Studio-Magnetbandgerät Mechlabor Typ STM-210
#1
In meiner Sammlung fehlte bisher eine Studiomaschine von Mechlabor.
Durch einen Hinweis hier im Forum kam ich günstig an eine STM-210.

Die Gerätefamilie STM-200 wurde von der ungarischen Firma Mechlabor bereits ab den Jahren 1963-64 entwickelt.
Zu diesem Zeitpunkt gehörte die Konzeption der Maschine zur Weltspitze.

Die Maschine hatte zu dieser Zeit ein richtungsweisendes Design welche auch heute, fast 60 Jahre später noch modern erscheint.
Neben der über 10 Jahre spätere produzierten STM-600 Familie war die STM-200 das erfolgreichste Produkt der Firma Mechlabor.

Der modulare Aufbau in unabhängigen Baugruppen und deren technische Lösung wurde in mehreren europäischen Ländern patentiert.

Die ersten Exemplare der 200er Serie wurden dann 1967 produziert.
Das Neue an der Familie war, dass nicht nur die Elektronik, sondern auch die mechanischen Einheiten einem modularen Aufbau folgten.
Es gibt mehrere Module welche einzeln abgleichbar und austauschbar sind:

Polumschaltbare Hauptmotoreinheit mit Elektrik als Direktantrieb und Gummikupplung,
Linke und rechte Wickeleinheit mit Motoren, Steuerelektronik und mit Luftdruckdämpfern,
Linke und rechte Bandumlenkeinheit mit Steuerelektronik und Luftdruckdämpfern,
Kopfträger,
Bedieneinheit mit kontakloser Schaltung durch Magnete und Reedkontakte,
Abhöreinheit mit Kontrollanschlüssen.

   

Die ersten Stufen der Wiedergabeverstärker sind wegen dem erwünschten hohen Fremdspannungsabstand nahe an den Wiedergabeköpfen positioniert und von der restlichen Audioelektronik getrennt.

Die Bandzugsregelung erfolgt elektronisch durch Auswertung der Amplitudenänderung einer Wechselspannung mittels einen variablen Kondensators an der linken Umlenkrolle und deren Umsetzung in eine Motorsteuerspannung.
Der Bandzug kann elektrisch umgeschaltet werden, damit lassen sich auch Langspielbänder schonend verwenden.

Die Audioelektronik ist in Kassettenbauweise im Maschinensockel eingebaut.
Die Eingangsstufen sind wegen der Rauscharmut mit Siliziumtransistoren bestückt, die restliche Elektronik läuft noch in Germaniumtechnologie.
Eine Umbauanweisung auf komplette Siliziumtechnik findet man neben vielen Informationen und Handbüchern von Mechlabor auf dieser Webseite.
Leider sind die relevanten Unterlagen zur STM-200 Serie komplett in ungarischer Sprache abgefasst.
Bisher hatte ich noch kein Glück Unterlagen zu dieser Maschine in russischer, englischer oder deutscher Sprache zu finden.

Hier ein Video von der ersten Inbetriebnahme.


Und hier einige Fotos der schönen Maschine.

                                   

Meine Maschine wiegt etwas mehr als 75kg, sie verfügt über eine stabile klappbare Abdeckung als Staubschutz die auch ihren Namen verdient.
Den Zustand empfinde ich trotz der langen Nutzungsdauer als gut, einige Lämpchen müssen ausgewechselt werden und die Mechanik der Banduhr muss gereinigt werden.
Die Wiedergabe funktioniert.
Die Aufnahme habe ich noch nicht getestet.

Gruß Jan
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#2
Danke Jan,

sehr interessant.
VÖ 1967? Erstaunlich...

Schöne Grüße
Frank
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#3
Hallo Jan,

da hast Du ja wieder eine sehr schöne Maschine in Deiner Sammlung.
Ich gratuliere Dir.
Da hat man sicher einige Inspirationen von der M10 bekommen und dann wohl gleich eine Bandzugregelung eingebaut.
Die Maschine macht einen richtig guten Eindruck.
Ich kann Dich gut verstehen, daß Du solch ein schönes Gerät haben wolltest.

Viel Spaß damit und
mit den besten Grüßen
Manfred
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#4
Freut mich dass du die Maschine aus Berlin bekommen hast.
Mechlabor hat da schon was richtig Gutes gebaut.
Hatte mal die STM 310 (die Kleine 610), die ist ebenfalls modular aufgebaut.
Hatte dazu auch mal einen Beitrag im ORF erstellt, gibt es leider nicht mehr.
Da ich leider nicht den Platz und mich auch nicht so intensiv damit beschäftigt habe, durfte sie mich wieder verlassen.

   

Ich habe dir per PN einen Link geschickt.
Der Betreiber der Seite hatte auch mal mehrere Machlabor aus FTZ-Beständen und auch entsprechende SM.
Er schreibt,
"Eine umfangreiche Sammlung zwischenzeitlich digitalisierter/gescanter Handbücher und Bedienungsanleitungen (im Format pdf) ist nach wie vor verfügbar."
Einen Versuch ist es allemal Wert, ich hatte damals Papierunterlagen für die 310 von ihm bekommen.
Gruß Detlef
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#5
Schöne Maschine, viel Spaß damit.
Viele Grüße,

Matthias
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#6
(19.10.2022, 15:37)Ferrograph schrieb: Die Eingangsstufen sind wegen der Rauscharmut mit Siliziumtransistoren bestückt, die restliche Elektronik läuft noch in Germaniumtechnologie.
Eine Umbauanweisung auf komplette Siliziumtechnik findet man neben vielen Informationen und Handbüchern von Mechlabor auf dieser Webseite.
Leider sind die relevanten Unterlagen zur STM-200 Serie komplett in ungarischer Sprache abgefasst.
Bisher hatte ich noch kein Glück Unterlagen zu dieser Maschine in russischer, englischer oder deutscher Sprache zu finden.


Gruß Jan

Aber zumindest die Umbauanleitung kann dir doch der Google-Übersetzer verständlich machen, oder hast du das schon selbst gemerkt? Wink

   
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#7
Hallo Holgi,

ja klar, alles was als Webseite formatiert ist kann man problemlos übersetzen.

Mit Erstaunen stellte ich heute fest, daß der Motor von Pabst produziert wurde.
Auch einige andere Bauteile stammen aus dem Westen.
Der Betriebsstundenzähler ist von der Hengstler KG in Aldingen.
Die Maschine weist eine Betriebsstundenzahl von 6398 auf.
Nur die 40mm langen T5,5 60V Fernmeldelampen in Steckfassungen gibt es nicht mehr zu vernünftigen Preisen.
Ich habe jetzt eine Defekte mit zusätzlicher Schutz-Diode, Vorwiderstand und LED umgebaut.

Gruß Jan
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#8
Hallo Jan,

meinst Du diese Telefonlampen:

https://kn-electronic.de/randshop2_5/the...eferid=109

?

Bernd
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#9
Danke Bernd,
ich habe mal 6 Stück bestellt.

Gruß Jan
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#10
Weiter geht die wilde Fahrt mit der Mechlabor.
Nachdem ich erst einmal 4 Schwerlastrollen unter das Trägergestell geschraubt habe kann ich die Maschine auch bequem während der Reparatur bewegen.
Erst einmal alle Umlenkrollen, Betätigungsknebel, Bandberuhigungsrolle und Andruckrolle abgebaut und sicher verstaut.
   
Nach Demontage des Abdeckbleches kommt die ganze Pracht und Schönheit von Aluminium- und Eisengussteilen zum Vorschein.
Oh man, hier wurde nicht an schweren Metall gespart.
   
Leider sind einige Gummianschläge zerbröselt, da schlägt Metall gegen Metall, das wird auf Dauer nicht gutgehen.
   
Also gereinigt und neue Anschläge gebaut.
   
Die linke Umlenkrolle steuert über den Plattenkondensator am Betätigungsarm den Bandzug auf einen konstanten Wert. Im Rücklauf des Hebels befindet sich ein Stabmagnet der in Ruhelage, d.h. ohne Bandspannung einen Reedkontakt zur Abschaltung der Laufwerksfunktionen betätigt.

Über ein verzahntes Getriebe wird die Banduhr von der rechten Umlenkrolle angetrieben.
Diese Uhr erinnert mich stark an den Tiefenmesser auf U96 im Film von Wolfgang Petersen…
   
Auch hier war reinigen und justieren angesagt
   
Beide Umlenkeinheiten sind mittels Luftpumpen pneumatisch gegen Schwingungen gedämpft, sehr effizient und professionell.
Hier hat schon mal jemand vor mir unorthodox den Anschlag mit Moosgummi gedämpft, sieht zwar nicht so schön aus, funktioniert aber gut und kann erst mal bleiben.

Weitere Schwergewichte sind die linke und rechte Spulmotoreinheit.
Jede wiegt ca. 5 kg und beinhaltet neben den Wickelmotoren die Betriebsbremse und die Feststellbremse.
Die Bremsbacken sollen laut Beschreibung auf der ungarischen Webseite verschleißfrei sein.
Auf der linken Abwickelseite werkeln 3 Magneten, 2 für die Betriebs- einer für die Festbremse.
   
Im rechten Wickelmodul findet man neben der Feststellbremse nur eine Bremsbacke für die Betriebsbremse.
Zuerst dachte ich, ein Vorbesitzer hätte ein Ersatzteil gebraucht, ein Blick auf die Explosivdarstellung beruhigte mich aber, rechts gibt es standardmäßig nur einen Bremshebel.
   
