Telefunken M5 - kleine Reparaturen
#1
Meine Telefunken M5, Werksnummer 360, ganz frühes Exemplar noch mit AEG gelabelt, lief schon immer etwas zu schnell.
Aufgenommene Beiträge sind einige Sekunden kürzer wenn ich sie auf anderen Maschinen wiedergebe.

Der Grund dafür ist bekannt, die Konstrukteure um Eduard Schüller bevorzugten eine mechanische Geschwindigkeitsjustage mittels Abbremsung der Schwungmasse über eine verstellbare Filzscheibe.
Jedenfalls wollte ich die 65-jährige M5 endlich auf Sollgeschwindigkeit trimmen, daher habe ich mich an den Ersatz der Filzbremse gewagt.

Die Bremse besteht aus einem inneren Federstahlgestänge welches mittels Madenschraube von außen eingestellt wird und ein Filzpad auf die Schwungmasse drückt.
       
Auf diesem Bild erkennt man gut den abgeschliffenen Filzbelag
   
Ersetzt habe ich den mit selbstklebenden Filzgleiterbelag für Möbel, der scheint ausreichend widerstandsfähig
   
Die Justage erfolgt über das eingebaute Glimmlampenstroboskop an der Tonwelle, die Sektoren stehen scheinbar still, damit ist die Solldrehzahl präzise eingestellt.
   

Laut Literatur verursacht diese mechanische Abbremsung leider auch ganz leichten Schlupf der Zwischenräder, besser wäre natürlich den Synchronmotor über einen regelbaren Frequenzumrichter zu betreiben, das konnte man 1956 leider noch nicht koffertauglich realisierten....
Da die M5 bei mir nicht ständig in Betrieb ist kann ich damit leben und erfreue mich an deren Präzision.

Gruß, Jan
Zitieren
#2
Hallo Jan,

das hast Du gut gemacht. 
Dein Streben nach einem in allen Punkten funktionsfähigen Gerät kann ich sehr gut verstehen.

Wenn Deine M5 noch leise ist bei allen Geschwindigkeiten, würde ich abraten, den Bremsbetrieb längere Zeit durchzuführen.
Das ist kein ganz leichter Schlupf, sondern er ist für die Zwischenräder zu groß.

Diese unglückliche Konstruktionsidee**, einen Synchronmotor indirekt abbremsen zu wollen, führt zur Zerstörung der Zwischenräder, weil die den Schlupf auf Dauer nicht vertragen. Mal abgesehen von der Schwingungsanregung der glockenfömigen Schwungscheibe!

Wenn man denn noch ordentliche Zwischenräder als Ersatz bekommen sollte, ist das Auswechseln derselben nicht zu den vergnüglichen Tätigkeiten zu zählen.
Ich lasse meiner M5 da deshalb völlig freien Lauf. 

Du hast doch auch so schöne andere Geräte, mit denen Du Aufnahmen machen kannst.

Viele Grüße
Manfred

** Möglicherweise hängt die Sache auch mit der gleichzeitig angebotenen schnellen Version zusammen (76/38/19 durch eine dickere Tonwelle).
Zitieren
#3
Hallo Manni,

daß die Bremse so große Auswirkungen haben kann war mir nicht bekannt.
Deine Hinweise haben mich erreicht, danke dafür.
Ich habe die Bremse erst einmal entspannt, jetzt läuft die Schwungmasse wieder frei.

Gruß Jan
Zitieren
#4
Hallo,

es gibt einen kleinen aber feinen Frequenzumrichter für alte Hammond Orgeln mit Tonewheel Generator. Mit einer kleinen Fernbedienung lässt sich die Hammond Orgel um plus 4 oder minus 3 Halbtöne transponieren, jeder Halbton ist in 100 Cent unterteilt, damit ist eine sehr feine Einstellung möglich. An den Frequenzumrichter kann ein Synchronmotor für 220V/50Hz mit maximal 50W angeschlossen werden. Der Frequenzumrichter wird in die 2 Wechselspannungsleitungen zum Motor eingeschleift. Damit könnte man vielleicht eine M5 auf exakte Geschwindigkeit einstellen, aber der Spass ist leider nicht billig.
https://shop.keyboardpartner.de/p/sqc-50...oner-tuner
https://shop.keyboardpartner.de/p/power-...ntrol-unit

MfG, Tobiuas
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
Zitieren
#5
Danke Tobias.
Ich habe von Matthias B mal einen kleinen Frequenzumrichter bekommen.
Mal sehen ob der sich auf Bruchteile von Hertz einstellen lässt.
Dann wäre der ggfs. auch geeignet.
Aber das eilt alles nicht, es gibt viele offene Baustellen.

