Wiederbelebung Philips PRO12
#1
Hallo Forum,

nachdem ich mich seit einien Jahren hier nicht mehr aktiv beteiligt habe, mal wieder in Lebenszeichen!

Der Tonbandvirus war dennoch nie weg, mit meinen beiden Telefunken M12 war ich die letzten Jahre äusserst zufrieden. Beim Keller aufräumen sind mir allerdings kürzlich mein A udn B77 wieder über den Weg gelaufen. Da es sich bei beiden Maschinen um 4 Spurer handelt, habe ich dafür aber nur wenig Verwendung. Der Gedanke mal wieder eine neue Maschine in meinen Gerätepark aufzunehmen ging mir aber nicht aus dem Kopf. Aber was soll man nehmen? Eine M5 oder M15 würde mich reizen, aber die sind inzwischen ja mit Gold aufzuwiegen. Zweispur muss es sein, ein eurpäischer Hersteller wäre schön und etwas (semi-)professionelles sollte es sein.

Beim abendlichen Durchsehen der Angebote auf ebay ist mir eine Philips PRO12 in den Niederlanden zu einem vertretbaren Preis voe die Füße gefallen. Eine Maschine die ich haben wollte seit ich sie zum erstenmal gesehen habe. Also zugeschlagen. Der Verkäufer schrieb in seiner äusserst knappen Beschreibung nur "Es spielt nicht so gut, wie es sollte. Benötigt Wartung.". Eine äusserst wohlwollende Umschreibung wie ich heute feststellen durfte.

Wenn man bedenkt, dass der Antriebsriemen sich in den bekannten Philips Matsch verwandelt hatte, kann die Maschine nicht wirklich getestet worden sein. Ausserdem war die Laufwerkssteuerung nicht funktionsfähig und eine Spannung aus dem Netzteil fehlte. Aber naja, ich war mir natürlich im Klaren darüber, dass das Gerät nicht einfach funktionieren würde. Die Reparatur selbst macht mir ja auch Freude.

   

Nachdem ich die schwarze Pampe aus dem Antrieb entfernt hatte und einen halbwegs passenden Flachriemen aus meinem Fundus eingebaut hatte, durfte ich feststellen, dass sämtliche Elektromagneten nicht bzw. falsch angesteuert werden. Zum Glück war bei der Maschine eine Originalschaltplan dabei, der zur Fehlersuche sehr hilfreich war. Im Internet ist ein Servicemanual zu finden, allerdings nur in niederländischer Sprache und mit schlecht lesbaren Schaltplänen. Mithilfe dessen, was ich mir aus dem niederländischen Text und dem original Schaltplan zusammenreimen konnte, kam nach längerer Zeit auch die Erleuchtung. 

Zuerst geht es darum, dass Laufwerk wieder zum Laufen zu bewegen. Der Audioteil interessiert mich noch gar nicht.
Das Gerät ist schon sehr archaisch vom Aufbau, alleine die mechanische Tastensteuerung, die dann doch wieder über Elektromagnete die Laufwerksfunktionen steuert wirkt recht fremdartig, wenn man bedenkt, dass Revox zu dem Zeitpunkt schon die A77 mit "Tipptasten" Steuerung auf dem Markt hatte.

   

Ebenso wird die Geschwindigkeitsumschaltung und "Regelung" auf rein mechanische Weise bewerkstelligt. Die Geschwindigkeitsumschaltung durch umlegen eines Riemens mit einer wahrlich genialen Hebelmechanik. Die Geschwindikeitsregelung - soweit ich das beurteilen kann - durch eine Wirbelstrombremse, die den Tonmotor immer gleichmäßig belastet und dadurch die Geschwindigkeit konstant hält. Durch einschwenken eines Permanentmagneten über die Kupferscheibe, Teil der Schwungmasse, kann die Geschwindigkeit abgeglichen werden. Sowas kenne ich von PE Plattenspielern, habe ich so aber noch nicht in einem Tonbandgerät gesehen.

   

Hier auch wieder ein rein mechanischer Ansatz, im Gegensatz zur A77 die zwei Jaher früher (?) auf den Markt kam und die elektronische Regelung und Umschaltung mitbrachte.

Nachdem vier Elkos, zwei Dioden, ein Gleichrichter, eine Sicherung und ein Germanium (!) Transistor getauscht wurden, schien das Laufwerk wieder seine Funktion zu erfüllen.
Also Testweise ein bespieltes Band aufgelegt und START gedrückt. Und läuft! Bisschen Spulen, Pause, Stop um mich mit dem Laufwerk vertraut zu machen. Das Gerät spult schön schnell, haut dann aber die Bremsen gnadenlos rein. Die 18er Spulen stehen sofort, sie lassen sich auch kaum per Hand drehen. Da bin ich froh, dass das erste Band ein Standardband war. Laut BDA soll das Gerät ja mit Lang- und Doppelspielband zurecht kommen? Langspielband vielleicht, aber Doppel würd ich mich so nicht trauen.

