Der freche Sofa-Loewe: Optacord 408
#1
Beim über den Uher- und Grundigtellerrand gucken ist es mir ja passiert, dass quasi ein Tonband-Pottwal an die Leine gegangen ist (M24). Es gab aber auch Beifang, zu dem werde ich noch kommen.

2009 im Verstärkeramt Rheda-Wiedenbrück war eine Sonderausstellung zum Thema Tonband, da hatte ich etwas Kleines bemerkt, ein Loewe-Opta-Teil. Fand ich knuffig. Auf Flohmärkten nie gesehen, sowas, muss wohl selten sein. Aus den Augen verloren. 2009 kam dann mein erstes Report, ward fruchtbar und mehrte sich. Erst recht nicht mehr ans Loewe gedacht.
Bei einem Kollegen war die Tage wieder eines zu beäugen, aha, Mensch, das haben die ja  s e h r  dem Report nachempfunden! Frechheit eigentlich. Hopps, Internet-Angel ausgeworfen, fast sofort biss eines an. Her damit!

Vorhin kam das Paket:

   

Alles noch heil, etwas angestaubt, aber keine groben Beschädigungen.

Das sieht mir aber derbe nach Report aus!
Chefingenieur A. B. Kupferer hatte ganze Arbeit geleistet...

   

Auch hier noch guter Zustand, ich bin überrascht.
Weiter:

   

   

Sehr ähnlich. Material ist auch Druckguss, der Deckel ist aus Blech. Durchaus solide gemacht.

Von unten kann man den Boden abschrauben (der originale Schaltplan klebt noch!)

   

Man blickt auf eine Pappe mit auf den ersten Blick seltsamen Zeichnungen, links der 
Batteriekasten. Das ist doch....

   

Pappe ab, aha, das Innenleben. Hier zeigt sich, dass der kleine Sofa-Loewe doch eine völlig andere Konstruktion ist.

   

Die Konstruktion mit dem wippgelagerten Motor (der Bürstenmotor vom Report 4000 und 4000-S ist es) macht zunächst einen primitiven Eindruck. Die Tastenmechanik auch, sehr schrullig gemacht, das Ganze.
Vom Zustand her unglaublich gut erhalten, auch die Gummiteile und der Reibbelag vom Capstanrad nicht vermackelt oder hart. Das wird was! Stecker rein, nichts. Nun, das Gerät war ja auch als mit "keine Funktion" angeboten worden.
Was war? Der Klassiker, Sicherung oxidiert. Neue rein, schnurr! Der Motor schrie aber nach Ölung, er bekam sie und wurde auf einen Schlag ruhig. Die Tastenmechanik war etwas verharzt, Gerät muss ewig unbenutzt im Schrank gestanden haben. Gängig gemacht. Lautes Krächzen beim lauter drehen, Poti gereinigt und die Kontaktleiste auch.
Ei, sieh an, das Teil spielt. Erst zaghaft, aber nach 5min Laufenlassen richtig kräftig und mit ausreichend Höhen auch (90-10000Hz soll es können). Hätte ich gar nicht gedacht, dass das so gut klingt. An ein Report kommt es leistungsmäßig und auch gleichlaufmäßig natürlich nicht heran, aber dafür war es damals auch viel günstiger zu haben (immer aber noch DM 350,-). Vom Gesamtpaket her eine freche Kopie wie ich finde, aber als schlecht würde ich es nicht bezeichnen. Meins ist von 1966, da war es eigentlich schon völlig veraltet. Es werden wohl Markentreue gekauft haben, Loewe-Opta hatte noch einen guten Namen (meine Großeltern schworen drauf z.B., die hatten Röhrenradio und Fernsehen nur mit 1. Programm von Loewe-Opta). Dem Opa reichte das, er wollte eh nur Sportschau und Nachrichten gucken.

Übrigens ist die Zeichnung auf der Pappe eine Aufwickelverstauanweisung für das Netzkabel. Das 408 hat ein eingebautes Netzteil (!), für Batteriebetrieb holt man aus der vorderen Vertiefung eine flache Aufwickelspule, trickst das Kabel bündig darum, verstaut alles und steckt den Netzstecker in eine Buchse, dann erst ist Batteriebetrieb möglich. Umspulen klappt auch bei Batteriebetrieb erstaunlich flott und kräftig. Ein uriges kleines Teil. 

