Deutsches "HiFi Urgestein" Karl Breh verstorben
#1
Am 17.08.2024 ist der ehemalige Chefredakteur der Fachzeitschriften "Hifi-Stereophonie" und "Stereoplay" im Alter von 92 Jahren in Karlsruhe verstorben. Älteren Forenmitgliedern wird die Zeitschrift "Hifi-Stereophonie" sicher noch in guter Erinnerung sein. 

Er war auch Mitbegründer des DHFI und deren langjähriger Vorsitzender. In dieser Funktion hat er nicht unwesentlich die deutsche Hifi-Industrie der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts mitgeprägt. Ihren Untergang in den 80er und 90er Jahren musste er allerdings auch miterleben.
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#2
"High Fidelity
und Stereophonie
in Verbindung mit
der modernen Schallplatte
und dem Stereorundfunk
bieten den zweiten
universellen Weg
musikalischen Erlebens".
Karl Breh, 1971

Mit diese Motto beginnt die folgende Einleitung eines seiner Veröffentlichungen zum Thema hifi u. Stereophonie (damals noch mit >ph< geschrieben).

V.G.

Jo
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#3
Klar, wer kennt ihn nicht?
War schon sehr engagiert um die Musikwiedergabe. Er hat ja ein sehr stolzes Alter erreicht.
Ich bin trotzdem sehr betroffen.
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#4
Karl Breh - die kompromisslose, oftmals schonungslose Art seiner Testberichte ist Legende. In seiner Eigenschaft als diplomierter Physiker hatte er vielen ernsthaften HiFi-Interessenten mit seinen kritischen, aber immer sachlichen Tests in den Pioniertagen der HiFi sehr wertvolle Orientierungen bei Kaufentscheidungen gegeben.
Aber noch viel mehr: er hatte in der high fidelity eine Epoche der kritischen Auseinandersetzung eingeläutet und für den Normalverbraucher positiv erlebbar gemacht!

Als ich mein erstes Testjahrbuch um 1977 in die Finger bekam, war ich von Brehs sachlich-analytischer Berichterstattung und der an wissenschaftlichen Akribie orientierten Meßmethodik absolut fasziniert. Breh war für meine in den 70ern beginnenden Beschäftigung mit Elektronik und Tontechnik eine maßgebende Größe. Die Tests lese ich heute noch gerne. Diese klare Sprache und unmißverständliche Darstellung technischer Sachverhalte waren neu. Seine bis in Konstruktionsdetails gehenden Expertisen trennten schonungslos die Spreu vom Weizen. Das war sowohl informativ als auch inspirierend! "Gefälligkeitsgutachten" gab es nicht. Stattdessen sah er sich der technischen Wahrheit verpflichtet. Voodoo und Fiktionen waren ihm ein Greuel. Da gab es für Besitzer einer A77 dann auch mal "keinen Grund, auf das neuere Modell umzusteigen". (Test der B77)

Für HiFi-Glamour blieb er trotzdem empfänglich, manchmal gewürzt mit Sarkasmus: Zitat: "Wer dem Prinzip der Kompromißlosigkeit huldigt, ist gewohnt, dafür zu bezahlen. Mit Geld oder anderem. In diesem Falle genügt Geld. Das ist erfreulich." (Test Mark Levinson JC-2).
Von ihm habe ich bei meinen ersten "HiFi-Versuchen" einiges gelernt: immer genau hinschauen, hinhören und im Zweifelsfalle kritisch nachmessen.

Karl Breh war eigentlich kein Journalist, sondern eher Wissenschaftler, getrieben von einer starken persönlichen Motivation. Und doch: Im Jahr 1983, als ich Abitur machte, stellte die HiFi-Stereophonie leider ihr Erscheinen als unabhängige Publikation ein. Mir wurde bereits damals klar, daß dies eine Zeitenwende bedeuten mußte -freilich nicht zum Besseren. Ich war irritiert, als er zur stereoplay wechselte -einer Publikation, deren technische Seriosität ich seinerzeit sehr bezweifelte. Aber von der Wahrheit wollten ja immer weniger Leser etwas wissen. Stattdessen begannen sich Glaubensgrundsätze entgegen gesicherte Erkenntnis durchzusetzen. Aber dies ist eine andere Geschichte mit irrationaler Eigendynamik, wovon hier nicht die Rede sein soll.
Karl Breh wird im Hinblick auf Objektivität auch in Zukunft ein wichtiges Vorbild bleiben! Insofern hat er vorbildlichen Journalismus geleistet.

Was uns bleibt, ist die Erinnerung an die schönen (!) Pioniertage der high fidelity und das Gedenken an einen ihrer wohl bedeutensten Protagonisten!

Ich glaube, wir haben Karl Breh viel zu verdanken!

