Was ist das für ein Magnetophon?
#1
Bei der Dokumentation der Nürnberger Kriegsverbrecher Prozesse kam 1946 auch mindestens ein AEG Tonbandgerät zum Einsatz.
Kann jemand erkennen, welches Gerät von dem sowjetischen Soldaten hier verwendet wurde?

       

Gruß Jan
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#2
Hallo Jan,

ein K4 vielleicht?

https://www.hifi-wiki.de/index.php/AEG_Magnetophon_K_4

[Bild: mobile.35g8es3.jpeg]

Gruß Steffen
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#3
Ja, scheint so, Danke Steffen.
Auf dem Kopfträger ist klar R7 (ohne a) erkennbar.
Da muss ich nachher mal in das von Peter bereitgestellte Braunbuch schauen, welche Variante das nun genau ist.
Daß die Sowjets auch Magnetophone nutzen war mir bisher wenig bewusst, ist aber logisch als Allierte.
Daß die Amerikaner aus den deutschen Geräten irgendwann später ihre Ampex Maschinen entwickelten ist klar.
Es müsste doch auch von den Sowjets unmittelbare "Eigenentwicklungen" gegeben haben, die haben doch fast alles nachgebaut von der Leica über die Contax bis zur Hasselblad.
Bei den Studiobandmaschinen fand ich bisher relativ wenig Professionelles aus der UdSSR aus den 40er und 50er Jahren.

Gruß Jan
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#4
(26.01.2023, 08:46)Ferrograph schrieb: Da muss ich nachher mal in das von Peter bereitgestellte Braunbuch schauen, welche Variante das nun genau ist.

Jedenfalls ist es eine Variante mit den ursprünglichen Blattfeder-Kernbefestigungen, die sich jedoch im Betrieb als sehr unpraktisch erwiesen.
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#5
Laut Braunbuch (1939) ist beim verbauten Kopfträger R7 die HF Vormagnetisierung nicht explizit beschrieben.
Da ist nur von Vormagnetisierung die Rede.
Erst beim Nachfolger R7a (1948) wird die HF Vormagnetisierung ausdrücklich erwähnt.
Wurden nicht alle in Deutschland befindlichen K4-Geräte während des Krieges bereits auf HF-VM umgebaut?

Gruß Jan
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#6
Hallo Jan, hallo in die Runde,

hier willst Du etwas zu genau wissen. Dazu können wir niemanden mehr fragen.

Vermutlich ist es kein Gerät aus einem Rundfunksender, dort hatte man vermutlich schon lange die uns bekannten Grifftelleraufsätze. (s.Hinweis von Peter Ruhrberg, #4) 

Die schwarze Farbe sieht auch mehr nach Militär oder Parteigliederungen aus.

Die Rundfunkgeräte waren fast immer Truhengeräte.

Ich habe in jungen Jahren so eine alte Möhre des Reichssenders Hamburg gesehen, die war in einem hellen grauen Farbton lackiert
.
Daß alle K4-Geräte während des Krieges auf HF umgebaut worden sind, kann man ausschließen. Das Militär hat an der Gleichstromvormagnetisierung festgehalten. Und auch wissenschaftliche Einrichtungen nutzten die vorhandenen Geräte ohne Umbau.
Vermutlich sind nicht einmal alle Rundfunkgeräte umgebaut worden, denn die RRG lieferte ja vorbespielte Bänder an die Sender.
Nur große Sender hatten Orchester und entsprechende Funkhaus-Sendesäle und Möglichkeiten für gute Primäraufnahmen..

Wenn dieses Gerät in der RRG ertüchtigt worden wäre, hätte man sicher auch die Blattfederkernbefestigung ausgewechselt, denn die uns bekannten Grifftelleraufsätze kamen um die Zeit des Tonschreibers c heraus. (Meiner ist von 1941). Die waren damals also schon mindestens 4 Jahre bekannt.

Selbst mit einer Gleichstromgurke werden die Aufnahmen für damalige Verhältnisse recht gut gewesen sein. Denn man hatte vermutlich Neumann-Mikrophone und bei 77 cm/s waren Sprachaufnahmen auf C-Band mit gut 40 dB Störabstand meist besser als damalige Rundfunkqualität und vor allen Dingen besser, als alles was alliiertes Militär damals bis dato so gekannt haben mag. 

Wenn ich mal spekulieren darf: Die Aufnahmen wurden gemacht, um in Ruhe später die Aussagen vor dem Gericht übersetzen zu können. Dafür reichte es immer. Ich weiß, wovon ich schreibe, denn ich kenne solche Aufnahmen.

Viele Grüße
Manfred
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#7
Danke Manfred für die fachkundigen Erklärungen.

Es leuchtet ein, daß es gar nicht notwendig, war alle Geräte auf HF VM umzurüsten.
Leider findet man diese schönen Magnetophone nicht mehr in freier Wildbahn.
Und falls doch, sind sie meistens verbastelt und werden zu aberwitzigen Preisen angeboten.

Gruß Jan
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#8
Hallo Manfred,

da kannst Du Dein blaues Wunder erleben: ZS VIER, Seite 131, letzter Absatz, dazu alles, was unter dem Stichwort "Quellmalz" zu finden ist.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#9
Hallo Friedrich,

vielen Dank für Deinen wieder sehr erhellenden ganz wichtigen Hinweis.

Just diesen Herrn hatte ich im Kopf, als ich den Satz "Und auch wissenschaftliche Einrichtungen nutzten die vorhandenen Geräte ohne Umbau" geschrieben hatte.

Da ich mich immer noch in einer Rekonvaleszenzphase befinde, war ich nach meinem Beitrag erst einmal eingeschlafen. 
Ich vermute, daß ich normalerweise in Deinem elektronischen Handbuch nachgesehen hätte, und dann hätte ich natürlich große Augen bekommen.

Wenn nicht jede Siegermacht für sich aufgezeichnet haben sollte, ist das abgebildete Gerät ja mit großer Wahrscheinlichkeit das von Dir so vorzüglich beschriebene. Und sogar die Gerätenummer hast Du mit der Dir eigenen Sorgfalt ermittelt. Dafür ziehe ich meinen Hut.

Wer die spannende Geschichte zu diesem Gerät nachlesen möchte:

Engel, Kuper, Bell, Münzner,  Zeitschichten – Magnetbandtechnik als Kulturträger (Vierte Ausgabe, 2020)  ab S. 131  s.o. #

Wer das Buch immer noch nicht haben sollte, kann es "fürn Appel und´n Ei" in nullkommanix herunterladen.

Und zwar hier:

https://www.beam-shop.de/sachbuch/film-m...neuausgabe

Das Buch ist außerordentlich empfehlenswert.

Mit den besten Grüßen
Manfred
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#10
Hallo Jan,

da hast Du ja höchstwahrscheinlich ein ganz seltenes, aber dennoch sehr gut dokumentiertes Magnetophon K4 entdeckt.

Das finde ich ganz toll. Schapitze!!!

So ein Glück gibt es nicht alle Tage.

Ich hab´s ja immer gesagt: Du findest auch noch das Bernsteinzimmer!

Weiterhin viel Glück

mit den besten Grüßen
Manfred
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#11
Hallo Manfred,
leider noch nicht.
Aber ich arbeite dran.
Mein ältestes Studio Gerät ist zur Zeit von 1954.
Da ist noch viel Luft nach unten.
Ich beneide dich um deinen Tonschreiber.

Gruß Jan
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#12
Ich auch

Beste Grüße

Arno
(älteste Heimgeräte hier: 1948)

P.S.:
Für die, die es noch nicht kennen:
zum Thema Quellmalz gibt es (z.B.: bei amazon) unter dem Titel "Bäuerliche Volksmusik aus Südtirol 1940-1942. Originalaufnahmen zwischen NS-Ideologie und Heimatkultur" ein interessantes Büchlein mit Musikbeispielen auf 2 Cd's von Thomas Nußbaumer (Universität Mozarteum Salzburg) kritisch kommentiert.
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#13
Ja, ich auch. Aber ich glaube, das bleibt ein Traum. Mein ältestes Gerät ist ein von mir voll restauriertes Lorenz Heimstudio von 1951, das ist aber kein Tonband, sondern Tondraht.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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