Diese eine Bremse war der eigentliche Grund, weshalb ich die Maschine genau untersuchen musste.
Beim schnellen Vorspulen bildeten sich beim Abstoppen auf der rechten Seite Bandschlaufen.
Auch nicht immer, sondern in Abhängigkeit vom Wickeldurchmesser.
Erst habe ich elektrisch versucht den Bremsstrom auf der Abwickelseite zu erhöhen, ohne Effekt.
Erst das mechanische Verschieben des Betriebsbremsmagneten brachte die Lösung.
Jetzt stoppt die Maschine in jeder Betriebslage ohne Schlaufenbildung.
       
Noch ein Blick unter die Haube der Maschine, bei Aufnahme beginnt im Inneren eine Stabilisatorglühlampe zu leuchten. Erinnert mich an ältere Studer Maschinen, da ist auch eine Glühlampe verbaut.
       
Der polumschaltbare Motor von Pabst wurde vermutlich bereits einmal ausgetauscht, 1977 wurde ja bereits die Nachfolgemaschine gebaut.
   
Die Funktionen werden gleichfalls kontaktlos mittels Reedkontakt und Betätigungsmagnet über Taster gesteuert.
Die Verriegelung der Laufwerksfunktionen erfolgt mittels staubgekapselter Relais-Flipflop.
   
Allerdings gibt mir die rote Taste noch Rätsel auf. Welche Funktion die hat erschließt sich mir noch nicht. Bei Betätigung wird der Antriebsmotor langsamer und der Wiedergabeton tiefer ...

Die gesamte Mechanik wurde gereinigt und mit Schmierstoffen versorgt, die Maschine läuft bei 38cm/s fast lautlos.


Gruß Jan
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#11
Hallo Jan,

vielen Dank für den tollen Reparaturbericht. Zu der roten Taste fällt mir ein Feature an einem RCA TR-70 2 Zoll Videorecorder ein. Da gab es eine rote und eine schwarze Taste, beschriftet war das mit TSO = Tape Speed Override. Das diente zur manuellen Synchronisation mit einer 2. Maschine. Solange die rote Taste gedrückt wurde, lief der Capstan 10% schneller, bei der schwarzen Taste 10% langsamer.

http://www.quadvideotapegroup.com/wp-con...st-006.jpg

Am rechten Bildrand etwas oberhalb der großen Stoptaste sind die 2 kleinen runden Tasten zu sehen.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#12
Hallo Jan,

Dein vorzüglicher Bildbericht über Deine Wiederaufarbeitung der sehr schönen und sehr robusten Technik der Mechlabor STM-210 ist sehr angenehm zu lesen und zu betrachten.
Ich konnte nur ganz schwer dem Wunsche widerstehen, auch so eine schöne kompromißlose Konstruktion haben zu wollen.

Viel Spaß mit diesem Boliden und all´ Deinen anderen Maschinen.

Mit den besten Grüßen
Manfred
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#13
Hallo Jan,

ich glaube, ich liege mit meiner Vermutung zu der roten Taste richtig. Gerade in Zeitschichten zum Magnetophon K4 gefunden:

Sollten zwei Maschinen im Endlosbetrieb wiedergeben und dabei nahtlos von einem Band auf das andere überblendet werden, konnte mit der roten „Gleichlauf“-Taste (vorn rechts zwischen Tonkopfträger und Netz-Kippschalter) die Drehzahl des Tonmotors der „übernehmenden“ Maschine bis zum Gleichlauf beider Aufzeichnungen herabgesetzt werden, indem die Zuschaltung des Anlasskondensators zum Tonmotor verzögert wurde

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#14
Hallo Tobias,
das wäre eine schlüssige Erklärung.
Daß dieses Feature bei späteren Maschinen STM 310 und STM 610 wegfiel wird wohl an der elektronischen Regelung deren Motore gelegen haben.

Gruß Jan
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#15
Hallo Jan,

elektronisch geregelt wurden die Capstanmotoren der Profi Videorecorder schon immer, das sollte kein Hindernis sein. Die Bandgeschwindigkeit ist fest mit der Bildfrequenz des Videosignals verkoppelt. Während der Synchronisation der 2. Maschine war das Bild gestört und erst nach dem Loslassen der TSO Taste verkoppelte der Capstanservo wieder mit dem Videosignal. Manchmal war die Audio-Synchronität nach der Verkopplung nicht ganz korrekt und man musste ein 2. Mal synchronisieren. Spannende Sache, alles nach Gehör.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#16
Ich habe noch einmal ein paar Wartungsarbeiten an der Mechlabor vornehmen müssen.
Speziell das Einstellen der Betriebsbremsen erfordert etwas Geduld.

Ich habe die Gelegenheit genutzt, die Maschine einmal mittels Video etwas detaillierter zu zeigen:



Jetzt läuft sie zur vollen Zufriedenheit.

Gruß Jan
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#17
Hallo Jan,

das hast Du alles sehr schön hinbekommen. eine großartige Maschine und ein sehr schöner Film darüber.
Dazu gratuliere ich Dir.

Mit den besten Grüßen
Manfred
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