Grundig Reporter 700L
#1
Es schlummerte schon mehrere Jahre bei mir im Keller, einst hat mir mein Schwiegervater das vermacht, ich hatte es mal angeschlossen und kurz laufen lassen (schon Jahre her!). Konnte auch ein Band etwas anhören....da sind Kinderstimmen drauf...das sind Erinnerungen.

Der Netzanschluss sieht kriminell aus, nur eine Lüsterklemme wo sich die Kupferteile gar berühren könnten - würde zum Kurschluss führen.
Werde das mal sauber verkabeln und das Gerät reinigen und dann versuchen, es wieder lebendig werden zu lassen.

Weiss jemand hier etwas über das Gerät? Denke es sind Röhren und es wurde wohl in den 50er gebaut!

So sieht es aus:

[Bild: TB700L.jpg]
VG
Jürgen
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#2
Hi,

die Reporter 700L von Grundig ist aus den ganz frühen 50ern, hier hat Grundig noch eine Konstruktion von Kurt Bier übernommen. Für die damalige Zeit war das ein echt schönes Gerät, was damals immerhin Höhen bis 10 kHz abbilden konnte, 1951 kein schlechter Wert!


Wichtig ist, dass es sich hier um ein Röhrengerät handelt. Die dort verbauten Papierkondensatoren machen heutzutage massive Probleme, insbesondere die Koppelkondensatoren können den Röhren im Gerät massiv schaden, solang sie original sind. Da insbesondere die dort mit verbaute EF804-Röhre echt extrem schwer zu finden und teuer geworden ist, sollte man hier kein Risiko eingehen. Bevor du das Gerät wieder in Betrieb nimmst, müssen also diese Papierkondensatoren durch moderne Folienkondensatoren ersetzt und nach Möglichkeit auch die Elkos erneuert werden. Wo kommst du denn her? Eventuell findet sich hier im Forum jemand aus der Nähe, der dir das machen kann.

Wenn du möchtest, kann ich dir die alten Aufnahmen auch digitalisieren, das wäre kein Problem.


Schöne Grüße
Alexander
Schnürsenkelband: Teac A3300SX-2T, Revox A77 MK3, Sony TC-366, Grundig TK 3200, Grundig TK 8, Simonetta TB 491
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#3
das 700 ist das erste von Grundig gebaute Tonbandgerät in der dritten Version. Es gab das Gerät als 300, als 500 und als 700.

1951 kaufte Max Grundig die Firma Lumofon, und übernahm mit dem Kauf deren Tonbandgeräte-Entwicklungen. Unter Lumofon sollte das Gerät Modell 100 heißen, Grundig baute es dann als Modell 300. Reporter 300L hieß der Koffer, die in Musiktruhen eingebauten Chassisversionen einfach Modell 300.

Von Anfang an gab es wohl Streitereien zwischen Lizenzforderungen des Lumofon-Entwicklers Kurt Bier und Max Grundig. In zwei Stufen wurden die Geräte so weit modifiziert, dass die Patente von Kurt Bier umgangen werden sollten - das Modell 700 ( oder Reporter 700L als Koffergerät ) hat zwei Geschwindigkeiten 9,5 und 19cm/sek, die beiden Vorläufer nur 19cm/sek.

Was ich jetzt selber nicht genau weiß ( vielleicht kann jemand helfen ) - in den frühen Fünfzigern gab es noch das Problem mit der Spurlage. Alle Grundig Tonbandgeräte waren von Anfang an Halbspurgeräte, ich weiß aber nicht, mit welcher Spurlage sie arbeiten. Die deutsche Spurlage benutzt die jeweils unten liegende Halbspur, international festgelegt wurde dann, dass immer die jeweils obere Spur benutzt wird. So weit ich weiß, gab es das Reporter 700L in zwei Ausführungen - mit deutscher oder mt internationaler Spurlage.

