dabei eine vergessene Drahtbrücke und eine parallel zu einem Widerstand nicht getrennte Leiterbahn. Alles in ein kleines Gehäuse, Cinch-Eingang, Bananenbuchsen als Ausgang, zwei Batterieclips zur Versorgung. Kosten: Unter 10 Euro, ein Bastelabend.

Erfolgsmessung:

Ich habe mal mit meiner Onboard-Soundkarte ein paar Sinustöne generiert und gemessen. Der Mixer stand dabei vorsichtshalber nicht am Anschlag. Der Frequenzgang sieht etwa so aus (y-Achse ist hier linear!):

[Bild: mgr-resp.gif]

Wie linear jetzt meine Soundkarte als Tongenerator ist, kann ich nicht einfach nachprüfen (mangels ordentlicher Ausrüstung, siehe oben...), ich nehme aber an, dass der Hauptanteil der Abweichungen auf die Rechnung meines Messgleichrichters und des Multimeters geht.

In einem ersten Praxistest habe ich damit versucht, den Vormagnetisierungsstrom einer AS4502 nach der Kurvenschnittmethode (gleicher Pegel bei 1kHz/10kHz) einzustellen und danach auf gleichen Pegel vor wie hinter Band eingestellt. Mit dem Ergebnis war ich nach grober Frequenzgangmessung und nach Gehör durchaus zufrieden.

Fazit: Es hat Spaß gemacht, das Ding zu bauen. Angesichts der relativ geringen Kosten bin ich bisher auch mit dem Ergebnis zufrieden. Ein richtiges Messgerät oder entsprechende Software ersetzt es natürlich trotzdem nicht.

offene Fragen:

Wie wähle ich in der Praxis den richtigen Operationsverstärker für meine Anwendung? Es gibt zwar Datenblätter, aber irgendwie muss ich ja mal zwei oder drei Kandidaten vorsortieren. Es gibt sicher auch Tabellenbücher - aber mit den Angaben muss ich ja auch konkret was anfagen können. Wo kann ich mich einlesen?

Die zweite Frage geht in die gleiche Richtung: Kann mir jemand ein gutes Grundlagenbuch zur Audioelektronik empfehlen? Grundlegende Einführungen (Grundschaltungen des OpAmp und was ist ein Transistor?) finde ich haufenweise und weiß auch einigermaßen, um was es geht. Mir fehlt aber dann das Wissen zur praktischen Umsetzung (z.B. Ulrichs Hinweise im Nachbarthread zur Beschaltung eines realen Operationsverstärkers).

Also: Was habt Ihr gelesen, wo schlagt Ihr nach?

Viele Grüße
Andreas

Edit: Mir fehlt eine Vorschau...
Zitieren
#11
Hallo
gute Lehrbücher zu benennen fällt mir schwer, irgendwo hat jedes Buch schwächen.

Wer bei den Grundlagen anfangen will kann es mit den “HPI Büchern” versuchen (1-3):

http://www.epv-verlag.de/hpi/hpilehr/index.php

Ein anderes Buch ist vielleicht :

Halbleiter- Schaltungstechnik von U. Tietze und Ch. Schenk
ISBN 3540428496
http://www.tietze-schenk.de/

Gruß Ulrich
Zitieren
#12
Zitat:andreas42 postete
[...]
Zitat:Und... wo kann man die von Dir erwähnte Schaltung von Philipp finden?
Gleich im selben Unterboard nebenan:
http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic.php?threadid=7454.

Der Link zur Schaltung ist in Beitrag 43.
[...]
Achtung!
Das ist eine alte und - aus technischen Gründen - längst verworfene Version.
Die aktuelle Schaltung, so wie sie jetzt existiert und ihren Dienst tut, findet sich in Posting Nr. 077. Smile
Diese ist vor allem in Bezug auf die Spannungsversorgung hin korrigiert worden.
Kleiner Tip:
Finger weg von Schaltnetzteilen. Die können Störungen erzeugen, die einem jedes Messergebnis versauen >Sad
Die Schaltung zum Netzteil kann ich bei Bedarf noch zeichnen und in "meinem" Thread posten.
Wünsche noch ein gutes Gelingen Wink
Kabelsalat.
Ich bin alleinstehend. Aber nicht nachts - da leg ich mich hin. Big Grin
---
Aufnahmen bestätigen die Pegel Big Grin
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste