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06.09.2023, 21:35
Liebe Tonbandfreunde,
aller Guten Dinge sind drei, so heißt es.
Nachdem Ihr vor einiger Zeit (hier: https://tonbandforum.de/showthread.php?tid=21846 ) die Fertigstellung meines Selbstgebauten #2 so freundlich begleitet habt,
(hier noch einmal ein Bild der #2)
-- möchte ich Euch auch meine aktuellen Basteleien am Selbstbau Nr. 3 vorstellen. Meine erste Idee war, aus sozusagen nostalgischen Gründen, die #1 zu revidieren und wieder zum Laufen zu bringen. Immerhin lief das Teil, welches ich noch als Schüler angefangen hatte, Mitte der 70 Jahre sehr viel, oft und lang, zuweilen den ganzen Tag, und die Bänder habe ich noch. Aber, ein bisschen genauer hin geschaut, dann war klar, das würde keinen Spaß machen. Also habe ich es zerlegt. Nicht ohne ein paar Bilder davon zu machen.
Gehäuse werden überbewertet, es geht auch ohne. Von oben nach unten sehen wir: Netzteil und Laufwerkssteuerung. Der dicke Elko hatte 1000 µF 250V und versorgte den Andruckmagnet. Wenn er entladen war, war die Halteposition erreicht. Im Fach darunter: Löschgenerator, A-Verstärker, W-Verstärker, alles ohne Internethilfe entworfen und schön diskret aufgebaut. Das Know-how aus gelegentlichen FU-Artikeln und zwei oder drei RPB-Heftchen sowie der Hobby-Praxis geschöpft.
Auf den grünen Wickelmotoren steht Grundig, die wurden, wenn ich mich recht erinnere, einmal von Völkner für kleines Geld verkauft. Die sind natürlich nicht für diesen Zweck konzipiert und hatten - bei akzeptabler Wärmeentwicklung - ein eher bescheidenes Drehmoment, da gab es eben nur lockere Wickel. Einen ganz großen Vorteil hatten sie allerdings: Die bremsen bei Gleichstrom stark ab. Damit erübrigte sich jede mechanische Bremse. Die Wickelteller habe ich auf der Bohrmaschine rund geschliffen - ein Drehbänkchen hatte ich damals noch nicht. Zwischen den Wicklern sitzt der Anzugmagnet. Er wurde aus einem Leistungs-Schütz (Relais) gewonnen und hat die Zeitläufe unbeschadet überstanden. Nur der ihn befeuernde Elko ist hin. Als er das noch nicht war, ist das Gerät mit einem sauberen, satten Klack gestartet.
Das Umspulen ging bei großem Aufwickel-Durchmesser eher verhalten los. Wie gesagt, kein anständiges Anzugmoment. Aber meist viel besser als bei manchen einfachen, schwächlichen 1-Motor-Maschinen von Freunden.
Freundlich damals, dass die Fa. Uher mir ein paar Umlenkrollen, die eigentlich für ein Report gedacht waren, verkauft haben, und erstaunlich, dass diese durchgehalten haben. Anscheinend gab es bei Uher keine Hemmungen, an Bastler zu liefern.
Dass eine Bandführung im Zickzack um die Tonköpfe zwangsläufig eine Schlaufe beim Anfahren produziert, war mir erst später klar geworden. Ich hatte mir dann angewöhnt, vor dem Anlauf immer ein bisschen den linken Wickel vorzudrehen, das ging dann schon. Bei Langspielband lief es auch bei der Andruckrolle einwandfrei, nur ganz dünne Bänder "wörgelten" dort herum. (Wer hat denn dieses wundervolle Wort mal ins Forum geworfen?!) Anscheinend hat sich die Andruckrolle ganz brauchbar selbst justiert, weil der Andruck über den Nylon-Draht in Höhe der Bandmitte einwirkt. Gesteuert wurde der Bandlauf über einen 12-Stufenschalter. Einfach in der Bedienreihenfolge play - stop - DC links - AC rechts - DC links - DC rechts - AC links - DC rechts - stop.
