40 Jahre CD - vom Hörgenuss bis Sondermüll
#51
Hallo Frank,

du schriebst:
"Nach zahllosen extrem positiven Meinungen bin ich jetzt auch so weit, mir ein AT-VM95ML anzuschaffen. In den 741 kann ich das nicht einbauen, ich habe aber noch einen sehr guten 721, mit dem werde ich es mal testen. Die aktuellen AT Systeme haben halt den Vorteil, dass sie neu sind, also genau so klingen, wie es der Hersteller vorgesehen hat, und es auch noch eine ganze Weile bezahlbare neue Nadeln direkt vom Hersteller geben wird."

Bei mir werkelt seit 2 Jahren ein Ortofon MC Quintet Blue auf meinem Dual 704. Das ist quasi ein 721 ohne Startautomatik. (das wirst du wohl wissen)
Das Ortofon MC ist schon ein feines Teil und harmoniert sehr gut mit dem Dual Tonarm. Es kostet aber auch etwa 400 Euro.
Vorher hatte ich ein MC10 Super von Ortofon installiert, welches allerdings schon 35 Jahre alt war aber noch sehr gut lief bzw. jetzt immer noch auf meinem Dual 621 seine Dienste verrichtet.
Das neue System ist aber eine ganze Klasse besser, vor allem kommen die Bässe kräftiger rüber.
Ich spiele meine Platten übrigens alle nass ab, dadurch ergibt sich als Nebeneffekt auch ein geringerer Nadelverschleiß.

Den MC-Vorverstärker habe ich selber gebaut nach folgendem Bauplan.
http://www.huennebeck-online.de/diy/pre-1/pre-1.pdf
http://www.huennebeck-online.de/hifi.html#pre1
Das zugehörige Eagle Platinenlayout stammt von mir. Wird auch auf der Seite von Andreas Hünnebeck erwähnt.

Den 704 habe ich natürlich auf Cinch Anschlüsse umgerüstet. Mit dem DIN Anschluß und einem MC System wird das nichts...

Gruß, Jan


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#52
ich glaube, die Wahrnehmung hat auch viel damit zu tun, dass den Hörern unterschiedliche Dinge wichtig oder egal sind. Ich kann z.B. bei Platten ganz gut mit leichten Störgeräuschen oder Höhenverlust leben, was mir aber extrem auf den Keks geht, ist der Hang zur schrillen Wiedergabe im MItteltonbereich, auch wenn es bei bestimmten Quellen wie Stimmen oder Blechbläsern sogar dem Original entspricht. Anderen ist das völlig wurst, die hören Musik auf eine Art, die mir in den Ohren weh tut, regen sich aber über jeden kleinen Knackser auf.

Und dann hat man halt das Problem, das in der Natur der Sache liegt, dass Tonabnehmer, die jedes Detail aus der Platte holen und räumlich "aufstellen" auch gleichzeitig "Fehlersuchgeräte" sind, die abgenutzte oder schlecht gepresste Platten auch genau so abspielen. Und da ist es auch nach heutigen Maßstäben nicht schlecht, noch was einfacheres zu haben, wobei einfacher nicht schlecht bedeuten muss. Ich habe z.B. im Büro noch eine kleine Dual KA60 in Betrieb, mit einem Reibradler 1218 und einem Shure M91 mit sphärischer Nadel. Auf der Kiste mit den Heco/Dual Papplautsprechern klingen viele unperfekte Aufnahmen auch nach heutigen Maßstäben deutlich angenehmer als auf hochgezüchteteren Geräten.

Zwei Gründe haben dazu geführt, dass ich irgendwann die Suche nach DER ultimativen Kette aufgegeben habe. Einmal die Erkenntnis, dass man das Erlebnis von live gespielter Musik sowieso mit nichts ins Wohnzimmer holen kann, und zum anderen, dass die Wiedergabe von Audiosignalen so eine facettenreiche Sache ist, dass man sich so viele Geräte und Medien gar nicht ins Haus holen kann, um alles zu entdecken. Und bei der Klangqualität wird vieles nur deshalb als Fortschritt empfunden, weil man unterschiedlich gealterte Geräte miteinander vergleicht. Ich habe mir vor vielen Jahren, wo ich noch Zeit und Ruhe für sowas hatte, mal die Mühe gemacht, eine kleine Graetz Musiktruhe von 1956 komplett instandzusetzen, also mit neuen Röhren, Kondensatoren, einem komplett überholten Plattenwechsler Rex A von Perpetuum Ebner, einem neuen Kristallsystem, das noch nicht dem Kristallfraß zum Opfer gefallen war und bei dem die Nadel neu war. Zusammen mit alten Mono-Vinyls hat das Ding danach einen Klang produziert, der so gar nichts mehr mit dem zu tun hatte, was wir uns unter Dampfradio und Plattenspieler vor der HiFi Ära vorstellen. Momentan habe ich einen ELAC PW8M von 1958 mit dem ersten ELAC Mono Magnetsystem MST2 und einem Röhrenentzerrer im Keller liegen, für den suche ich schon nach neuwertigen Schellacks und Mono-Vinyls und nach einem Mono Röhrenverstärker und schönen Isophon Chassis. Nicht, weil ich einen Wettkampf mit der modernen HiFi Anlage führen will, sondern, weil es einfach eine ganz andere Art des Musikhörens ist.

Was mir an den Artikeln wie dem hier diskutierten und dem immer wieder geführten analog vs. digital Diskurs so auf den Keks geht, ist, dass Leute immer wieder die "entweder oder" Nummer fahren, statt sich über die nie dagewesene Vielfalt zu freuen, die man sich heute für bezahlbares Geld ins Haus holen kann.

Das VM95 wird übrigens in Kleinserie auch mit TKS Befestigung hergestellt, und kann dann mit jeder Nadel aus der VM95 Reihe bestückt werden. Geht also doch mit dem 741 ;-), ich freue mich.

Gruß Frank
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#53
Also meiner Erfahrung nach klingen gerade abgenutzte Platten auf Feinschliffen besser, als auf allen Anderenc weil der Feinschliff ja tiefer in die Rille geht. Ausnahme bilden Mono Platten, weil sie anders geschnitten sind. Die klingen natürlich auf einem dafür vorgesehenen System besser.

Das stimmt schon, ich hab ein Grundig TK 600, mit dessen Loudness und den eingebauten Lautsprechern klingt das mit angemessener Musik echt ganz gut, das „Problem“ bei so alter Musik ist aber auch, dass die ganz anders abgemischt und/oder aufgenommen wurde und die Philosophie war ja lange Zeit eine Andere, zumindest in Europa. Aufnahmen bis in die 70er klingen oft sehr dünn, weil Geräte alle mit Loudness ausgerüstet waren und dementsprechend auch die Musik abgemischt war. So eine Musiktruhe oder ein Röhrenradio ist an externen Lautsprechern eigentlich kaum zum klingen zu bringen, weil alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind, allerdings hatte ich 2 SABA Freiburgs (14er und ein restauriertes 3DS habe ich noch), zeitgemäße Musik klang und klingt auf beiden Geräten sehr gut, moderne Musik, dann auch noch mit Sounding eines Radiosenders ist damit eigentlich nicht vernünftig hörbar, denn entweder man muss den Bass so weit raus drehen, dass es dünn klingt, oder die Lautsprecher kotzen regelmässig. So tiefe Frequenzen in der Masse waren damals einfach nicht vorgesehen. Wenn ich alten Jazz oder Schlager aus den 50er und 60er Jahren damit abspiele, kann ich denn Bassregler voll reindrehen und die Musik klingt so, wie sie wahrscheinlich immer gedacht war, während sie auf meinen moderneren HiFi Geräten, die neutral abgestimmt sind eher dünn wirken. So ist es auch mit meinem Grundig TK 600. Die seitlich angebrachten Lautsprecher und die eingebaute Basisverbreiterung klingen erst mal beeindruckend und räumlich, aber man merkt mit dem „falschen“ Material schnell, dass es eigentlich nicht möglich ist, den Klang so einzustellen, dass es nicht irgendwann nervt. An externen Boxen ist das auch schwierig, weil man die Loudness ja nicht abschalten kann und je nach Lautstärke ist man dann ständig an der Klangregelung am Fummeln. Auch hier kommen die Papptröten nicht mit tieferen Bässen klar, die sie heutzutage ständig vorkommen, gleichzeitig ist der ganze Sound aber so abgestimmt, dass Musik aus der damaligen Zeit mit stärker aufgedrehten Bässen satt und füllig klingt.