R.I.P.
"Früher war mehr Lametta!"
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#5
sehr gut und schön geschrieben.
mehr gibts eigentlich zum tode von Karl Breh nicht zu sagen.
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#6
Die Hifi-Stereophonie hat damals auch die ersten HighEnd Lautsprecherkabel getestet. Zuerst war das Kabelende A mit dem Verstärker und das Kabelende B mit den Lautsprechern verbunden. Der Klang wurde als luftig, durchsichtig etc. beschrieben. Als man dann das Kabelende A an die Lautsprecher und Ende B an den Verstärker angeschlossen hatte, war der Klang noch luftiger und durchsichtiger. Das war für mich der Anlass, die Hifi Stereophonie in den Mülleimer zu entsorgen und nie wieder ein Heft der Hifi Stereophonie in die Hand zu nehmen.

MfG, Tobias
Strom kann erst fließen, wenn Spannung anliegt
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#7
Das lag wahrscheinlich daran, dass nach dem Drehen des Kabels die Elektonen falsch herum laufen mussten  Huh

Viele Grüße 

Michael
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#8
Mir bleiben die fundierten, stark messwertgestützten Testberichte in sehr guter Erinnerung und auch, wie versucht wurde, überteuerte High-End Komponenten zu entmystifizieren.

Legendär ein Hörvergleich eines 500 DM WEGA/SONY Verstärkers gegen teure Amps aus den USA.

Wenn ich heutzutage etwas über alte HiFi Geräte in Erfahrung bringen möchte, schaue ich zuallererst in den alten HS-Heften nach.

Als unbefriedigend empfand ich jedoch meist die Qualität der S/W Fotos im Inneren der 60/70er Jahre Hefte der HS.

@Martin: deine Würdigung von "Charlie" Breh finde ich exzellent !

Groetjes, Frank
Hau wech, den Schiet - aber sech mir, wohin


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#9
Ich habe vor langer Zeit eine fast vollständige HiFi Stereofonie Sammlung geerbt, ich halte sie in Ehren, und versuche schon länger, die ganz frühen und ganz späten Hefte zu finden, um das Ganze zu komplettieren.

Natürlich gab es auch unter Karl Breh Ausreißer, auch er hatte mit Abhängigkeiten zu Anzeigenkunden usw. zu kämpfen. Entscheidend war aber die Motivation, trotz aller Zwänge sachlich zu bleiben, und die Leser an die Technik heranzuführen statt sie bewusst davon anzuschirmen, wie es seit der von der Zeitschrift Audio eingeläuteten Ära passiert. Die Stereoplay war am Anfang unter Breh noch durchaus ein Gegenentwurf zur Audio, der Absturz zur "Audio 2" kam erst später.

Was absolute Legenden waren, v8n denen ich noch zwei selber erleben durfte, waren die von Breh organisierten Simultanvorführungen HiFi Anlage vs. Livemusik auf den HiFi Messen in Düsseldorf. Hier wurden regelmäßig High End Mythen demontiert, und Tumulte im Saal ausgelöst.

Karl Breh steht für mich für eine Ära, wo HiFi noch spannend war und kein absurdes Kasperltheater von Aluhut-Trägern. Ich wünsche ihm alles gute, wo immer er auch ist.

Gruß Frank
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#10
(02.11.2025, 12:03)nick_riviera schrieb: Karl Breh steht für mich für eine Ära, wo HiFi noch spannend war und kein absurdes Kasperltheater von Aluhut-Trägern. Ich wünsche ihm alles gute, wo immer er auch ist.

Gruß Frank

Dem schließe ich mich an!
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#11
Mir gefallen die Ausgaben Mitte der Siebziger Jahre sehr gut, besonders wenn es um das "Herzensthema Quadrophonie" von Karl Breh ging. Auch heute noch sehr lesenswert.
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#12
(06.09.2024, 09:18)bitbrain2101 schrieb: Die Hifi-Stereophonie hat damals auch die ersten HighEnd Lautsprecherkabel getestet. Zuerst war das Kabelende A mit dem Verstärker und das Kabelende B mit den Lautsprechern verbunden. Der Klang wurde als luftig, durchsichtig etc. beschrieben. Als man dann das Kabelende A an die Lautsprecher und Ende B an den Verstärker angeschlossen hatte, war der Klang noch luftiger und durchsichtiger. Das war für mich der Anlass, die Hifi Stereophonie in den Mülleimer zu entsorgen und nie wieder ein Heft der Hifi Stereophonie in die Hand zu nehmen.