Gruß Jan
Zitieren
#6
Guten Morgen zusammen,

ist das bei allen M5 so gelöst? Also auch bei den späteren Modellen?
Falls ja, würde ich das als kleinen Konstruktionsfehler sehen.

Die meisten Amateurmaschinen und Plattenspieler hatten sich damals an der Netzfrequenz orientiert.
Da diese 50 Hz ja eigentlich in Stein gemeißelt sind, ist das ein guter Anhaltspunkt für die Geschwindigkeit.

Gruß Micha
Zitieren
#7
Bei den Maschinen mit nur 2 Geschwindigkeiten wurde ein anderer polumschaltbare Motor verbaut.
Diese Maschinen haben dann kein Reibradgetriebe mehr.

Von einem Konstruktionsfehler würde ich aber nicht sprechen.
Die Netzfrequenz war in den 50er Jahren nicht überall konstant .

Gruß Jan
Zitieren
#8
(07.05.2023, 09:59)Ferrograph schrieb: Die Netzfrequenz war in den 50er Jahren nicht überall konstant .

Hallo Jan,

nicht nur in den 50er Jahren, in den 90ern hatte das ehemalige West-Berlin im Stromverbund mit dem Ostteil auch starke Probleme mit der Konstanz der Netzfrequenz. Frühe digitale Uhren, Timer in den ersten Videorecordern, es war auf nichts Verlass. An dem Punkt war der Osten mal toleranter als der Westen. Beim Sender ntv in der Taubenstrasse stand im Innenhof eine Notstromanlage mit der Grösse einer Doppelgarage. Wenn bei einem privaten Sender das Bild schwarz bleibt, zahlen die Werbekunden nicht.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
Zitieren
#9
Hallo zusammen,

das mit der Netzfrequenz früher war mir neu. Heute geht es ja wieder in die Richtung, durch die ganzen Solaranlagen die zu und wegschalten und durch die mangelnden Kraftwerke. Das heutige Stromnetz hat jedes Jahr tausende Regeleingriffe um die Frequenz stabil zu halten. Vor 20 Jahren waren es pro Jahr noch unter 10.

Im Zusammenhang mit der Bremse, stellt sich mir die Frage, ob diese nicht statisch wirkt? Das heißt ich stelle die bei 50Hz auf soll ein, dann geht die Frequenz runter oder hoch. Die Bremswirkung sollte ja immer noch die gleiche sein und sich nicht anpassen?

Gruß Micha
Zitieren
#10
(07.05.2023, 09:45)Micha94 schrieb: ist das bei allen M5 so gelöst? Also auch bei den späteren Modellen?
Falls ja, würde ich das als kleinen Konstruktionsfehler sehen.
Hallo Micha,

NEIN, ab M5A waren die Maschinen direkt angetrieben von polumschaltbaren Papst-Synchron-Motoren.


Micha94 schrieb:
Im Zusammenhang mit der Bremse, stellt sich mir die Frage, ob diese nicht statisch wirkt? Das heißt ich stelle die bei 50Hz auf soll ein, dann geht die Frequenz runter oder hoch. Die Bremswirkung sollte ja immer noch die gleiche sein und sich nicht anpassen?

So ist es.
Die Bremse wirkt statisch und kann keine kurzfristigen Netzfrequenzschwankungen ausgleichen.

Viele Grüße
Manfred
Zitieren
#11
Hallo in die Runde,

die M5 war nicht als Sendemaschine gedacht (sie erfüllte dafür nicht die Forderungen des Braunbuches).

Als Sendemaschinen des Rundfunks galten nach der T8f damals eindeutig die T9 bzw. die T9u.
Die hatten alle eine Stroboskopanzeige auf der rechten Leitrolle. Aber nicht zum Geschwindigkeitsabgleich, sondern um anzuzeigen, falls der Synchronmotor außer Tritt fiel. Die Sendestudios hatten eine Spannungs- und Frequenzüberwachung und entsprechende Notstromaggregate.

Es gab zur Konstruktionszeit der M5 in Deutschland aber durchaus Inselnetze, die noch nicht an das Verbundnetz angeschlossen waren. Wenn die dauerhaft etwas neben der Netzfrequenz liefen, war man mit der M5 sehr gut angezogen. Der Gußbatzen galt damals als gut transportable Reisemaschine.
Es gab damals sogar noch Gleichstromnetze (nur zur gedanklichen Einordnung der Zeit, in der noch nicht überall die Kriegstrümmer weggeräumt waren).

Viele Grüße
Manfred
Zitieren
#12


hier macht sie ihre Arbeit gut
Gruß Ulf

TF-Berlin
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste