Qualitätsunterschiede bei Streamingdiensten
#1
Hallo,

bisher habe ich meine Musik meist von Tonträgern bezogen. Die Vorteile der mittlerweile allgegenwärtigen Streamingdienste leuchten mir aber ein, und ich erwäge, mir ein Abo zuzulegen. Spotify habe ich natürlich ausprobiert und benutze es manchmal zum Nebenherhören.

Nun gibt es ja eine Vielzahl von Streamingdiensten, von denen die meisten sich durch das Versprechen höherer Qualität von Spotify abzusetzen suchen. Anders als bei Spotify wird oft unkomprimierte CD-Qualität angeboten, oft auch zusätzlich "Masterqualität", also Material mit mutmaßlich höherer Samplingrate oder Bittiefe. Und an der Stelle beginnt meine Verwirrung.

Mir ist es nämlich nicht gelungen, glaubwürdige oder überzeugende Informationen darüber zu finden, ob man sich mit einem dieser, nennen wir sie qualitätsorientierten Streamingdienste irgendwelche greifbaren Vorteile erkauft. Die Anbieter selbst sind dabei natürlich keine Hilfe. Aber auch meine Suche nach objektiven Aussagen Dritter war ernüchternd. Ein m. E. repräsentatives Beispiel für einen "qualitätsorientierten Testbericht" findet man bei Heise, wo über den Anbieter Tidal etwa zu lesen ist:

Zitat:Wer saubere Ohren hat und gerne Musik hört, wird beim direkten Vergleich zwischen den verschiedenen Qualitätsstufen einen deutlichen Unterschied hören: Master-Dateien sind unkomprimiert und damit extrem dynamisch, während schon die CD-Qualität eine Qualitätsreduktion darstellt. Vor allem zwischen Standard- und Master-Qualität ergeben sich hier – entsprechendes Audio-Equipment vorausgesetzt – enorme Unterschiede. 

Die Master-Qualität ist dabei definitiv empfehlenswert, der Klang ist schlicht – wow! Auf der richtigen Audio-Hardware fühlt sich sonst als komprimiertes iTunes-AAC genossene Musik völlig neu an. Der Unterschied kommt vor allem bei Rock- und Akustik-Stücken sowie klassischer Musik zum Tragen.

Bei solchen Aussagen weiß ich gar nicht, wo anfangen. Schon der Satz "Master-Dateien sind unkomprimiert und damit extrem dynamisch" suggeriert, daß der Autor Datenkompression und Dynamikkompression durcheinanderbringt. Außerdem wird ja ein moderater Einsatz von Dynamikkompression gern als mehr "punch" wahrgenommen, dabei aber oft als "mehr Dynamik" fehlcharakterisiert, so daß eine Diagnose wie "extrem dynamisch" mich doppelt mißtrauisch macht. Und dann paradoxe Sätze wie "entsprechendes Audio-Equipment vorausgesetzt – enorme Unterschiede": entweder sind die Unterschiede enorm, aber dann höre ich sie auch auf meiner Feld-, Wald- und Wiesen-Stereoanlage; oder man braucht erst besonders hochwertiges Equipment, um sie zu hören, das macht sie aber zu subtilen Unterschieden. Und über die Unterschiede wüßte ich doch gerne Genaueres als "schlicht – wow!" und "fühlt sich [...] völlig neu an".

Weil ich diese subjektiv-unterinformierten "Testberichte" nicht hilfreich finde, dachte ich, frage ich mal hier, vielleicht kennt jemand sich aus.

Folgendes wüßte ich gern über die Streamingdienste:

1. Wenn man einen z.B. von Spotify angebotenen datenkomprimierten Stream hört: gibt es Qualitätsunterschiede zum entsprechenden CD-Track?

Mögliche Qualitätsunterschiede sind
(a) Verluste infolge der Datenkompression,
(b) eine Manipulation des Inhalts abseits der Datenkompression, z.B. durch eine Dynamikkompression oder eine sonstige (lineare oder nichtlineare) Verzerrung.

Man begegnet oft der Pauschalaussage "Spotify klingt schlecht". Das Erlebnis hatte ich durchaus auch schon, und zwar mit Besuchern, die ihr Mobiltelefon mit Spotify-Playlist an meine Anlage stöpselten. Aber da würde ich zunächst das Telefon verdächtigen und nicht den Streaminganbieter. (Ohne die Unterschiede genauer erforscht zu haben, fiel ein völlig übertriebener Dröhn-Baß auf. Vielleicht hatten die Handys einen Ohrstöpsel-orientierten Equalizer?) Mit Spotify auf dem PC konnte ich dieses Erlebnis nicht reproduzieren. Bei einem kurzen Direktvergleich über die Stereoanlage konnte ich keinen Unterschied zwischen Spotify (Web-Player) und CD wahrnehmen.

Nun hat Spotify dokumentiertermaßen ein Feature namens "loudness normalization", das Lautstärkeunterschiede zwischen Tracks angleichen soll. Dabei kommt auch ein Limiter zum Einsatz, wenn man "volume normalization" auf "Loud" stellt. Jedoch: "The web player and 3rd-party devices (e.g. speakers and TVs) don’t use loudness normalization."

Meine vorläufige Antwort auf die Frage lautet also: wenn man nicht Equalizer oder Normalisierung einschaltet, gibt es wohl keinen solchen Qualitätsunterschied, zumindest keinen, den man nicht auch bekäme, wenn man selbst die CD rippte und die Tracks auf die analoge Bitrate komprimierte. Mich würde interessieren, ob andere zum selben Urteil gekommen sind; und falls nicht, wäre ich dankbar für die Benennung konkreter Beispiele, an denen sich ein Unterschied klar ausmachen läßt.

2. Welche Qualitätsunterschiede bestehen zwischen den bei qualitätsorientierten Streaminganbietern als "CD-Qualität" und als "Master-Qualität" angebotenen Streams?

Das ist natürlich eine viel zu pauschale Frage. Aber mir kommt es oft vor, als habe sich bei Anbietern wie Nutzern der ebenso pauschale Konsens eingestellt, daß "hi-res"-Streams klar und für jedermann merklich besser seien als die CD-Qualität oder gar die "Spotify-Qualität". Und da würde mich interessieren, zu welchem Anteil wahrgenommene Unterschiede zurückzuführen sind auf
(a) geschicktes Marketing;
(b) den Placeboeffekt;
(​c) absichtlich erzeugte Pegelunterschiede zwischen verschiedenen Stream-Optionen, die auf das bekannte Phänomen "lauter klingt besser" abzielen;
(d) unterschiedliches Quellmaterial in verschiedenen Streams; oder
(e) die technische Überlegenheit des höherauflösenden Streams.

Eine grundsätzliche Diskussion über Punkt (e) bzw. über die Frage "brauchen wir mehr als CD-Qualität?" möchte ich hier nicht führen. Mich interessiert vornehmlich, in welche Kategorie die Unterschiede fallen, die einem bei den Streaminganbietern als "Masterqualität" verkauft werden.

Ich könnte auch fragen:
Wenn man einen "master quality"- und einen "CD quality"-Stream abgreift, ersteren auf 16 Bit reduziert und auf 44,1 kHz resamplet und die Pegel der beiden Streams abgleicht: ist dann noch ein Unterschied zu hören?
Oder direkter:
Kann es sein, daß man beim "master quality"-Stream besseres oder auch nur: anderes Quellmaterial bekommt?

Die Frage ist immer noch sehr pauschal; aber vielleicht hat jemand dazu Erfahrungswerte. Schon über Hinweise auf bestimmte Alben oder Stücke, bei denen deutliche Vorteile oder Unterschiede ohrenfällig geworden sind, würde ich mich freuen.

Viele Grüße
Moritz
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#2
Hallo Moritz,

ich würde sagen: Kommt drauf an...

Wenn Dir CD Qualität reicht, nimm ein entsprechendes Angebot. Wenn Dir gute mp3 Qualität reicht, nimm Spotify.
Master Quality und CD Quality kann die selbe Quelle haben, muss aber nicht. Entsprechend können die Unterschiede groß bis klein sein.

Von zwei Dingen würde ich abraten:
- Die kostenlose Spotify-Version mit Werbung. Da ist die Datenrate noch niedriger, was man teils deutlich hört.
- Anbieter, die MQA-Daten anbieten (und als die große Offenbarung in Sachen Klangqualität bewerben). Das ist nichts weiter als ne bessere mp3-Datei für höhere Auflösungen. Und die passenden Decoder findet man meist nur in teureren Geräten. Wenn man so ein Gerät nicht hat, ist CD-Qualität mit MQA SCHLECHTER als reine CD-Qualität.

Gruß
Robert
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#3
Ich habe neuerdings Tidal, wenn ich eine CD abspiele oder diese streame ist das für mich gleich gut. HighRes im streaming sehe ich nicht ein, weil die Ursprungsdaten das ohnehin in der Regel nicht hergeben, warum den Stream dann aufblasen?
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#4
Hallo!

Also auch ich würde da in vielen Fällen auf andere Effekte tippen, die einen größeren Effekt haben können:

Stichwort Spotify: In der bezahlen Version kann man die Datenraten einstellen. Ich behaupte mal das bei "Very High" ein sehr guter Ogg Vorbis Stream mit hoher Bitrate zum Einsatz kommt. Siehe auch hier: https://support.spotify.com/us/article/audio-quality/

Daneben gibt es sehr viele Remastered Versionen bekannter Titel, das kann auch einen Einfluß haben.

Stichwort Master Quality vs. CD Qaulity: Halte ich auch für nicht stichhaltig. Den "gewaltige" Unterschied zwischen unkomprimiert 44,1kHz & 16Bit und 44,1kHz & 24Bit (oder was auch immer "Master Quality" definiert) muss man erst mal hören können. Auch hier sind andere Effekte wie Dynamikkompression und Re-Mastering vermutlich sehr viel wesentlicher.

Aber es gibt auf jeden Fall auch schlechte Streaming Dienste, in dem zitierten Heise Bericht wurde auch sehr klar über Amazon Standard Streaming gesprochen und das hat in der Tat ein Qualitätsproblem. Und ansonsten versucht die Industrie mit Dolby Atmos ein Multikanalformat als das gelb vom Ei zu positionieren. Auch hier gilt: Nur wirklich für das Format neu gemastertes Material scheint einen Vorteil zu bieten, hochgerechnetes Material geht so (gar nicht).

Viele Grüße
Linus
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#5
Hallo,

also ich bin mit amazon in der Bezahlversion, also jetzt standardmäßig "HD" sehr zufrieden. Das ist auch meines Wissens nach außerhalb des apple-Universums der preiswerteste Weg an Highbits zu kommen, zumal dann, wenn man ohnehin amazon-prime Abonnent ist, um bei Bestellungen Porto zu sparen.

Die Suchfunktion ist allerdings unterirdisch, aber wenn man dann das Orchester, den Dirigenten, Interpreten oder mit variierten Stichwörtern sucht, findet man dann doch fast alles .. an was für eine schlechte Suchfunktion erinnert mich das bloß  Angel

Unter 24 Bit mache ich es auch nicht mehr, da ich nicht einsehe, dass ich mich mit der von Studiostandard (24 Bit) auf die Qualität der CD (nur 16 Bit) runtergesampelten Dateien, nahezu stets verbunden mit  Rauschzugabe (sog. Dithering) zur Verdeckung von Quantisierungsfehlern, zufriedengeben soll. Direkte Vergleiche sind da aber in der Tat schwierig, da man sicher sein müsste, dass es sich auch um das selbe Ausgangsmaterial handelt und nicht andere Abmischungen beim Mastering.

Man muss allerdings auch in eine gute Soundkarte für seinen Computer investieren, sonst macht das keinen Sinn. Wie immer muss die Kette bis hin zur Box/Kopfhörer stimmen.

Grüße

Arno

P.S.: da wird nicht auf HighRes raufgesampelt, sondern das Studio sampelt zumindest bei Neuaufnahmen auf die CD runter
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#6
Hi

Spiele über den Notebook und USB in meine Hifi Vorstufe ein, die alle Auflösungen wandeln kann.

Erst hatte ich Tital über deren Windows PC App ausprobiert, war aber mit dem Klang nicht zufrieden

Jetzt nutze ich in der dunklen Jahreszeit sporadisch Amazon HD, also Bezahlversion und bin mit dem Klang und Angebot wirklich zufrieden. Man kann das Abo jeden Monat kündigen und wenn man es wieder bucht ist noch alles vorhanden, z.B. eigene Playlisten. Im Sommer brauche ich es nicht, da habe ich eine Terrasse und arbeiten muss ich auch noch und dann gibt es noch xxx Bänder, Kassetten, LPs die auch mal gehört werden wollen

Gruss
Lars
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#7
Hi Moritz,
der von dir zitierte c't-Artikel überrascht mich. Denn genau diese Zeitschrift hat vor einigen Jahren Streamingdienste getestet und dabei festgestellt, dass jeder Streamingsdienst die von der Industrie angelieferten Dateien mit eigenen Algorithmen "mastered" (falls das nicht schon nach Konzernvorgaben geschehen ist - Stichwort: "Mastered for Apple Music" etc.). Das führt dazu, dass man den Klang der verschiedenen Anbieter nämlich gar nicht mehr vergleichen kann - ungeachtet der technisch möglichen Qualität des Streamingformats.

Für mich bedeutet das: Streaming ist eine feine Sache. Aber nur, wer den Original-Tonträger hat (und zwar möglichst aus der Zeit der Erstveröffentlichung) kann sich ggf. ein Bild davon machen, wie sich Künstler und Tontechniker das Ergebnis vorgestellt haben. Dass bei alten Tonträgern andere Probleme dazukommen, ist uns ja ohnehin allen klar.

Noch ein Gedanke: die Industrie liefert in der Regel die Dateien an. Mir ist aufgefallen, dass die Qualität da schon variiert, bis hin zu offensichtlichen Fehlern (Drop outs oder unterschiedliche Pegel zwischen Tracks, die die Algorithmen der Player der Streaminganbieter eigentlich ausgleichen sollten usw.). Und da ich Spotify, Deezer und Napster ausgiebig, Apple Music und Amazon Music sporadisch getestet habe, kann ich sagen: das Problem liegt beim Zulieferer, nicht beim Streaminganbieter. Ich müsste noch einmal reinhören, ob die Dateien mittlerweile getauscht wurden. Auffällig war z.B. ein Album von David Lee Roth (ich meine, "Skyskraper").

Ich benutze Streaming, wenn ich nebenbei höre oder in etwas reinhören möchte. Das ist eine tolle Sache. Auch unterwegs streame ich und beruflich sowieso. Aber wenn ich zuhause genussvoll hören möchte, dann nicht. Wenn ich das wollte, würde ich vielleicht tatsächlich mal Tidal usw. ausprobieren. Mir würde dann aber das Auswahl-Ritual vor dem Platten-, CD-Schrank oder Tonbandarchiv fehlen...

Ich würde mir an deiner Stelle nicht allzu viel von den Brot-und-Butter-Streaminganbietern versprechen. Wenn man so an die Sache rangeht, ist man doch meistens überrascht, dass man gestreamte Musik ganz gut hören kann. Auch wenn sie vermutlich mit dem "Original" (s.o.) nicht mehr so viel zu tun hat.

p.s. Nachsatz zur schlechten Qualität von Amazon Music: wir haben hier mehrere Fire TV-Sticks und wenn man darüber Musik mit Amazon Music hört(e) (der Ton läuft ja dann auch digital über die HDMI-Schnittstelle), ist (oder war) der Klang tatsächlich überraschend mies. Da wir Sticks aus mehreren Generationen haben und die Geräte, denen die Sticks zuspielen, auch unterschiedlich sind, das Ergebnis aber immer ähnlich verwaschen**, vermute ich ein Problem mit der App. Die Sticks selbst liefern nämlich mit den Web-Radio-Apps und auch über die Film-App grandiosen Ton*. Vielleicht ist auch das behoben (das Problem bestand aber sicherlich mehrere Jahre). Ich nutze das deshalb nämlich schon sehr lange nicht mehr. Aber: über die Browser-App beispielsweise habe ich immer guten Sound gehabt! Deshalb vermute ich die FireTV-App als Problem...


* der Ton kommt natürlich nicht vom Stick, ist mir klar. Aber der digitale Datenstrom ist offensichtlich fehlerfrei.
** der Ton klingt, als ob er eine zu geringe Datenrate habe oder eine Datei mehrfach hin und her gewandelt wurde
Liebe Grüße
Thomas
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#8
M.E. spielen Streamer und DAC auch eine Rolle. Wenn ich „normales“ Tidal, also CD Qualität über den Auralic Aries auf den Nagra DAC gebe und abspiele, oder CC Kopien (B215) ziehe, klingt das um Klassen besser, als wenn ich „HighRes“ über den PC o.ä. abspiele. Das Geld für den HighRes Zugang sollte man m. E. zuerst in bessere Hardware investieren.
Gerhard
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#9
Hallo zusammen,
um tatsächlich Vergleiche zwischen Streaming, verschiedenen Anbietern und CD anzustellen schlage ich vor, von einer digital produzierten klassischen Aufnahme jeweils die Streamdaten und die eingelesene CD in Audacity zu laden und das Spektrum zu vergleichen.
Das kann man mit verschiedenen Anbietern tun und kommt zu irgendeinem Ergebnis.
Das hat dann zwar objektiven Charakter, sagt aber über den subjektiv empfundenen Klang wenig aus.
Unser Hörempfinden hat sich seit vielen Jahren durch den allgegenwärtigen Einsatz von Limitern, Kompressoren und anderen Klangveränderern ebenfalls angepasst.

Gruß Jan
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#10
(11.03.2023, 08:57)Sonicman schrieb: ...klingt das um Klassen besser, als wenn ich „HighRes“ über den PC o.ä. abspiele. Das Geld für den HighRes Zugang sollte man m. E. zuerst in bessere Hardware investieren....

Hallo Gerhard,

genau. Deshalb muss als erstes mal eine gute meist externe Soundkarte an den PC. Über das auf einem Motherboard in der Regel aufgelötete Material wird das nichts. Dann kann man sich aber auch die restliche Hardware für diesen Zweck sparen  Big Grin

Aber eins übersiehst Du: HiRes kostet beim "richtigen" Anbieter keinen Aufpreis gegenüber 16 bit. Auf Druck von apple, das als erstes HiRes ua ohne Mehrpreis zur Verfügung gestellt hat, ist dann binnen Tagen amazon nachgezogen und hat seinen alten Dienst "amazon HD" eingestellt und in das normale Abonnement übergeführt. Da hat der Wettbewerb ausnahmsweise mal gut funktioniert. Smile  

Beste Grüße
Arno

(11.03.2023, 10:06)Ferrograph schrieb: um tatsächlich Vergleiche zwischen Streaming, verschiedenen Anbietern und CD anzustellen schlage ich vor, von einer digital produzierten klassischen Aufnahme jeweils die Streamdaten und die eingelesene CD in Audacity zu laden und das Spektrum zu vergleichen....

Hallo Jan,

genau das geht nicht. Genauso wenig wie es "die" CD gibt, haben alle Streaminganbieter das selbe Material. Die rippen auch keine CD's selbst, sondern lassen sich von den Musikverlagen eigene Dateien zuschicken

Beste Grüße
Arno
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#11
Ich kann hier nur meine Erfahrungen mit Youtube und den Mediatheken der Fernseh- und Radiosender teilen: ich lasse das Audiosignal über einen USB-Koppler mit 48 kHz in den Verstärker mit eingebautem DAC einspeisen (Akai AM-93) und schneide es ggf. von dort mitunter auf meinem Sony PCM-Digitalrecorder mit (über die digitale Aufnahmeschleife). Die so aufgenommenen Audio-Dateien werden dann auf 44,1 kHz umgewandelt, geschnitten und auf CD gebrannt. Bei der Musik ist es nicht nur Klassik.

Es macht für den Höreindruck kaum einen Unterschied, ob die Höhen bei 16 oder 20 kHz abgeschnitten werden oder wie bei MP3-Dateien nach oben ausgefranst werden. Klassik-Konzerte auf Youtube erreichen mitunter eine Dynamik, die man selbst auf einer aktuell produzierten CD kaum mehr findet. Aber da reichen 16 Bit immer noch mehr als aus, indem der Dynamikumfang live im Konzertsaal real bestenfalls nur etwa 1:1000 (60 dB) und bei der Produktion ohne Publikum dann vielleicht maximal 1:3000 (70 dB) umfaßt.
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#12
Hallo allerseits,

vielen Dank für die zahlreichen informativen Antworten.

Roberts Hinweis auf MQA hat mich das Format mal recherchieren lassen. Davon werde ich also lieber die Finger lassen; und also wohl auch von dem Hi-Res-Abo von Tidal.

Danke an Linus für den Verweis auf https://support.spotify.com/us/article/audio-quality/. Mir war nicht bewußt gewesen, daß Spotify im Webplayer andere (und im Durchschnitt bessere) Streams ausliefert als in der App. Bei 96 kBit/s Standardqualität und 24(!) kBit/s Mindestqualität könnte das freilich auch erklären, warum Spotify auf Telefonen manchmal mies klingt.

@Arno: Dithering ist keine "Verdeckung von Quantisierungsfehlern". Die Zugabe von Rauschen im letzten Bit erhöht zwar den Rauschteppich, verringert aber auch Verzerrungen, die ohne Dithering deutlich über dem Rauschteppich lägen. Und mit Rauschformung fällt das breitbandige Grundrauschen deutlich weniger ins Gewicht.

Bei mir gibt es keine Hörbedingungen, unter denen der Dynamikumfang der CD von >100 dB auch nur annähernd zur Geltung käme. Und wie Heinz ausführt, gibt es auch kaum realistische Produktionsbedingungen, unter denen der Dynamikumfang ausgeschöpft würde. Ich kann schon verstehen, daß man lieber die 24 Bit der Originalaufnahme möchte; aber macht das, gleiches Mastering angenommen, wirklich irgendeinen praktischen Unterschied?

Freilich kann es gut sein, daß "gleiches Mastering" der Knackpunkt ist. Das hier war mir nämlich neu:

Darwin schrieb:Denn genau diese Zeitschrift hat vor einigen Jahren Streamingdienste getestet und dabei festgestellt, dass jeder Streamingsdienst die von der Industrie angelieferten Dateien mit eigenen Algorithmen "mastered" (falls das nicht schon nach Konzernvorgaben geschehen ist - Stichwort: "Mastered for Apple Music" etc.). Das führt dazu, dass man den Klang der verschiedenen Anbieter nämlich gar nicht mehr vergleichen kann - ungeachtet der technisch möglichen Qualität des Streamingformats.

Ich hatte bisher angenommen, daß das Material, das beim Streaming in CD-Qualität und darunter (soll heißen, datenkomprimiert) ausgeliefert wird, letztlich die CD zur Quelle hat. Thomas, hast du zufällig einen Link zu dem Heise-Artikel?

Bezüglich des Masterings bei Apple habe ich diesen Artikel gefunden:
https://www.justmastering.com/article-ma...itunes.php
...und das liest sich alles sehr vernünftig und sogar wünschenswert. Es geht wohl vor allem um die Unart der extrem laut gemasterten CDs. "The intent with MFiT, is if you had access to a 24-bit uncompressed master and compared it to the MFiT version, they should sound virtually identical to the majority of listeners" – wenn das alle Streaminganbieter so sehen, vielleicht sind dann die Unterschiede zwischen verschiedenen Anbietern gar nicht so groß?

Danke dir auch für das bisher einzige konkrete Beispiel (David Lee Roth, "Skyscraper") bezüglich hörbarer Unterschiede. Ich werde mir das mal anhören.

Übrigens hatte ich nicht vor, meine Tonträger vom Streaming verdrängen zu lassen. Ich mag CDs und beabsichtige, mir die Musik, die ich wirklich haben möchte, auch weiterhin auf CD zu kaufen. Aber manchmal möchte ich trotzdem gezielt und in guter Qualität ein beliebiges Stück abrufen können. Wenn sich aber herausstellt, daß man per Stream tatsächlich besseres (also: besser gemastertes, verzerrungsärmeres, dynamischeres) Material bekommt, wäre die Sache freilich etwas anders.

@Gerhard: daß ich nicht den On-board-DAC vom PC verwende, ist klar. Ob es darüberhinaus ein handelsübliches USB-Audiointerface tut oder ob man viel Geld in audiophile DACs zu inverstieren braucht, ist eine andere Diskussion, um die es mir hier nicht geht.

