Nordmende 8003/T20//T40
#1
Hallo,

ich bin heute über eine Auktion in Ebay gestolpert, in der ein Service-Manual des Nordmende 8003/T40 angeboten wird:
https://www.ebay.de/itm/363769791709?

Da ist unter "Besonderheiten" eine "Bandzugautomatik" erwähnt, das Gerät hat aber keine Fühlhebel, weswegen ich mir nicht vorstellen kann, wie das realisiert wurde:

   

Besitzt jemand so ein Gerät und/oder kann berichten, wie das funktioniert??

Viele Grüße

Frank
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#2
Hallo Frank,

es gibt bei den Geräten der 800x-er ab Baujahr 1968 auf der linken Seite tatsächlich einen kleinen Fühlhebel, der mit einer Fotozelle gekoppelt ist. Je nach Bandvorrat auf der Abwickelspule lässt der Hebel mehr oder weniger Licht auf die Fotozelle und bewirkt damit elektronisch mehr oder weniger "Zug" auf den Abwickelmotor. Das war für die Zeit schon sehr fortschrittlich, wo gab es sonst einen elektronisch gesteuerten Bandzug im Heimbereich?

Bei den ersten Modellen der 8001er aus 1967/68 gab es die Bandzugregelung allerdings noch nicht, dort befindet sich links an Stelle des Fühlhebels ein feststehender Bolzen.

Bei Bedarf hole ich meine 8001/T2 gerne aus dem Regal und mache ein paar Fotos.

Grüße,

Bernd
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#3
Hallo Bernd,

ich hatte Ende der 60-iger von einer Nordmende 8001/8002/8003 geträumt. Der Grund war einfach die Konzeption mit 3 Motoren, was mir zuverlässiger erschien im Vergleich zu den damals endemischen einmotorigen Geräten, nachdem ich jahrelang bei meiner Philips mit verharzenden Wickelkupplungen gekämpft hatte. 3 Motoren gab es damals, vor Begin der japanischen Invasion, nur bei Braun, deren Tonbandgeräte doppelt so teuer waren wie die Nordmende, und bei der Telefunken M28, für die das 4-fache des Preises der Nordmende hingelegt werden mußte. Ich habe mich nicht nur damals gefragt, warum die großen Firmen am einmotorigen Antrieb angesichts des mechanischen Aufwands, der betrieben werden mußte, um einen ordentlichen Gleichlauf zu erzeugen, festhielten. Nach einem Besuch im Grundig-Stammwerk in der Kurgartenstresse in Fürth konnte ich mir diese Tatsache nur damit erklären, daß das Stanzen, Nachbearbeiten und schließlich der Zusammenbau komplizierter mechanischer Teile durch Frauen mit jugoslawischen Migrationshintergrund billiger war als der Einbau von Wickelmotoren.

Die damaligen Braun, vor der Markteinführung des TG 1000, hatten im Bandeinlauf eine mechanische Betriebsbremse, ebenso dass M28 (das auch die aufwickelte Spule mechanisch mittels Fühlhebel bremste).

Jedenfalls finde ich bis heute, und deswegen habe ich mir auch die Anzeige in Ebay angesehen, daß Nordmende damals ein sehr gutes Gerät angeboten hat, das seiner Zeit voraus war und das zu einem Preis, der nicht erklärt, warum sich nicht viel mehr Leute dieses Gerät kauften. Auch der Receiver und der Plattenspieler ( der damalige Spitzenplattenspieler von PE, der 2020) aus der 8000-er Serie waren ansprechende Geräte.

Wenn ich jetzt Deine Beschreibung lese, dann fällt mir natürlich die Bandzugregelung des Braun TG 1000 ein, bei der dieses Prinzip mit der Fotozelle realisiert wurde , aber erst ab ca. 1970.

Leider (??) war ich finanziell erst 1973 in der Lage, mir ein ordenliches Gerät zu kaufen, und da wurde es dann ein Gerät japanischer Herkunft (mit 3 Motoren, aber ohne Bandzugregelung)

Fotos deines 8001/T2 wären hübsch....Insbesonder des Fühlhebelchens.