Der Monitorausgang ist nicht normgerecht (Überspielkabel) beschaltet, belegt sind nur Pin 1,2,3. Also schnell einen Adapter gebastelt und an den Werkstattverstärker gehängt. Zuerst gab's kein Ausgangssignal, nach wildem drücken und drehen an den Schaltern auf dem Audioteil der Maschine kommt das Signal aber einwandfrei am Verstärker an.
Ein paar Störgeräusche gibt es, dürften tote Elkos sein. Habe mein Testband jetzt schon mehrmals durchlaufen lassen, bisher alles gut.

   

Im nächsten Teil werde ich mich mit dem Audioteil näher beschäftigen. Sehen wir mal ob sie löscht und auch aufzeichnen kann.

Irgenwie ein charmantes Gerätchen mit wahnsinnigem Gewicht für einen 18er. Bisher kannte ich nur die N44xx und N45xx Plastikbomber von Philips.

lg David.
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#2
(05.03.2025, 19:50)David77 schrieb: Irgendwie ein charmantes Gerätchen mit wahnsinnigem Gewicht für einen 18er. Bisher kannte ich nur die N44xx und N45xx Plastikbomber von Philips.

lg David.

Sag bloß, du kennst die N4522 von Philips nicht!? Von wegen Plastikbomber... Angry

   
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#3
Ich kenn die 4522 nur zu gut. Wunder Punkt in meiner Tonbandkarriere Angry . Hatte mal eine die jemand vor mir so kaputt repariert hatte, dass ich nichts mehr retten konnte. Wurde zerlegt und als Teilespender verkloppt..

Aber ich schätze die höherer Dichte hat die PRO12 Cool .

PS: Zu früh gefreut. Die Transe hat sich wieder verabschiedet, schlägt durch und aktiviert den STOP Magneten dauerhaft Sick .
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#4
Eine N4520/22 muss immer gerettet werden. Angry
Defekte Bauteile kann man wechseln.
Besonders gerne repariere ich meine Philips, Braun, Akai und TEAC Geräte Big Grin
Keine Hilfe bei fehlender Rückmeldung
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#5
Vielen Dank für diesen Bericht zur Philips PRO12.
Auch schön ist, daß hier mal etwas anderes vorgestellt wird, die PRO12 ist ja schon seltener vertreten...

Wenn man die Techniker bei Philips gelassen hat konnten die schöne Geräte im semiprofessionellen Bereich bauen;
ich finde die Philips PRO36 einmalig, leider noch seltener als deine PRO12...

Und im Rundfunkbereich war Philips mit der EL3501, 3505, 3509 usw. gut vertreten, diese Bandmaschinen wurden außer im Heimatland unter anderem auch bei der BBC eingesetzt.

Gruß Jan
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#6
Hallo David,

willkommen zurück. Smile
Interessanter Bericht zur Pro 12. Von den  noch größeren (Pro 36?) hört man fast nie. (Edit: überschnitten mit Jan Wink)
Bin gespannt, wie es weitergeht...

Schöne Grüße
Frank (4522-Fan)
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#7
(05.03.2025, 21:26)ManiBo schrieb: Eine N4520/22 muss immer gerettet werden. Angry
Defekte Bauteile kann man wechseln.

Ja meint man. Aber diese 4522 hat irgenein A*sch so wie es aussah mit einer 200W Lötpistole und Fittingslot malträtiert. Habe zwei Platinen komplett neu angefertigt, Leiterbahnen geflickt, Wochen investiert um dann doch zu resignieren.
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#8
Ich habe mir meine Pro12 vor vier Jahren für 120 Tacken schicken lassen. Sie lief nicht, was dem heißgelaufenen Antriebsmotor zu verdanken war. Nur woher einen Motor bekommen?  Ich habe dann gesehen, dass der Motor einer 4407 identisch schien.  Also eine 4407 geschlachtet .... und siehe da: der Motor passt, die Maschine läuft. Es musste lediglich das Pulleye getauscht werden. Das mit der Wirbelstrombremse musste ich mir auch erst mal erklären lassen.