Die Unzulängllchkeiten fallen auf diesen Geräten nicht so auf, weil sie eben nicht so fein auflösen. Das ist wie mit Röhrenfernsehern, da fällt es nicht auf, was PAL alles so für ne Soße überträgt im FBAS oder dass Video nur 240 Linien hat, eigentlich sieht das Alles richtig gut aus, es ist nicht so, dass man was vermisst.

Und natürlich löst das auch irgendwie Alles Emotionen aus, die man bei Spotify oder auf einem HD Fernseher halt nicht hat. Deshalb macht mans ja.

Trotzdem bin ich da Realist. Analog vs Digital, die Frage stellt sich für mich nicht, weil faktisch belegt ist, dass analog keinen Vorteil hat. Geht es um bestmögliche Qualität ist digital immer überlegen, selbst wenn man subjektiv den Sound von Platte oder Band bevorzugt, kann man ihn digital 100%ig reproduzieren, andersrum geht das aber nicht. Für mich ist das keine Glaubensfrage, weil technische Daten belegen, was man offensichtlich hört. Was für einen Anspruch jeder hat, ist eine Andere Frage, aber bis auf eine längere Haltbarkeit des Tonträgers gibt es qualitativ keinen Grund eine Schallplatte der CD vorzuziehen. Es ist einfach der Sammeltrieb, Spaß an der Freude oder Mangel an Verfügbarkeit. Wenn ich das Lied nunmal nur auf Platte bekomme, bin ich froh drum, dass ich so gute Technik hier habe und das bestmöglich anhören kann. Trotzdem würde ich zum „so hören“ ein digitales Abbild des Masters bevorzugen, auch wenn es komprimiert ist, aber das höre ich nicht oder nur geringfügig, je nach Bitrate.

Man bescheisst sich meiner Ansicht nach irgendwie selber, wenn man behauptet der Sprung zwischen CD und LP wäre nur klein oder nicht vorhanden oder die LP gar besser. Dass sie Einem selbst genügt mag ja sein, aber dann zu behaupten man könne über Kopfhörer von Spotify nicht so gut Musik hören, wie über eine HiFi Anlage in den 70er Jahren finde ich doch irgendwie anmaßend. Das Erlebnis ist natürlich ein Anderes, aber auch Oder gerade Musik über gute Kopfhörer kann sehr intensiv sein und man bekommt heute schon günstig gutes Equipment für HiFi, das früher unbezahlbar war. Gebraucht einen ordentlichen Stereoverstärker und ein Paar Boxen bei Kleinanzeigen und dann hat man was richtig Gutes. Da schließt man dann sein Smartphone oder den Computer an und kann genau so gut oder besser hören, als vor 30 oder 40 Jahren.