Ein paar Stufen wurden nicht benutzt, und wenn man die jeweilig zuständig Brems-Phase versehentlich übersprang, dann gab es ordentlichen Bandsalat.
Also Zerlegen. Die Alu-Frontplatte war eine echte Fleißarbeit, sieht man noch heute - schade drum. Ob von dem Ganzen noch was brauchbar ist? Wir werden sehen.
Das eine oder andere Alu-Stückchen konnte sich ein Plätzchen im Neubau sichern, ansonsten hieß es: Sägen, sägen, feilen, bohren - ist ja in Alu zum Glück nicht allzu schweißtreibend.
Gewinde bohren, zusammenschrauben, fertig ist das Grundgerüst.
Wie es weiter ging, kann man in dem Thread über Umlenkrollen und Bandfühlhebel nachzulesen, auf den ich hier, der Chronologie wegen, nochmals verlinke:
(Umlenkrollen, Bandfühlhebel: https://tonbandforum.de/showthread.php?tid=26440 )
Und so sieht das gute Stück aktuell von hinten aus. An verschiedenen Stellen durch weitere Aluprofile verstärkt und erweitert, Motoren richtig montiert, provisorische Anschlüsse und Seitenteile, damit es auch stehen bleibt - und alles läuft richtig.
Bin also ein gutes Stück weiter gekommen und werde diesen Bericht bald mit aktuellen Ergebnissen fortsetzen.
MfG
Binse
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Die Geschichte mit der Andruckrolle
Diesmal hatte ich richtig Probleme mit der Andruckrolle. Das Band "wörgelte" an der Gummiwalze herum, lief nach oben oder unten aus der Spur und verhielt sich ganz unvorschriftsmäßig, während bei den beiden Vorgängermodellen die Andruckrollen bzw. ihre Führungen gleich liefen, wie sie sollten.
Zunächst plante ich, die Konstruktionsidee und die Andruckrolle und der #1 zu übernehmen. Das Gummi schien mir noch weich genug, die Oberfläche ohne Risse oder größere Kratzer, und das Gleitlager war auch noch nicht "hin", dennoch tauschte ich es gegen zwei Kugellager aus.
Die Rolle mit eingepressten Kugellagern, daneben liegt noch das alte Gleitlager, alles auf dem Träger für die ganze Bandführung
Soweit komplett fertiggestellt - bis auf die Befestigung für die Bandführungsbolzen
Leider hat es nicht gut funktioniert. Vielleicht muss der Hebel der Andruckrolle doch möglist spielfrei geführt werden? Neuer Versuch. In dieser Version sind zwei Kugellager in die Befestigungslaschen oben und unten eingepresst. Ebenfalls Misserfolg. Möglicherweise ist das Gummi doch verhärtet?
Test mit einem Fertigteil mit einer kleinerer Andruckrolle. Funktioniert einwandfrei! In dieser Version möchte ich das Teil aber nicht übernehmen, passt nicht ins Konzept, wäre auch kompliziert zu bedienen.
Also wird das ganze Hebelchen neu gemacht und die Rolle darauf verpflanzt.
Die fertige Konstruktion. Man sieht die vorgespannte Andruckfeder und die Umlenkung für den Andruck. Die Kraft greift nun nicht mehr in der Bandmitte an, aber ich habe eine sehr gute Lagerung, leichtgängig und exakt, gehörte mal zu einem Plattenspieler. Das Lager ist zusätzlich eingeklebt, wie auch an etlichen anderen Stellen 2K-Kleber zusätzlich zu den Verschraubungen für bleibenden Positionierung sorgt.
Das Ganze von oben. Die Achse für die A-Rolle ist eingepresst, es sollte eigentlich alles exakt genug laufen.
Das Hebelchen mit den beiden Bandführungen. Das sind hier einfache Messingbolzen OHNE Höhenführung. Somit wird leicht erkennbar sein, wohin das Band ausweichen möchte, um dann entsprechend gegenzusteuern.