Manni

Das mit dem schnellen Spulen kann ich nur bestätigen. Geht ab wie Sau ....  und das Gerät wiegt auch so.
3 Dreher und ca. 38 Tonbandgeräte an drei Anlagen ............  Rolleyes
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#9
(05.03.2025, 22:17)Moppedmanni schrieb: Ich habe mir meine Pro12 vor vier Jahren für 120 Tacken schicken lassen. Sie lief nicht, was dem heißgelaufenen Antriebsmotor zu verdanken war. Nur woher einen Motor bekommen?  Ich habe dann gesehen, dass der Motor einer 4407 identisch schien.  Also eine 4407 geschlachtet .... und siehe da: der Motor passt, die Maschine läuft. Es musste lediglich das Pulleye getauscht werden. Das mit der Wirbelstrombremse musste ich mir auch erst mal erklären lassen.

Manni

Das mit dem schnellen Spulen kann ich nur bestätigen. Geht ab wie Sau ....  und das Gerät wiegt auch so.

Deinen Bericht hab ich gelesen. Super, dass du eine Lösung gefunden hast.

Steigt deine beim Bremsen aus dem schnellen Umspulen auch so dermaßen in die Eisen, dass du Angst ums Band hast?
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#10
Müsste ich tatsächlich mal überprüfen; ich meine aber, dass sie nicht derart stark abbremst.

Edit:  hab´ noch mal geschaut:  sie bremst zwar schnell ab; aber nicht so, als dass man Angst um das Bandmaterial haben müsste.


Manni
3 Dreher und ca. 38 Tonbandgeräte an drei Anlagen ............  Rolleyes
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#11
Hallo alle!

Die Laufwerksteuerung macht mir immer noch Probleme. Ich verstehe ehrlich gesagt auch die Schaltung und die Funktion noch nicht ganz.

Hat irgendwer das Service Manual in Deutsch oder Englisch? Mir würde erstmal auch  nur der Teil mit der Schaltungsbeschreibung der Laufwerkssteuerung reichen.

Aus dem Holländischen kann ich zwar die grobe Funktion abstrahieren, aber die Feinheiten fehlen  Big Grin .

lg David
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#12
Das Service Manual findest du auf deutsch hier im Downloadbereich in guter Qualität!
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#13
(06.03.2025, 19:54)hannoholgi schrieb: Das Service Manual findest du auf deutsch hier im Downloadbereich in guter Qualität!

Danke für den Hinweis Holger, da kannste ja sogar die Bilder erkennen Big Grin .
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#14
Hallo zusammen!

Update zum Laufwerk.
Nachdem mir sämtliche Transistoren die ich an Stelle von Ts401 eingesetzt habe abgeraucht sind, ich aber keinen anderen Fehler in der Elektronik finden konnte, war ich schon am Zweifeln. So eine einfache Schaltung und ich kann den blöden Fehler nicht finden Huh .

   

Bis ich dann zufällig entdeckt habe, dass das Gewicht am unteren Ende des Bandfühlhebels lose war. Es ist mit einer M3 Schraube + Mutter an den Hebel geschraubt, im Laufe der Zeit hat sich die Mutter gelöst, somit war das Gewicht locker und konnte in der Gegend rum schlackern. Bei Bandende konnte es vorkommen, dass der Hebel mit ausreichend Effet an den Anschlag gerumst ist, dass das Gewicht kontakt mit dem Bandendekontakt SK10 bekommen hat und diesen gegen Masse kurzgeschlossen hat. Dadurch hat es mir immer nach dem Zurückspulen Ts401 zerschossen und evtl. auch die Sicherung mit 1,25A.
Dieser Mechanische defekt wird auch für den defekten Gleichrichter und die defekte Diode verantwortlich sein.
Einer der Vorbesitzer hat sich beholfen indem er die 1,25A Sicherung gegen eine 4A Sicherung ersetzt hatte. Sollte man halt nicht tun Dodgy .

   

Mit Hilfe des SM auf das mich Holger hingewiesen hat konnte ich auch die Bremsen etwas weniger aggressiv einstellen.

Das Laufwerk ist auf einem guten Weg.

lg
David
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#15
Hallo zum nächsten Teil.

Nachdem das Laufwerk nun zuverlässig läuft, geht's an den Audioteil der Philips.

Im Wiedergabeverstärker wurden letzten Endes alle Elkos erneuert, da ich den rechten Kanal nicht in die Spezifikation ziehen kann. Links geht gut, Frequenzgang ist spitze, rechts aber keine Chance.

Leider, leider haben wir ein Problem: Der Widergabekopf ist auf dem rechten Kanal ziemlich dumpf, man sieht im sein langes Leben auch gut an.

   

Was tun? Einen besseren original Kopf zu finden dürfte aussichtslos sein. Vielleicht irgendwann durch Zufall?

Da an dem alten Kopf eh nix mehr zu verschlimmern ist, könnte ich mir vorstellen es mal wieder mit Läppen zu versuchen.
Allerdings befürchte ich der Kopf ist dafür fast schon zu hinüber.

