Bandlänge - Dicke - Wickelgröße
#1
Hallo,

da mir die Lektüre dieses Forums schon eine Weile zur täglichen Gewohnheit geworden ist, will ich nun auch etwas (hoffentlich sinnvolles) beitragen:

Der Zusammenhang zwischen Bandlänge, -dicke, Wickel- und Kernradius sieht näherungsweise so aus:

[Bild: wickelgleichung1.gif]

Dabei sind:

Code:
r = Radius des Spulenkerns in Millimetern
R = Radius des Wickels in Millimetern
L = Bandlänge in Metern
d = Banddicke in Mikrometern
Wie kommt man darauf? Entweder brütet man das mühsam aus, indem man Lage für Lage addiert und jedesmal einen neuen Radius annimmt - so geschehen vor einiger Zeit in der Vorlesungslangeweile, oder aber man schreibt es geschickt (wie oben) und schaut hin: Da steht ja eigentlich nur, dass die mit Band bewickelte Fläche gleich der Fläche des abgewickelten Bandes ist, wenn man von der Seite schaut...

Für jene, die alle drei Ohmschen Gesetze auswendig kennen, hier die mundgerechten Umformungen:

[Bild: wickelgleichung2.gif]

Mit der ersten Formel bekommt man die Bandlänge, wenn man weiß, wie dick das vorliegende Band ist und man ein Lineal zur Vermessung des Wickels zur Hand hat.

Mit der zweiten Formel kann man bei bekannter Länge (Zählwerk, Spielzeit) und Geometrie (wieder das Lineal) die Banddicke messen und sieht so, ob es sich um Lang- oder Doppelspielband handelt. Man darf wegen der Genauigkeit (Lineal, Vorlaufband) keine Wunder erwarten, aber die bekannten 35µ eines beliebten Langspielbandes konnte ich mit ca. 1µ Genauigkeit bestätigen.

Die letzte Umformung sagt schließlich, ob die gewünschte Sendung mit dem vorliegenden Material auf die Lieblingsspulengröße passt.

Ich habe mal die hier herumfliegenden Spulen und Kerne gemessen. Bei R ist natürlich immer ein wenig Spielraum, darum wäre ich auch um Ergänzungen der folgenden Werte Dankbar:

Code:
Spule | r[mm] | R[mm]
----------------------
13er  |  22,5 |  60
15er  |  25   |  68
18er  |  30   |  83
AEG   |  50   |
NAB   |  57   |
Und noch ein Messtipp: Der von mir sonst nicht sehr geschätzte Einfädelschlitz ist sehr praktisch, um das Lineal gerade anzulegen Smile

Viele Grüße
Andreas

Edit: Tippfehler
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#2
Hallo Andreas,

danke für die schöne -und vor allem leicht zu merkende- Formel (Flächengleichheit abgewickelt = aufgewickelt).

Du schreibst die Formel gelte nur näherunsweise. Ich finde eigentlich, daß sie exakt ist. Auf dem Wickel liegt ja Lage auf Lage.
Es sei denn die Banddicke nimmt ab unter dem Einfluß des Bandzuges. Aber da hab ich jetzt kein Gefühl dafür ob das der Fall sein kann.

Grüße

Peter
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#3
Hallo Peter,

gute Frage. Eigentlich sollte der Zusammenhang - einen idealen Wickel vorausgesetzt - exakt gelten. Wahrscheinlich war ich einfach zu vorsichtig und wollte die Gleichung gegen zwangsläufig auftretende Messunsicherheiten absichern.

[Bild: schlechter-wickel.jpg]

Auch wenn die Banddicke ausreichend genau bekannt ist: Wie dicht liegen zwei Lagen? Macht die Rückseitenmattierung einen Unterschied? Was ist mit den vorder- und rückseitig spiegelglatten Bändern, die beim schnellen Spulen einen Wickel produzieren, der einer Schallplatte ähnelt?

Wahrscheinlich würde man solche Fehler am besten in einer bandspezifischen effektiven Wickeldicke zusammenfassen. Abgesehen vom obigen Beispiel ist dieser Effekt aber wohl ausreichend klein, um ihn zu ignorieren...

