Mit Absicht leicht schräg gestellter Tonkopf
#1
Guten Tag, liebe Tonbandfreundinnen und Freunde,
 
ich habe eine Frage bezüglich des Justierens eines Tonkopfes für ein Mono-Halbspurgerät. Ist ein Verfahren der absichtlichen leichten Schrägstellung des Tonkopfes zur Verbesserung von Klang und Dynamik bekannt?
 
Hintergrund meiner Frage:
In einem Tonstudio in den 70er Jahren habe ich folgendes erlebt: Es sollte eine Mono-Vollpur-Aufnahme gemacht werden. Das Gerät war aber zur Wartung. Der Techniker (Profi) hat dann eine Halbspur-Alternative auf 6,35 mm Band angeboten. Der Tonkopf wurde von dem Techniker nach dem Einstellen des Mikrofon-Mix am Mischpult und bei laufender Probeaufnahme nach Gehör leicht „verstellt“. So dass das Band nicht mehr senkrecht am Kopf anlag. Tatsächlich war die nachfolgende Aufnahme hörbar breiter im Klangspektrum. Anschließend wurde das Ergebnis auf ein Gerät mit korrekt eingestellten Köpfen für den Kunden überspielt und der Klang des Originals blieb erhalten.

Kennt jemand diese Vorgehensweise? Gibt es dazu etwas nachzulesen?

Viele Grüße

Christian
Drummer machen Fehler, die meistens laut sind. www.stompology.org
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#2
Hallo Christian,

ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Ich vermute eher, der Techniker hat den Kopf richtig eingestellt. Du schreibst ja nicht, vielleicht weißt du es auch nicht, ob der Kopf in Azimuth- oder in Zenith-Richtung verstellt wurde. Dann wäre noch interessant, ob die verwendete Maschine getrennte Aufnahme- und Wiedergabe-Köpfe hatte. Eine Verstellung in Azimuth-Richtung hat sofort einen hörbaren Verlust der hohen Frequenzen zur Folge, eine Verstellung in Zenith-Richtung sorgt für schlechten Band/Kopf Kontakt. Wie soll dabei eine Verbesserung des Klangbilds heraus kommen ?

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#3
ich vermute auch das der Techniker sich die Aufnahme angehört hat, und sie klang vielleicht etwas dumpf, deswegen hat er den Kopf nach Gehör so verstellt das es bestmöglich klang

er hat den Wiedergabekopf seiner Maschine so schräg eingestellt wie der Aufnahmekopf des Aufnahme-Gerätes stand

nach der Prozedur hat der Tontechniker seine Maschine wieder richtig eingemessen
Gruß Ulf

TF-Berlin
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#4
Hallo Christian,

eigentlich steht in Deinem Beitrag schon alles Wesentliche zur Sache drin.

Ich glaube mich zu erinnern, daß es auch bei ABBA einige Titel gab, wo ähnliches gemacht worden war.

Damals geisterte der Begriff "Phasing" durch die Luft und Spitzenstudios hatten an ihren Studer A80-Maschinen manchmal extra eine Mikrometerschraube für eben solche Effekte auf billige Art. Es beeindruckt auch die Künstler ganz erheblich. 

Die Maschinen zum Matrizenschneiden hatten diese Einstellmöglichkeit meistens auch, aber aus einem anderen Grund.

Ich weiß noch, wie das dann klingt (kammfilterartig), aber für mich nicht gut. Das ist Geschmackssache.
Ich glaube aber nicht, daß ABBA wegen solcher Spielereien so viel Platten verkaufen konnte.

Viele Grüße
Manfred
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#5
(27.11.2022, 18:06)Magnettonmanni schrieb: Hallo Christian,

Damals geisterte der Begriff "Phasing" durch die Luft und Spitzenstudios hatten an ihren Studer A80-Maschinen manchmal extra eine Mikrometerschraube für eben solche Effekte auf billige Art. Es beeindruckt auch die Künstler ganz erheblich. 