Klar ist das Gerät noch mit Röhren bestückt, hier gibt es ein paar weitere Infos, z.B. zur Röhrenbestückung, und als Mitglied kann man auch den Schaltplan runterladen:

https://www.radiomuseum.org/r/grundig_re...700_l.html

Das Grundig 300/500/700 war zwar noch sehr teuer, aber nicht mehr unerreichbar, und wurde sehr gut verkauft. Hinzu kommt, dass es viel moderner aussieht, als es ist. Kein Mensch, der nicht im Stoff steht, würde vermuten, ein Tonbandgerät aus den frühen Fünfzigern vor sich zu haben.

Gruß Frank
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#4
danke Alexander und Frank für all die Infos - so ganz bewandert bin ich nicht mit der Elektronik...mal sehen.
Ich wohne südlich von Speyer am Rhein - nur zur Info.

Und danke für das Angebot, die Bänder zu Digitalisieren. Ich denke, das kriege ich noch hin - habe noch eine Revox A-77 4 Spur, denke die sollte die Bänder "erkennen" und auch wiedergeben können. Vermutlich war das Grundig damals noch Vollspur oder?
Würde die Bänder aber vorher etwas reinigen....

Sag Bescheid, wenn ich mich da dran mache, zur Zeit ist es etwas sehr sehr warm hier im Südwesten (und nicht nur da!)

Grüße
Jürgen
VG
Jürgen
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#5
wie ich schon weiter oben "schrob", ist es ein Halbspurgerät mit wahrscheinlich deutscher Spurlage - mit einem Viertelspurgerät müsstest Du die Bänder richtig rum abspielen können, wenn Du Mono und Spur 3/4 wählst. Wenn die Aufnahme bei Spur 1/2 richtig rum läuft, hat es schon internationale Spurlage.

Gruß Frank
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#6
(18.06.2022, 15:12)nick_riviera schrieb: wie ich schon weiter oben "schrob", ist es ein Halbspurgerät mit wahrscheinlich deutscher Spurlage - mit einem Viertelspurgerät müsstest Du die Bänder richtig rum abspielen können, wenn Du Mono und Spur 3/4 wählst. Wenn die Aufnahme bei Spur 1/2 richtig rum läuft, hat es schon internationale Spurlage.

Gruß Frank

habe gerade ein Tape probiert - auf der Revox läuft Spur I rückwärts, Spur II (müsste Spur 3 sein) aber richtig und vorwärts, Stereo geht nicht, logisch - und klar der Sound ist eher etwas dumpf....aber es scheint zu gehen Heart

Hammer, ein Magnetophonband von der Badischen Anilin & Soda Fabrik AG aus Lugwigshafen am Rhein - Kosten: 350m Preis 24,- DM, denke das war ne Menge Geld damals!

[Bild: a77_tape.jpg]
VG
Jürgen
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#7
Das war eine Unsumme, in der Tat! Dass der Pappkarton noch so gut aussieht ist ein Wunder!
Liebe Grüße
Thomas
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#8
Hallo in die Runde,

der Tonbandpreis war damals etwa so hoch, wie die Monatsmiete einer 2 Zi-Wohnung in Hamburg mit Wohnküche und Bad (Badewanne im Toilettenraum - der Warmwasserkessel wurde mit Holz beheizt). - Das war 1951 für Arbeiterkreise schon luxuriös.

Viele Grüße
Manfred
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#9
Noch ein paar Anmerkungen:
Dass es ein 700er mit internationaler Spurlage gegeben haben soll, halte ich für ein Gerücht. Selbst die nachfolgenden TK 9 und TK 819 hatten noch die deutsche Spurlage. Das erste Grundig mit internat. Spurlage war das TK 919. Das war Anfang 1954.

Das Reporter 700 hieß in der späteren Ausführung TK 700 und besaß eine Zähluhr, also ein Zählwerk in Uhrenform, so wie die nachfolgenden Modelle 819 usw.