Viele Grüße
Andreas

Edit: wieder Tippfehler
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#4
Für alle, die beim Betrachten von andreas42' drastischem Bild zusammengezuckt sind: das ist kein Band-, sondern ein Gerätefehler. Mit einiger Sicherheit wird ein ganzer Bereich derart weich, der darauf folgende so hart gewickelt, dass sich das gezeigte Wickelbild ergibt. Abhilfe: so bald wie möglich auf einem einwandfreien Gerät umspulen.
F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#5
Ich kenne diese Wickelbilder aus früheren Zeiten auch.

Es muß nicht unbedingt immer am zu geringen Aufwickelzug des Bandgerätes liegen.
Oft neigen bereits etwas wellig gewordene Bänder zu diesem Wickebild, da die Bandlagen nicht mehr so dicht werden wie bei einem intakten glatten Band.

Wenn solch ein welliges Band im Wiedergabebetrieb aufgewickelt wird, reicht der Wickelzug nicht mehr,
um die Lagen straff und glatt genug übereinanderzulegen.
Es kann passieren das der Bandwickel sogar weit über den Spulenrand "hinauswächst".
Solch ein Wickel lässt sich dann auch leicht mit der Hand innerhalb der Spule verbiegen, da ihm jegliche Festigkeit fehlt.

Solange nur im Aufnahme- bzw. Wiedergabebetreib gewickelt wird, passiert außer einem loseren und zu großen Wickel noch nichts.
Wird aber zwischendurch in den Schnellauf geschaltet dann rutschen, bedingt durch das plözlich höhere Drehmoment, die oberen Bandlagen förmlich auf den darunterliegenden durch und verursachen das gezeigte typische Bild.
Das Band wird ähnlich wie eine lose Uhrfeder "aufgezogen".

Beim Start in den Schnellgang kann es sogar passieren das der Abwickel durch die Abwickelbremskraft und seine eigene Massenträgheit, erst eine kurze Zeit stehenbleibt bis sich das Band auf dem Aufwickel in der abgebildeten Form gestrafft hat, um dann den Abwickel aus voller Geschwindigkeit plözlich mitzureissen.
Nicht selten führt dieser Vorgang zu Bandsalat, Überdehnung oder gar Bandriss.

Gruß, Bernd
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#6
Hallo,

das "näherungsweise" hat insofern seine Berechtigung, als dass der Wickel spiralförming und nicht exakt ringförmig ist. Dieser Fehler ist allerdings wohl zu vernachlässigen, wenn d << R. Was aber durchaus noch eine Rolle spielen könnte, sind Nanoeinschlüsse zwischen den Windungen. Und bei den geringen Banddicken machen sich schon kleine Einschlüsse bemerkbar.

Gruß

Dieter
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#7
Hallo zusammen!

Andreas, danke für die Veröffentlichung dieser
Formel. Sie wird mir zukünftig gute Dieste leisten.

Ja, dieses Wickelbild kenne ich nur allzu gut!

Alle meine BASF-Bänder aus 1963 - 1971 sahen
nach einigen jahren so oder schlimmer aus (ich
konnte leicht einen Bleistift durch das Loch mitten
im Wickel stecken!). Bei schnellem Vorlauf war
es am schlimmsten. Und es lag nicht am TB -
oder ich kann mir nicht vorstellen, daß mehrere
TB verschiedener Hersteller alle gleich fehlerbe-
haftet waren (sind - habe noch BASF-Bänder aus
der Zeit, die auch heute entsprechend "schief" ge-
wickelt werden). Die Bänder haben sich in dem
kritischen Bereich verfärbt (heller geworden) und
weisen eine noch höhere Randwelligkeit auf, als
der Rest des Bandes. Außerdem klingen diese Bänder
ziemlich dumpf.
Die Lagerung der Bänder (so wie auch die von AGFA)
entsprach (entspricht) den Hersteller-Spezufikationen.