Gruß
Peter S.
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#2
Hallo Peter,

vielen Dank für die ausführliche Vorstellung dieses seltenen Gerätes.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#3
(28.07.2022, 20:56)PSMS schrieb: Es werden wohl Markentreue gekauft haben,

Die Frage, wer das gekauft hat (und warum), habe ich mir auch schon bezüglich der Tonbandgeräte von Metz gestellt. Vielleicht hatte es mit dem damaligen Angebot zu tun. 1966 gab es mich zwar noch nicht, aber ich habe den Eindruck, daß es noch zu meiner Kinderzeit (also in den frühen 1980ern) nicht unüblich war, beim Kauf von Audio-Geräten ohne konkrete Vorstellungen zum Händler um die Ecke zu gehen und dort zu kaufen, was der einem anbot. Und der Händler um die Ecke verkaufte vermutlich vor allem Fernseher und vielleicht Radios und stellte sich dann noch ein paar Tonbandgeräte seiner Hausmarke Metz oder Loewe in's Regal.

Die Uher-Ingenieure dürfen sich auf jeden Fall selbst auf die Schulter klopfen, so emsig wie die Reports (oder heißt es "Reporte"?) kopiert wurden. Smile

Danke für die Vorstellung!
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#4
Hallo Peter!

Wieder einmal eine interessante Gerätevorstellung in
Deiner Dir eigens kurzweiligen Art (mit vielen aussage-
kräftigen Bildern).

"Danke!"

Gruß
Wolfgang

Nachtrag zu "...Bei einem Kollegen war die Tage wieder eines zu beäugen...":

Kann es sein, daß es sich damit um das 408 im Museum handelt?
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#5
(28.07.2022, 22:17)timo schrieb: Die Uher-Ingenieure dürfen sich auf jeden Fall selbst auf die Schulter klopfen, so emsig wie die Reports (oder heißt es "Reporte"?) kopiert wurden. Smile

Bin ich froh, dass unsere Weisen es damals das Report benannt haben. Sonst müsste man heute der/die/das Rep*ort schreiben.  Wink

Hatte hier nicht jemand gefragt, was die Uheraner zu dem Optacord gesagt haben? Hat uns gar nicht interessiert. Ich habe so ein Dingens erstmals in dieser Diskussion gesehen.

Gruß, Anselm
Früher war mehr UHER. Cool Meine UHER-Erinnerungen
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#6
>Wolfgang, ich bin immer diskret, aber nun ist es raus, es war bei Dir im Museum.

>Anselm, ich hatte gefragt. Bei Uher schien das dann anscheinend niemanden gezwickt zu haben.
Die Report-Stückzahl war ungleich höher und auch die Zielgruppe eine andere. Dreist war allerdings
die Kopie des Antriebs beim AKAI XIV. Andere Nachempfindungen gabs ja auch noch, z.B. das Tesla Uran.

Was mir immer noch Rätsel aufgibt, ist das Denkmal von Baron Hornstein in Reporta Westfalica. Ich war allerdings seit Jahrzehnen nicht mehr dort und erinnere mich nur schemenhaft, dass der unter steinernem Gewölbe stehende Baron die Hand gönnerhaft erhebt, um den Raum zwischen Rhein und Weser der Empfängnis der neuartigen Geräte zu widmen. Das heißt ja auch das Denkmal, denk ich mal.

   

Zurück zum Thema:
Nicht auf Anhieb zu sehen ist, dass das Optacord ist eine Nummer kleiner als das Report ist, es verträgt auch nur max. 11cm Spulen.

Zur Erinnerung, AKAI XIV:

   
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#7
(29.07.2022, 10:13)PSMS schrieb: >Anselm, ich hatte gefragt. Bei Uher schien das dann anscheinend niemanden gezwickt zu haben.
Die Report-Stückzahl war ungleich höher und auch die Zielgruppe eine andere. Dreist war allerdings
die Kopie des Antriebs beim AKAI XIV. Andere Nachempfindungen gabs ja auch noch, z.B. das Tesla Uran.

Wie heißt das? Was kümmert es den Mond, wenn ein Hund ihn ankläfft?

(29.07.2022, 10:13)PSMS schrieb: Was mir immer noch Rätsel aufgibt, ist das Denkmal von Baron Hornstein in Reporta Westfalica. Ich war allerdings seit Jahrzehnen nicht mehr dort und erinnere mich nur schemenhaft, dass der unter steinernem Gewölbe stehende Baron die Hand gönnerhaft erhebt, um den Raum zwischen Rhein und Weser der Empfängnis der neuartigen Geräte zu widmen. Das heißt ja auch das Denkmal, denk ich mal.

Ich hab drei Mal über das "Re" hinweggelesen und mich gefragt, warum ausgerechnet dort und überhaupt. Big Grin

(29.07.2022, 10:13)PSMS schrieb: Nicht auf Anhieb zu sehen ist, dass das Optacord ist eine Nummer kleiner als das Report ist, es verträgt auch nur max. 11cm Spulen.

Dabei fällt mir ein, dass mein erstes Tonbandgerät gar nich das Siemens Protos BG12 alias Grundig TK20 war. Vorläufer war so ein kleines rotes Kistchen, Spulengröße maximal 8 cm, keine konstante Bandgeschwindigkeit. Ich war da noch sehr jung; an Qualität usw. kann ich mich nicht erinnern, nur daran, dass mir bald klar war, dass ich das Ziel meiner Wünsche damit noch nicht erreicht hatte.