Vom 500 unterscheidet sich das 700 im Wesentlichen durch die beiden Geschwindigkeiten 9,5 und 19 (500: nur 19).

Ja, Unterhaltungselektronik und Tonträger waren damals sehr teuer. 24 DM für eine Stunde Aufnahmedauer (bei 19) muss man in Relation setzen zu einem Stundenlohn von etwa 1,50 DM (um 1952) - andererseits auch zu den 4 DM, die eine normale Schellackplatte (mit zwei Titeln je 3 Minuten) kostete.

Andererseits, wer die 835 DM (!!) (Festpreis für den Reporter 700L im Koffer) nicht hatte, brauchte sich auch um die 24 DM für ein Band nicht sorgen.
VG Stefan
   
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#10
Ein kleiner Hinweis noch: Digitalisiert kann man die rückwärts laufende Spur ohne hörbaren Qualitätsverlust in Audacity einfach mit dem Rückwärts-Effekt versehen, sodass es wieder richtig rum läuft.

Schöne Grüße
Alexander
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#11
(19.06.2022, 11:43)eudatux23 schrieb: Ein kleiner Hinweis noch: Digitalisiert kann man die rückwärts laufende Spur ohne hörbaren Qualitätsverlust in Audacity einfach mit dem Rückwärts-Effekt versehen, sodass es wieder richtig rum läuft.

Schöne Grüße
Alexander

Guter Tipp Alexander, ja du hast Recht. Ich nutze Audition 3, das ist sehr ähnlich wie Audacity.
Dann könnte ich gleichzeitg zwei Kanäle aufnehmen und später 1 Kanal mit Rückwärtseffekt versehen.... Big Grin
VG
Jürgen
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#12
Bei Viertelspur-Abtastung von Halbspur-Aufnahmen bekommt die innere Spur nur zum Teil Nutzsignal, zum anderen Teil unbespielten Rasen zu sehen - zumindest bei Stereo-Aufnahmen mit 2mm Trennspur. Natürlich könnte die eine Mono-Spur beim 700L auch breiter oder schmaler sein - dann funktioniert das beim Viertelspur-Abspielen auf der A77 vielleicht etwas besser oder etwas schlechter.

Falls Deine Ergebnisse am Ende doch nicht zufriedenstellend sind, kann ich gerne mit einer Halbspur-Digitalisierung (oder einem passenden Gerät als Leihgabe, ist ja nicht weit) aushelfen Smile

Viele Grüße
Andreas
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#13
(19.06.2022, 11:09)Vollspurlöschkopf schrieb: Noch ein paar Anmerkungen:
Dass es ein 700er mit internationaler Spurlage gegeben haben soll, halte ich für ein Gerücht. Selbst die nachfolgenden TK 9 und TK 819 hatten noch die deutsche Spurlage. Das erste Grundig mit internat. Spurlage war das TK 919. Das war Anfang 1954.

Das Reporter 700 hieß in der späteren Ausführung TK 700 und besaß eine Zähluhr, also ein Zählwerk in Uhrenform, so wie die nachfolgenden Modelle 819 usw.

Vom 500 unterscheidet sich das 700 im Wesentlichen durch die beiden Geschwindigkeiten 9,5 und 19 (500: nur 19).

Ja, Unterhaltungselektronik und Tonträger waren damals sehr teuer. 24 DM für eine Stunde Aufnahmedauer (bei 19) muss man in Relation setzen zu einem Stundenlohn von etwa 1,50 DM (um 1952) - andererseits auch zu den 4 DM, die eine normale Schellackplatte (mit zwei Titeln je 3 Minuten) kostete.