Das gleiche Hebelchen in Aufsicht. Später werden die einfachen Bolzen natürlich durch welche MIT Höhenführung ersetzt.
So sieht dann das Zusammenspiel von Bandführung und Andruck aus. Ich fand, dass das alles noch ein bisschen besser werden sollte. Deshalb habe die Bohrungen für die Achse der Andruckrolle minimal aufgeweitet und den oberen Achsträger etwas verschiebbar gemacht, um endlich eine hinreichend genaue Senkrechtstellung der Andruckrolle und somit einen glatten Bandlauf zu erreichen.
Wie habe ich nun versucht, das Ganze endlich in den Griff zu bekommen? Es waren viele, zeitaufwendige Versuche notwendig. Den "Durchbruch" habe ich erst erzielt, als ich die Achse der Andruckrolle versuchsweise durch einen ca. 15 cm langen Rundstab ersetzt habe, an dem dann mittels eines einfachen Zeichen-Dreiecks eine genaue Senkrecht-Peilung möglich war.
Außerdem wurde der Fußpunkt der Andruckrollen-Hebels verschoben, so dass er mit Linie Tonwelle zur Andruckrollen-Achse einen rechten Winkel bilden. Vorher hatte ich angenommen, dass eine leichte "Vorspur", wie im oberen Bild erkennbar, zum exakten Bandlauf beitragen würde, das Gegenteil war der Fall
Ich vermute, das Hauptproblem war, dass es sozusagen eine X- und eine Y-Richtung gibt (parallel und senkrecht zum Bandlauf), um den Bandtransport "glatt" zu machen, und somit die Chance, durch Herumprobieren die exakte Ausrichtung zu treffen, ziemlich schlecht war. Sobald sich die Andruckrolle ein bisschen selbst justieren kann, sieht das alles gleich viel besser aus - verlangt aber von vorn herein eine andere Konstruktion.
Die Höhe der Rolle hingegen, also die Z-Richtung, ist ja klar zu erkennen und somit unproblematisch.
An dieser Stelle möchte ich Euch mal fragen was Ihr von dieser Art der Bandführung haltet, die ich hier und auch bei meinem letzten Gerät gewählt habe. Ich nenne es mal "konkav", wobei das Band im Play-Modus zu den Köpfen hin geführt wird. Nachteilig mag vielleicht sein, dass die Bandführungen beweglich sein müssen, aber das bekommt man leicht in den Griff. Bei den Konstruktionen, die ich hier auf Bildern häufiger sehe, scheint das Band eher "konvex" geführt werden, (ja, ich weiß, es kommt hier auf die Blickrichtung an) Deshalb wird es beim Umspulen meist mit einem Hebel von den Köpfen abgehoben. Dafür gibt es dann feststehende Bandführungen. In meiner Konstruktion gibt es beim Spulen nur rotierende Führungen.
Eine andere Frage, die sich mir beim Betrachten etlicher Geräte-Fotos hier im Forum aufdrängt, ist die, auf welcher Seite eigentlich die Andruckrolle auf die Tonwelle treffen sollte. Es gibt ja diverse Konstruktionen, wo das Band HINTER der Tonwelle läuft - welche sich dann rechts statt links herum drehen müsste, und die Schicht liegt an der Gummirrolle und nicht auf der Tonwelle (auch Capstanwelle genannt).
Hat das Vor- oder vielleicht Nachteile oder ist das nur ein Relikt der alten deutschen Wickelmethode mit außenliegender Schicht?
Allerdings ist das nicht nur auf ganz alten Geräten zu sehen, sondern zuweilen auch auf neueren japanischen.
Ich frage das nur interessehalber, umbauen werde ich diese Baustelle wohl nicht mehr ...
So, ich hoffe, dass Euch meine Bastelgeschichten ein wenig interessieren und wünsche einen schönen Sonntag!
MfG
Binse
(Es geht bald weiter. Bin mit der Schilderung noch nicht am aktuellen Stand angekommen.)