@Jan:
Ferrograph schrieb:um tatsächlich Vergleiche zwischen Streaming, verschiedenen Anbietern und CD anzustellen schlage ich vor, von einer digital produzierten klassischen Aufnahme jeweils die Streamdaten und die eingelesene CD in Audacity zu laden und das Spektrum zu vergleichen.
In der Tat, so könnte man vorgehen, wenn man allfällige Unterschiede methodisch nachweisbar machen möchte. Ich hatte nur gehofft, daß das vielleicht schon mal jemand gemacht hätte Smile

Übrigens fand ich noch dieses schöne Paper:
Meyer & Moran, 2007: Audibility of a CD-Standard A/D/A Loop Inserted into High-Resolution Audio Playback
Darin steht im Wesentlichen zweierlei. Erstens: für die Hörbarkeit eines A→D→A-Loops mit 16 Bit-PCM bei 44,1 kHz konnte mit dem geschilderten Versuchsaufbau kein statistisch signifikanter Nachweis gefunden werden. Und zweitens:
Meyer & Moran, 2007 schrieb:one trend became obvious very quickly and held up throughout our testing: virtually all of the SACD and DVD-A recordings sounded better than most CDs—sometimes much better. Had we not “degraded” the sound to CD quality and blind-tested for audible differences, we would have been tempted to ascribe this sonic superiority to the recording processes used to make them.

Es würde also nicht überraschen, wenn die Situation heute ähnlich wäre. Dann bestünde der Mehrwert der "Hi-res"-Streams im besser behandelten (bzw. weniger mißhandelten) Material, würde dem Kunden aber aus marketing-pragmatischen Gründen als technischer Vorteil des Trägerformats verkauft. – Und da hoffte ich eben, das hätte mal jemand systematisch untersucht.

Viele Grüße
Moritz
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#13
Und es gibt einen weiteren wesentlichen Aspekt:

Den Preis für welche Leistung Big Grin 

Beste Grüße

Arno
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#14
Hallo Moritz

Zitat:@Arno: Dithering ist keine "Verdeckung von Quantisierungsfehlern". Die Zugabe von Rauschen im letzten Bit erhöht zwar den Rauschteppich, verringert aber auch Verzerrungen, die ohne Dithering deutlich über dem Rauschteppich lägen. Und mit Rauschformung fällt das breitbandige Grundrauschen deutlich weniger ins Gewicht.

Bei mir gibt es keine Hörbedingungen, unter denen der Dynamikumfang der CD von >100 dB auch nur annähernd zur Geltung käme.....


Sorry, aber das ist echt Unsinn. Selbst ich als Nicht-Toningenieur weiß, dass der Dynamikumfang nur indirekt etwas mit dem Auftreten von Quantisierungsfehlern und somit zusätzlichen Verzerrungen beim Reduzieren von 24 Bit auf das CD Qualität von nur 16 Bit zu tun hat.

Bei dieser Datenreduktion entstehen insbesondere beim Ein-und Ausblenden hörbare Verzerrungen (sonst würde sich wohl auch keiner die Mühe machen diese zu maskieren). Daher wird meist umgeformtes weißes Rauschen hinzugefügt das "Dithering". Geschieht das mehrfach und nicht nur als letzter Schritt beim Mastering, kann auch dieses Rauschen selbst hörbar werden. Zu diesem Thema gibt es auch viele teils (!) sehr instruktive Anleitungen auf youtube, die man sich  anschauen könnte.

Das hat nichts damit zu tun, ob man den Unterschied zwischen 24 Bit und 16 Bit Aufnahmen tatsächlich hören kann. Punkt ist der, dass durch die Umwandlung von einem (Studio) in das andere Format (CD) neue Verzerrungen entstehen, die wieder "ausgebügelt" werden müssen. Ob man dieses "Ausbügeln" an sich dann wieder hört ist dann die nächste Frage.

Dein Thema hast Du bezeichnet mit "Qualitätsunterschiede bei Streamingdiensten". Ein Dienst, bei dem man das Problem dieser Verzerrungen nicht hat, hat einen Qualitätsvorsprung. Ob dieser individuell hörbar ist, wäre die nächste Diskussion. "HighRes" sind aber jedenfalls der Stand der Technik.

