Telefunken M28 -Reparatur einer 55-Jährigen-
#1
Ich wollte schon lange mal eine einfache und vor allem leichtere transportable Telefunken Studiomaschine ausprobieren.
Die Telefunken M28 steht zum Glück im Schatten ihrer größeren Schwestern.

Es gibt mehrere Versionen zum Bsp mit 9,5/19cm/s Geschwindigkeit, eingebautem Mischpult, NAB-Entzerrung und VU-Metern und natürlich rundfunktaugliche minimalistische M28 mit 19/38cm/s Bandgeschwindigkeit.

Die Telefunken M28 wurde meines Wissens nach von 1967 bis 1974 in Konstanz gefertigt.
Sie ist eine einfache und solide 3-Motoren Bandmaschine, Telefunkentypisch wurden klassische Merkmale übernommen.
Der Bandzug wird rein mechanisch auf beiden Seiten über Fühlhebel gesteuert, der Tonwellenantrieb erfolgt indirekt von einem polumschaltbaren Synchronmotor über ein Riemengetriebe auf eine mächtige Schwungmasse.
Das Gerät wiegt ausgebaut 17kg, mit Koffer ca. 22kg und ist damit rückenschonend transportierbar

Die Laufwerksteuerung erfolgt über Tipptasten und selbst verriegelnde Relais-Schaltung.
Eine Besonderheit sind die von Telefunken standardmäßig verbauten Ferritköpfe (LL-Typen), meine 55-Jährige (Tonbandgespielin!) zeigte hier keinerlei Kopfabnutzung.
Allerdings wird die Vergußmasse auf der Kopfrückseite etwas porös, hier sollte ich mit Expoxidharz nachbessern...

       

Es sind keine herstellerspezifische Schaltkreise verbaut, alles ist mit Standardbauteilen diskret realisiert; vermutlich kann man die M28 in 50 Jahren immer noch problemlos reparieren....
Nun zur Instandsetzung; meine Maschine war als defekt deklariert und das entsprach leider auch der Wahrheit.
Meine Hoffnung; daß nur ein paar Sicherungen defekt oder oxidiert wären erfüllte sich leider nicht.
Es hatte schon mindestens ein Reparateur versucht der Dame wieder auf die Sprünge zu helfen, das bedeutet meistens nichts Gutes...

Das mechanische Zählwerk hat trotz der guten Transportverpackung die Reise nicht überlebt, der Kunststoff war wohl schon zu spröde, macht aber wenig, vielleicht kommt irgendwann ein digitales Pendant in die M28.

   

Der Tonmotor war festgelaufen, keinerlei Bewegung möglich. Da auch einige Sicherungen geflickt waren hatte ich schon die Befürchtung doch Kernschrott erworben zu haben. Wenn eine Motorwicklung durchgebrannt wäre hätte ich nur einen teuren Ersatzteilspender auf dem Tisch gehabt...
Schnell die Wicklungen geprüft, zum Glück alle Durchgang...
Dank Peter Ruhrbergs Servicemanual konnte ich den Tonmotor fast problemlos instandsetzen.
Es waren auch keine Lager eingelaufen, vermutlichweise hatte jemand versucht den Tonmotor mit untauglichen Schmiermitteln zu ölen; diese sind dann einfach verhärtet und rissen den Motor in Bewegungslosigkeit...

           

Obwohl Telefunken empfahl die Sinterlager gegebenenfalls auszutauschen habe ich diese und das Tonwellenlager mit dem entsprechenden Schmiermittel nachversorgt. Es sind keinerlei auffällige Geräusche im Betrieb hörbar. Austauschen kann ich die Lager bei Bedarf immer noch...

Der Antriebsriemen lag nur als Fragment in den Tiefen der Maschine; ich habe einen neuen Riemen, der allerdings für die 9,5/19cm/s Motorscheibe gedacht ist, eingebaut. Die Spannrolle gleicht die kleine Ungenauigkeit zur 19/38cm/s Riemenlänge gut aus.