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Danke für den Bericht, den Überblick, das Können und die Geduld hätte ich auch gerne. Freue mich auf weitere Teile.
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10.09.2023, 12:00
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.09.2023, 21:11 von capstan.)
Hallo Binse,
ganz schöne Bastelei die Du dir da vorgenommen hast, aber Hut ab.
Die Andruckrolle darf nicht genau senkrecht zur Bandlaufebene auf die Tonwelle treffen, so das das Band lediglich "eingeklemmt" wird.
Das Band muß erst auf die Tonwelle auflaufen und anschließend von der Andruckrolle ablaufen, sonst wandert das Band in der Höhe unkontrolliert.
In Deinem oberen Bild mit dem industriellen Andruckhebel und der kleinen Rolle ist es prinzipiell richtig.
Natürlich hängt das auch von der genau parallelen Senkrechtstellung zwischen Tonwelle und Gummirolle ab.
Ein möglichst großes Ddurchmesserverhältnis zwischen Tonwelle und Andruckrolle begünstigt den präzisen Bandlauf (1:7).
Durch die lineare Anordnung der Köpfe und die vieri eintauchenden Bandführungen erzeugst Du durch den entstehenden mäanderförmigen Bandlauf ein sehr hohes Reibmoment und benötigst viel Kraft an der Tonwelle. Versuch das Band mal mit der Hand und Federwaage durchzuziehen.
Bei jeder Umschlingung erhöht sich die benötigte Zugkraft und damit auch der Verschleiß, besonders am letzten, dem Wiedergabekopf.
Besser ist die Köpfe bogenförmig (15 Grad Einlaufwinkel; 15 Grad Auslaufwinkel) anzuordnen, dann brauchst Du nur einen Andruckhebel (besser Rolle), um die nötige Umschlingung der Köpfe zu gewährleisten.
Außerdem ist es besser für eine präzise Bandführung die Führungsbolzen feststehend, zwischen den Köpfen anzuordnen, da eine bewegliche Bandführung konstruktionsbedingt immer etwas Spiel aufweist.
Die Bandführungsbolzen sollten dabei auch nur von den Bandkanten, nicht flächig von der Schichtseite berührt werden.
Bei den meisten Bandmaschinen befindet sich die Andruckrolle auf der Bandrückseite, wobei die Schichtseite zur Tonwelle zeigt.
Früher waren die Bänder auf der Schichtseite rauh und auf der Trägerseite glatt, vielleicht ist es deshalb historisch so gewachsen?
Meiner Meinung nach spielt das aber heute eine untergeordnete Rolle, da viele Bänder heute rückseitenmattiert sind.
Es ist wohl mehr eine Frage der Konstruktion als der Sinnhaftigkeit.
Bernd
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Vielen Dank für Eure Antworten!
Deine Ausführungen, Bernd, sind interessant und überzeugen mich. Vieles deckt sich auch mit meinen Überlegungen und Erfahrungen. Vermutlich wäre es schlauer gewesen, diese Dinge vorher hier im Forum anzusprechen, andrerseits wollte ich gerne erst einen gewissen Stand erreichen, ehe ich den Thread eröffne, um nicht den Eindruck zu erwecken, über ungelegte Eier zu gackern.
Was die Bandführung und die nötige Zugkraft betrifft, so ist das ja bei der aktuellen Konstruktion schon sehr viel besser als beim ersten, demontierten Gerät, weil die Umschlingung der Führungsbolzen viel geringer ist, auch sind es nur 2 anstatt 4 wie beim demontierten Gerät #1 aus den frühen 70er Jahren.
Die zwei Umlenkbolzen bei der aktuellen Konstruktion werden im Play-Modus übrigens in der Höhe festgeklemmt bzw. fixiert. Aber es stimmt schon, das Band liegt auf jeden Fall flächig auf den Führungen auf und vergrößert die Kontaktfläche (im Verhältnis zur unabdingbaren Fläche am Kopfspiegel) ein wenig.
Möglicherweise versuche ich nach der Fertigstellung des Ganzen, hier noch ein wenig zu optimieren ...
MfG
Binse
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Hallo Binse, hallo in die Runde,
die "ersten Menschen" bei den Tonbandlaufwerken waren ja die Jungs um Eduard Schüller, und die hatten schon eine Menge der Probleme dieser Technik im ersten Jahrzehnt gehabt und für einiges auch gute Lösungen gefunden.
Gummiandruckrolle:
Nach Ratschlag Eduard Schüllers soll das Tonband immer erst die Tonwelle berühren und erst danach auf die Gummirolle treffen, um die Tonhöhenschwankungen klein zu halten. Denn die Tonwelle kann sehr viel runder hergestellt werden als die Gummiandruckrolle.
Bei den Bandführungen geht es bei niedrigen Geschwindigkeiten um Toleranzen im µm-Bereich, um die Höhenabtastung und die Senkrechtstellung des Kopfspaltes für das Band sicherzustellen. Deshalb hatte nur der Bandabheber bei den Studiogeräten funktionsgemäß eine Bewegliche Bandführung.
Zur Anordnung der Köpfe werde ich demnächst mal einen längeren Beitrag schreiben. Auch hier hat AEG/Telefunken alles durchprobiert und ist bei der M15 wieder zu den Anfängen zurückgekehrt.
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...#pid338691
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...#pid300348
Zur Anordnung de Gummiandruckrolle:
Die Erfinderfirma hat die Rolle auf die Bandrückseite drücken lassen.
Das hat Ampex bei seiner ersten Maschine Typ 200A mit Schicht außen!!! auch so übernommen.
Als man wegen der gegenüber AEG geänderten Kopfanordnung (bei AEG war der Bandlauf für Aufnahme und Wiedergabe optimiert, bei Ampex für das Umspulen) Probleme mit dem Schneiden der Bänder hatte, änderte man die Schichtlage und die Kopfträgeranordnung, aber nicht die Wirkungsrichtung der Andruckrolle.
Da Ampex einen hohen Vorbildcharakter in Japan hatte, haben einige japanische Hersteller dies auch so übernommen. Ein tieferer Grund ist mir nicht bekannt.
Viele Grüße
Manfred
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Echt ein Wahnsinn, was Ihr so draufhabt!!!
Binse, das ist wieder Unterricht pur, vielen Dank und viel Spaß beim Bau der nächsten Ballfinger
Manfred, bin beeindruckt! Freu mich schon auf weitere Beiträge.
LG
Mike
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Hallo Tonbandfreunde,
vielen Dank für Eure Beiträge! Ich werde gerne auf einzelne Aspekte zurückkommen. Jetzt möchte ich erst noch mal ein paar Bilder bringen.
Kopfträgerplatte, Bandführung und erster Test
Zunächst die wichtigsten Einzelteile.
Alles schön per Hand ausgesägt, Abstandbolzen und Achsbefestigungen auf der Drehbank bearbeitet.
Hier sehen wir die Anordnung, sozusagen als Stellprobe.
Mit diesem Getriebemotörchen mit mächtiger Untersetzung sollen die beiden Hebel bewegt werden, indem sich jeweils ein Nylondraht auf den Messingdorn aufwickelt. Die nicht unbeträchtlichen Kräfte sollten mit dem Kugellager am oberen Ende aufgenommen werden. Das Drehmoment ist ziemlich groß, aber die Drehzahl gering - der Vorgang dauerte mir dann doch viel zu lange. Wer wartet schon gerne deutlich über eine Sekunde, wenn er "Start" gedrückt hat, bis das Band loslegt?
Mit diesem Konstrukt würde es ein bisschen schneller gehen. Andrerseits gibt es hier immer noch Drehmoment im Überschuss, die Stopp-Schalter sind nicht gut zu platzieren und das ganze Teil hätte zwar gerade noch reingepasst, war ober doch irgendwie ungünstig und nicht zufriedenstellend.
Hier nun das endgültige Teil. Die beiden Mikroschalter stellen die Endpunkte für die Ab- bzw. Aufwicklung dar. Damit es in die jeweils andere Richtung wieder zurück gehen kann, sind sie mit Dioden überbrückt. Diese beiden Springkontakte, irgendwo vor langem ausgebaut und aufgehoben, sollen übrigens laut Aufdruck 5 A / 250 V vertragen. Da werden sie wohl in ihrer neuen Bestimmung mit max. 50 mA / 12 V locker fertig werden.
Das schwarze Kästchen enthält übrigens einen Schalter 2 x UM als Polwender sowie einen Ein/Aus-Schalter, ich habe das vor gefühlten Ewigkeiten gebastelt und es tut immer mal wieder gute Dienste.
Nun wird das alles zusammengebaut. Man kann, glaube ich, ganz gut erkennen, wie die Nylon-Seilzüge das Ganze bewegen sollen.
Nun endlich ein Testlauf!
Links meine Netzteile, die vorne Gleichstrom liefern, hinten aber direkte Zugänge zu den Sek.-Wicklungen haben. Damit lassen sich viele Spannungswerte zusammenstöpseln. Nun gut, ein regelbarer Trenntrafo wäre schon besser, aber so geht es auch. Außerdem liefert ein Regeltrafo sowieso nur eine einstellbare Spannung, hier werden aber 3 verschiedene benötigt.
In der Mitte das Gerät in Aktion. Von der Andruckrolle lief es anfangs nicht wirklich gerade heraus. Was ich dagegen getan habe, ist im vorherigen Beitrag nachzulesen.
Rechts zeigt das O'scope den Output des Tachogenerators des Revox-Tonmotors. Wir haben hier noch keinerlei Regelung. (auch bei den Wickelmotoren nicht, versteht sich.) Die Tacho-Spule liefert bei ca. 55 V Motorspannung etwa 1,88 kHz, was einer Bandgeschwindigkeit von ca. 22 cm /sec entspricht. Ich belasse das Bild in großer Auflösung, damit Ihr auf Wunsch ein wenig darin herum zoomen könnt.
Ist sicherlich noch eine Menge zu tun, aber man sieht doch wenigstens schon mal was ...
MfG
Binse
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Hallo liebe Tonbandfreunde,
ein bisschen habe ich in den letzten Tagen am Gerät herumgebastelt, hierzu ein paar Bilder:
Beim vorherigen Gerät hat es sich sehr bewährt, dass nach dem Abbremsen durch den jeweils gegenläufigen Motor eine mechanische Feststellbremse eingreift. Die Bremsbeläge aus Kork haben sich ebenfalls sehr gut bewährt. Diese greifen auch, wenn beim Umspulen das Bandende ausläuft oder versehentlich der Strom abgeschaltet wird.
Das wird nun mit einem Zugmagneten und diesen Hebelchen mit jeweils zwei kleinen Blattfedern realisiert. Ist zwar nur mit normalem Elektronik-Weichlot fixiert, aber so, relativ großflächig, hält so etwas nach meinen Erfahrungen prima.
Die Bremsen zusammengebaut. Eine Anmerkung zu den Seilzügen aus Nylondraht: Das sieht vielleicht ein bisschen zu filigran und wenig stabil aus. Ist es aber nicht. Ich habe vor längerer Zeit zwei Lampen für den Schreib- und den Bastelplatz gebaut, die jeweils durch einen Seilzug mit Gegengewicht in jeder gewünschten Position gehalten werden. Der Nylondraht wird zum Abbremsen in einer Windung über einen schlichten Metallhaken geführt. Das hält nun schon jahrelang und hat manche Fertig-Lampe in unserem Haushalt überlebt. Außerdem sind, rein basteltechnisch, diese Seilkonstruktionen deutlich einfacher herzustellen als irgendwelche Hebel-Mechaniken, die man sich für diesen Zweck ebenfalls ausdenken könnte.
Die ganze Baustelle von hinten. Ringkerntrafos, Netzteil und die ganze Elektronik muss da noch irgendwo irgendwie hin. Die Pressspanseiten sind natürlich nur provisorisch. Irgendwie muss das ja stehen bleiben. Die leicht pultförmige Neigung soll aber bleiben. Ich vermute, dass die vielfach verschraubten und verstärkten Winkelprofile eine ausreichende Stabilität ergeben, die einem entsprechenden Alu-Druckguss-Gehäuse gleichwertig sind. Ich hatte mir auch überlegt, alle Teile zusätzlich mit 2-K-Kleber zu fixieren, was aber sehr, sehr unpraktisch ist, wenn man irgendwann doch irgendwas wieder aus- und einbauen muss. Deshalb kommt nur an wenigen, ausgewählten Punkten Klebstoff zum Einsatz.
Von vorne. Die Steuerung für das Getriebe-Motörchen für Andruckrolle und -Hebel ist auch schon fertig und eingebaut.
Die Bandführung im Kopfbereich. Der Hebel mit den Umlenkbolzen wird im Play-Modus kräftig an die beiden Anschlagswinkel zwischen den Köpfen gedrückt und somit "geerdet". Links wird die Position nur durch den Anschlag fixiert, für den rechten Bolzen haben wir zusätzlich eine Höhen-Fixierung durch die hier gut sichtbare Klemmung aus Messingblech. Damit sollte die Höheneinstellung ausreichend genau sein. Die Köpfe selber können noch in ein einem weiten Bereich in alle Richtungen verschoben werden und sind hier nur provisorisch montiert.
Auf die kenntnisreichen Ausführungen und Hinweise von Bernd ("capstan") und Manfred ("Magnettonmanni") hin habe ich mir überlegt, ob ich die Konstruktion nicht doch noch mal ändern will. Mir war schon klar, dass jede Umschlingung von Umlenkbolzen die Eigenschaften verschlechtern kann (Schwingneigung des Bandes, rauher Lauf), und dass der Umschlingungswinkel deshalb so gering wie möglich gehalten werden sollte. (Im Idealfall so, dass nur die Bandkanten geführt werden) Mir war nur nicht eingefallen, wie ich das erreichen kann. Ob und wie stark sich das am Ende auswirkt, wird der Versuch zeigen.
Inzwischen denke ich, dass ich die vorhandene Konstruktion weitgehend belassen kann, wenn ich es so bei den Nagra-Geräten abkupfere: Löschkopf, dann eine Umlenkrolle, die in den Bandlauf eintaucht (statt feststehendem Bolzen), dann die S- und H-Köpfe in einer "konvexen" Anordnung mit jeweils feststehenden Höhenführungen. Das müsste im Rahmen der vorhandenen Konstruktion ohne allzu großen Rückbau machbar sein. Da dieses Umlenkröllchen dann VOR den Tonköpfen käme, gingen mögliche leichte Rundlauffehler nicht in den Bandlauf ein, und beim Löschkopf macht es nichts. Ich hatte ja beim Gerät Nr. 2 zuerst zwei Umlenkrollen aus Messing, die auf Kugellagern saßen, allerdings war die Anordnung viel zu ungenau, so dass ich sie dann - wie hier - durch feststehende Bolzen (auch im Anschlag höhenfixiert) ersetzten musste.
Was die Position der Andruckrolle betrifft, so war mir schon beim ersten Gerät in den '70ern klar, dass das Band zuerst auf die Tonwelle auflaufen muss, ehe es von der Andruckrolle erfasst wird. Das Selbstbau-Problem ist allerdings wohl die genaue Parallelstellung der beiden Achsen.
Ich möchte aber erst mal voran kommen und deshalb jetzt keinen „Rückbau“ starten.
Wie soll es also weiter gehen?
- Regelung des des Tonmotors.
Da werde ich einen eigenen µProzessor für einsetzen.
- Wiedergabe-Verstärker.