Viele Grüße

Frank
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#4
Hallo Frank,

es ist schon interessant, was die Bremer damals auf die Beine gestellt haben. Sie hatten ja schon von ca. 1958 bis 1960 das ebenfalls dreimotorige Tonbandgerät Titan im Programm, dann gab es bis zum 8001/T aber eine Durststrecke mit nur eher einfachen Konstruktionen wie dem Exclusiv oder der Titanette. Das war wahrscheinlich auch der Grund dass die Geräte von Nordmende sich nicht so stark verbreitet haben, der Kuchen für die besseren Bandgeräte war 1967 schon aufgeteilt. Als die Cassettengeräte allmählich HiFi-Niveau erreichten, stieg Nordmende relativ früh aus der Fertigung von Spulengeräten aus. Schon im 1972er Katalog stehen sie nicht mehr ‚drin, und auch das HiFi-Angebot geht ab da an qualitativ zurück.

Erwähnenswert ist bei den 8000ern auch die elektronische Verzögerung, wenn nach dem Umspulen gestoppt und auf Wiedergabe geschaltet wird um Bandsalat zu vermeiden. Direktes Umschalten vom Umspulen auf Wiedergabe ist durch Tastenverriegelung gar nicht möglich, es muss vorher immer die Stoptaste gedrückt werden. Bei einer A77 muss man das nachrüsten (oder halt aufpassen). 

Es gibt zwei Schwachstellen bei den Bandgeräten von Nordmende: 

Da wäre zum einen die automatsche Auskupplung des Reibrades beim Ausschalten – die Mechanik kann verharzen oder ausleiern, was zum „Standplatten“ auf dem Reibrad mit den bekannten Auswirkungen führt. 

Dann der Einsatz der Tonköpfe von Bogen (ab der zweiten Ausführung 1968/69), bei denen leider die Spulen „durchgammeln“ können. Ein Problem, welches aber auch andere Bandgeräte mit Köpfen dieser Art betrifft, z. B. Uher Royal de Luxe. Ersatz zu finden ist schwierig…

Die Bremsseile mit der Stahlseele zeigen bei meinen Geräten keine nennenswerten Abnutzungen. Hier sollte man aber darauf achten, dass diese nicht verschmutzt oder zu stark eingestellt sind.

Fotos mache ich im Laufe der Woche, da ich für bessere Sicht auf den Fühlhebel die Frontplatte demontieren muss.

Kennst Du oder jemand anders hier den damaligen Neupreis der 8000er Tonbandgeräte? Vom Hörensagen her sollte er unter dem Preis einer Uher RdL liegen, aber gesicherte Quellen habe ich dazu nicht.


Grüße,

Bernd
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#5
Hallo Bernd,

laut HiFiWiki hat das 8001 T 1968  "ca," 900,- DM gekostet, was ich als etwas zu niedrig schätzen würde. Die Angaben aus dieser Quelle ändern sich dann bis zur 8003/Txx, die 1971/1972 "ca" 1200,- DM gekostet haben soll:

https://www.hifi-wiki.de/index.php/Nordmende_8001_T2


https://www.hifi-wiki.de/index.php/Nordmende_8002_T20



https://www.hifi-wiki.de/index.php/Nordmende_8003_T40


Im Gesamtkatalog von 1972 wird die ganze 8000-er Serie nicht mehr aufgeführt:

https://www.hifi-archiv.info/Nordmende/1972/

Eine RDL kostete damals (Discounter gab´s nur wenige, vielleicht war sie bei Saturn ( hieß der vorher nicht anders? Mercado? oder bringe ich da etwas durcheinander?) in Köln billiger) 1114,44 DM,
das war also grob die gleiche Preisklasse.


https://www.hifi-archiv.info/Uher%20Kata...Uher-5.jpg

Viele Grüße

Frank
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#6
(20.03.2023, 17:43)Frank Stegmeier schrieb: Eine RDL kostete damals (Discounter gab´s nur wenige, vielleicht war sie bei Saturn ( hieß der vorher nicht anders? Mercado? oder bringe ich da etwas durcheinander?) in Köln billiger) 1114,44 DM,
das war also grob die gleiche Preisklasse.

Hallo,

ich habe nochmal in meinen alten Zeitschriften geblättert: es gab Marcato in der Kölner Ladenstadt, "Deutschlands erster HiFi-Stereomarkt", und, offenbar unabhängig, Saturn-Hansa am Hansaring, laut Eigenwerbung mit der "größten Schallplattenschau der Welt".