Ach, so'n Mist erstmal schluss für Heute, hab kein Bock mehr und will in die Badewanne.

Da lieg ich nun im warmen Wasser und die Gedanken sind frei:
Hmmm... Ich hab da doch irgendwo noch einige Woelke 4-Spurköpfe in Nagelneu...zur Wiedergabe des 2 Spur Bandes würde das doch...wo sind die Köpfe?...ob ich die in das Abschirmgehäuse des Originals implantiert bekomme..ob die elektrisch halbwegs passen?...

Raus aus der lauwarmen Suppe, Versuch macht Kluch!

Naja, messtechnisch passt da gar nix, Original ca. 50mH und 47R, Woelke ca. 115mH und 2k. Von der Größe würden sie halbwegs passen, muss mir nur zwei Adapterplättchen mit Justier und Befestigungsmöglichkeit fertigen.
Das wird getestet! Mit einem Stück Lochrasterplatine und einer M3 Schraube kann ich den Woelke Kopf im Gehäuse des Philips provisorisch festklemmen, die Spurlage passt zwar nicht, aber zum Test erstmal egal.

   

Provisorisch nur einen Kanal angelötet, der andere läuft eh neben der Spur. Aber das würde gehen! Klang ist gut, nach etwas einwippen sogar sehr gut. Erstmal alles nach Gehör, geprüft hab ich noch gar nichts. Proof of concept, wie der Angelsachse sagt.

Wat mach ich nu? Erstmal versuche ich mich nach Jahren mal wieder im Läppen eines Tonkopfs. Kaputt isser eh. Wenn dass nicht fruchtet schmeiß ich mich die Tage nochmal in die Wanne zum Nachdenken wie ich den Woelke Tonkopf etwas besser in das Gehäuse des Philips Kopf implantieren kann. Natürlich ohne unwiderbringliche Änderungen am Pro12...vielleicht taucht ja doch mal ein passender Kopf auf.

Gute Nacht!

Edit: Falsches Bild an die richtige Stelle geschubst, oder so.
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#16
Ein Viertelspurkopf im Halbspurgerät? Das ist doch nix! 

Was ich dir zum Freundschaftspreis anbieten könnte, wäre ein Tfk. G 433 Halbspur-Stereo-Kombikopf, der als Hörkopf im Magnetophon 250 eingebaut wurde.
Der Kopf ist unbenutzt in OVP.

Er ist mit Abschirmgehäuse 14,3 ×16,2 mm groß (B×H). Nach dem Entfernen von zwei Schräuble kann man ihn aus dem Mumetall-Häuschen nehmen, dann isser je 1 mm kleiner. Er stammt aus der Serie der späteren, langlebigen Ultra-Tonköpfe mit Bronzespiegel.

Die Spurbreite beträgt 2,2 mm, der Gleichstromwiderstand pro System liegt bei 100 Ω, die Induktivität bei 45 mH.

Wenn du ihn gebrauchen kannst, melde dich einfach per PN oder Emaille!
Alternativ kann ich dir den alten Kopf auch läppen. 

   

   

LG
Holgi
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#17
Na denn nicht. Confused
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#18
Hi Holger,

ich danke dir für das Angebot. Ich kann grad noch nicht sagen ob ich's annehmen werde oder nicht. Darf ich wenn es nötig wird darauf zurückkommen?

Kurzes Update: Das Läppen des WK war ein ziemlicher Erfolg! Diese Nagelfeilen aus'm DM funktionieren dafür hervorragend. Beide Kanäle waren danach ganz einfach wieder auf den gleichen Ausgangspegel einstellbar und klanglich optimal. Da mir noch das Frequenzgang Messband fehlt, kann ich noch nicht 100% sagen ob ich zufrieden bin.
Grade laufen 360m LGR30 über die Maschine, die Hoffnung ist dass das Schmirgelband den Kopf schön poliert Smile

lg
David
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#19
Hallo Tonbandfreunde!

Nachdem der WK wieder gut funktioniert und erste Aufnahmeversuche positiv verlaufen sind Stelle ich heute mein erstes Mixtape mit dem Philips her. 
Alles etwas provisorisch mit YouTube als Quelle und dem alten Conrad Mischpult ?. 

   

Interessanter Weise stört sich die Philips nicht an dem ollen LP35 aus dem grünen Pappkarton. Die Telefunken Studiomaschinen laufen damit gar nicht, innerhalb kürzester Zeit sind die Köpfe zugeschmiert. 

Ich denke ich werde den AK auch noch ausbauen und leicht läppen, der ist etwas trapezförmig eingeschliffen.

LG David
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