Grüße
Arno

P.S.:Nebenbei, die CD (nicht SACD) mit > 100dB Dynamikumfang muss auch erst noch erfunden werden.
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#15
Hallo Moritz,
ich glaube, dass es dieser Test war. Ich war früher Abonnent der c't, habe aber leider weder das Abo noch die alten Hefte. Den Text kannst du leider ohne Abo nicht komplett lesen, aber hier ist trotzdem der Link: https://www.heise.de/tests/Sechs-Musik-S...32672.html

Vielleicht hilft dir das weiter? Leider habe ich es noch nicht geschafft, in "Skyscraper" noch einmal reinzuhören. Das müsste ich unbedingt mal wieder machen - ist ja auch ein schönes Album.

p.s. es gibt noch etwas zwischen Onboard-DACs und High-End-Soundkarten. Man muss nicht immer mit Kanonen auf Spatzen schießen. Aber das ist nur meine bescheidene Meinung. Mein Tipp: externe Soundkarten für Tonstudios. Die sind gar nicht mal so teuer (sagt jemand, der zuhause was von Yamaha am Rechner hängen hat, im Amateur-Studio von M-Audio).
Liebe Grüße
Thomas
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#16
Hallo,

das Problem bei diesen Tests (ich bin Abonnent der c't und habe die daher alle gelesen) ist, dass sie, kaum sind sie erschienen, schon wieder überholt sind.
So erfasst der von Thomas verlinkte, jetzt auch schon wieder 4 Jahre alte Test nicht den zwischenzeitlich von apple und amazon vorgenommenen Sprung auf CD Qualität und drüber als Standardqualität. Kann man also heute (!) vergessen.

Daher kaufe ich auch grundsätzlich keine nicht selbst mit Software ergänzbare Hardware, die mit irgendeinem oder mehreren Diensten verbunden ist, es sei denn sie ist überaus günstig und daher nur eine Art Wegwerfartikel mit einem Lebenszyklus wie ein Handy. Die Entwicklung ist da so schnell.

Beste Grüße

Arno


P.S.: ich gebe zu, das ist nicht gut für die Umwelt, das sind Handys aber auch nicht. Und bevor ich einen einst teuren Satelitenradioempfänger oder so etwas entsorge, was erst recht nicht gut für die Umwelt ist, dann lieber nach 4 Jahren irgendeinen Stick.
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#17
Also ich habe Dithering immer so verstanden, dass Rauschen hinzugefügt wird, damit das eigentliche Musiksignal eben nicht verändert werden muss.

Ich versuche mal ein ganz simples Beispiel, die Werte sind in Wirklichkeit natürlich völlig anders, aber trotzdem:
Angenommen in 24bit hat die aktuelle Musikinformation einen Wert von 6,82.
Wenn ich diesen nun in 16bit umrechne, würde ein Wert von z. B. 4,546666666666667 herauskommen. Ich kann aber nur Werte mit zwei Nachkommastellen speichern. Ich kann also aufrunden auf 4,55 - dies würde aber den Wert und damit die Musikinformation verändern. Statt dessen füge ich ein Rauschen hinzu, welches den Wert 0,003333333333333 hat. Die Kombination der beiden Signale ergibt dann 4,55 - was ich problemlos ohne zu runden speichern kann. Das eigentliche Signale wurde also nicht verändert, es wurde nur etwas hinzugefügt, das hoffentlich so leise ist, dass man es nicht hört...

Ist das alles falsch?

Gruß
Robert
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#18
Hallo Thomas,

danke für den Link. Den Artikel kann man zwar nicht online abrufen, aber man kann das Heft erwerben, entweder digital von Heise oder analog auf dem Gebrauchtmarkt. Dort werde ich mich nach einem Exemplar umsehen.

@Robert: das stimmt so nicht. Der Skalierung von 6,82 × 16/24 = 4,546̅  liegt ein Mißverständnis über die Bedeutung der Bittiefe zugrunde. Und "Rauschen" bedeutet: das Signal ist zufällig. Im genannten Beispiel gerade 0,003̅ hinzuzufügen ist kein bißchen zufällig, und also auch kein Rauschen. Du beschreibst m. E. lediglich eine semantische Umdeutung, die im Ergebnis vom Runden nicht zu unterscheiden ist. Beim Dithering wird aber tatsächlich Rauschen hinzugegeben. Der Effekt ist in den Beispielbildern (Abb. 1 und 2) des Wikipediaartikels gut zu sehen.

Viele Grüße
Moritz
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