Viele Grüße

Frank
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#7
Das Problem ist, dass zu dieser Zeit (Ende der Sechziger) ungebundene Preise der Normalfall waren. Nur wenige Hersteller hatten ihre Modelle zur Preisbindung beim Kartellamt angemeldet, darunter Uher und Revox. Der von Frank angegebene Preis von 1114,44 für das RdL war ein solcher gebundener Preis. Er durfte auch von Billigheimer-Händlern nicht unterboten werden. (Wie kommt man auf 1114,44? Aus 1004 DM plus die damaligen 11 Pozent MWSt.)

Nordmendes Geräte waren, wie bei den meisten Herstellern, ungebunden. Anhaltspunkte sind die in der Franzis-Taxliste genannten Neupreise.
In der Taxliste 1974 findet sich
Saison 1968/69: HiFi 8001/4: 980 DM
Saison 1968/69: HiFi 8002/T: 1018 DM und 6001/T: 798,-
Saison 1970/71: HiFi 8003/T: 1048 DM und 6001/T: 798,-

VG Stefan
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#8
Hallo Stefan,

vielen Dank für die Recherche! Da lagen die Nordlichter preislich ja tatsächlich unter der königlichen Münchnerin.

Grüße,

Bernd
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#9
Und das bei einem Dreimotorenlaufwerk, während in den Geräten aus dem Süden der Republik allerhand Reibräder und Riemen vor sich hin rumpeln und rutschen.
Die Uher Fans mögen mir verzeihen aber im nüchternen direkten Vergleich der technischen Daten und Werte finde ich, dass die Nordmende das bessere Gerät ist. 
Diese Einschätzung ist aber rein subjektiv, da ich noch keine in meinem Besitz hatte, Gegensatz zur ein oder anderen Uher.

Gruß Steffen
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#10
Hallo,

ich habe ja beide hier und kann vergleichen :-).

Vom Laufwerk her geht der Punkt ganz klar an Nordmende. Nicht nur die Vorteile des Dreimotorenlaufwerks stechen hier hervor, sondern auch die m. E. sehr gelungene Laufwerkstastatur. Das Gerät lässt sich damit sehr schnell "intuitiv" mit einer Hand bedienen ohne dass man hinsehen muss welche Funktion man da drückt. Die Tasten funktionieren gleichermaßen gut im Waagerecht- oder Senkrechtbetrieb.

Ein Uher RdL ist dafür universeller mit den ganzen Gimmicks wie Dia-Pilot, autarkem HiFi-Verstärker, vierter Bandgeschwindigkeit usw.

Von der Klangqualität an einer Anlage hat das RdL bei 19 und 9,5 cm/s eine Nasenlänge Vorsprung, 4,75 cm/s bekommt Nordmende besser hin. Die Unterschiede sind aber sehr gering und wahrscheinlich auch subjektiv, vom Band abhängig usw.

Nun noch wie versprochen die Bilder:

1. Aufsicht auf die linke Seite des Bandpfads, ganz links der Fühlhebel für den Bandzug.

   

2. Der Fühlhebel von der Rückseite aus gesehen. Unten erkennt man den Blechstreifen, der je nach Stellung des Fühlhebels zwischen das "Leuchtrohr" und die Fotozelle geschoben wird. Hier ist alles offen, wie es bei einer vollen Vorratsspule ist. Voller Lichtdurchlass = hoher Bandzug.

   

3. Das andere Extrem: Fotozelle ist abgedeckt, wie bei einer leeren Vorratsspule. Kein Lichtdurchlass = geringer Bandzug. 

   

Das ganze funktioniert natürlich stufenlos je nach Spulengröße und Bandvorrat.

Grüße,

Bernd
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#11
Hallo Bernd,

vielen Dank für die Bilder, ich habe bis jetzt nur mitgelesen. Wurde die Lampe der Bandzugregelung bei diesen Geräten vom Werk aus verlötet oder wurde die Fassung mal wegen Problemen entsorgt ? Durch den Alu-Winkel, in dem die Lampe sitzt, kann die Wärme der Lampe gut abgeleitet werden und verlängert dadurch vielleicht die Lebensdauer der Lampe. Die Konstruktion gefällt mir.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#12
Hallo Tobias,

das Gerät habe ich irgendwann gebraucht gekauft. Die vorhandene Lampe war defekt, die Verbindung sah aber genauso aus. Wahrscheinlich hat es nie eine Fassung gegeben, da die Höhe ja auch durch die Tonkopfabdeckung begrenzt ist. 

Grüße,

Bernd
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