MfG, Tobias

noch "luftiger" wird`s wenn die Kabel gegen die Erdrotation bei abnehmenden Vollmond gedrillt werden.  Wink

Was ich in dem Zusammenhang nicht verstehe, wenn ich den "!Nachruf" hier lese,- der Mann war Physiker und legt akribischen Wert auf Messwerte, Zahlen...
... und dann dieser Voodoo Müll von wegen "luftig"?

ich pers. kenne zwar die Test/ HIFI Heftchen, habe nie etwas von gehalten. - bekannt war ja wohl, wer die meiste Werbung schaltete kam auch gut weg-
zumindest war das in den letzten Jahren bei einigen dieser "Publikationen" der offensichtliche Fall

.
.
" Der erste Schluck aus dem Glas der Wissenschaft macht Sie zu einem Atheisten,
aber Gott erwartet Sie am Boden des Glases. "

(Werner Heisenberg)


Meine Recorder wurden gefertigt in: Regensdorf, Löffingen, Hösbach, Frankfurt und Oslo

Gruß
Ralf
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#13
Ich habe mir jetzt mal den alten Kabeltest der HS hervorgeholt (TJB 81/82, S.317 ff), Tester a.k. = Arndt Klingelnberg.

Von einer bevorzugten Signallaufrichtung steht da nichts, der Test und die Argumentation erscheinen mir physikalisch schlüssig. In der Zusammenfassung steht auf S.323 u.a.:

"Vor besonderen "philosophischen" Theorien über Lautsprecherkabel wird gewarnt, sie sind meist nicht praxisbezogen. So wurde nachgewiesen, daß der vielzitierte Wellenwiderstand der Leitung völlig unbedeutend ist".

Von "luftig" usw. steht in dem Test ebensowenig etwas.

Ich bitte mal um Aufklärung, um welchen weiter oben kritisierten Kabeltest der HiFi-Stereophonie es sich denn da eigentlich handelt, idealerweise mit Quellenangabe oder Erscheinungsjahr/Heftnummer. Ich kann das anhand der mir hier vorliegenden Originalquelle zurzeit nicht nachvollziehen!

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#14
Anfang der Achtziger gab es etliche kunstvoll geflochtene und verseilte Kabel. Auch solche die asymmetrisch gestaltet waren. Gleichzeitig wurden sehr schnelle Verstärker mit MOSFET-Endstufen hergestellt. Sind beide Kategorien aufeinander getroffen,gab es schon mal defekte Endstufen. Wegen mehr oder weniger heftigen Schwingungen derselben. Und in solchen Fällen kann die Schwingungsneigung schon mal richtungsabhängig sein.
Grüßle,
Franz
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#15
Verstärker mit solch instabilem Betriebsverhalten sind ganz einfach schlecht entwickelt und gehören nicht in die HiFi-Kette!

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#16
Im Nachhinein ist man immer schlauer.
Grüßle,
Franz
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#17
ich finde es ehrlich gesagt schade, wenn in einem Nachruf am Ende wieder nur die Fehler rausgepopelt werden, die letztlich jeder mal macht. Natürlich war auch Karl Breh nur ein Mensch, aber insgesamt hat er für mich eine Kultur verkörpert, die ich heute sehr vermisse. Ich lese gerne in den alten Heften, und grade, wenn man sich wie wir für alte Kisten interessiert, die noch aus der Blütezeit der HiFi Stereofonie stammen, haben die Zeitschriften sogar noch einen hohen Informationswert.

Gruß Frank
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#18
(02.11.2025, 19:57)mincom schrieb: Verstärker mit solch instabilem Betriebsverhalten sind ganz einfach schlecht entwickelt und gehören nicht in die HiFi-Kette!

Martin

das mit dem instabilen Betriebsverhalten ist ein Problem, das ganz viele High End Kleinserien Manufakturen haben - einmal, weil sie es einfach nicht besser können, zum anderen aber auch, weil sie ja nicht im Ansatz den Entwicklungs- und Testaufwand treiben können, den ein Großserienhersteller treiben kann.

Die Goldohren-Fachpresse versucht das dann immer in den "Tests" verbal zu übertünchen, zu Zeten der frühen Audio, wo ich sowas noch gelesen habe, kamen da sehr oft unfrewillig komische Geschichten raus - ich weiß nicht, ob sich noch jemand an die Papp-Box Charly erinnert . Auch das Märchen vom Einspielbedarf und der schnellen Klangverschlechterung durch Altern stammt aus der Zeit, solche Mythen halten sich aber hartnäckig bis heute.

Gruß Frank
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#19
Ach ja, die Charly, lange ist es her, die Box klingt trotz allem überraschend gut.
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Servo-Sound Mixer 2002 + 2003, SP 70, 4 x SL 20
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#20
Eine Box aus/in einer Pappröhre zum Kampfpreis von 200 Mark durfte ganz einfach nicht gut klingen !
Und dann hieß sie auch noch Charly (Breh). Wink

Groetjes, Frank
Hau wech, den Schiet - aber sech mir, wohin


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#21
Aber wenn ein Nelson Pass so etwas zusammenschustert baut, dann fallen alle andächtig auf die Knie.
Grüßle,
Franz
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