Viele Grüße
Manfred

Hallo Manfred,

mit dem "Phasig" gilt das auch bei Mono?
Gruß Ulf

TF-Berlin
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#6
nein bei mono geht das nicht
Das wahre Verbrechen verübt die volkstümliche Musik am Gehörgang der Menschheit.
( Benno Berghammer )
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#7
1. Aus dem ersten Beitrag geht nicht hervor, ob der Techniker einmalig den Wiedergabekopf verstellt hat oder permanent hin- und her gedreht hat
während der ganzen Aufnahme.

2. Der klassische Phasing Effekt erforderte 2 Bandmaschinen, die das gleiche Signal mit geringfügig unterschiedlicher Geschwindigkeit wiedergaben. Die Signale wurden summiert und die Geschwindigkeit eines der Geräte ständig langsam variiert. Nur dann entsteht der charakteristische Phasing-Klang.

3. Statischer Phasen-Unterschied erzeugt keinen Phasing-Effekt.

4. Heutzutage wird das digital in DSPs durch Variation der Verzögerung zwischen zwei Signal-Zügen erzeugt.

MfG Kai
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#8
Da denke ich als Erstes an die Les Humphries Singers. In einer Doku hat Jürgen Drews mal erzählt, wie die das alle von den Socken gehauen hat, weil das damals der neuste Scheiss war.

LG Tobi
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#9
(27.11.2022, 20:50)DOSORDIE schrieb: Da denke ich als Erstes an die Les Humphries Singers. In einer Doku hat Jürgen Drews mal erzählt, wie die das alle von den Socken gehauen hat, weil das damals der neuste Scheiss war.

LG Tobi

Wieso "neuester Sch..."?
Erstens war das eine andere Zeit
und Zeitens fand/find ich es gar nicht schlecht.

Gruß Dietmar
Fostex R8; REVOX B77; Uher 4200 Report IC, Uher 4000 L, Tesla B115; Tesla B90; Technics RS AZ7; Mirano Echo Chamber T-4;
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#10
Ich bedanke mich für die Antworten! Sehr informativ für mich.

Inzwischen habe ich noch etwas gefunden. Ob das so ist, kann ich nicht beurteilen; aber es könnte vielleicht eine Erklärung sein:

"Bei schrägstehendem Spalt wird dieser scheinbar breiter, in der Laufrichtung gesehen. Die Verweilzeit eines Teilchens wird länger und damit der induzierte Impuls breiter. Daraus folgert ein geringerer Anteil höherer Frequenzen." Zitat Posting 12 https://www.radiomuseum.org/forum/tonkoe...r_wie.html

Zur Info: Die verwendete Maschine hatte getrennte Aufnahme- und Wiedergabe-Köpfe. Der Technicker hat den Tonkopf nicht während der Aufnahme hin und her bewegt. Er hat relativ schnell nach Gehör den (nach seiner Aussage) zuvor "richtig" eingestellten Kopf so verstellt, so dass für alle Anwesenden die Bässe und Höhen etwas stärker hörbar wurden. Das war der einzige hörbar wahrnehmbare Effekt. Das Band konnte man auch nur auf dem einen "verstellten" Gerät in guter Qalität abspielen. Daher die Überspielung auf ein "amtlich" eingestelltes Gerät mit einem Band für die Musiker zum Mitnehmen. Der Techniker war ganz gut gebucht und er machte den Eindruck, dass er wusste was er tat.

Viele Grüße
Christian
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#11
Hallo!

Ein Anrauf bei einem der damals anwesenden Musiker hat Klarheit gebracht. Das möchte ich kurz nach den Überlegungen und Vermutungen kurz mitteilen.

So wie Manfred es beschrieben hat: Der Aufnahmekopf wurde nicht zur Veränderung des Frequenzgangs verstellt, sondern um einen leichten (für den ungeübten Hörer mehr unbewusst wahrnehmbaren) Effekt zur erzeugen. Diesen kann man mit einem Flanger- oder auch Phaser-Effeekt vergleichen. Das war in den 70er Jahren wohl etwas Neues. Liegt das Band mit einem leichten Spalt an, entsteht ein vergleichbarer Höreindruck. Ich habe das damals nicht wahrgenommen, was wohl an der Aufregung lag.

Viele Grüße
Christian
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#12
Na neuster Scheiss im positiven Sinne. Sagt man doch „Latest Shit“, wenn was Neues, Geiles raus kommt.
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#13
(30.11.2022, 18:53)stompology schrieb: Diesen kann man mit einem Flanger- oder auch Phaser-Effekt vergleichen.

Nur bei einer so instabilen Bandführung, dass die Höhen mal stärker, mal schwächer erscheinen und zusätzlich Nullstellen im oberen Frequenzbereich entstehen.
Mit schlecht bespielten Cassetten (oder Wiedergabelaufwerken) kann man das schön demonstrieren.
Ist die Bandführung tadellos, ist nur eine verminderte Höhenwiedergabe zu hören.
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
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#14
Hallo in die Runde,

In den Beiträgen #1, #4, #11.  #13 sind nach meiner Meinung alle wesentlichen Aspekte der aus dunkler Erinnerung nur vage formulierten Ereignisse genannt für diesen Faden genannt..

Wenn ich mal davon ausgehe, daß die Bandmaschine des Studios einigermaßen in Ordnung war, hat der besagte Techniker das Band am Hörkopf vermutlich mit den Fingern geschickt mehr oder weniger etwas abgelenkt und dadurch den Bandlauf dejustiert (verwörgelt).

Was dann entsteht, hat Peter in #13 mit seinem geballten Wissen der Magnetbandtechnik kurz und prägnant auf den Punkt gebracht.

Viele Grüße
Manfred
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#15
(02.12.2022, 12:44)Magnettonmann schrieb: In den Beiträgen #1, #4, #11.  #13 sind nach meiner Meinung alle wesentlichen Aspekte der aus dunkler Erinnerung nur vage formulierten Ereignisse genannt für diesen Faden genannt..

Die Liste ist unvollständig.
Alles wesentlich zum Phasing-Effekt stand in Beitrag #7.

MfG Kai
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#16
Hallo Kai,

da hast Du recht im Sinne der reinen Lehre..

Meine Hinweise bezogen sich auf die hier vermutlich angewendete Billigvariante.

Mit den besten Grüßen
Manfred
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#17
Das wesentliche am Phasing-Effekt ist die ständige (zB periodische) Variation des Laufzeit-Unterschiedes zwischen zwei Übertragungswegen.
Das kommt bei einem ordentlichen Tonbandgerät selbst bei Überlagung von Vorbandund und Hinterband nicht vor.
Deshalb wurden die ersten künstlichen Realisierungen mit zwei Tonbandgeräten durchgeführt.

Ursprünglich wurde der Phasing-Effekt als natürliches Phänomen beim Kurzwellen-Empfang beobachtet.
Er tritt auf, wenn sich am Empfänger die Signale zweier unterschiedlicher Ausbreitungswege weit entfernter Sender überlagern und die Differenz der Laufzeit dabei zB durch Verschiebung der stratosphärischen Reflexionsschichten variiert.

Das hat man dann mit zwei Tonbandgeräten als Signalverzögerer nachgebildet, wobei die Geschwindigkeit eines der Geräte ständig leicht verändert wurde, damit der "schleifende/sirrende" Klangeindruck infolge der durchlaufenden Nullstellen im Übertragungsweg entsteht.

Selbst bei einem Cassetten-Recoder mit sehr schlechter Bandführung und folglich variierendem Band-Kontakt und -Azimuth hat man allenfalls den Eindruck einer ständig auf und zu gedrehten Tonblende.

MfG Kai
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#18
Hallo nochmals,

je länger ich darüber nachdenke, desto wichtiger erscheint es mir zu wissen was da genau verstellt worden ist:

- der Azimuth (dann vermutlich sowohl am Aufnahme- als auch am Wiedergabekopf gleichermaßen?)
- die parallele Ausrichtung zum Band (am Aufnahme- oder/und am Wiedergabekopf?)

Außerdem: Wurde die Mono-Aufnahme auf einer oder beiden Spuren der Halbspur-Maschine getätigt?

Darum meine Bitte an Christian: Ist es möglich, den Techniker zu kontaktieren und diesen um eine genaue Beschreibung seines Vorgehens zu bitten (idealerweise mit Ausführung der Überlegungen, aus denen dieses Vorgehen resultierte), die dann hier veröffentlicht werden dürfte?

Dank im Voraus,
Finn
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