Darum gehts mir. Die CD war die einzige Möglichkeit digital in so einer Qualität Musik zu hören. Deshalb war sie notwendig. Dadurch, dass dieser Zwischenschritt obsolet ist, ist die unnötig geworden. Die Platte ist aber für Sammler interessanter, weil sie haptisch schöner ist und man sie selbst nicht herstellen kann und ich bleibe dabei: Sehr Viele kaufen sich die Platten um ein schönes Mitbringsel vom Konzert zu haben, ziehen sich das Album dann per Download Code, haben möglicherweise gar keinen Plattenspieler und hängen die Platte an die Wand.

Ist wie mit Cassetten auf Punk Konzerten. Es ist zwar das drauf, was drauf steht, aber sämtliche Cassetten, die ich die letzten Jahre in der Subkultur gekauft hab, klangen komplett scheisse. Das lag nicht am Band, sondern weil irgendwer das Master auf einem schlecht gewarteten Tapedeck aufgenommen und dann durch halb kaputte Kopiermaschinen gezogen hat und Niemand kontrolliert hat, was tatsächlich auf den Cassetten drauf ist. Wenn man dann sagt „das klingt mir zu schlecht…“, dann bekommt man als Antwort „stell dich nicht so an…. Das is doch nur n Gimmick…“, ich habe die ganzen Cassetten per Bandcamp, Download oder Spotify noch mal neu bespielt und bei mir klingen die jetzt Alle gut. Bei Anderen liegen die wie ne Visitenkarte oder eine Erinnerung in der Schublade und werden nie gehört, Denen ist das egal, wie sie klingen, weil sie eh nur n Plastikrecorder haben oder denken Cassetten können nicht besser klingen und das muss so sein.

Der Vorteil an der CD ist wohl, dass man die Musik solang die CD hält in hervorragender Qualität wirklich besitzt, was bei Spotify und Downloads mit DRM nicht der Fall ist. Hat man die CD und die Festplatte raucht ab, verliert man nix.

@Frank: ich bin mal gespannt, was du vom 95ML hältst.

Deine Restaurationsarbeit finde ich super und kann ich voll nachvollziehen. Es schafft bei mir auch Ruhe, wenn das Handy und der Computer mal aus sind und wir nur Cassetten, Platten oder Tonband hören. Irgendwie findet man dann mehr Konzentration zum Musik hören.

LG Tobi
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#54
(22.08.2022, 11:00)nick_riviera schrieb: Das VM95 wird übrigens in Kleinserie auch mit TKS Befestigung hergestellt, und kann dann mit jeder Nadel aus der VM95 Reihe bestückt werden. Geht also doch mit dem 741 ;-), ich freue mich.

Ja, das habe ich auch gesehen Smile Der 741 ist seit Überholung mein Haupt-Plattenspieler. Ich habe auf den oft üblichen Halbzoll-Umbau verzichtet, und betreibe ihn mit einem Ortofon OM aus der gleichen ebay-Kleinserien-Quelle mit TKS-Aufnahme und einer 40er-Nadel. Damit bin ich an sich hoch zufrieden, auch weil es die Originalität des Tonarms erhält. Das VM95 zusätzlich überlege ich mir auch schon eine Weile, weil es überall so hoch gelobt wird... bin auf Deinen Bericht gespannt Smile

Viele Grüße
Andreas
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#55
https://www.youtube.com/watch?v=_Tx6TYnPat8&t=1s

"Introducing The Amazing Compact Disc" im australischen Fernsehen vor 40 Jahren.

Gruß
Lois
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#56
Sehr schöne historische Sendung. Interessant ist auch zu sehen mit welchen Vorteilen die damals CD präsentiert bzw. angepriesen wurde. Plötzlich erinnert man sich wieder. Alle Aussagen im Hinblick auf eine geordnete Industriestrategie (Philips + Sony zusammen, Vermeidung eines Systemwettbewerbs unterschiedlicher Formate), Verfügbarkeit von CD-Material als auch der Ausblick in Hinblick auf weitere Entwicklungen der Speichertechnologie sind korrekt. Nicht übel.

Viele Grüße
Linus
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