Gruß
Wolfgang
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#8
Hallo alle,

mich würde mal interessieren um wieviel ein loser Bandwickel größer ist als ein straff gewickelter.
Ich meine jetzt nicht so verwellte Wickel wie oben gezeigt, sondern sauber gewickelt aber eben einmal mit größerem und einmal kleinerem Bandzug.
Hat da jemand Erfahrungswerte?

Grüße

Peter
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#9
Hallo,

@ Friedrich & Wolfgang (Band mit Wellen)

Das abgebildete Band ist mir in einer (inhomogenen) ebay-Bänderkiste zugelaufen; es sind also keine wertvollen Familienerinnerungen drauf. Leider kenne ich aber deswegen auch die Vorgeschichte nicht.

Umspulen auf einem weitgehend intakten Gerät (einwandfrei will ich meine AS 5004 noch nicht nennen) hat damals einen gewöhnlichen Wickel produziert, wie ich ihn für ein solches Band erwarten würde.

@ Bernd & Peter (loser Wickel / fester Wickel)

Vielleicht kann man ja den Unterschied einfach messen: Ein locker gewickeltes Band kann ich zwar nicht so einfach produzieren, aber ich dürfte davon noch welche haben. Vorher messen - umspulen - nachher messen - vergleichen. Ich melde mich, wenn ich etwas herausfinde.


@ WOW (Spiralwickel, Nanoeinschlüsse)

Naja, richtig spiralförmig ist der Wickel auch nicht. Ich gehe davon aus, dass der Spulenkern rund ist, also dort wo die zweite Lage auf die erste trifft, eine Stufe entsteht. Dann hätte man ja schon lauter Kreisringe, die man summieren kann. Allerdings macht ja das Band keinen Sprung wie die Fermiverteilung bei T=0, sondern einen abgerundeten Übergang zur nächsten Lage -> neue Unsicherheiten. Ich glaube, näherungsweise sichert ausreichend gegen solche Unwägbarkeiten ab Wink

Bei den Nanoeinschlüssen glaube ich dagegen, dass sie keine große Rolle spielen: Selbst wenn sie in der Größenordnung von 100 Nanometern liegen, sind sie immernoch etwa 100mal dünner als das Band -> Der Fehler läge in der Größenordnung von 1%. Wie genau kann man die Wickeldicke mit dem Lineal messen?


Viele Grüße
Andreas
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#10
Andreas,

Du hast natürlich Recht mit der Vermutung, man mache ja auch einen Messfehler bei der Bestimmung des Wickeldurchmessers. Das habe ich als (vermeintlich) genau angenommen. Wenn ich es nicht mit dem Lineal messe, sondern mit dem Messschieber, ist die Bestimmung sicher genauer als 1%. Also je nachdem, wie das Verfahren aussieht, kann man das eine oder andere als vernachlässigbar betrachten. Aber wenn wir das tun, ist es einfach nicht mehr ganz genau, sondern nur noch näherungsweise, wie Du es anfangs schon selbst geschrieben hast. Trotzdem oder gerade deswegen dennoch eine gute Formel, die klar hergeleitet wurde.

Gruß

Dieter
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#11
Hallo,

heute hatte ich zufällig ein relativ locker gewickeltes Band auf einer 13er Spule in den Fingern. Man konnte zwar durch den Wickel nicht durchschauen, aber er war setilich nicht stabil, und beim Einfädeln drehte sich links nicht die Spule, sondern das Band darauf...

Ergebnis: Im losen Zustand war die Wickeldicke (R-r) etwa 36 mm, nach Vor- und wieder zurückspulen auf die selbe Spule waren es etwa 35,5 mm. Allerdings kamen mir bei der zweiten Messung Zweifel, ob ich jetzt exakt so angelegt habe wie bei der ersten. Und wenn ich dann schräg auf die Skala schaue, bekomme ich schon einen Parallaxenfehler in dieser Größenordnung.

Fazit: Die gemessenen 0,5 mm Unterschied sind wahrscheinlich eher zu viel. Falls jemand den Versuch mit einer 26er Spule wiederholen könnte, wäre das wahrscheinlich aussagekräftiger. Leider kann ich keine lockeren Wickel produzieren, sonst würde ich es selbst versuchen...

Viele Grüße
Andreas
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