Das nächste Problem war, daß weder Wiedergabe noch Aufnahme in irgend einer Form möglich war.
Die symmetrische Beschaltung der 5-poligen DIN Ein- und Ausgänge ist eine Herausforderung.
Da hatte jemand vor mir schon aufgegeben, wild die Ausgangstrafos überbrückt und die Mikrofonbuchsen als Anschaltepunkte für einen zweiten 3-poligen DIN Stecker zurechtgefrickelt...
Das hat mich fast in den Wahnsinn getrieben; die Drähte konnte man nur auf Grund der Abbindelänge im Kabelbaum wieder richtig zuordnen.
Schließlich konnte ich die symmetrischen Ausgänge wieder nutzen und die Wiedergabe funktionierte glasklar.

An Aufnahme war immer noch nicht zu denken; alle Drähte wieder richtig auf die Eingangsübertrager zurückgelötet; schließlich die schaurige Erkenntnis: Der letzte Reparateur hat die Eingangsübertrager ausgebaut! Vielleicht auf Ebay verkauft, bringt ja Geld.

   

So bleibt mir erst einmal nichts weiter übrig als die Eingänge unsymmetrisch zu betreiben, es sei denn jemand hat eine entsprechende Spurwahlschalterkarte B-SW 3C übrig, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Das ist jedoch überhaupt kein Problem, es ist trotzdem Studiopegel 1,55V am Eingang möglich.

Nun gibt es noch einige kleinere Arbeiten zu erledigen, einige Relaiskontakte müssen gereinigt werden und ggfs. einige Bauelemente im Audioweg geprüft werden falls die Frequenzgangwerte nicht erreicht werden.
Dann steht einer Einmessung nichts im Wege.

       

Meines Wissens ist Senkrechtbetrieb der M28 mit entsprechenden Spulenhalteschrauben auch möglich.
Es können neben NAB-Adaptern auch Wickelteller mit AEG-Befestigung für maximal 26,8cm Durchmesser montiert werden.
Mir persönlich gefällt das sachliche 60er Jahre Design mit der zentralen Andruckrolle gut.

Gruß Jan
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#2
Da kann ich nur sabbern.... thumbup
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#3
Die Chance, die Originalübertrager zu bekommen, dürfte ziemlich gering sein - im Gegensatz zu dem Preis, der dann wohl verlangt wird.

Laut Manual hat der EÜ 2,5:1, Ersatz dafür wird schwierig, aber für 1:1 gibts einiges.
Vom Lochbild her war da wohl ein rechteckiger Kern drin, da bietet sich als günstigste Lösung der Monacor LTR-110 an, der erstaunlicherweise sehr pegelfest ist.
Dann gäbs den Pikatron ÜP3091M, auch relativ pegelfest (gabs mal beim Bürklin, aktuell nur auf Bestellung).
Oder nicht weniger nobel der Neutrik NTL1, aktuell 90 Eier beim Thomann.

Wenn es unbedingt ein 2,5:1 sein soll, kann man immer noch bei Haufe nach einem der T... oder ST...-Typen fragen, die bauen sowas noch.

Michael
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#4
Hallo Michael,
Danke für die Tips, ich werde es bei Gelegenheit mal mit dem Monacor probieren.
Immerhin soll der Symmetrietrafo 1,55V verzerrungsarm übertragen.
Momentan habe ich das Problem, daß der über Alles-Frequenzgang zwar ab 1Khz linear bis 18KHz verläuft aber im Bereich 30Hz bis 1KHz ca 5dB Anstieg besteht.
Die Schaltungen sind relativ einfach aufgebaut, ich vermute in der Gegenkopplung zu starke Tiefenabsenkung auf Grund zu hoher Elko Kapazitäten wegen Alterung der Bauelemente.

Gruß Jan
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#5
(26.11.2024, 09:09)Ferrograph schrieb: Die Schaltungen sind relativ einfach aufgebaut,...
Gruß Jan

Schön wenn das immer so wäre Confused
Viele Grüße,

Matthias
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#6
Servus Jan,

wenn Du willst, kann ich Dir einen unserer "ambulanten" Übertrager (im Gehäuse mit XLR-Armaturen) leihweise überlassen. Da ist allerdings die zweite Wicklung nicht angeschlossen, mit der man natürlich eine 2:1-Untersetzung machen kann Blush

Aber vorher solltest Du wirklich den Frequenzgang in Ordnung bringen, der Übertrager wird sich höchstens unterhalb von 100Hz ein bißchen dämpfend auswirken.

Michael
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