Damit sollen dann die beste Position für den Netztrafo sowie zusätzliche Abschirmmaßnahmen für den W-Kopf ermittelt und ausprobiert werden. Beim vorherigen Gerät hatte ich ja ein Brummproblem, was nur durch Ausquartieren des Netztrafos ein wenig entschärft werden konnte.
- Regelung der Wickelmotoren.
- Steuerung des gesamten Laufwerks durch einen weiteren µProzessor, Bedienelemente dafür
- Löschgenerator, Aufnahme-Verstärker
- Aussteuerungsinstrumente, Potis, Frontplatte. Die NF-Einheit soll unter die ganze Mechanik geschraubt werden
- Gehäuse, Knöpfe, fertig.
Möge Euch meine Darstellung ein wenig Spaß machen!
MfG
Binse
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Ein wenig Spaß ist gut
Danke, Binse
LG
Mike
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22.09.2023, 15:19
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.09.2023, 15:28 von Magnettonmanni.)
Hallo Binse,
ich lese Deine Beiträge mit hohem Interesse und bewundere Deine Ausdauer bei der Lösung der Probleme.
Der Erfinderfirma waren alle mechanischen Probleme der Laufwerke um 1950 bekannt und bei der T9u zufriedenstellend gelöst.
Tonmotorachse und Gummirollenachse müssen raumparallel zueinander stehen und die Gummirollenlauffläche ebenso.
Die dafür notwendigen mechanischen Festigkeiten für Dauerbetrieb wurden durch "Schwermaschinenbau" erreicht.
Die späteren Möglichkeiten der Elektronik hätten viele Lösungen vereinfachen oder verbessern können.
Die Heimgeräte hatten später selbstjusierende Andruckrollen!!!
Bei den M10 und M10A wurden die Gummirollen mit Pendelkugellagern versehen. Diese Laufwerke hatten seinerzeit die niedrigsten Werte bei den Bandlängsschwingungen erreicht und einen für Studiogeräte extrem günstigen Bandpfad zum Einlegen des Bandes. Der diesen Geräten nachgesagte "besondere Klang" war eben das Fehlen des Klanges der Bandlängsschwingungen.
Wenn gut justiert (das konnte zu einer Arbeit werden für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hatte), waren die Geräte durch fast nichts aus der Ruhe zu bringen. Auch Doppelklebestellen liefen NF-seitig geräuschlos durch. Die kugelgelagerten Rollen und Rollenhebel waren allerdings dann deutlich zu hören. Sie reagieren schneller als Gleitlager auf das dicker werdende Band und das ist gut, denn die Abtastung sollte möglichst unbeeinflußt sein; daß die Tontechnikerin die Klebestelle dann gut hören kann, macht ja nichts.
Deine geplanten Anleihen bei Nagra sind sehr vernünftig. Die Andruckrollenachse der Nagra III wird mit einem sehr stabilen Bügel oben und unten gehalten, aber die mit einem Kugellager versehenen Rolle kann zusätzlich ganz geringe Kippbewegungen ausführen und sich in dem Bereich selbst justieren. Der präzise Bandlauf der Nagra III war bei ihrem Erscheinen Anfang der sechziger Jahre eine Sensation. Für die Bandzugregelung werden dort auch dünne Seile verwendet.
Das war aber nicht neu, sondern hat AEG Ende der 40er Jahre beim AW1 auch schon benutzt.
Die M15 hatte dann auch eine Gummirolle, die mit kleinen Kippmöglichkeiten eine Selbstjustierung vorsieht.
Das für mich bekanntesten Laufwerk mit einer Eintauchrolle ist die Studer A 80. Deren Aufwand zur Bewegung der Andruck- und Eintauchrollenhelbel ist geradezu phänomenal.
Zum Veranschaulichen des Aufwandes für einen ordentlichen Bandlauf in einem Spitzengerät kann man hier die "filigran" ausgeführten Achsen und Kugellager bei den Schweizern bewundern. (Bild ist aus dem Faden Mussorgsky "Bilder einer Ausstellung")
https://tonbandforum.de/attachment.php?aid=47194
Viele Grüße
Manfred
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