Gruß, Anselm
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#8
Phono-Trix?

https://www.radiomuseum.org/r/trix_phono_trix_1.html#
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#9
(29.07.2022, 14:04)PSMS schrieb: Phono-Trix?

Mensch, Du bist jut, Du kommst in die Suppe! Anhand der Fotos kann ich es nicht eindeutig identifizieren, aber bei "Phono-Trix" springen meine hintersten grauen Zellen an. 150 Mark waren damals noch viel Knete, da mussten meine Eltern tief in die Tasche greifen.

Danke! Anselm
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#10
Mein Vater (Jahrgang 39) hatte mal vom Phono-Trix erzählt. Für ihn als junger Tonbandinteressent war das fast in bezahlbarer Reichweite, ihn hat dann aber wohl die Tonqualität abgeschreckt.

Klick! Wieder was gekauft. Ich habe nämlich noch ein Loewe-Opta, das Optacord 403, vor ewigen Zeiten auf dem Flohmarkt gekauft....ohne Tonkopfabdeckung! Das hasse ich! Ansonsten sieht das Ding noch sehr gut aus.
Für nen Zehner hatte jetzt jemand die komplette Abdeckplatte anzubieten, da habe ich zugegriffen.
Jetzt kann ich das Teil endlich komplettieren und mal wieder anwerfen. Ich glaube das ist noch richtig solide mit Papst-Außenläufer drinnen und so.

Der Beifang beim M24 war übrigens auch ein Optacord, das 412 nämlich.

Bei Interesse gibts auch eine kurze Vorstellung
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#11
Hallo Peter!

Zitat: "Bei Interesse gibts auch eine kurze Vorstellung"

Klar - her damit!

Gruß
Wolfgang

PS.: Bei einem demnächst öffentlich zugänglichen Museum
ist Deine geschätzte Diskretion nicht nötig...
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#12
Hallo Peter,

sischer dat.

Ich freue mich auch schon.

Viele Grüße
Manfred
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#13
Moment mal,
das hier ist doch der Optacord 408-Thread!
Daher noch mein Senf.
Als Teenager hätte ich gerne ein Uher report gehabt, aber da war kein Drankommen. Das war 1983, es gab nur Zeitungsanzeigen, und wenn sowas überhaupt mal angeboten wurde, kostete es gleich ein paar Hundert DM. Nix für mich als Schüler. Daher war ich umso erfreuter als ich im Frühjahr 1984 auf dem Flohmarkt ein Optacord 408 fand. Ideell ein kleiner Bruder der reports. 40 Mark! Und Schnapp. Der Verkäufer war auch der ursprüngliche Besitzer, er versicherte mir eine einwandfrei Funktion. Was auch zutraf, das Ding lief wie neu. Super Klang, super Gleichlauf, und es spulte besser und schneller als jedes Uher. Ich schleppte es überall hin mit, zu Freunden, in die Schule. Andere hatten teilweise schon den hippen Walkman, aber mein Optacord hatte ja einen Lautsprecher und konnte den Pausenraum ziemlich aufmischen. Im Familienurlaub 1984 war es auch dabei.
Übrigens kann ich das mit den 10 kHz bis heute nicht glauben, denn es klang an einer Hifi-Anlage hervorragend.

Peter, einen Schwachpunkt hat das 408: Die Tasten brechen ab! Die dünnen Kunststofftasten sind a) mechanisch arg belastet, b) jetzt jahrzehntealt und c) sehr exponiert. Mein Exemplar ist damals diesen Tod gestorben. Aber Ende 1984 fand ich, ebenfalls auf dem Flohmarkt, ein Report-S, das ich von DM 90 in einer endlosen Diskussion auf DM 50 herunterhandeln konnte - denn ich hatte nur 50 DM dabei. Dieses 4000-S habe ich heute noch.

VG Stefan
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#14
Danke für die Optacord-Geschichte, kann ich mir lebhaft vorstellen. Die Sache mit den Tasten habe ich schon anderswo gelesen, das liegt an der kruden Mechanik, die dahintersteckt. Wird die schwergängig, ist man versucht, dieses durch erhöhten Tastendruck auszugleichen. Zack, Taste ab. Ich hab alles schön geschmeidig eingestellt und bin vorsichtig.
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#15
(30.07.2022, 14:19)Vollspurlöschkopf schrieb: es spulte besser und schneller als jedes Uher.

Bei Aufnahme und Wiedergabe? Big Grin

Gruß, Anselm
Früher war mehr UHER. Cool Meine UHER-Erinnerungen
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#16
Hallo!

Nachtrag zu "4":

   

Bei  unserem 408 fehlt leider die TK-Abdeckung...

Gruß
Wolfgang
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