Andererseits, wer die 835 DM (!!) (Festpreis für den Reporter 700L im Koffer) nicht hatte, brauchte sich auch um die 24 DM für ein Band nicht sorgen.
VG Stefan
#
zur Spurlage gibt es unterschiedliche Aussagen. In Deutschland wird das wohl stimmen, dass es das 700 nur mit deutscher Spurlage gab, Grundig hat aber schon sehr früh mit den Amerikanern sowohl beim Import wie auch beim Export Geschäfte gemacht, und deshalb kann ich mir durchaus vorstellen, dass es Exportversionen mit internationaler Spurlage gab. Leider weiß es keiner so richtig genau, es gibt nur Gerüchte.

Das 4010 Tb/Ph hatte ich mal, war aber nie wirklich glücklich damit. Das spätere Modell 3045Tb/Ph mit TM9 und einem PE Plattenspieler macht deutlich mehr Spaß und klingt ulkigerweise auch besser. Das 700er, das ich noch habe, steckt in einer Grundig Musiktruhe 9010:

https://www.radiomuseum.org/r/grundig_mu..._9010.html

Die Truhe, die auf Möbelrollen steht, und einen falschen Tonarm am Plattenspieler hat ( mittlerweile behoben ), ist meine. Von der Truhe gab es noch zwei Vorgängerversionen, die erste hatte statt des 700 noch einen amerikanischen Drahttonrecorder von Webster Chicago verbaut. Die Zeit von der Währungsreform bis etwa 1955 war für die Unterhaltungselektronik eine wilde und innovative Zeit, die nur deshalb so wenig bekannt ist, weil wegen der hohen Preise und der allgemeinen Armut kaum jemand daran teilhaben konnte. Grundig hatte zwei Vorteile: Einmal hat er den Krieg materiell und ideologisch ziemlich unbeschadet überstanden, und konnte schon mit den Alliierten Geschäfte machen, als die anderen noch damit beschäftigt waren, die Trümmer wegzuräumen und politische Repressalien zu überstehen. Zum Zweiten hat er schon sehr früh auf die richtigen Pferde gesetzt - Fernsehen, UKW Radio, Tonband - als die anderen noch damit beschäftigt waren, sich nach dem Krieg wiederzufinden. Leider hat er diese "Nase" im Laufe der sechziger Jahre langsam verloren.


Gruß Frank
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#14
(18.06.2022, 13:09)eudatux23 schrieb: Für die damalige Zeit war das ein echt schönes Gerät, was damals immerhin Höhen bis 10 kHz abbilden konnte, 1951 kein schlechter Wert!

Zitat1 von JayDee:
"habe gerade ein Tape probiert - auf der Revox läuft Spur I rückwärts, Spur II (müsste Spur 3 sein) aber richtig und vorwärts, Stereo geht nicht, logisch - und klar der Sound ist eher etwas dumpf."
Zitat2 von JayDee:
"da sind Kinderstimmen drauf"

Wenn Kinderstimmen bei einem Geräte-typischen Frequenzgang bis 10 kHz auf einem anderen Gerät recht dumpf klingen, sollte man mal prüfen,
1. ob die Schichtlage stimmt,
2. ob der Azimuth des Wiedergabe-Gerätes zur Aufnahme paßt.

Falls es ein Band mit nutzbarem Leerteil gibt und das 700 noch aufnehmen kann, könnte man damit den Transfer-Frequenzgang zu einem geeigneten Wiedergabe-Gerät bestimmen, einen passenden Entzerrer ermitteln und im Nachhinein anwenden.

MfG Kai
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#15
Oder aber das Band hat einfach durch die Lagerung an Höhen verloren, wäre ja nicht das erste dem das passiert ist. Um das zu prüfen, wäre auch eine Möglichkeit, am Ende des Bands mit der A77 mal eine kleine Testaufnahme zu machen und zu schauen ob die auch dumpf ist.


Schöne Grüße
Alexander
Schnürsenkelband: Teac A3300SX-2T, Revox A77 MK3, Sony TC-366, Grundig TK 3200, Grundig TK 8, Simonetta TB 491
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